Euphorbium officinarum Anhang
[Gudjons Aktuell ]
Euphorbium – ein unkomplizierter Rohstoff?
Die Gattung Euphorbia aus der Familie der Wolfsmilchgewächse besteht aus äußerlich sehr unterschiedlichen Pflanzenarten, die aber eines gemeinsam haben:
Sie bilden einen zumeist weißen Milchsaft, der bei Verletzungen austritt und bei Luftkontakt erhärtet. Dieser Milchsaft hat in der Regel stark reizende Effekte
auf Haut und Schleimhäute.
Hahnemann äußert sich in den „Chronischen Krankheiten“ sehr kritisch zum Einsatz des Milchsaftes von Wolfsmilchgewächsen in der Allopathie:
„So viel das Euphorbium auch von Chirurgen ehedem, eingestreut im Knochenfrass und auf andere schlaffe Hautgeschwüre, gemissbraucht ward
und noch jetzt in der Allöopathie zur Qual der Menschen als Ingredienz des immerwährenden Zieh-Pflasters gemissbraucht wird, so heilsam verspricht
es zu seyn bei der innern Anwendung, wenn es auf die der Homöopathik eigne Art zubereitet worden, wie mit den übrigen trocknen Arznei-Substanzen geschieht, wo es dann in hohen Potenz-Graden, in kleinsten Gaben angewandt, sehr viel zu leisten verspricht, wie schon folgende reine Symptome, an gesunden Menschen
beobachtet, deutlich andeuten.“ Hahnemann bezieht sich in dieser Beschreibung auf das Gummiharz „von der im heißesten Afrika wachsenden Euphorbium officinarum“, beschreibt aber auch, dass das Harz jetzt (zu Hahnemanns Zeit) „häufiger auf den canarischen Inseln von der Euphorbia canariensis gesammelt“
und „zu uns gebracht“ werde.
Das aktuelle Homöopathische Arzneibuch (HAB) beschreibt Euphorbium als den erhärteten Milchsaft von Euphorbia resinifera O. Berg. Daher stellte sich die Frage, ob es sich bei der Arzneimittelprüfung um die gleiche Art gehandelt hat. Grundsätzlich gesteht Hahnemann den verschiedenen Arten von Euphorbia ähnliche Effekte zu:
„Beim Kauen scheint es Anfangs geschmacklos zu seyn, verbreitet aber später ein äusserst ätzendes Brennen im ganzen Munde, welches sehr lange anhält, und bloss durch Ausspülen desselben mit Oel sich wieder tilgen lässt. Die vielen Species von Euphorbium scheinen an Arzneikräften einander sehr ähnlich zu seyn.“
Dieser Effekt wird durch toxische und stark Schleimhaut reizende Diterpene ausgelöst, die aufgrund ihrer Fettlöslichkeit tatsächlich besser mit Öl als mit Wasser von den Schleimhäuten gelöst werden können. Hahnemanns Beschreibung bezieht sich hier auf die allgemeinen Eigenschaften von Euphorbien-Milchsaft, die sich tatsächlich in ihrer Reizwirkung kaum unterscheiden, die aber im Detail unterschiedliche Inhaltstoffe haben können. Die von Hahnemann beschriebenen Arzneimittelbilder beziehen sich dann aber explizit auf den Milchsaft von Euphorbia officinarum und insbesondere auf den von Euphorbia canariensis. Dies
war Anlass, für das Unternehmen Gudjons, sich vertieft mit dem Abgleich von Pflanzenart und Arzneimittelbild zu befassen.
Zu überprüfen war dabei die botanische Beschreibung von
• Euphorbia resinifera nach den Angaben des HAB
• Euphorbia officinarum sowie Euphorbia canariensis nach den Angaben Hahnemanns.
So stellte sich insbesondere die Frage nach den Verwandtschaftsverhältnissen. Alle drei Euphorbia-Arten sind tatsächlich unterschiedliche botanische Taxa,
also keine Synonyme. Sie erinnern alle im Habitus an Säulenkakteen. Sie bilden dicht gedrängte Vorkommen hoher, stacheliger Säulen. Sowohl E. resinifera
als auch E. officinarum wachsen in Marokko an den Hängen des Atlasgebirges. Komplizierter werden die Dinge noch durch das Vorkommen einer dritten,
ähnlichen Art in Marokko: Euphorbia echinus Hook f. & Coss, wobei manche botanische Quellen E. echinus für eine Unterart von E. officinarum halten.
E. canariensis ist dagegen eine auf den kanarischen Inseln endemisch vorkommende, eigene Art.
Letztere Art wäre als Rohstoffquelle für Euphorbium klar vorzuziehen, denn Hahnemann selbst verweist darauf, dass der Milchsaft dieser Pflanze dem
zu Hahnemanns Zeit gehandelten Material entsprach. Dagegen hatte Hahnemann die heute im HAB aufgeführte Quelle, Euphorbia resinifera, gar nicht genannt. Erschwerend kommt hinzu, dass die marokkanischen Arten Gegenstand der Washingtoner Artenschutzliste sind, was nicht nur Ernte und Ausfuhr berührt, sondern auch die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Handelsmaterial ggf. von ganz anderen botanischen Arten stammt.
Gudjons hat sich auf der Grundlage dieser Recherchen dazu entschlossen, in Abweichung vom HAB den Quellen Hahnemanns zu folgen, und als Ausgangsmaterial für die Herstellung von Euphorbium den Milchsaft von Euphorbia canariensis zu verwenden (gekennzeichnet als Euphorbium Hahnemanni, zur Unterscheidung von Euphorbium HAB). Die Pflanze wurde speziell hierfür auf den kanarischen Inseln identifiziert, und der aus der angeschnittenen Pflanze geronnene Milchsaft gewonnen.
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