TCM Anhang 2

                                               

[Sigrid Molineus]

Zungendiagnose T.C.M.

Wie die Augen das Spiegelbild der Seele sind, gilt die Zunge als Spiegel unserer Gesundheit. Als ältestes Diagnoseverfahren wurde die Inspektion der Zunge in allen westlichen und östlichen Kulturen

und zu allen Zeiten durchgeführt. In der Chinesischen Medizin (TCM) kann sie auf eine beinahe 5000 Jahre alte Tradition zurückblicken. Auch in der westlichen Medizin

hat sie einen Stellenwert, jedoch sind Beobachtungen der Zunge eher bruchstückhaft dokumentiert und nicht immer diagnostisch in ihrer Bedeutung ausgewertet.

Die Zunge zeigt wie kaum ein anderes Organ Gesundheitsveränderungen, denn sie ist über vier große Hirnnerven, die zuständig sind für Geschmackssinn, Hitzeempfinden, Kälteempfinden und das Schmerzempfinden sowie für die Beweglichkeit der Zunge, mit dem Gehirn und auch mit inneren Organen direkt verbunden. Krankheiten hinterlassen deshalb vielfach ihre Spuren auf der Zunge.

Lage und Aufbau

Die Zunge zählt zum oberen Verdauungstrakt und ist ein von Schleimhaut überzogener Muskel. Sie liegt auf dem Boden der Mundhöhle und füllt diese bei geschlossenen Kiefern fast ganz aus. Der hinterste dicke Teil der Zunge wird als Zungenwurzel oder Zungengrund bezeichnet. Die Zungenwurzel setzt am Zungenbein an, das sich im

oberen Teil des Halses befindet und durch Bänder und Muskeln mit dem Kehlkopf verbunden ist. Die restliche Zunge ist frei beweglich und besteht aus dem Zungenkörper und aus der Zungenspitze. In der Mitte der Zungenunterseite liegt das Zungenbändchen, das die Zunge am Mundboden festhält.

Die Schleimhaut der Zungenwurzel enthält viele lymphatische Zellen, die zusammenfassend Zungenmandel (Tonsilla lingualis) genannt werden. Sie gehören zum lymphatischen Rachenring und dienen der Infektabwehr. Zusätzlich finden sich in der Schleimhaut am Zungenrücken und an den Zungenrändern zahlreiche warzenförmige Erhebungen, die die raue Oberfläche der Zunge bilden. Diese werden als Papillen (Papillae linguales) bezeichnet.

Nach ihrer Form unterscheidet man fadenförmige (filiforme/auf eine Streife in der Miite), pilzförmige (fungiforme/seitlichbis halberwege), warzenförmige (valatae/Mitte

an untere Rand des Zungenwurzels) und blattförmige Papillen (foliatae/Oben und seitlich). Die fadenförmigen Papillen dienen der Tastempfindung, die pilzförmigen als Temperaturfühler; die übrigen Papillen enthalten überwiegend Geschmacksknospen zum Schmecken der Speisen.

Die fadenförmigen Papillen sind Teil des Zungenbelags und die pilzförmigen Papillen bilden die sogenannte Zungenoberfläche. Diese beiden werden in der Zungendiagnose betrachtet.

Aufgaben der Zunge:

• Sie hilft bei Kau- und Saugbewegungen,

• formt einen schluckbaren Bissen und leitet die Schluckbewegungen ein,

• dient dem Geschmacks- und Tastempfinden,

• ist maßgeblich an der Lautbildung beim Sprechen beteiligt,

• unterstützt mit lymphatischen Zellen die Immunabwehr.

Die Oberfläche der Zunge wird, wie in der übrigen Mundhöhle, von einer Schleimhaut mit mehrschichtigem Plattenepithel gebildet. Die Papillen dienen der Beförderung

des Speisebreis und der Tast- und Geschmacksfunktion. Hinten am Zungengrund gibt es besonders große rötliche Papillen (Papillae valatae), die das Schlucken von giftigen oder bitteren Substanzen verhindern sollen.

 

Zunge als Diagnosemittel

Form, Farbe und Beschaffenheit der Zunge sowie Art und Farbe des Zungenbelags geben Hinweise auf Störungen und energetische Ungleichgewichte in den jeweils zugeordneten Organsystemen. Da sich die Zunge in ihrem Ausdruck relativ schnell (innerhalb von Wochen) ändert, kann die Zungendiagnose auch zur Therapiekontrolle herangezogen werden.

Zungendiagnose in der westlichen Medizin

 

 

In der westlichen Zungendiagnose ist es üblich, die Zungendiagnose als eine Topografie zu beschreiben:

Die Zunge gibt von ihrer Spitze bis zu ihrer Wurzel Referenzpunkte des Verdauungstrakts wieder. Dabei entspricht die reflektorische Lage auf der Zunge der Lage der Organe im Körper. So repräsentiert die Zungenspitze den Rachen und die Speiseröhre, mittig liegen der Magen sowie der Zwölffinger-, Dünn-, Blind-, Dickdarm und an der Zungenwurzel der Mastdarm. Im Übergang zwischen dem ersten und zweiten Zungendrittel liegt mittig und etwas breiter die Bauchspeicheldrüse, dahinter rechts die Leber und im Grenzbereich vom zweiten zum dritten Drittel die Gallenblase.

Zudem gibt es typische Zungenbilder, die erfahrungsgemäß bei verschiedenen Erkrankungen auftreten und zur Diagnostik herangezogen werden, wie z.B. die Himbeerzunge bei Scharlach, die Lackzunge bei Leberzirrhose oder bei der trophischen Sprue, oder eine stark gerötete Zunge bei Eisenmangel oder perniziöser Anämie. Eine vergrößerte Zunge tritt bei Myxödem und bei der Akromegalie auf, eine kleine atrophische Zunge ist typisch bei einer Lähmung des Nervs, der die Zunge versorgt (N. hypoglossus).

Als „Landkartenzunge“ bezeichnet man rosa bis dunkelrote Flecken, die landkartenähnlich angeordnet sind. Sie gilt als Hinweis auf Störungen des Hormonsystems oder -in Verbindung mit anderen Zeichen- auf Leber- oder Stoffwechselstörungen.

Zungendiagnose in der TCM

Die Zungendiagnose in der TCM kann nicht isoliert von den Konzepten der TCM

gesehen werden. Dementsprechend differenziert ist sie in der Bewertung und gibt Auskunft über folgende Gegebenheiten:

• Krankheitssyndrome: z.B. Fülle- oder Mangel-Syndrom

• Zustand der „vitalen Substanzen“

• Bezug zu den Zang-Fu-Organen

• Krankheitsverlauf und Prognose

• Qualität und Quantität der pathogenen

Faktoren

Die Zungendiagnose ist sehr gut geeignet zur Untersuchung des funktionellen Zustands des Patienten. Typische Fragestellungen sind: Wie viel Energie ist da? Wie viel Feuchtigkeit? Wie ist der Zustand der Körpersäfte? Welche pathogenen Einflüsse gibt es? Gibt es Schädigungen? Wie lange besteht ein Ungleichgewicht, wie ist die Prognose für eine Heilung?

Um die Aussagen der Zungendiagnose therapeutisch zu verwerten, bedarf es zumindest auch der Befragung des Patienten sowie der Pulstastung oder anderer diagnostischer erfahren.

Konzepte der Zungendiagnose in der TCM

Yin und Yang

Mit dem Begriffspaar Yin und Yang beschreibt die chinesische Philosophie die zyklischen Pole von Naturvorgängen (wie Tag und Nacht), aus verschiedenen Betrachtungsebenen, die die Verhältnisse des Himmels, der Erde, des Lebens und auch des Menschen beschreiben. Es ist der Kernbegriff einer Weltsicht, die die Einheit in der Gegensätzlichkeit und den Wandel und die gegenseitige Abhängigkeit betont.

Yin und Yang sind also einander ergänzende Gegensätze, die zusammen wiederum eine Ganzheit bilden.

Die Beziehungen zwischen Yin und Yang sind folgender Art:

Yin und Yang bedingen einander,

Yin und Yang fördern einander,

Yin und Yang kontrollieren einander,

Yin und Yang gehen ineinander über.

Yin und Yang können in einander wechseln und enthalten immer den Keim der anderen

Gegensätze, z.B. eine Welle schlägt an ihrem höchsten Punkt über und wird zum Wellental, der Tag geht in die Nacht über.

Die Zunge kann in der westlichen Zungendiagnose Aussagen machen über die Funktion der Verdauungsorgane. Sie kann aber auch den Zustand anderer Organsysteme des Körpers anzeigen, die durch die Verdauungsfunktionen ernährt und regeneriert werden. In der TCM können z.B. zusätzlich die Qualität der Zirkulation des Qi, des Bluts (Xue) und der verschiedenen Körpersäfte durch Farbe, Form und Beläge der Zunge diagnostiziert werden.

Die Lehre von Yin und Yang besagt, dass sich alle Dinge in zwei Polaritäten teilen lassen - in Yin und Yang. Alle Erscheinungen und Veränderungen des Lebens lassen sich aus dem wechselseitigen Zusammenspiel von Yin und Yang erklären.

Yin und Yang sollten sich im Körper immer im Gleichgewicht befinden. Aspekte des Yin sind Blut und Körperflüssigkeiten sowie die Struktur des Körpers (z.B. Organe, Knochen).

Aspekte des Yang sind das Qi und die Wärme sowie die dynamischen Funktionen: z.B. Kreislauf, geistige Aktivität.

Alle Behandlungskonzepte zielen auf eine der folgenden Strategien ab:

• Yang stärken

• Yin stärken

• Yang-Fülle beseitigen

• Yin-Fülle beseitigen

 

Zungenfarbe

Die Farbe des Zungenkörpers gibt die erste und wichtigste Information. Die Bedeutung der Zungenfarbe ist der Tatsache zuzuschreiben, dass sie den Zustand der Yin-Organe, des Blutes und des Nahrungs-Qis widerspiegelt. Insofern wird in ihr die wahre Kondition des Patienten sichtbar, vor dessen Hintergrund alle weiteren Zeichen beurteilt werden sollten. Die Untersuchung der Farbe bezieht nicht den Belag mit ein.

Blassrot: ist normal und bringt zum Ausdruck, dass genügend Energie (Qi) im Körper vorhanden ist, um das Blut (Xue) zur Zunge zu transportieren.

Blass: verweist auf einen inneren Kälte-Zustand. Das Wort Kälte hat nuancenreiche Bedeutungen: Eine subjektive Kälte entsteht z.B. bereits bei Müdigkeit oder wenn man lange nichts gegessen hat

oder sich nicht bewegt. Tatsächlich ist der Stoffwechsel dann verlangsamt. Je länger ein Bewegungsmangel oder ein Mangel an Energie (durch Weglassen von Mahlzeiten oder falscher Ernährung oder durch Erschöpfung) besteht, umso umfassender wird diese Stoffwechselverlangsamung. Die Regeneration durch die Nahrung ist aufgrund des Energiemangels unzureichend, Blut und Körpersäfte können nicht vollständig ergänzt werden.

• Je blasser die Zunge, desto ausgeprägter und chronischer ist der Kälte-Zustand und desto schwieriger ist die Behandlung.

• Geeignete Fragen in der Anamnese sind z.B. Fragen nach der Körperwärme, nach Blutverlust oder Verlust von Körpersäften, nach dem Stuhlverhalten (wie oft, welche Konsistenz), Essgewohnheiten.

Blass und trocken: Liegt ein Blutmangel (Xue) zugrunde, wie dies häufig bei Frauen infolge des Blutverlusts bei der Menstruation vorkommt, ist die Zunge blass und trocken.

Der Blutmangel (Xue) kann sich auch entwickeln durch Überarbeiten mit zu wenig Erholung oder Schlaf, durch zu wenig Essen oder eine schwache Verdauung (Qi-Mangel), die nicht in der Lage ist, Blut aufzubauen.

Häufige Beschwerden sind Müdigkeit und Erschöpfung, Taubheitsgefühle der Extremitäten, Gedächtnisschwäche, blasses, wächsernes Gesicht, Schlafprobleme, spärliche Menstruation.

Therapieempfehlungen

Die wichtigen Schüßler-Salze zur Anregung der Blutbildung:

Nr. 2, Calcium phosphoricum, Nr. 8, Natrium chloratum.

Letzteres sorgt für den Auf- und Abbau sowie die rechte Verteilung der Flüssigkeiten im Körper. Es regt die Magensäure an und unterstützt den Magen in seiner Funktion. Es hat sich bewährt, beide Salze zusammen einzusetzen.

• Nr. 2, Calcium phosphoricum: Der Patient ist müde und nervlich belastet, seine Haut ist wächsern. Missempfindungen in den Extremitäten (Ameisenlaufen) oder häufiges Einschlafen der Gliedmaßen. Wiederholte grippale Infekte sowie trockene Haut und Schuppenbildung können dazu kommen.

• Nr. 8, Natrium chloratum: Verlangt Salz und deftigen Speisen, trockene Schleimhäute, trockene gerissene Lippen, evtl. allergische Reaktionen mit wässrigen Absonderungen, oder Flüssigkeitsstauungen.

Blass feucht oder nass: Wenn die Zunge blass und feucht oder nass ist, ist die Verdauung durch die Energielosigkeit und Kälte beeinträchtigt.

Bei einem Yang–Mangel fehlt es nicht nur an Energie, sondern die Energie reicht nicht aus, um den Körper zu wärmen, den Kreislauf aufrecht zu halten und die aufgenommene Nahrung, bzw. Feuchtigkeit, vollständig auszuwerten. Ein Yang-Mangel kann entstehen durch eine falsche Ernährungsweise, die unregelmäßig ist, Mahlzeiten auslässt oder ungekochte kühlende Speisen bevorzugt.

Auch übermäßige Betätigung, die über die eigenen Kräfte hinausgeht, kann den Energiemangel auslösen. Die Zunge ist blass und feucht oder nass. Der Patient klagt über Frieren, sein Gesicht ist weiß und er hat breiigen Stuhl, den er kaum halten kann.

Ein Yang-Mangel kann bei Frauen und Männern auftreten.

Oft ist es ratsam, zu diesen beiden Mitteln auch Nr. 3, Ferrum phosphoricum, dazu zu nehmen, um das Qi zu stärken und den Blutkreislauf zu unterstützen.

 

Häufig treten ein Blut-Mangel (Xue) Yang-Mangel kombiniert auf, denn infolge der Kälte kann der Funktionskreis Magen seine Funktion nicht richtig ausführen und genügend Nahrungs-Qi aufbauen.

Infolgedessen wird auch nicht genug Blut daraus aufgebaut. Zu Symptomen

Blasse trocken: Besteht ein Yang-Mangel oder Blut (Xue) – und Yang-Mangel über längere Zeit, bleibt mehr und mehr unzureichend transformierte Flüssigkeit im Körper zurück, die den Stoffwechsel weiter behindert und verlangsamt.
Aus einer Yang-Mangelsituation entsteht so langsam ein Yin-Fülle-Syndrom. Der Zungenkörper ist geschwollen, der Zungenbelag wird dicker und weiß.

Therapieempfehlungen

Nr. 4, Kalium chloratum, hat die Fähigkeit, Flüssigkeitsansammlungen zu resorbieren und die Verdauung zu unterstützen.

Sie wärmt den Dünndarm und gleicht das vegetative Nervensystem aus. Um die durch einen Mangel an Energie entstandene Kälte auszugleichen, kann die Nr. 3,

Ferrum phosphoricum, eingesetzt werden. Es gibt dem Blut zudem Kraft und unterstützt die Immunität und den Kreislauf.

• Nr. 4, Kalium chloratum: Das Gesicht der Patientin hat einen milchig-bläulichen Farbton, insbesondere unter den Augen oder an der Oberlippe.

• Nr. 3, Ferrum phosphoricum: Dunkle Ränder unter den Augen sowie rote Ohren, evtl. auch eine Blässe, die einen Rotstich hat, sind antlitzdiagnostische Bestätigungen der Mittelwahl.

Ein anderes Mittel das daneben die Stoffwechselaktivität deutlich erhöht, ist Nr. 17, Manganum sulfuricum.

Es hat zudem Blut (Xue) bildende und Blut (Xue) bewegende Eigenschaften. Da es als Spurenelement wichtige Oxidationsprozesse in den Zellen unterstützt, hat es insgesamt eine roborierende, stärkende Wirkung. Es kann zusätzlich oder im Wechsel mit Nr. 3, Ferrum phosphoricum, eingesetzt werden.

Der Übergang von der schwachen Verdauung zu Blut-Mangel (Xue) ist oft fließend. Wenn Anzeichen bestehen, dass sich aus dem Verdauungsproblem ein Blut (Xue)-Mangel entwickelt, oder wenn der Patient durch eine Schwächephase geht (z.B. nach einer Erkrankung), sollte Nr. 17, Manganum sulfuricum, zusätzlich, oder falls bereits mehrere Schüßler-Salze eingesetzt werden, im Austausch zu

Nr. 3, Ferrum phosphoricum, eingesetzt werden. Eine Dosierung von ca. 6 Tabletten täglich ist ausreichend.

Weiteres ist Nr. 15, Kalium jodatum, in Betracht zu ziehen. Es fungiert als Umstimmungsmittel bei innerer Kälte und hilft, wenn es bereits chronische Schleimabsonderungen, Lymphschwellungen oder Lymphödeme als Anzeichen einer Verschlechterung gibt. Möglicherweise ist die Zunge zusätzlich geschwollen oder weiß belegt. Da die Wirkung auch auf die Schilddrüse zielt, sollte eine mögliche Unverträglichkeit vorher ausgeschlossen werden.

Rot: Die rote Zunge zeigt einen Hitze-Zustand an. Die Lokalisation der Röte kann aufzeigen, in welchem Organsystem dieser Hitze-Zustand vorliegt. In der TCM werden zwei Hitze-Zustände unterschieden: die Fülle-Hitze und die Leere-Hitze.

• Eine Fülle-Hitze zeigt sich durch einen dicken gelblichen Belag auf dem gesamten oder auf Teilen des Zungenkörpers. Die Zunge kann (muss aber nicht) gleichzeitig gerötet und lang sein.

• Eine Leere-Hitze ist durch einen roten Zungenkörper mit wenig oder keinem Belag gekennzeichnet. Die Zungenseiten können durch Flüssigkeitseinschränkung zusätzlich eingezogen sein.

Fülle-Hitze Bei akuten Infekten oder Infektionskrankheiten liegt eine Fülle-Hitze (Yang-Fülle) vor: Die Hitze ist im Überfluss vorhanden. Symptome: Fieber, Hitze und Rötung des Gesichts und der Augen, Durst, dunkler Urin, Verstopfung und schneller Puls.

Fülle-Hitze Yang Yin

• Fülle-Hitze infolge einer Infektion: Die Zunge hat anfangs einen dünnen weißen Belag, der zunächst im vorderen Drittel und den Rändern, später auch in der Mitte zu finden ist. Er kann sich im Verlauf der Infektion zur Mitte der Zunge hin gelb färben.

• Fülle-Hitze infolge Stress oder seelischer Belastung: Zuerst finden wir eine gerötete Zungenspitze. Die Röte kann sich über das ganze Gesicht und auch über die ganze Zunge ausbreiten und sie größer werden lassen. Bei starken psychischen Krankheiten weist die Zunge zusätzlich einen dicken öligen Belag auf.

• Fülle-Hitze infolge einseitiger Ernährung: Viel Alkohol und viele Fleischspeisen sorgen für eine Überhitzung des Körpers. Stoffwechselbelastungen lösen auch eine volle innere Hitze aus. Wir finden einen gelblichen Zungenbelag sowie einen langen roten Zungenkörper.

Therapieempfehlung Fülle-Hitze:

Nicht immer findet sich ein roter Zungenkörper bei Fülle-Hitze. Um eine Fülle-Hitze zu bewerten, ist der Zungenbelag ausschlaggebend. Zur Behandlung sind folgende Mittel angezeigt, die anhand der Symptomatik und des Zungenbefunds zu differenzieren sind:

• Entzündungsmittel des ersten Stadiums:

Nr. 3, Ferrum phosphoricum, ist für jede frische Entzündung, für Fieber bis 39° und für den roten Bluthochdruck das richtige Mittel.

Oft können ein rotes Gesicht und Zeichen der Blutfülle beobachtet werden.

Es ist möglich, dass zu Beginn auf der Zunge keine Veränderung sichtbar ist. Später bildet sich ein Zungenbelag.

• Fülle-Hitze-Symptomatik: Nr. 10, Natrium sulfuricum, zeigt eine Fülle-Hitze-Symptomatik an, die hervorgerufen wurde durch Alkohol und Nahrungsmittel mit wärmenden Eigenschaften, wie

z.B. Fleisch und stark gewürzte Speisen sowie durch Gifte (z.B. Schwermetalle in Zigarettenrauch) oder Stoffwechselschlacken (z.B. Gärungsprozesse, Leberbelastung bei Diabetes, Pilzerkrankungen). Wenn Alkohol im Spiel ist, kann die Zunge sehr lang und zudem gerötet sein. Liegt eine erhitzende Ernährungsweise vor, ist als Hitzezeichen

eher mit einem dicken gelblichen Belag zu rechnen. Typisches Zeichen aus der Antlitzdiagnose ist die gerötete Nase.

• Fortgeschrittene Entzündungsprozesse: Nr. 5, Kalium phosphoricum, klärt Hitze aus dem Blut bei hohem Fieber über 39° und schützt das Gehirn. Es wird auch eingesetzt

bei Blutvergiftung oder Hauterkrankungen, bei denen die Hitze tief ins Blut eingedrungen ist. Typisch für solche Hauterkrankungen ist, dass sie leicht bluten (z.B. Ausspitz-Zeichen bei Psoriasis) oder dass die Läsionen einen Blaustich haben, selbst wenn sie abgeheilt sind. Die Zunge kann bei diesen Erkrankungen unterschiedlich aussehen.

Ein akuter starker Infekt kann eine Rötung auslösen oder auch einen Belag, der gelblich oder sogar grau bis schwarz ist. Bei Hauterkrankungen ist das Hitzegeschehen oft

nicht auf der Zunge zu erkennen.

• Bei einer Hitze, die durch seelische Belastungen verursacht wurde, kann die Zungenspitze oder die Zungenränder oder auch die ganze Zunge rot und lang sein. Je nach emotionalen Themen, z.B. Wut, Frustration;

Depression, kommen verschiedene Schüßler-Salze infrage.

Leere-Hitze

Die Leere-Hitze ist Folge eines länger bestehenden Mangels an Blut (Xue) +/o. Körpersäften. Der kühlende, feuchte Yin-Anteil ist im Mangel (Yin-Leere) gegenüber dem warmen, dynamischen Yang-Anteil. Die überproportionale Wärme erhitzt also die wenigen Körpersäfte, macht sie zu warm und trocknet sie weiter aus. Je nach Betroffenheit der Organe oder Leitbahnen kann es zu unterschiedlichen Symptomen kommen. Zunächst sind die Zungenzonen gerötet, später geht auch der Belag zurück.

Zungenzeichen und ihre Bedeutung

Mögliche Leere-Hitze-Symptome:

Kopfschmerzen (Leber-Hitze durch Blut (Xue)-Mangel), Allergien (Leber-Blut-Mangel und aufsteigendes Leber-Yang), Ekzeme (Blut (Xue)-Hitze), Schlafstörungen und Agitation (Herz-Hitze), blasses Gesicht mit geröteten Wangen, rot werden, nächtliche Hitze, Hitze der Hände und Füße, Gelenkbeschwerden (generalisierter Blut- und Körper-Flüssigkeiten-Mangel)

usw. Der Zungenbefund zeigt eine Rötung der Zungenzonen oder später des ganzen Zungenkörpers und das teilweise oder vollständige Fehlen eines Zungenbelags. Diese Befunde sind im höheren Alter häufiger anzutreffen.

Je röter die Zunge ist, umso stärker ist die Hitze.

Therapieempfehlung Leere-Hitze:

Die Leere-Hitze wird behandelt, indem zum einen die vorhandene Hitze beruhigt und ausgeleitet und zum anderen die Ursache der Hitze – der Mangel an Blut(Xue) und Körpersäften – ausgeglichen werden. Bei akuten Erkrankungen, wie z.B. Heuschnupfen, hat die Therapie der Entzündung und der Hitze Vorrang vor dem Aufbau von Blut und Körpersäften.

Deshalb gibt es eine unterschiedliche Behandlung in der akuten und in der chronischen (evtl. symptomfreien)

Phase.

• Kühlen der Schleimhäute: Nr. 12, Calcium sulfuricum, wirkt bei chronischen eitrigen Katarrhen, bei Herden und Abszessen und auch bei Magenschleimhautentzündung, wenn im Hintergrund eine

Leere-Hitze besteht. Die Schleimhäute sind zu trocken und neigen deshalb zu sich wiederholenden und schwer auszuheilenden Infekten.

• Leere-Hitze: Nr. 13, Kalium arsenicosum, deckt typische Symptome der Leere-Hitze ab. Charakteristics: „Wie Brennen“/< abends/nachts.

 

Leere-Hitze

Yang Yin

Wenn die Zungendiagnose eine Leere-Hitze mit einem roten Zungenkörper und wenig Belag anzeigt, ist es wichtig, die Schleimhäute zu kühlen und zu befeuchten. Nur so kann sich die Entzündungsbereitschaft beruhigen und der Infekt ausgeheilt werden. Für die Behandlung eines akuten Infekts sollten folgende Salze gegen die Entzündung eingesetzt werden:

Nr. 3, Ferrum phosphoricum, Nr. 4, Kalium chloratum, und Nr. 12, Calcium sulfuricum.

sowie das eventuelle periodische Auftreten der Beschwerden. Der Arsen-Anteil dieses Mittels wirkt beruhigend und aufbauend. Das Mittel ist angezeigt bei schwächenden Durchfällen und

Magen-Darm-Katarrhen mit brennenden Schmerzen und Blutungsneigung.

Ebenso bei schwer beeinflussbaren roten juckenden Hautausschlägen, skrophulösen Drüsenerkrankungen, Entzündungen des Nasen-Rachen-Raums mit scharfen Sekreten, Asthma, Nierenerkrankungen.

Weitere Therapieempfehlungen:

• Akute Entzündungen:

Bei Entzündungen infolge einer Leere-Hitze kann auch Nr. 3, Ferrum phosphoricum, eingesetzt werden.

• Akuter Heuschnupfen:

Als Standardtherapie gilt Nr. 3, Ferrum phosphoricum, und Nr. 8, Natrium chloratum, in hoher Dosierung = stündlich je 2 - 3 Tabletten lutschen.

• Chronische Reizzustände: Zur Behandlung von chronischen Reizzuständen der serösen Häute ist auch Nr. 24, Arsenicum jodatum, hilfreich. Zusätzlich kann während und nach der akuten Behandlung das geeignete Konstitutionsmittel gemäß der Zungendiagnose eingesetzt werden. Eine allergische Diathese beruht aus Sicht der TCM oft auf einer Schwäche der Immunfunktion der Niere.

Zur Stabilisierung sind Mittel geeignet, welche die Nierenessenz stärken: Nr. 21, Zincum chloratum, regeneriert die Nieren-Essenzen und wirkt auch auf die endokrine Situation der Nebenniere.

Weitere Mittel sind: Nr. 11, Silicea, außerdem z.B. chinesische Heilpilze, Blütenpollen, Nieren-Essenz stärkende chinesische Kräuter.

Therapieempfehlung: Körpersäfte aufbauen und Leere-Hitze ausgleichen

• Aufbau der Körpersäfte: Nr. 7, Magnesium phosphoricum, ist notwendig zur Bildung von vielen Enzymen, die zum Aufbau von  Körpersäften und Blut und damit zur Regeneration gebraucht werden. Es wirkt entspannend und beruhigend auf Muskeln und Nerven, kann den Schlaf vertiefen und

aufsteigende Hitze und Erröten besänftigen, die bei Yin-Mangel auftreten. Auch bei Verdauungsstörungen, insbesondere bei Blähungen kommt es zum Einsatz.

• Aufbau des Bluts, Befeuchten der Schleimhaut und Haut: Nr. 2, Calcium phosphoricum, und

Nr. 8, Natrium chloratum helfen zudem bei Ameisenlaufen und Missempfindungen der Extremitäten.

Weitere Mittel: Nr. 11, Silicea, und Nr. 21, Zincum chloratum. 

 

[Dr. J. Rozencwajg, NMD]

Once upon a time, in "Homeopathy and Mental Health Care", Chapter 16, page 243, I wrote: "The diagnostic methods of Traditional Chinese Medicine (TCM) can be used

by homeopaths (in situations relating to very intimate problems that might be very difficult if not impossible for the patient to relate to the practitioner). Those methods allow pinpointing a group of remedies or a precise remedy without the need for the patient to perform a disturbing "psychological strip-tease".

What an iconoclastic, scandalous, horrifying, non-classical affirmation is that? Bring out the tar and the feathers!

Why would we want to use the tools of TCM diagnosis to prescribe homeopathic remedies in psychological cases?

Homeopathic case-taking is a well established technique that goes into the deepest details possible, grilling the patient almost as if he was to reveal state secrets and coming back again and again to the same subject until the picture is clear. Anyone who has recently listened to Rajan Sankaran has no doubt about that: Sankaran has developed a new method of case-taking built on repeatedly, annoyingly and irritatingly asking the patient to explain himself or his symptom or complaint, until nothing else can be extracted. And at times the patient looks at the practitioner as if he was dumb, unable to understand a proper answer...so much for patient-practitioner relationship.

And yet - mental, emotional and spiritual issues are not the easiest of problems to reveal. We have all been confronted with patients giving us only partial information, coming back time and again complaining that the treatments were not helpful, only to inadvertently reveal some crucial information when saying goodbye at the end of yet another difficult session or during a fortuitous meeting in a shop or during a social gathering. Contrary to purely physical situations that can be seen, palpated, measured, quantified with tests or revealed through 

Homeopathy through the Chinese Looking Glass: Homeosiniatry revisited X Rays, CT scans or MRIs, we depend on what the patients tell us or what we can sense or suspect through body language and use of specific words during the consultation. Even the new methods of Sankaran and Scholten (using the table of elements) depend on that type of information and are therefore subjective rather than objective (at least in my perception) and are useful only in as much as the patient is open and honest and the practitioner awake and perceptive. Those two authors are modern homeopaths who have created

approaches very different from the usual, classical methods; they claim themselves that their methods should not be used without a proper knowledge of and grounding in classical homeopathy.

Sankaran has created a system of interview that pushes the patient to reveal his deepest inner "disturbance" which is expressed also by gestures. The practitioner needs to be able to interpret those gestures, and this is not evident, at least to me. Scholten correlates the state in which the patient is, his evolution in life, with the rows and columns of the periodic table, whose elements are then used to prescribe the proper remedy; here too there is a lot of interpretation to be done. As much as I tried, I have been unable to use those techniques successfully even though I have witnessed magnificent results by other, more skilled, practitioners. Fear, shame, self-loathing are often to blame for the patient's inability to reveal his or her past history, but many situations are understandable: abuse and rape victims are still hiding their history, sexual orientations are not acknowledged, violence and anger are rationalized; controlled or uncontrolled pathologies like kleptomania, pyromania, paedophilia are rarely if ever admitted. But the body does not lie. If one can read it, it will tell what state it is in and what remedy, or at least what type of remedy it needs. There are windows of perception into the deepest mental

situations even when the physical appearance seems to deny it: the bronzed athlete or the beautiful, lascivious woman can be depressed, anxious or schizophrenic. They will just hide it better that the

common human.

TCM does not differentiate between diseases of the body and diseases of the mind or the spirit, despite what can be read in recent publications. All symptoms and signs relate to patterns of energetic disturbances that can be understood by carefully listening to the patient, not only to the words but even more importantly to the way they are spoken, looking at him (focusing on facial expressions),

body language, the colours and their brightness, the eyes and the tongue, and palpating with a special emphasis on that trademark of TCM, the pulses. Putting this information together leads to a specific pattern of imbalance independently of what actual or factual information the patient has accepted to reveal. Written differently, it is not what the patient says, it is the way he says it that becomes relevant. This is also true during the homeopathic interview, and yet some people have become very skilled at giving a very different picture of themselves through the use of words, sentences, and their way of speaking, that can confuse even the best observer. Using the TCM diagnostic tools, the typical Western classification of mental diseases becomes irrelevant; you can throw away the DSM, at least for the clinical use; its only relevance will be for administrative labelling that allows getting help (financially), which of course is nothing to be snubbed at.

Homeopathic remedies can also be understood in terms of TCM classification and a basic repertory can be created. Early French homeopaths and acupuncturists, like de la Fuye, the creator of homeosiniatry, did correlate acupuncture points with specific homeopathic remedies; yet I have not been able to find consistent literature, either in English or French, describing the remedies through the TCM vision, with the single exception of Dr. Jean-Claude Dubois' book. Acupuncture was my first introduction to the world of natural medicine and I suppose I have kept this optic while learning other methods. Therefore, the concepts about remedies and TCM exposed here are my own and widely open to modifications. Comparing the TCM diagnosis and the remedies fitting that description narrows

the choice, as with the Homeosiniatry revisited system of repertorisation used by homeopaths, but might also reveal unsuspected issues that can then be discussed with the patient. I regularly perceive

Liver pulse disturbances in many patients; if there are no obvious liver organic pathologies or conventional drugs usage with known liver toxicity, I then ask them about their suppressed or repressed anger issues. This often opens the gates to a flood of information; it is not unusual that they tell me it is the first time they are talking about it.

And I know I am on the right track when the pattern of the pulse changes immediately after having asked that question. Not only is that emotionally cleansing and a first

step towards cure, it often changes the homeopathic repertorisation and the final prescription.

Homeopathy and TCM are both working with patterns.

The energetic patterns of TCM lead to the energetic diagnosis of a perturbation, opening the way to an appropriate treatment, either with herbs or acupuncture, which resets

the pattern to normal.

The homeopath will selectively look at the pattern of behaviour that is typical of the individual patient and correlate this information with the proving pattern of a remedy.

But in doing that, as already described, the practitioner depends almost exclusively on non-objective informations as given by the patient, his family and friends, and the interpretation made by the homeopath, which can in turn vary according to his own situation.

Both approaches are highly individualised; they explore the patient, not a label; they are, in my opinion, different instruments analysing the status of the patient and allowing

a precise treatment. Both systems need to be studied individually, the same way we study to interpret an ECG and an X-Ray separately, with both tests giving more informations together than each one on its own. I am aware  there will be much resistance coming from the purist, so-called "Classical" homeopathic fraternity. Just look at this method a yet another repertory, another method of collecting information in a way that

is not involving the patient actively, but needs some education of the practitioner. Alternatively, TCM practitioners who are skilled in those methods might also find a different therapeutic tool, energetic like acupuncture, but also needing a mindset adaptation. In the end, it will become clear that both approaches are similar as they are both concerned with patterns of imbalance and ways to restore balance.

I will first cover the diagnostic concepts of Yin and Yang and other diagnostic clues, the Five Elements, Tongue and Pulse diagnosis, in a simplified, practical way, hopefully easily understandable and not hermetic, then address the Seven Emotions that lead to pathology according to TCM. I will try at all times to corroborate those concepts with homeopathy. It might sound strange at first reading; it did to me, so please bear with it, clarity will come soon. I will try to show how some homeopathic remedies can be deducted from a simplified analysis while classifying the patients accordingly.

This is not meant to be the ultimate information that will allow the reader to use it immediately in practice. Its purpose is to open a window, yet another possibility to fine tune the patient's evaluation and treatment. A preliminary paper regarding this method was published in the anthology "Homeopathy and Mental Health Care".

 

 

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