Geld und Kind

 

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Familie

 

[Charlotte Zink]

Taschengeld

21. Mai 2014  12:52 Uhr  10 Kommentare

Mehr Häuser, mehr Pflanzen, mehr Schlümpfe – umgerechnet rund 3.000 Euro ließ sich ein Sechsjähriger in den USA die Verschönerung seines virtuellen Dorfes in der Kinder-App Smurfs kosten.

Das reale Geld verwandelte er mit wenigen Fingertipps in Schlumpfbeeren und finanzierte so das Luxusleben der blauen Comicfiguren.

Nicht allen Eltern ist bewusst, dass ihr iTunes-Zugang nach Eingabe des Passwortes für 15 Minuten freigeschaltet bleibt. Und sogar ohne elterliches iTunes-Kennwort können Kinder online shoppen,

sie müssten lediglich bei der Spiele-App eingeloggt sein. Im Januar erklärte sich Apple nach einer Sammelklage bereit, umgerechnet rund 24 Millionen Euro an Eltern zu erstatten, deren Kinder unbeaufsichtigt im App-Store einkaufen gingen.

Kinder sollten Erfahrungen mit Geld erst in der realen Welt sammeln, um den Wert von virtuellen Ausgaben überhaupt verstehen zu können, sagen Experten. "Es ist wichtig, dass Kinder möglichst früh Taschengeld bekommen, um ein Gefühl für den Wert von Geld zu entwickeln", sagt Finanzexpertin Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale NRW. Kinder lernten schnell und intuitiv, mit ihrem Geld hauszuhalten.

Wer es erst als Erwachsener lernen müsse, für den sei das harte Arbeit.

Erst wöchentlich, dann monatlich

Das Taschengeld sollte bar gezahlt werden, die ersten Jahre wöchentlich, später monatlich. Ein typisches Alter, um mit dem monatlichen Taschengeld anzufangen, sei neun Jahre, sagt Oelmann.

Eine feste Altersgrenze ist das nicht, denn für die Eltern heißt es wie bei anderen Erziehungsfragen auch: ausprobieren. "Nicht alle Kinder lernen gleich schnell", sagt Oelmann. Während es mathematisch begabten Kindern früher leicht falle, Ausgaben über einen längeren Zeitraum zu planen, hauen andere Kinder ihr Monatstaschengeld schon in der ersten Woche auf den Kopf.

Den Eltern empfiehlt Oelmann in solchen Fällen, das Geld zunächst im Zwei-Wochen-Rhythmus zu übergeben.

Richtig kompliziert wird es, wenn es um die Höhe des Taschengelds geht. Längst ist  Kaufkraft der Kinder für die Wirtschaft wichtig. Mehr als 1,9 Milliarden Euro Taschengeld oder kleine Verdienste standen den Sechs- bis 13-Jährigen in Deutschland im vergangenen Jahr zur Verfügung, ergab die Kids Verbraucheranalyse 2013. 27,56 Euro bekamen die Sechs- bis 13-Jährigen

der Studie zufolge 2013 im Monatsdurchschnitt. Acht Jahre zuvor waren es noch rund fünf Euro weniger. Nicht alle Eltern können und wollen sich das leisten. Und über wie viel Geld soll ein

Kind verfügen, damit es sich nicht alles leisten kann und lernt, den Wert richtig einzuschätzen?

"Die ideale Höhe für Taschengeld gibt es nicht", sagt Oelmann. Klar ist jedoch: "Das Taschengeld sollte nicht für Grundbedürfnisse wie Nahrung ausgegeben werden müssen, sondern ist für

Extras gedacht, für die sich die Kinder selbst entscheiden." Die Kleinen wählen ein Überraschungsei, die Großen gehen vielleicht lieber ins Kino oder sparen auf Smartphones. In vielen Städten stellen die Jugendämter Taschengeld-Tabellen ins Internet, an denen Eltern sich orientieren können. Sie empfehlen außerdem, sich an den Summen zu orientieren, die Mitschüler bekommen.

Das Vorbild der Eltern

Eltern sollten mögliche Sparziele in den Betrag einkalkulieren, rät die Finanzexpertin. "Ein Kind sollte jedoch nicht so viel Geld bekommen, dass es ohne jeden Verzicht sparen kann", empfiehlt Oelmann. Ist das Taschengeld aufgebraucht, sollten Eltern nicht schwach werden und nachschießen: "Jugendliche sollten die Möglichkeit haben, sich mit kleinen Nebenjobs wie Rasenmähen etwas dazu zu verdienen", sagt sie.

Laut Schufa Kredit-Kompass 2013 ist Taschengeld auch für 89% der 15 - 17-Jährigen noch die Haupteinnahmequelle. Knapp 90 Euro stehe ihnen im Monatsschnitt zur freien Verfügung. Bei finanziellen Engpässen bauen 36% der Jugendlichen jedoch laut Schufa-Studie auf Notgroschen von den Eltern.

Taschengeld allein reicht jedoch nicht aus, um Kindern den bewussten Umgang mit Geld beizubringen. Das Vorbild der Eltern spielt eine wesentliche Rolle. "In Familien soll über Geld gesprochen werden", sagt Oelmann. "Wenn die Eltern beispielsweise auf einen Familienurlaub sparen, sollen die Kinder das ruhig mitbekommen."

Auch die Osnabrücker Psychologin Heidi Keller ist der Meinung, dass Kinder am besten im sozialen Kontext lernen. Eine Familienkasse als Alternative zum Taschengeld sei eine Chance, Kinder in finanzielle Entscheidungen einzubeziehen. Das gemeinsame Geld sollte die Wünsche aller Familienmitglieder berücksichtigen. Es könnte beispielsweise auch für einen Ausflug ausgegeben werden, der allen Spaß mache.

"Kinder lernen so, nicht nur an sich zu denken, sondern ihre Bedürfnisse mit denen anderer zu balancieren", sagt Keller.

Ob Familienkasse oder das klassische Taschengeld - jeder finanzielle Rahmen wird auf die Probe gestellt, wenn es zu Weihnachten oder Geburtstag großzügige Geldgeschenke regnet. Laut der Kids Verbraucheranalyse dürfen sich 4 von 5 Kindern zwischen 6 und 13 Jahren über "Geldgeschenke zwischendurch" freuen. Vor allem die Kleinen können mit großen Summen noch nicht umgehen. Deswegen rät Oelmann Eltern, mit Verwandten über Geldgeschenke zu sprechen: "Eltern können größere Summen ihrer Kinder zunächst auf einem Tagesgeldkonto sammeln", sagt sie. Denn das erste eigene Geld bekommen

viele Kinder lange bevor sie das verstehen können: zur Geburt.

 

Leserkommentare

Pepsiax

gestern 13:28 Uhr

1. Wieviel eigentlich wirklich?

Mich würde mal interessieren, wie viel die Kids wirklich bekommen. Wer hält sich an solche Listen?

 

coldplay

gestern 13:47 Uhr

2. Vorbilder

Den Umgang mit Geld können Kinder nur lernen, wenn sie es von den Eltern vorgelebt bekommen. Auch ist es wichtig, mit seinen Sachen sorgsam umzugehen.

 

delphi oder so

gestern 14:30 Uhr

3. ich habe den Kindern mit Schuleintritt Taschengeld gegeben, wöchentlich immer Sonnabends.

Die Summe war klein, wurde aber mit jedem Schuljahr etwas größer. Auf größere Spielsachen/Fan-Trikots wurde gespart. Manchmal war der Wunsch am Ende nicht mehr so wichtig und das Geld wurde für anderes ausgegeben.

Ich habe mich so wenig wie möglich eingemischt, was die Art der Einkäufe und den Zeitpunkt des Geldausgebens betraf.

Allerdings war ich streng: wenn das Taschengeld weg war, war es weg.

Das hat sich insgesamt sehr gut bewährt, sie lernten sehr schnell rechnen und abwägen: ist es das wert, wenn das ganze Taschengeld für eine Tonne Hubba-Bubba ausgegeben wird?

Über Geld habe ich immer offen gesprochen, es war kein Geheimnis, wie viel wir als Familie zur Verfügung hatten. Damit konnte ich auch gut begründen, wenn das eine oder andere nicht sofort oder gar nicht erworben werden konnte. Das fand ich nicht peinlich, sondern empfand es als das gute Recht meiner Kinder auch etwas über Geld in der Familie zu wissen. Für Urlaub und anderes habe ich gespart, auch unter den Augen der Kinder.

Alle drei können heute als junge Erwachsene sehr gut mit ihrem Geld wirtschaften. Aus beruflicher Erfahrung weiß ich,dass das leider nicht mehr die Regel für junge Leute ist und manchmal schon 20jährige einen Berg von Schulden vor sich her schieben

Deshalb bin ich sehr dafür, Wirtschaft in den Stundenplan aufzunehmen. Erst wenn Jugendlichen der Zusammenhang zwischen Einnahmen, Ausgaben, Verträgen, Krediten, Zinsen klar ist, können sie wirtschaften

 

dickefrieda

gestern 14:55 Uhr

4. Das Kind an sich kann alles

Kinder erwachsen in Schulen und in Schulen bestimmen die, die der Werbung am meisten ausgesetzt sind. Selbst kluge Kinder entkommen nicht der Werteumkehrung in Schulen. Wertlos wird hochgespielt, wertvoll ignoriert. Je weniger Zeit die Eltern haben für ihre Kinder desto öfter werden genau diese Kinder mit den Ramsch-Insignien dekoriert, die wiedrum besonders gut ankommen. 1850 wurde Pinocchio geschrieben, wo schön gezeigt wird wie es geht.

Einige Freunde meiner Kinder sind sogenannte A Schüler, sie entscheiden selbst, mit wem der Kontakt etwas bringt und mit wem nicht. Sie schreiben nur Einser allerdings sind es Asiaten. Geld spielt keine Rolle, wer Einsatz und Resultat so perfekt einteilen kann hat kein Problem mit dem Haushalten.

 

DDave

gestern 15:14 Uhr

5. Eine kleine Ergänzung:

"Allerdings war ich streng: wenn das Taschengeld weg war, war es weg."

Dieses Verhalten nennt sich nicht streng, sondern konsequent.

(Ein Verhalten, welches vielen Eltern u.a. Menschen fehlt).

Ansonsten würde ich auch ein Fach, wo Wirtschaft den Schülern nähergebracht wird empfohlen(u.a. habe ich im Mathe-LK in der 12. die mathematischen Methoden auf wirtschaftliche Situationen anwenden müssen).

Wirtschaft würde ich somit z.T. in der Mathematik abhandeln(, solange es die mathematischen Methoden tangiert), alles andere an Wirtschaft müsste in Sozialkunde ausgelagert werden, bzw. ein neues Fach müsste eingeführt werden, (wo die Mathematik(, wie Dreisatz, Prozentrechnung, etc) nochmals angewandt werden).

Aber auf ein Fach namens "Wirtschaft", dass Banken, Versicherungen und Unternehmen finanzieren, wo die Schüler zu unmündige Konsumenten herangezogen werden, will ich nicht haben.

Antwort auf "ich habe den Kindern mit Schuleintritt Taschengeld"

 

Loncaros

gestern 17:10 Uhr

6. Woher weiß die Schufa

wie die Finanzen von 15-jährigen aussehen?

Datenschutz? Ach, das war gestern

 

S.Schneider

gestern 20:23 Uhr

7. Anspruch und Wirklichkeit

Taschengeld ist eine tolle Sache und wichtig. Nur bleibt bei aller Konsequenz die Schwachstelle der lieben Anverwandten. Wer Großeltern in greifbarer Nähe hat wird wissen was ich meine.

Das Selbe gilt in den meisten Famlien ja auch in punkto Süßigkeiten-und Medienkonsum. Seltsamerweise egal wie streng die Großeltern zu ihren eigenen Kindern waren. Aber: "Die Oma darf verwöhnen!"...

Ich fürchte, dagegen ist kein Kraut gewachsen.

 

Fönwelle

gestern 22:28 Uhr

8. Großeltern torpedieren...

...gerne mal die Versuche der Eltern, den Kindern maßvolles Verhalten zu vermitteln. Auch bei uns waren unter dem Weihnachtsbaum Geldgeschenke für die Kinder dabei, schon als diese noch

nicht mal lesen konnten. Leider erwiesen sich die Großeltern als resistent gegen unsere Bitten, diese Geschenke zu unterlassen, oder zumindest "nicht mehr Euro als die Kinder alt sind" zu schenken. Eine Vorstellung für viel oder wenig bekommen Kinder so nicht.

Taschengeld geben wir wöchentlich bar 0,5*Klassenstufe (also 3,50 für die Siebtklässlerin). Ab Klasse 5 kamen dazu 15 Euro monatlich auf ein Kinderkonto, die sind dafür da, die prepaid-Karte

des handys aufzuladen. Wir haben bewusst keinen handy-Vertrag abgeschlossen. Denn zu lernen, dass das eigene Verhalten die Kosten beeinflusst, fanden und finden wir wichtig.

 

 

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