Gender in Homeopathy

https://ze.tt/warum-geschlechtssensible-medizin-leben-retten-kann/

http://www.autorchristianheinrich.de/wp-content/uploads/2017/05/Titel_Gendermedizin_ZeitDoctor17.pdf

https://taz.de/Rolle-des-Geschlechts-bei-Krankheiten/!5800764/

 

Vergleich: Siehe: Women’s Problems + Wechseljahren + Women Are More Susceptible to Depression + Organspende

 

The observation a drug may produce different symptoms on different sexes is of the utmost importance for the scientific development of Materia Medica.

Prof. Hill and Douglas state in their valuable report of provings with Cimic., in the New York Quarterly, Vol. VII., 1859, p. 450 : "It produced nausea, vomiting and

much gastric irritation in the 6 women, while in forty men it was hardly noticed as affecting the stomach in the least." Being an important remedy in morning sickness

of the pregnant, we may conclude that all the gastric symptoms observed by female provers depended on the uterus.

 

Women                                                                        Men

Cimic.                                                                                    Act-sp.

Puls.                                                                                    Clem.

Cupr-met. Cimic.                                                            Ferr-met.

Teste: "Merc. to females                                                Merc-c. suited to males”                         [Dr. Srinivasan] Merc-v. for children

Merc-c.: schnellste Antidot für Cop. bei Frauen            Merc. schnellste Antidot für Cop. bei Männern

Phoen-d.                                                                         Sabal.

Glycyrg. = Sapin-ähnlich - Blutung/= Steroid-

ähnlich/= weibliches Gins;

Ange-s. = Ginseng für Frauen

Senec. = für Frauen wie                                                 Coff vor Männer;

(Burnett)

In women the spleen affects the womb and the vagina, causing emansion, or eccess flow and leucorrhoea.

Male: sympathy between the male urethra and the spleen,

 

Geschlechts-Hormone: Auffällig ist, dass viele der stark hormonell wirksamen Pflanzen zur Familie der Ranunculaceae gehören.

 

Ginko: It is interesting that „sexual desire increases“ in women while „sexual desire decreases“ in men.

 

Typhus

Puls.: chilLY yet cannot bear to be in a                         Nux-v.: Sedentary men who come down with severe headache and constipation,

closed room, it oppresses her, white tongue             with frequent desire for stools, which do not satisfy, or ineffectual efforts at stool,

without thirst bad taste in the mouth sour                         and especially if with very high fever and bright red face there is constant desire to be covered,

eructation (menses to late/suppressed)                        for he is chilly if he moves or is uncovered in the least.

very greatly discouraged, or gloomy and 

lachrymose.

                                                                                    Fl-ac.

Stann-met. Weibliches Ich                                                 Aur-met. = männliches Ich

Lach. Frau in der Midlife crisis, hat hart gearbeitet  Nux-v. Mann in der Midlife crisis, der hart 

und trotz beruflicher Anerkennung mit ihrem             gearbeitet hat und trotz beruflicher Anerkennung mit Leben unzufrieden ist, die das Gefühl haben,            

ihrem Leben unzufrieden ist, die das Gefühl             etwas versäumt zu haben.

haben, etwas versäumt zu haben.                                               

Grat.                                                                                    Nux-v.

Sep. Kann schwacher Mann nicht ertragen                        Lac-c. ist abhängig von Frau/Mutter o. hat schwache Vater

Sepia is to women (has a weak uterus).            as            Thuja is to men as. (has a weak prostate)

 

Antennarias are found in groups which can be all-female colonies, all-male colonies and also mixed colonies. Antennaria diocia.x

 

Frauen (garstige) neigen zu Gallensteine (Tartarus im Organ des Mars). Galle bezeiht sich auf Wut (unterdrückte Wut/“Ärgersteine“)

Männer neigen zu Nierensteine („Angststeine“/Partnerschaftskonflikte/Harmonie) haben eher Probleme mit der Sozialität und mit ihrem Ausdruck der Gefühle

(unterdrücken Angst).

 

Schilddrüsenerkrankungen das Verhältnis Frauen : Männer 8 : 1, bei Hyperthyreose 5 : 1 und bei Hypothyreose 4 : 1.

Observed Cupr-met. acts more on the female and Ferr-met. on the male organs

 

Junge Sportlerinnen + Herzbeschwerden Caust            Junge Sportler + Herzbeschwerden Brom

Herzinfarktvorbote bei Frauen:

Schwindel in viele Formen/Übel (mit o. ohne Erbrechen)/appetitlos/MÜDE/SCHWACH/kurzatmig/Schlafstörungen/Schmerz im Oberbauch (eventuell im Rücken-/Schulterbereich).

Fatal ist, dass besonders beim Herzinfarkt die Symptome in der Regel anders sind als bei Männern.

So diffus, wie Übelkeit +/o. Schmerz zwischen den Schulterblättern o. am l. Schulterblatt.

Herzinfarktvorbote bei Männern:

Schmerz ausstrahlend vom Herzen in l. Arm/Kiefer/Oberbauch/Rücken. Enge o./+ Brennen o./+ Druck wird in Brust empfunden. Atemnot/Schweißausbrüche/Schwindel, Bewusstlosigkeit.

Bei Männern mehr ein Druck in der l. Brust sowie Schmerz die zum Kiefer ausstrahlt und Schmerz, die sich in den l. Arm erstreckt.            

 

Amethyst.  rechtsdrehende und linksdrehende Kristalle unterschiedlich, und besitzen daher auch verschiedene Heilwirkungen auf Körper und Psyche. Die rechtsdrehenden Kristalle (männliche Kristalle mit Yang Eigenschaften) lassen sich durch ihre spitz zulaufende Spitze erkennen. Linksdrehende Kristalle (weibliche Kristalle mit Yin Eigenschaften) können durch ihre Kanten unterschieden werden.

Bergkristall. in rechtsdrehende und linksdrehende Kristalle unterschieden. Die rechtsdrehenden Kristalle (männliche Kristalle mit zugesprochenen Yang Eigenschaften) lassen sich

durch ihre spitz zulaufende Spitze erkennen. Linksdrehende Kristalle (weibliche Kristalle mit Ying Eigenschaften) können durch ihre kantigen Spitze unterschieden werden.

Im Allgemeinen ist man davon überzeugt, männliche und weibliche Kristalle üben ihre stärkste Wirkung auf das jeweils andere Geschlecht aus.

 

Der grüne Turmalin ist Träger der männlichen Energie.

Der rote Turmalin (= Rubellit) ist Träger der weiblichen Energie.

Der Wassermelonenturmalin ist grün (Schale) und rot (Kern) und enthält die Energie für beide Geschlechter.

 

[David Münnich]

Wir unterscheiden die Hormonlagen. männlich (manisch) und weiblich (depressiv).

 

ZEIT-ONLINE

Sind Männer und Frauen anders krank?

Komplizierte Sache! Sagt Elisabeth Zemp. Sie ist Professorin am Public-Health-Institut in Basel und die Pionierin für Gendermedizin in der Schweiz

Interview: Sarah Jäggi

18. Dezember 2017, 7:00 Uhr Editiert am 19. Dezember 2017, 10:49 Uhr 292 Kommentare

Aus der ZEIT Nr. 52/2017

Gendermedizin: Gibt es eine "Männergrippe"?

DIE ZEIT: Frau Zemp, neulich habe ich mit einem Bekannten telefoniert. Auf die Frage, wie es ihm gehe, hat er unter viel Weh und Ach gesagt, er habe die Grippe. Typisch Mann?

Elisabeth Zemp: (lacht) Sie sprechen an, dass Männer, wenn ihnen körperlich etwas fehlt, dies sehr expressiv ausdrücken können. In der Tendenz ist das ja auch so. Jedenfalls bei physischen Leiden.

 

ZEIT: Gibt es denn so was wie eine Männergrippe?

Zemp: Ein Virus bleibt ein Virus, aber jeder Mensch erlebt eine Viruserkrankung anders. Wie wir sie erleben, ist an stereotype Vorstellungen von Geschlecht gekoppelt, von denen wir ein bestimmtes Repertoire mitbekommen. Wie singt doch Herbert Grönemeyer in Männer? "Außen hart und innen ganz weich."

 

ZEIT: Haben denn Männer und Frauen einen anderen Körper?

Zemp: (zögert) Jein.

 

ZEIT: Jein?

Zemp: Ja und nein.

 

ZEIT: Was heißt das?

Zemp: Dass Männer und Frauen einen anderen Körper haben, würde ich in dieser Absolutheit nicht sagen. Es gibt aber Unterschiede, die es sinnvoll machen, genau hinzuschauen, ob in der gesundheitlichen Betreuung etwas anzupassen ist, je nachdem, wen man vor sich hat. Ob solche Unterschiede biologisch bedingt sind, ist eine ganz andere Frage.

 

ZEIT: Jetzt wird es kompliziert.

Zemp: Ja, es ist komplex. Lange hat man sich vor allem für die unterschiedlichen reproduktiven Organe von Männern und Frauen interessiert und für deren Erkrankungen: Brustkrebs, Prostatakrebs, Gebärmutterabsenkungen. Heute wissen wir, dass auch Krankheiten, die bei allen Menschen vorkommen können, anders auftreten und verlaufen können, je nachdem, ob eine Frau oder ein Mann diese erleidet.

 

ZEIT: Eine Grippe ist also nicht einfach eine Grippe?

Zemp: Genau.

 

ZEIT: Ein Herzinfarkt ist nicht einfach ein Herzinfarkt?

Zemp: Vereinfacht lässt sich sagen, dass eine Krankheit nicht einfach eine Krankheit ist, sondern sich bei jedem Menschen anders zeigt. Bei Männern sieht man häufiger den klassischen Herzinfarktschmerz, den stechenden, vom Herz ausgehenden, in den Arm ausstrahlenden Schmerz. Die Symptome bei Frauen werden öfter als "unspezifisch" beschrieben: Schmerzen im Oberbauch, Unwohlsein, Müdigkeit. Wer denkt an einen Herzinfarkt, wenn eine Frau sagt, sie sei müde? Im Herz-Kreislauf-Bereich weiß man über diese Dinge inzwischen recht viel, und das Wissen schlägt sich auch in den Leitlinien von Ärzten nieder. Die große Kunst bleibt aber, zu erkennen, wo eine unterschiedliche Behandlung angebracht und wo eine unterschiedliche Behandlung inadäquat ist.

 

ZEIT: Wie ist das bei anderen Krankheiten?

Zemp: Wir wissen, dass manche Krankheiten, so auch Knochenschwund, Multiple Sklerose oder rheumatische Leiden häufiger bei Frauen auftreten. Das Wissen über die Gründe der Geschlechtsunterschiede ist jedoch oft rudimentär. Zudem haben wir paradoxe Situationen, zum Beispiel dass bei Frauen zwar häufiger Depressionen diagnostiziert werden, dass sich aber viel mehr Männer das Leben nehmen.

 

ZEIT: Warum ist das so?

Zemp: Männer gehen mit psychischem Unbehagen anders um. Die Schwelle ist sehr hoch, sich in einer psychischen Notsituation Hilfe zu holen. Das mag damit zusammenhängen, was für einen Blick sie auf sich haben und welchen gesellschaftlichen Vorstellungen sie genügen wollen. Der Körper ist Verkörperung der sozialen und physischen Umwelt"

 

ZEIT: Woher kommt eigentlich die Idee, Krankheiten nach Geschlecht zu betrachten?

Zemp: In der medizinischen Forschung hat man lange mit einem Ein-Mensch-Modell gearbeitet, einem männlichen. Die Frau war, wenn, dann die Abweichung davon. Anfang der neunziger Jahre setzte eine Entwicklung ein, die zur sogenannten Gendermedizin führte: In den USA wurde man hellhörig, als eine Studie zeigte, dass Bypass-Operationen bei Männern häufiger durchgeführt wurden als bei Frauen. Erst dachte man, die Studie sei fehlerhaft. Es gab auch die Vermutung, Männer würden überbehandelt, weil Herzoperationen lukrativ sind. Erst dann hat man begonnen, die Frauen, die einen Herzinfarkt erleiden, genauer zu betrachten – und auch das Krankheitsbild selbst nochmals zu erforschen. Da hat sich gezeigt, dass Herzinfarkte bei Frauen öfter unerkannt bleiben. Das Risiko, an einem solchen zu sterben, ist für eine Frau sogar größer als für einen Mann, wenn sie jünger als 50 ist und zum ersten Mal einen Infarkt erleidet. Und man ist auf die unterschiedlichen Symptome und auch auf besondere Herzkrankheitsformen aufmerksam geworden.

 

ZEIT: Wie erklären Sie sich diese Unterschiede?

Zemp: Wie auch bei anderen Krankheiten tragen verschiedene Mechanismen dazu bei: unterschiedliche Funktionsweisen von Enzymen, des Stoffwechsels und auch der Hormone. Der Mensch hat in praktisch allen Organen Hormonrezeptoren, nicht nur in den reproduktiven, sondern auch im Hirn, in den Muskeln, in der Lunge. Auch für Asthma oder bei Diabetes spielen hormonelle Unterschiede eine Rolle. Es gibt aber ganz simple Unterschiede zwischen Mann und Frau, die man lange nicht berücksichtigt hat, die jedoch nicht trivial sind.

 

ZEIT: Zum Beispiel?

Zemp: Die Körpergröße. Frauen sind im Durchschnitt kleiner als Männer. Dies kann für die Medikamentendosierung wichtig sein. Stellen Sie sich vor, Sie verabreichen einer lungenkranken Frau dieselbe Dosis eines Medikamentes, das sie inhalieren muss. Obwohl sie ein Lungenvolumen von vielleicht vier Litern hat, ein Mann aber, wenn er groß gewachsen ist, auf sechs Liter kommt.

 

ZEIT: Wird das in den Arztpraxen und Spitälern nicht berücksichtigt?

Zemp: In vielen ist das bis heute kein Thema. Auch in der Medikamentenforschung wird dies zu wenig beachtet.

 

ZEIT: Was heißt das?

Zemp: Nach der Katastrophe mit dem Schlafmittel Contergan in den fünfziger Jahren ...

 

ZEIT: ... das Medikament wurde gegen Schwangerschaftsübelkeit eingenommen und führte dazu, dass Kinder tot oder mit Fehlbildungen zur Welt kamen.

Zemp: Aus Angst, dass Probandinnen schwanger werden könnten, ist man danach dazu übergegangen, sie von Studien auszuschließen und Medikamente vor allem an jungen, gesunden weißen Männern zu testen. Obwohl es viel wahrscheinlicher ist, dass Medikamente in der Praxis von alten, kranken Menschen eingenommen werden. Bis heute kommen in Herz-Kreislauf-Studien auf eine weibliche Testperson etwa vier männliche Probanden.

 

ZEIT: Eine Frau ist nicht nur biologisch eine Frau, sondern wird auch von der Gesellschaft zu einer solchen gemacht. Welche Rolle spielt das soziale Geschlecht in der Medizin?

Zemp: Überall, auch in der Medizin, sehe ich jemand anders, je nachdem, ob ich meinen Blick als Frau auf einen Menschen richte oder als Mann. Genauso spielt es eine Rolle, ob ich ein Kind oder einen betagten Menschen vor mir habe, eine arme oder eine reiche Person.

 

ZEIT: Dann geht es also auch in der Medizin nicht um reine Biologie?

Zemp: Ich denke, es gibt nichts, was rein biologisch, und nichts, was rein sozial konstruiert ist. Das Biologische "lebt" in einer Wechselwirkung mit der Umwelt. Der menschliche Körper trägt all unsere Erfahrungen, unsere Prägungen in sich. Der Körper ist also Verkörperung der sozialen und physischen Umwelt.

 

ZEIT: Das klingt nun sehr philosophisch.

Zemp: Nehmen wir die Körpergröße, die gemeinhin als biologisch angesehen wird. Da steckt unsere Geschichte drin, unsere Kindheit, unsere Ernährung, ja vielleicht sogar die Erfahrungen unserer Vorfahren über mehrere Generationen hinweg, wie es die Epigenetik vermutet. All das nehmen Sie in den Körper auf – und Ihr Körper sendet das wieder aus. In Form der Körpergröße oder in der Art und Weise, wie anfällig er für gewisse Krankheiten ist.

"Ärztinnen gewissenhafter sind im Umgang mit Guidelines"

ZEIT: Heute studieren an den Medizinfakultäten deutlich mehr Frauen als Männer. Sind sie auch die besseren Ärzte?

Zemp: Wir wissen schon länger, dass Ärztinnen Patienten anders behandeln: Sie sind bei präventiven Untersuchungen aktiver, kommunizieren patientenorientierter, wenden sich ihnen länger zu.

Aber ob das die Behandlung auch besser oder einfach nur teurer macht, war weniger klar. Letztes Jahr hat eine Harvard-Studie die Frage nach dem "besser" wieder aufgeworfen.

 

ZEIT: Sie sprechen jene große Studie an, für die 1,5 Millionen Krankenhaustage ausgewertet wurden.

Zemp: Die Studie hat gezeigt, dass Patienten, die von Ärztinnen behandelt werden, weniger häufig sterben und seltener nochmals ins Spital müssen, als solche, die von Ärzten behandelt werden.

Und zwar unabhängig davon, woran sie litten und wie schwer sie krank waren.

 

ZEIT: Hat Sie das erstaunt?

Zemp: Ich habe es in dieser Deutlichkeit nicht erwartet. Die Studie zeigt konsistente Ergebnisse für verschiedene Krankheitsbilder, sie ist groß, umfassend und qualitativ so gut, dass ich keinen Grund sehe, an der Richtigkeit zu zweifeln.

 

ZEIT: Wie erklären Sie sich das?

Zemp: Am plausibelsten scheint mir, dass Ärztinnen gewissenhafter sind im Umgang mit Guidelines. Sie halten sich strenger an vorgegebene Abläufe, wie schwedische Forscher herausgefunden haben. Männliche Ärzte scheinen sich eher auf sich selbst als Experten zu verlassen. Im Zweifelsfall schauen oder fragen sie seltener nach, was sie tun müssen.

 

ZEIT: Wie kann man das ändern?

Zemp: Indem man die komplexen Behandlungsabläufe in den Spitälern unter die Lupe nimmt und schaut, was man verbessern kann. Das wird in verschiedenen Ländern schon gemacht. Auch in der Schweiz wurde etwa in der Betreuung von Herzinfarktpatienten schon viel erreicht.

 

ZEIT: Und bis dahin? Ist man gut beraten, wenn man sich eine Frau als Hausärztin sucht?

Zemp: (überlegt)

 

ZEIT: Sie schweigen.

Zemp: (schmunzelt) Ich denke nach ... Ja, wenn man sich auf die Harvard-Untersuchung abstützt, ist man gut beraten.

 

ZEIT: Haben Sie selbst eine Hausärztin?

Zemp: Ja.

 

ZEIT: Wie haben Sie sie gefunden?

Zemp: Den Ausschlag gegeben hat, dass diese Ärztin bei einer Kollegin, die mit 40 einen Herzinfarkt hatte, richtig handelte. Sie hatte sofort erkannt, dass da etwas nicht stimmt, obwohl die Kollegin bis dahin kerngesund war und keiner Risikogruppe angehörte. Aber ich möchte nicht paradigmatisch sagen, dass man partout eine Frau als Ärztin wählen soll. Ich empfehle vielmehr: Gehen Sie zu dem Arzt oder der Ärztin, dem oder der Sie vertrauen.

 

[Clara Hellner]

Gendermedizin: Bei vielen Medikamenten könnte es geschlechtsspezifische Dosierungen brauchen.

Stellen Sie sich vor, Ihre Mutter, Ihre Frau oder Ihre Schwester sagt an einem Samstagnachmittag auf einmal, sie fühle sich ganz komisch, irgendwie zittrig. Ihr sei übel, sie bekomme schlecht Luft, habe starke Bauchschmerzen. Sie will erst nicht ins Krankenhaus. Dann bringen Sie sie doch in die überfüllte Notaufnahme. Der Arzt stellt ein paar Fragen, verschreibt Ruhe und Tabletten gegen die Übelkeit: Kommen Sie wieder, wenn es nicht besser wird.

Nachts findet die Kranke keinen Schlaf. Also fahren Sie frühmorgens wieder mit ihr zum Krankenhaus. Die Ärztin, die jetzt Dienst hat, ist sofort besorgt: Der Blutdruck ist viel zu hoch. Hastig werden EKG-Elektroden aufgeklebt. Der Verdacht der Ärztin bestätigt sich: ein Herzinfarkt.

Diese Situation ist fiktiv, natürlich. Sie könnte aber genau so passiert sein. Denn nach einem Herzinfarkt, das zeigen Daten aus den USA, sterben Frauen noch immer häufiger als Männer (AHA Scientifc Statements: Mehta et al., 2016). Die Sterblichkeit hängt noch dazu davon ab, wer sie behandelt. Werden Frauen -das zeigt eine kürzlich erschienene Studie- von einer Ärztin behandelt, überleben sie deutlich häufiger (PNAS: Greenwood et al., 2018).

Der Mann galt bis vor Kurzem als Standard

Wenn ein Mann in die Notaufnahme kommt und über stechende Schmerzen in der Brust klagt, ist sofort klar: Er schwebt in Lebensgefahr. Frauen jedoch sprechen zunächst oft eher von unspezifischen Beschwerden. "Erst auf Nachfrage bestätigen viele Patientinnen dann ein Druck- oder Engegefühl in der Brust", sagt die Kardiologin Vera Regitz-Zagrosek, die an der Charité Berlin das Institut für Geschlechterforschung in der Medizin leitet.

"Der Herzinfarkt wird gerne als eindrückliches Beispiel genommen: Wenn der Arzt oder die Ärztin den Unterschied der Symptome zwischen Mann und Frau nicht beachtet, stirbt ein Mensch", sagt Vera Regitz-Zagrosek. "Aber es gibt in allen Bereichen der Medizin Beispiele dafür, dass eine geschlechterspezifische Behandlung wichtig wäre – und nicht der Standard ist."

Bis vor Kurzem galt der Mann als Standard. Die Medizin machte sich wenig Mühe, in ihre Studien ausdrücklich Frauen einzuschließen. Nachdem in den Sechzigerjahren Tausende Frauen, die in der Schwangerschaft das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan genommen hatten, Kinder mit Fehlbildungen zur Welt gebracht hatten, wurden Frauen gar kategorisch von klinischen Medikamentenstudien ausgeschlossen. Zu groß war die Angst, sie könnten während der Studie schwanger werden und ein Kind mit Behinderung zur Welt bringen. Doch Anfang der Neunzigerjahre häuften sich Berichte, dass Medikamente bei Patientinnen anders wirken als bei Patienten, zum Beispiel Aspirin (Thrombosis Research: Buchanan et al., 1983). Zudem zeigten Studien, dass etwa Frauen mit Herzerkrankungen im Krankenhaus nicht genauso gut behandelt wurden wie Männer (New England Journal of Medicine: Steingart et al., 1991). 1994 ruderte man deshalb zurück: Erstmals wurden in den USA medizinische Richtlinien veröffentlicht, die verlangten, auch weibliche Probandinnen in klinischen Studien zu testen.

Frauen leiden häufiger an Autoimmunerkrankungen

Um die Unterschiede zwischen Mann und Frau zu erklären, ist das deutsche Wort Geschlecht zu ungenau. Die Geschlechterforschung hat deshalb zwei englische Begriffe übernommen: Sex und Gender. Der englische Begriff sex bezieht sich auf das biologische Geschlecht, der Begriff gender auf das soziale und kulturelle Dasein von Männern und Frauen. Die sogenannte Gendermedizin beschäftigt sich mit beiden.

Das biologische Geschlecht ist durch die Geschlechtschromosomen X und Y in allen Körperzellen verankert. Die genetische Information der Chromosomen legt fest, welche Sexualhormone produziert werden – und prägt so unser Herz-Kreislauf-System, unseren Stoffwechsel und unser Immunsystem. Der genetische Unterschied zwischen den Geschlechtern bewirkt, dass es Erkrankungen gibt, die entweder vor allem Frauen oder vor allem Männer treffen: So leiden Frauen öfter unter Autoimmunerkrankungen, bei denen das Immunsystem körpereigene Zellen als fremd erkennt und angreift, zum Beispiel an Schilddrüsenerkrankungen (Frontiers in Neuroendocrinology: Ngo et al., 2014). Der plötzliche Herztod, bei dem das Herz unerwartet und plötzlich stehen bleibt, trifft hingegen in zwei Dritteln der Fälle einen Mann (BMC Cardiovascular Diseases: Winkel et al., 2017).

Bei vielen Krankheiten ist bisher nicht genau verstanden worden, warum sie eher Männer oder eher Frauen treffen. Dabei läge im besseren Verständnis eine Chance für neue Behandlungsmethoden, sagt Regitz-Zagrosek: "Möglicherweise könnte man körpereigene Stoffe, die beispielsweise eine Frau vor dem plötzlichen Herztod schützen, als Therapieansatz für ein Medikament für die Männer nutzen."

Eine Tablette braucht bei Frauen doppelt so lange durch den Verdauungstrakt

Was Medikamente angeht, hat der genetische Unterschied zwischen Mann und Frau allerdings noch eine ganz andere Bedeutung. Eine Tablette braucht für den Weg durch den Körper einer Frau -vom Mund durch Speiseröhre, Magen und Darm- doppelt so lange wie durch den eines Mannes (Scandinavian Journal of Gastroenterology: Sadik et al., 2003). In der Leber, wo der aufgenommene Wirkstoff verarbeitet wird, werden verschiedene Stoffwechselenzyme unterschiedlich stark produziert (Molecular Pharmacology: Waxman et al., 2009). Das spielt oft eine wichtige Rolle: Manche Wirkstoffe müssen von einem bestimmten Enzym erst aktiviert werden oder abgebaut werden. Dass Männer und Frauen unterschiedlich mit Enzymen ausgestattet sind, wirkt sich also unmittelbar darauf aus, wie lange und wie viel aktiver Wirkstoff eines Medikaments im Blut zu finden ist. Gleichzeitig verteilt sich durch den meist höheren Körperfettanteil der Frauen und ihre oft geringere Körpergröße der Wirkstoff im Gewebe anders als bei Männern. Schaut man auf einen Beipackzettel, findet man allerdings selten Dosierungsangaben, die das alles berücksichtigen.

Nach wie vor wird die Bedeutung des Geschlechts in vielen medizinischen Studien ignoriert. "Oft ist nur ein Drittel oder ein Viertel der Teilnehmer an Herz-Kreislauf-Studien weiblich", sagt Regitz-Zagrosek. Es gibt oft viel mehr männliche Mäuse in Tierexperimenten und oft ausschließlich junge männliche Probanden in den letzten Phasen einer Medikamentenstudie. Nicht selten machen Forscher überhaupt keine Angabe zum Geschlecht der Studienteilnehmer (Nature: Zucker et al., 2010).

"Unsere Forderung nach mehr Frauen in Studien findet sich inzwischen sogar in internationalen Leitlinien", sagt Regitz-Zagrosek. Doch nur langsam steigt die Zahl der Medikamente, die auch an Probandinnen getestet werden: "Die Pharmaindustrie fürchtet, dass die Einbeziehung von Frauen in Studien die Arbeit komplizierter macht." Tatsächlich braucht, wer Frauen in eine Forschungsarbeit aufnimmt, mehr Teilnehmerinnen, um verlässliche Ergebnisse zu bekommen. Hormonschwankungen durch den weiblichen Zyklus, Verhütungsmittel oder Wechseljahre müssen mit eingerechnet werden (Annali dell'Istituto Superiore di Santa: Cassese et al., 2011). Dazu kommt:

Es ist leichter, neue Studienergebnisse mit alten zu vergleichen, wenn die Teilnehmer immer gleich sind. Wenn früher nur Männer getestet wurden, ist es am einfachsten, auch heute nur Männer zu testen.

Bei Männern wird viel seltener eine Depression diagnostiziert

Doch Mediziner und Pharmafirmen, die die Studien durchführen, riskieren so die Gesundheit von Frauen. Studien zeigen, dass bei Frauen 1,5-mal häufiger als bei Männern unerwünschte Nebenwirkungen auftreten, wenn sie verschriebene Medikamente einnehmen: von Kopfschmerzen bis zum Kreislaufschock. In manchen Fällen kann es für Frauen sogar lebensgefährlich werden, wenn ein Medikament nur an Männern getestet wurde. Eine 2002 erschienene Studie zeigte, dass das häufig verschriebene Herzmedikament Digoxin das Leben der herzkranken Frauen verkürzte (New England Journal of Medicine: Rathore et al., 2002), das der Männer aber nicht. Für das in den USA häufig verschriebene Schlafmittel Zolpidem gibt es inzwischen immerhin den Hinweis, dass Frauen nur die Hälfte der für Männer üblichen Dosis nehmen sollen, nachdem es auffallend viele Berichte über morgendliche Autounfälle von Frauen nach der Einnahme am Vorabend gegeben hatte (ACCP: Greenblatt et al., 2013)

Digoxin und Zolpidem sind häufig eingesetzt, zu denen gibt es viele Erfahrungen. Für andere Mittel aber gelte das noch längst nicht, sagt Vera Regitz-Zagrosek.

Die biologischen Unterschiede der Geschlechter werden verstärkt durch das Gender, also das gesellschaftlich und kulturell definierte Bild von dem, was einen Mann und was eine Frau ausmacht. Es beeinflusst, ob wir zu Vorsorgeuntersuchungen gehen, wie wir uns ernähren, ob wir rauchen und ob wir Sport treiben. Und es sorgt dafür, dass Frauen und Männer von einem Arzt oder einer Ärztin unterschiedlich behandelt werden. Ein Beispiel dafür sind Depressionen: Sie werden bei Frauen doppelt so häufig diagnostiziert wie bei Männern. Männer geben noch immer weniger gern zu, psychische Probleme zu haben. Sie suchen seltener Hilfe beim Arzt, greifen stattdessen häufiger zu Drogen und Alkohol. Aber auch Ärzte und Ärztinnen haben ihren Anteil: Sie vermuten bei Männern eher körperliche Probleme hinter ihren Beschwerden. Diese Voreingenommenheit gegenüber Männern verhindert häufig, dass eine Depression angemessen behandelt wird. Womöglich ist die Einstellung gar ein Mitgrund dafür, dass sich Männer drei- bis fünfmal so häufig das Leben nehmen wie Frauen (Bundesgesundheitsblatt: Karger, 2014).

Bisher gibt es nur ein Institut für Gendermedizin in ganz Deutschland

Bisher führt die Gendermedizin trotzdem ein Nischendasein. "In Lehrbüchern wird noch immer so getan, als wäre der Mensch ein geschlechtsneutrales Wesen", sagt Vera Regitz-Zagrosek. Das liege daran, wer diese Lehrbücher geschrieben habe: "In einem Leitlinienkomitee sitzen nicht selten 20 Männer und eine Frau." Sie sagt, es brauche in

der Medizin mehr Frauen in Führungspositionen, um die geschlechterspezifische Behandlung endlich zur Normalität im klinischen Alltag zu machen.

Vor allem müsse sich das Wissen um nicht diagnostizierte Depressionen, verschleppte Herzinfarkte und unbekannte Medikamentenwirkungen auch bei der neuen Generation von Ärzten und Ärztinnen durchsetzen. Doch obwohl europäische Projekte versuchen, das zu ändern, zum Beispiel durch Sommerschulen an verschiedenen Universitäten, scheint die Bedeutung der Gendermedizin nur langsam durchzudringen. Dass das Institut für Geschlechtermedizin an der Charité, das Regitz-Zagrosek leitet, das bisher einzige seiner Art in Deutschland ist, zeigt das eindrücklich. Und in einer Umfrage von 2016 konnte die Hälfte der 32 teilnehmenden Medizinfakultäten nicht genau beantworten, in welchen Kursen die Aspekte der Gendermedizin den zukünftigen Ärzten beigebracht werden (Deutsches Ärzteblatt: Ludwig et al., 2016).

Wie wirksam es ist, die Gendermedizin zum Lehrinhalt zu machen, zeigt das Beispiel Österreich. An Universitäten wird Medizinstudierenden im Studium und im praktischen Jahr beigebracht, wie Männer und wie Frauen behandelt werden sollten. Der Plan geht auf: Das Bewusstsein für Geschlechterunterschiede in der Medizin steigt dadurch unter den Studierenden, bei Ärzten und in der Öffentlichkeit, also bei den Patienten und Patientinnen (Kautzky-Willer et al., 2017). Vielleicht führt das ja eines Tages dazu, dass Frauen selbst fragen, was für sie als Patientin eine angemessene Behandlung ist.

 

[Lena Rupper]

Frauenquote in klinischen Studien niedrig

Denn gerade in klinischen Studien sei die Zahl der Frauen noch immer niedrig. Warum aber ist das so? "Weil es einerseits bequem ist, Männer zu beforschen, die keine ständigen Hormonschwankungen haben, und weil andererseits kein Risiko eingegangen werden soll, dass bei einer immer möglichen Schwangerschaft einer Frau der

Fötus geschädigt wird", argumentiert Bärbel Miemietz, Gleichstellungsbeauftragte der Medizinischen Hochschule Hannover.

Die Gendermedizin und die vielen "kleinen" Unterschiede

Bei der Gendermedizin geht es keinesfalls ausschließlich um Herzerkrankungen, sondern, neben den sozialen und psychologischen Unterschieden, auch um Symptome

und Ausprägungen von Krankheiten bei Frauen und Männern, die in unterschiedlichen genetischen und biologischen Voraussetzungen begründet sind.

Konkret wird etwa erforscht, wie sich beispielsweise Diabetes, Autoimmunerkrankungen, Depressionen, Suchtverhalten, Krebserkrankungen und Allergien bei Frauen und Männern unterscheiden.

Frauen haben stärkeres Immunsystem

Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt es viele. So ist beispielsweise erforscht, dass Frauen ein stärkeres Immunsystem und eine dünnere Haut haben als Männer.

Auch dass die Nieren bei Männern und Frauen anders sind, ist wissenschaftlich belegt. Es ist erwiesen, dass weibliche Spendernieren bei Männern nicht so gut arbeiten und dass Frauen ein höheres Risiko haben, eine männliche Spenderniere abzustoßen.

Wissenschaftler aus Basel und Heidelberg forderten darum 2008, dass in Zukunft das Geschlecht bei der Zuteilung von Spenderorganen mehr berücksichtigt werden soll.

Aspirin wirkt bei Männern besser Kanadische Forscher fanden heraus, dass Aspirin bei Männern viel besser wirkt als bei Frauen; auch dass blutdrucksenkende Medikamente bei Frauen und Männern anders wirken, ist nachgewiesen, um nur einige Beispiele zu nennen.

Die vielen Unterschiede sind eigentlich logisch. "Die Körperzusammensetzung, insbesondere Fett, Wasser und Muskelmasse, unterscheidet sich. Das beeinflusst die Aufnahme und den Abbau von Medikamenten. Außerdem spielen Hormone eine große Rolle", so Bärbel Miemietz.

Was muss sich ändern?

Zu unterstellen, dass die Gendermedizin in der medizinischen Praxis keinerlei Berücksichtigung fände, wäre zu allgemein. Wirklich breit verankert und in den Arztpraxen der

Republik angekommen ist das Wissen aber noch immer nicht. Was also muss sich ändern?

"Die nächste Approbationsordnung muss geschlechtersensible Inhalte in der Lehre und geschlechtersensible Lehre selbst für obligatorisch erklären", so Bärbel Miemietz.

Forschung soll geschlechterspezifischer werden Sie fordert eine feste Verankerung des Themas auf vielen Ebenen. Dazu gehöre unter anderem, dass Drittmittelgeber bei

der Mittelvergabe für medizinische Forschung ein geschlechtersensibles Forschungsdesign einfordern und prüfen müssten.

Zudem sollten Publikationsorgane die Annahme von Publikationen ablehnen, wenn keine Aussagen über vorhandene oder fehlende Geschlechterrelevanz der Forschung enthalten seien.

Bis diese geschlechtsspezifischen Unterschiede im medizinischen Alltag voll angekommen sind, scheint es noch ein weiter Weg. Bleibt zu hoffen, dass sich das Wissen um

Gendermedizin mit der Zeit immer mehr durchsetzen wird.

 

[Lena Rupper]

https://web.de/magazine/gesundheit/gesundheit-geschlechterspezifische-medizin-32765540

Vieles deutet darauf hin, dass Männer und Frauen bei körperlichen Leiden unterschiedlich behandelt werden sollten. Wirklich in der Praxis und in den Arztpraxen angekommen ist dieses Wissen aber bislang nicht. Was sich ändern muss.

Es gibt Mediziner, die sich auf Frauen- bzw. Männerleiden spezialisiert haben. Gynäkologen und Andrologen zum Beispiel. Bei Krankheiten, die beide Geschlechter gleichermaßen betreffen können, ist es jedoch noch immer gängige Praxis, dass Frauen und Männer die gleichen Medikamente erhalten. Höchstens die Dosierung wird, abhängig vom Körpergewicht, leicht angepasst.

Frauenherzen schlagen anders

Dass dies fatal sein kann und im Ernstfall sogar Leben kostet, dafür gibt es immer mehr Indizien. So stellte Harlan Krumholz von der Yale Universität 2002 fest, dass das Herzmedikament Digoxin bei Männern und Frauen höchst unterschiedlich wirkt.

Während bei Männern, die unter chronischer Herzinsuffizienz leiden, gute Therapieerfolge erzielt werden konnten, führte die Einnahme bei betroffenen Frauen zu einer höheren Sterblichkeit.

Unterschiede seit den 80ern bekannt

Neu war die Erkenntnis, dass sich Frauen und Männer biologisch teilweise erheblich unterscheiden und deshalb zuweilen eine andere medizinische Behandlung benötigen, nicht. So machte die amerikanische Kardiologin Marianne Legato bereits in den 1980er Jahren auf Unterschiede von Herzerkrankungen bei Frauen und Männern

aufmerksam und gilt damit als eine Pionierin der sogenannten Gendermedizin.

Geschlechterforschung an der Charité

"Schlagen Frauenherzen anders?", fragten Vera Regitz-Zagrosek und Christine Espinola-Klein vom Deutschen Herzzentrum Berlin in ihrer Studie aus dem Jahr 2006.

Sie gelangten zu der Erkenntnis, dass sich die Manifestation der koronaren Herzerkrankung zwischen Frauen und Männern sehr deutlich unterscheidet.

Regitz-Zagrosek war es auch, die die Geschlechterforschung in der Medizin an der Charité in Berlin begründete.

In der Zusammenfassung der Studie fordern die Verfasserinnen: "Wichtig ist es, Geschlecht als eine Kategorie in der biomedizinischen Forschung wahrzunehmen, die

von der Grundlagenforschung, in klinischen Studien und in der Gesundheitserziehung berücksichtigt werden muss"

Frauenquote in klinischen Studien niedrig

Denn gerade in klinischen Studien sei die Zahl der Frauen noch immer niedrig. Warum aber ist das so? "Weil es einerseits bequem ist, Männer zu beforschen, die keine ständigen Hormonschwankungen haben, und weil andererseits kein Risiko eingegangen werden soll, dass bei einer immer möglichen Schwangerschaft einer Frau der Fötus geschädigt wird", argumentiert Bärbel Miemietz, Gleichstellungsbeauftragte der Medizinischen Hochschule Hannover.

Die Gendermedizin und die vielen "kleinen" Unterschiede

Bei der Gendermedizin geht es keinesfalls ausschließlich um Herzerkrankungen, sondern, neben den sozialen und psychologischen Unterschieden, auch um die Symptome

und Ausprägungen von Krankheiten bei Frauen und Männern, die in unterschiedlichen genetischen und biologischen Voraussetzungen begründet sind.

Konkret wird etwa erforscht, wie sich beispielsweise Diabetes, Autoimmunerkrankungen, Depressionen, Suchtverhalten, Krebserkrankungen und Allergien bei Frauen und Männern unterscheiden.

Frauen haben stärkeres Immunsystem

Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt es viele. So ist beispielsweise erforscht, dass [Lena Rupper] Frauen ein stärkeres Immunsystem und eine dünnere Haut haben als Männer.

Auch dass die Nieren bei Männern und Frauen anders sind, ist wissenschaftlich belegt. Es ist erwiesen, dass weibliche Spendernieren bei Männern nicht so gut arbeiten und dass Frauen ein höheres Risiko haben, eine männliche Spenderniere abzustoßen.

Wissenschaftler aus Basel und Heidelberg forderten darum 2008, dass in Zukunft das Geschlecht bei der Zuteilung von Spenderorganen mehr berücksichtigt werden soll.

Aspirin wirkt bei Männern besser

Kanadische Forscher fanden heraus, dass Aspirin bei Männern viel besser wirkt als bei Frauen; auch dass blutdrucksenkende Medikamente bei Frauen und Männern anders wirken, ist nachgewiesen, um nur einige Beispiele zu nennen.

Die vielen Unterschiede sind eigentlich logisch. "Die Körperzusammensetzung, insbesondere Fett, Wasser und Muskelmasse, unterscheidet sich. Das beeinflusst die Aufnahme und den Abbau von Medikamenten. Außerdem spielen Hormone eine große Rolle", so Bärbel Miemietz.

Was muss sich ändern?

Zu unterstellen, dass die Gendermedizin in der medizinischen Praxis keinerlei Berücksichtigung fände, wäre zu allgemein. Wirklich breit verankert und in den Arztpraxen der Republik angekommen ist das Wissen aber noch immer nicht. Was also muss sich ändern?

"Die nächste Approbationsordnung muss geschlechtersensible Inhalte in der Lehre und geschlechtersensible Lehre selbst für obligatorisch erklären", so Bärbel Miemietz.

Forschung soll geschlechterspezifischer werden

Sie fordert eine feste Verankerung des Themas auf vielen Ebenen. Dazu gehöre unter anderem, dass Drittmittelgeber bei der Mittelvergabe für medizinische Forschung ein geschlechtersensibles Forschungsdesign einfordern und prüfen müssten.

Zudem sollten Publikationsorgane die Annahme von Publikationen ablehnen, wenn keine Aussagen über vorhandene oder fehlende Geschlechterrelevanz der Forschung enthalten seien.

Bis diese geschlechtsspezifischen Unterschiede im medizinischen Alltag voll angekommen sind, scheint es noch ein weiter Weg. Bleibt zu hoffen, dass sich das Wissen um Gendermedizin mit der Zeit immer mehr durchsetzen wird.

 

 

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