Herzgruppe Anhang 3

 

[Dr. E. Harris Ruddock, MD]

Hypertrophy of the heart, induced by over-exertion, in young men, often cured by Arnica, even after allopathic physicians have pronounced the affection incurable.

 

[Olaf Rippe]

Das Herz - Organ der Selbsterkenntnis

"Wie die Sonne auf die Erde wirkt, so wirkt das Herz auf den Leib" Paracelsus (1493 bis 1541)

Zur Zeit des Paracelsus war das Herz noch die Heimat der Seele. René Descartes, der im Herzen eine Maschine sah, war noch nicht geboren und unser mechanistisches Weltbild somit Zukunft.

Aber selbst im heutigen Zeitalter der Handys und des Internets zeugt der Volksmund noch von der Verbundenheit des Herzens mit unseren Seelenzuständen.

Wir kennen beherzte, herzliche und herzlose Menschen. Im Gespräch schütten wir unser Herz aus. Besonderes liegt uns am Herzen. Erinnerungen bewahren wir im Herzen auf.

Sorgen fallen wie ein Stein vom Herzen.

Kummer bricht einem das Herz und schon so mancher hat sein Herz verloren.

Besonders deutlich ist die menschliche Gestik: Wenn wir zu jemanden über uns sprechen und dabei auf uns deuten, dann berühren wir unsere Brust auf Herzhöhe.

Der Mensch identifiziert sein Selbst also mit seinem Herzen, deshalb bezeichnet man es in der hermetischen Heilkunde auch als "Ich-Organ". Empfindlich wie ein Seismograph reagiert es auf jede Veränderung der Stimmungslage. Wenn man bedenkt, daß 50% der Todesursachen in der westlichen Welt Herz-Kreislauferkrankungen sind, dann scheint dieser Seismograph bei den meisten Menschen ein permanentes Erdbeben anzuzeigen.

Die Ursachen liegen in der Entfremdung des Menschen von der Natur und in der Verdinglichung natürlicher Prozesse. Seitdem der Mensch die Götter aus der Natur verbannte und er nicht mehr ihrer Weisheit folgt, ist sein Herz einsam geworden. Die mangelnde Zwiesprache von Mensch und Natur läßt das Herz bluten, bis es erschöpft zusammenbricht. Hinzu kommt die Hektik unserer Zeit, von Husemann passend "Angina temporis" genannt, in der selbst das schnellste Herz irgendwann auf der Strecke bleiben muß.

Folgende kleine Geschichte soll dies unterstreichen: Ein alter Indianer fuhr zum ersten Mal in seinem Leben mit einem Auto. Nach einigen Kilometern wurde er unruhig und bat den Fahrer anzuhalten.

Er stieg aus, setzte sich an den Straßenrand und fing an zu beten. Schließlich wurde der Fahrer ungeduldig und forderte den alten Mann auf, wieder einzusteigen.

Dieser antwortete: "Ich muß erst warten, bis meine Seele nachkommt".

Herzerkrankungen sind also keine mechanischen Defekte, sondern ein Ausdruck unserer seelischen Befindlichkeit. Sie entstehen, wenn die Lebensweise nicht der inneren Wahrheit entspricht und sie keinem natürlichen Rhythmus folgt.

Das Herz als Sonnenorgan

Paracelsus vergleicht das Herz mit der Sonne, dem leuchtenden Mittelpunkt unseres Planetensystems. Aus dem Licht der Sonne wird alles geboren, von ihrem Feuer alles belebt. Ihr Lauf durch Tag und Jahr und der dadurch bedingte Wechsel zwischen Licht und Dunkelheit, Wärme und Kälte läßt alles Leben in ihrem Rhythmus schwingen.

Die Sonne ist aber weit mehr als nur ein strahlender Himmelskörper oder ein kosmischer Taktgeber. Der Astronom Johannes Kepler sah in ihr noch den Wohnort der Vernunft und eine Quelle der Harmonie. Auch Paracelsus wußte: "Von der Sonne empfangen wir das natürliche Licht der Weisheit".

Das Symbol der Sonne entspricht unserem heliozentrischen Weltbild. Es besteht aus einem Kreis mit einem Punkt in der Mitte. Der Punkt stellt die Sonne als Herz unseres Planetensystems dar, der Kreis die um sie laufenden Planeten. Analogien zum Sonnensymbol finden wir in der zentralen Stellung des Herzens (Punkt) im Kreislaufgeschehen (Kreis). Diastole und Systole entsprechen den Rhythmen der Sonne. Weitere Analogien wären das "Ich-Bewußtsein" (Punkt) und die Beziehung zur Umwelt (Kreis).

Die Götter, die man mit der Sonne assoziiert, zeigen ebenfalls das Prinzip der Selbsterkenntnis.

So standen beispielsweise über dem Tempel der griechischen Orakelgottheit Apollon in Delphi die Worte: "Erkenne Dich selbst". Apollon war es auch, der nach seinen Verfehlungen gegenüber den olympischen Gottheiten die Weisheit formulierte; "Alles mit Maß, nichts im Unmaß".

Das richtige Maß zu finden ist auch die Aufgabe des Herzens. Rhythmisch vermittelt es zwischen Anspannung und Entspannung. Die Bedeutung der rhythmischen Funktionen begreift man besten durch ihre Gegenpole. Auf der einen Seite ist dies der Takt, der stetig dasselbe Muster beschreibt, auf der anderen Seite die Arrhythmie,

mit ihren chaotischen Bewegungsstrukturen. In der goldenen Mitte steht der Rhythmus, der sich flexibel den Anforderungen des Körpers anpasst. Neben dem Herzen, dem "Ich-Bewußtsein" und dem Sozialverhalten, entsprechen der Sonne auch die Körpertemperatur und die körpereigene Abwehr.

Die Stellung der Sonne im Tierkreis zum Zeitpunkt der Geburt ist zudem ein Ausdruck für das jeweilige Temperament und die Identitätsmuster, denen eine Person folgt.

Störungen in der Ausprägung des Sonnenprinzips im Menschen manifestieren sich als psychische Probleme und Krankheiten. Sie werden als Übermaß oder Mangel dargestellt.

Übermaß: Verhaftetsein im Materiellen, Neigung zur Verblendung und Selbstüberschätzung sowie zur Selbstzerstörung und zur Zerstörung anderer, Egoismus, apoplektische Konstitution, Plethora, Hypertonie, Sklerose, Herzstress, Infarkttyp, Entzündungsneigung, übermäßige Hitze.

                Mangel: Hang zur Spiritualität, mangelnder Realitätsbezug, Neigung zur Selbstzerknirschung, mangelndes Selbstvertrauen, Ängstlichkeit, Asthenie, Hypotonie, Erschöpfungssyndrom, ständiges Frösteln, Anämie, Infektbereitschaft.

 

Im harmonischen Zustand der "Besonnenheit" ermöglicht das solare Prinzip ein hohes Maß an Erkenntnis, Spiritualität und Mitgefühl sowie die Fähigkeit zu sozial verantwortlichem Handeln.

Die Heilmittel des Herzens

1. Tonika

Sie regen das Feuerprinzip an und werden vorzugsweise bei einem Mangel des Sonnenprinzips verwendet, z.B. "Ich-Schwäche", Asthenie, Hypotonie, Erschöpfung und Folgen von Infektionen, die sich am Herzen bemerkbar machen. Die nachfolgenden Mittel sollte man wegen möglicher Schlafstörungen abends nicht verwenden.

Zu den Herztonika gehören bitter und anregend schmeckende Pflanzen wie Berberis vulgaris Ø (Berberitze), China D2/D4, Cnicus benedictus Ø (Benediktenkraut), Iberis amara D3 (Bittere Schleifenblume), Kalmia latifolia D2 (Berglorbeer), Rosmarinus officinalis Ø (Rosmarin) oder Teucrium chamaedrys D6 (Echter Gamander); Herzglykosidpflanzen schmecken bitter und wirken tonisierend Das müde Herz beleben auch blausäurehaltige Pflanzen wie Prunus laurocerasus Ø (Kirschlorbeer) oder Prunus spinosa, Summitates Ø w. Die Firma Wala stellt das Präparat "Prunuseisen" zur Herzvitalisierung nach Infektionen aus den Triebspitzen der Schlehe und Hämatit (Eisenoxid) her. Die Schlehe zeigt mit ihren Stacheln auch die Signatur der Entgiftung.

Ebenfalls stachelig und damit den Herzstoffwechsel entlastend ist das Universalmittel Crataegus oxyacantha Ø (Weißdorn).

Ein weiteres wichtiges Herztonikum und Adaptogen nach Überanstrengung ist Arnica montana D4 (Bergwohlverleih). Aus der Mineralwelt hat besonders Rubellit D6/D10 (Roter Turmalin w) eine kreislaufanregende Wirkung.

Gleichzeitig wirkt er stark geistanregend, entspricht also der Idee der Selbsterkenntnis in der Herztherapie. Als Ergänzung eignet sich Acidum phosphoricum D6 (Phosphorsäure); sämtliche Säuren helfen bei Schwächezuständen indem sie die katalytischen Prozesse im Körper anregen. Phosphor heißt übersetzt soviel wie Lichtträger, wiederum ein Indiz, daß eine Herztherapie mit Erkenntnisprozessen einhergeht.

Weitere gute Dienste leistet Arsenicum album D6. In tiefen Potenzen regt es nicht nur den Kreislauf an, sondern es entgiftet auch nachhaltig den Herzstoffwechsel. Ähnlich wirken Levico D2/D4, ein arsenhaltiges Quellwasser aus der Nähe von Trient und Skorodit D6 w, die sich beide bei Kreislaufschwäche bewährt haben ("Levico comp." und "Skorodit comp." wa).

 

2. Stoffe mit regulierender Wirkung auf Blutdruck und Herzrhythmus

Nach der Elementenlehre beeinflussen diese Mittel das Element Luft. Sie wirken je nach Dosierung anregend oder harmonisierend auf das Herzgeschehen. Die aufgeführten Stoffe sind in der Regel toxisch und erfordern daher eine vorsichtige Dosierung. Sie eignen sich vor allem zum Ausgleich des Sonnenprinzips. Anwendungsgebiete sind z.B. Cor nervosum, Basedowherz, Störungen durch Herztoxine

(z.B. Nikotinherz), Hypertonie, Blutdruckschwankungen, Status nach Apoplex, Angina pectoris, Rhythmusstörungen und klimakterische Hitzewallungen.

Zu den regulierenden Herzmitteln gehören in erster Linie Herzglykosidpflanzen wie Digitalis purpurea ab D4 (Roter Fingerhut; besonders als Blütenpräparat Digitalis e floribus D4 bei psychosomatischen Herzbeschwerden) und Strophanthus ab D4 (Managerherz).

Weitere gebräuchliche Herzglykosidpflanzen sind Adonis vernalis D2/D4 (Adonisröschen; Maschinengeräusche des Herzens, Altersherz, Basedow), Convallaria majalis D2/D4 (Maiglöckchen; bei Angina pectoris, Nikotinherz und Status nach Kummer mit Herzsymptomen und agitierter Depression; Signatur der Psyche sind die weiße Blüte und der betäubende Geruch), Oleander D2/D4 (bei Insuffizienz mit Arrhythmie, Herzschmerzen und Temperaturlabilität) und Scilla maritima D2/D4 (Meerzwiebel; Herzödeme).

Herzglykosidpflanzen wirken auf den Herzmuskel tonisierend, regulieren die Herzfrequenz und erhöhen das Herzzeitvolumen. Ein empfehlenswertes Präparat zur Herzglykosidtherapie ist "Oxacant forte" von Klein. Auch die stark giftige Familie der Loganiaceen (Pfeilgiftgewächse) gehört zu den wichtigen Herzheilmitteln, beispielsweise Gelsemium D4/D12 (Gelber Jasmin), Ignatia D4/D12 (Ignatiusbohne), Nux vomica D4/D12 (Brechnuß) und Spigelia D4/D12 (Wurmkraut), die sich alle zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen, Belastung durch Herztoxine und psychosomatischen Herzbeschwerden eignen.

Ähnliches gilt für die Familie der Solanacae (Belladonna D4/D12 (Tollkirsche; bradykarde Rhythmusstörungen durch Erhöhung des Vagustonus; Status nach Apoplex), Hyoscyamus niger D4/D12 (Bilsenkraut; Rhythmusstörungen) und Nicotiana tabacum D6/D12 (Tabak; Gefäßkrämpfe und Rhythmusstörungen). Ein sehr gutes Präparat mit Bilsenkraut ist "Cardiodoron" von Weleda; es enthält zusätzlich Primula veris (Schlüsselblume) zur Stimmungsaufhellung und Herzvitalisierung sowie Onopordon (Eselsdistel) zur Entgiftung.

Weitere häufig verwendete Pflanzen zur Regulationstherapie sind Aconitum napellus D6 (Eisenhut; Herzangst und Schock), Ammi visnaga Ø (Ammei; verringert die Sauerstoffschuld des Herzens, daher bei Angina pectoris verwenden; als Ergänzung eignet sich Glonoinum D6), Arnica montana D12 (Bergwohlverleih; Hypertonie, Status nach Apoplex), Cactus grandiflorus Ø/D4 (Königin der Nacht; Basedow, Herzangst), Coffea arabica D6/D12 (Kaffee; Rhythmusstörungen, Status nach Emotionen), Rauwolfia serpentina D4 oder der Wirkstoff Reserpinum D6 (Schlangenwurzel; bei Hypertonie

und Gefäßkrämpfen), Spartium scoparium Ø (Besenginster; Angina pectoris, Rhythmusstörungen, Herztoxine), Veratrum album D4/D12 (Weißer Germer; als Tonikum bei Kollaps in tiefen Potenzen, höhere Potenzen bei Tachycardie und Tabakherz) und Viscum album Ø (Mistel; Hypertonie).

Aus dem Tierreich werden vor allem Schlangengifte verwendet, besonders Naja D6/D12 (Brillenschlange). Das Gift der Brillenschlange wirkt auf den Herzmuskel zunächst erregend, später lähmend.

Dies ist auf ein curareähnliches Cardiotoxin zurückzuführen, das noch in großen Verdünnungen zu Herzstillstand führen kann.

Das Gift enthält zudem blutdrucksenkende Substanzen. Zu den homöopathischen Indikationen zählen daher postinfektiöse Klappenfehler, Rhythmus- und Blutdruckstörungen sowie Angina pectoris.

Brütende Stimmung. Eine weitere Indikation sind klimakterische Hitzewallungen.

Aus der mineralischen Welt ist besonders Cuprum metallicum D6/D12 (Kupfer) zur Behandlung von Gefäßkrämpfen und Rhythmusstörungen geeignet. Es wird auch als "Krampfmetall" bezeichnet.

 

Die Firma Wala liefert mit Rosenquarz D15 (Ampullen) eine wichtige Ergänzung zu den oben genannten Mitteln; Verwendung als Trinkampulle oder als Injektion in herzspezifische Punkte (H 3; N 23;

M 13, 16, 36; KG 14, 15, 17) und zwischen die Schulterblätter.

 

Rezept 1

Hypotonie mit nervöser Erschöpfung.

Acidum phosphoricum dil. D6 10.0

Crataegus, Flos Ø 20.0.

Leonurus cardiaca Ø 20.0

Levico dil. D2 10.0

Prunus spinosa, Summitates Ø 10.0

Rosmarinus recens dil. D1 20.0

Rubellit dil. D10 10.0

M.D.S., 3x tgl. 20 bis 30 Tropfen; nicht abends nehmen.

Von Weleda mischen lassen.

           

Rezept 2

Herzrhythmusstörungen infolge Nikotinabusus.

Ammi visnaga Ø 20.0

Cactus grandiflorus dil. D2 10.0

Convallaria majalis dil. D4 10.0

Crataegus Ø 20.0

Naja dil. D6 10.0

Nux vomica dil. D6 10.0

Spartium scoparium Ø 10.0

Strophanthus dil. D6 10.0

M.D.S., 3x tgl. 30 Tropfen

Von Staufen-Pharma mischen lassen.

 

3. Sedativa

Während Tonika das Element Feuer anregen, geschieht durch Sedativa das Gegenteil, die Anregung des Elements Wasser. Die aufgeführten Mittel beruhigen und entspannen den Herzpatienten. Größtenteils sind sie ungiftig und erfordern ein hohe Dosierung. Die Anwendung erfolgt bei einem Übermaß des Sonnenprinzips. Sie ergänzen die Mittel, die unter Punkt 2 genannt sind, die in potenzierter Form ebenfalls sedieren. Anwendungsgebiete sind z.B. Hypertonie, Herzleiden mit Schilddrüsenüberfunktion, psychosomatische Herzbeschwerden mit Unruhe, leichte Herzkrämpfe oder Schlafstörungen bei gleichzeitigen Herzbeschwerden.

[Olaf Rippe]

Zu den sedierenden Herzmitteln gehören zahlreiche weiß oder weiß-rosa blühende Pflanzen. Der Farbton ist zur Behandlung psychosomatischer Beschwerden besonders geeignet, vor allem wenn seelische Probleme mit Herzbeschwerden einhergehen. Hierzu gehören beispielsweise Crataegus oxyacantha Ø (Weißdorn; Universalmittel), Leonurus cardiaca Ø (Herzgespann; Unruhe bei gleichzeitigem Schwächegefühl), Lycopus europaeus Ø (Wolfstrapp; Schilddrüsenleiden, Herzunruhe, Hypertonie), Magnolia grandiflora D1/D4 (Magnolie; Krämpfe, aussetzender Herzschlag/-beklemmung), Melissa officinalis Ø (Melisse; Schilddrüsenleiden, Tachycardie), Rosa centifolia D2 / Rosa damascena Ø (Rose; Psychotherapie, Libidoprobleme), Valeriana officinalis Ø (Baldrian; Herzunruhe, Schlafstörungen), Verbena officinalis Ø (Eisenkraut; enthält schilddrüsenregulierende Wirkstoffe).

Auch einige unter Punkt 2 genannte Mittel blühen in der Farbe des Herzens, z.B. Cactus grandiflorus (Königin der Nacht), Coffea arabica (Kaffee), Convallaria majalis (Maiglöckchen), Nicotiana tabacum (Tabak), Nerium oleander (Oleander) oder Rauwolfia serpentina (Schlangenwurzel).

Ein weiteres wichtiges Sedativum ist Passiflora incarnata Ø (Passionsblume), besonders wenn das Leben ein unerträgliches Martyrium darstellt.

Der zuvor schon genannte Rosenquarz ist wegen seiner Farbe ein hervorragendes Ergänzungsmittel aus der mineralischen Welt. Andere rosafarbene Mineralien würden sich ebenfalls eignen, z.B. Rhodochrosit oder Rhodonit; leider liefert keine Firma potenzierte Präparate.

Silber (Argentum metallicum) und Silbernitrat (Argentum nitricum) haben in mittleren Potenzen ebenfalls beruhigende Eigenschaften. Als Mondmetall bildet Silber einen Gegenpol zu einem Übermaß

an Sonne.

Obwohl im Aussehen sehr sonnenhaft, zeigt natürliches Magnesiumkarbonat eine entspannende Wirkung auf das Herz (Magnesit D6 von Weleda).

Aus der animalischen Welt werden vor allem Ambra D6 (Sekret vom Pottwal) und Moschus D6 (Drüsensekret des männlichen Moschustiers) als Mittel bei Herzstress verwendet.

 

4. Antisklerotika

Sklerotische Veränderungen der Gefäße stellen ein chronisches Übermaß an Feuer und Sonne dar, das sich langsam aber stetig in ein Übermaß an Erde verwandelt. In der astrologischen Medizin ordnet man daher diesen Zustand, neben der Sonne, vor allem dem Planeten Saturn zu. Der äusserste Planet unseres Sonnensytems, der zur Zeit des Paracelsus bekannt war, entspricht mit seiner kalten Natur

den chronischen Krankheiten des Alters.

Die Sklerose könnte man am besten als ein erstarrtes Sonnenfeuer bezeichnen, denn vom Temperament her zeigt sich der Sklerotiker in jungen Jahren zwar etwas feurig, mit zunehmenden Alter neigt

er aber immer mehr zur emotionalen Kälte und Apathie. Ferner hat er, anders als der rein apoplektische Typ, eher einen sturen Charakter mit wenig Tendenz zur Spontanität.

Neben der Sklerose eignen sich die meisten der aufgeführten Mittel auch zur Behandlung von allgemeinen Verschleißerscheinungen im Alter, vorzeitiger Vergreisung, Claudicatio intermittens, Morbus Raynaud, MS, Tinnitus und Herzschwäche mit Schweregefühl.

 

Zu den Mitteln bei einem Übermaß an Erde gehören beispielsweise die Ölbaumgewächse Fraxinus excelsior Ø (Esche) und Olea europaea Ø (Olivenbaum; auch bei Hypertonie). Ein bewährtes Präparat

mit Olea europaea ist "Allium-Strath", bei Blutdruckproblemen +/o. Sklerose. Es enthält auch Crataegus, Rauwolfia, Viscum album und Allium sativum Ø (Knoblauch) mit seiner antisklerotischen und blutdrucksenkenden Wirkung. Die Senfölglykoside des Knoblauchs wirken zudem resolvierend und antidyskratisch.

Ferner eignen sich zur Entgiftung auch Nierenmittel wie Betula alba Ø (Birke), die meisten Umbelliferen (Doldenblütler) wie Conium maculatum D6 (Schierling; Resolvens; Vertigo) oder Imperatoria ostruthium Ø (Meisterwurz) sowie die stacheligen Herzpflanzen wie unter Punkt 1 beschrieben.

Zu den häufig verwendeten Mitteln gehören auch Ginkgo biloba Ø und Vinca minor D2 (Immergrün) bei Cerebralsklerose sowie Secale cornutum D6 (Mutterkorn) bei arteriellen Gefäßkrämpfen.

Letzteres ist enthalten in "Secale / Bleiglanz comp." von Wala, einem Präparat zur Behandlung von Claudicatio intermittens.

 

Mit Bleiglanz (Galenit = Bleisulfid), kommen wir auch zu einem der wichtigsten Heilmittel bei Sklerose. Blei zeigt mit seiner Giftigkeit und lichtabweisenden Natur am intensivsten die lebensverneinenden Züge eines ausgeprägten Saturnprinzips. Üblicherweise wird in der Homöopathie das reine Metall Plumbum metallicum D12/D30 verordnet. Als Schwefelverbindung bekommt Blei allerdings ein etwas sonnenhafteres Wesen, mit stark resolvierenden Eigenschaften. Aus der anthroposophischen Medizin kommt eine besondere Methode, das Saturnmetall Blei mit den Lebenskräften der Sonne zu verbinden - die Vereinigung von Blei mit Honig (Plumbum mellitum D12/D30). Dazu schmilzt man das Metall und bringt es in eine Wabenform, die man mit Honig füllt. Das Gleiche geschieht nochmals mit Zucker anstelle von Honig. Anschließend wird das Gemisch gemahlen und potenziert. Das jede lebendige Strahlung abschirmende, glanzlose Blei ist jetzt mit dem Licht der Sonne angereichert und ein regelrechter Jungbrunnen für die Gefäße.

Rezept3

 

Herzsensationen nach Liebeskummer.

Ambra dil. D6

Ignatia dil. D12

Magnolia grandiflora dil. D4

Rosa damascena Ø

Verbena officinalis Ø aa 20.0

M.D.S., 3 x tgl. 20 Tropfen (von Staufen-Pharma mischen lassen).

Zusätzlich von Klein "Oxacant sedativ", 3 x tgl. 30 Tropfen; enthält Baldrian, Herzgespann, Melisse und Weißdorn.

           

Rezept 4

Arteriosklerose mit Gefäßkrämpfen und Nachlassen der Gedächtnisleistung.

Cuprum metallicum dil. D6

Ginkgo Ø

Olea europaea Ø

Secale dil. D6

Vinca minor dil. D2 aa 20.0

M.D.S., 3 x tgl 20 Tropfen; von Staufen-Pharma mischen lassen.

Zusätzlich von Weleda "Arnica/Betula comp.", 2 x tgl. 10 Tropfen; enthält Bleihonig.

 

5. Das Sonnenmetall Gold

Bewährte Goldpräparate für die Herztherapie

Präparat / Firma / Anwendungsbereich

Aquavit (Soluna); Tropfen Lebenselixier; Alterungserscheinungen, allg. Schwächezustände, Verdauungsschwäche; Wirkprinzip ähnlich Melissengeist; vitalisiert die Lebensgeister/weckt die Lebensfreude.

Arnica D20 / Aurum D30 (w); Globuli, Ampullen             Schockfolgen; Angst, auch mit Schlaflosigkeit; Hypertonie; Apoplex u. Infarktnachsorge.

Aurum comp. (w); Globuli, Ampullen, Salbe             Entwicklungs- u. Verhaltensstörungen bei Kindern; zur Verwirklichung von Lebensidealen; Orientierungslosigkeit des Selbst.

Aurum / Apis regina comp. (w); Globuli, Ampullen             Stressmittel; Schicksalsschläge; nervöse Erschöpfungszustände; Depression; Stimmungsschwankungen.

Aurum D10 / Ferrum sidereum D10 (w); Ampullen             Lampenfieber, Angstzustände; stärkt die Zuversicht und den Willen; Einzelsubstanzen auch als Verreibung zur innerlichen Einnahme erhältlich.

Aurumheel (Heel); Tropfen             Psychosomatische Herzstörungen, Hypotonie, Nikotinherz; seelische Herzvergiftung u. innere Unruhe.

Aurum D5 / Ol. Lavandulae / Ol. Rosae (w); Salbe             Herzsalbe bei psychosomatischen Herzbeschwerden und Herzangst; erleichtert bei seelischem Herzstress.

Convallaria Löwe, Komplex Nr. 10 (Infirmarius Rovit); Tropfen             Coronarinsuffizienz, Herzmuskelschwäche, Angina pectoris, Stenocardie, Herzarrhythmie, Tachycardie, Cor nervosum, Altersherz.

Cordiak (Soluna); Tropfen             Begleitmittel bei allen psychogenen und körperlichen Herzleiden; bei Apoplex im Wechsel mit "Cerebretik" (Soluna; enthält Silber = Mond).

Hypericum Auro cultum (w); tropfen, Ampullen             Winterdepression; regt Leberfunktion an; Neuralgien; zu Beginn einer Goldtherapie; eher für dunkelhäutige Typen. Ergänzt Hochpotenzen von Gold.

Primula Auro culta (w);

Tropfen, Ampullen             Schenkt die Kraft des Frühlings; vitalisiert die Herzfunktion; zu Beginn einer Goldtherapie; eher für hellhäutige Typen und Kinder. Ergänzt Tiefpotenzen von Gold.

Sanguisol (Soluna); Tropfen             Herzsymptome im Sonnengeflecht; regt den Kreislauf an; bei Blutarmut und allgemeiner Lebensschwäche.

 

In der hermetischen Heilkunde verkörpert sich die Kraft der Sonne am stärksten im Gold (Aurum metallicum). Damit ist es das wichtigste Mittel zur Behandlung von Herzleiden und den damit verbundenden seelischen Störungen.

Schon der Name belegt die kosmische Natur von Gold: Aurum metallicum heißt Metall des Lichts (Aur = Licht). In der jüdischen Mystik bilden Leere und Unendlichkeit das ursprüngliche Chaos,

aus dem als Drittes das Licht entsteht, die kosmische Ordnung.

Gold ist der König der Metalle. In seinen Eigenschaften ist es wahrhaft majestätisch. Wie die leuchtende Sonne, so unvergleichlich ist der Glanz des Sonnenmetalls; von allen Metallen reflektiert es im natürlichen Zustand das Licht am stärksten. Anders als sonstige Metalle kommt Gold in der Natur praktisch nur gediegen vor. In seinem Glanz will es alleine sein und duldet deshalb keine Vereinigung

mit anderen Stoffen. Auch seine Beständigkeit ist einmalig. Während archäologische Funde aus anderen Metallen längst vom Zahn der Zeit gezeichnet sind, ist selbst Jahrtausende alter Goldschmuck

so strahlend wie zum Zeitpunkt seiner Herstellung. Weitere Geheimnisse sind die schwere Löslichkeit, Geschmeidigkeit und Schwere von Gold.

Wegen seiner Eigenschaften galt das Sonnenmetall von jeher als Attribut göttlicher Allmacht. Goldene Äpfel machten die Götter unsterblich und goldene Waffen unbesiegbar. Auf der Suche nach dem goldenen Gral oder dem goldenen Flies verzehrten sich die Helden der abendländischen Geschichte. Die Opfergaben der drei Magier aus dem Morgenland an Jesus waren Gold, Weihrauch und Myrrhe ("Aurum comp." von Wala; (siehe Tabelle: Bewährte Goldpräparate für die Herztherapie).

Allerdings hat sich die spirituelle und kultische Bedeutung von Gold heute verflüchtigt. In unserer Gesellschaft ist Gold zu einem Symbol für die Maßlosigkeit irdischer Macht verkommen. Aus zierlichem Goldschmuck wurden plumpe Goldbarren, die in den Tresoren der Banken ein armseliges Dasein fristen. Als Heilmittel ist Gold aber immer noch von unschätzbarem Wert.

Aurum metallicum D4 bis D8 = Mangel des Sonnenprinzips

Tiefpotenzen von Gold verleihen Erdenschwere und fördern den Kontakt zur Seelenmitte. Sie eignen sich für hektische Menschen ohne Feingefühl, die weltfremd und verschwendungssüchtig sind. Stetig suchen sie nach Glaubenssystemen, die ihnen eine bessere Welt versprechen. Sie sind meistens "Ich-schwach", extrovertiert und distanzlos. Ihre Sinne sind überreizt und häufig sind sie gestresst bis zur totalen Erschöpfung.

 

Therapeutische Indikationen sind u.a. Anämie, Hypotonie, Herzschwäche, Herzentzündungen, Abwehrschwäche und Infektanfälligkeit.

Dosierung: Verabreichung tagsüber, nicht am Abend; ca. 2 - 3x täglich 5 Tropfen.

Kontraindikation: Tiefpotenzen können eine bestehende Depression oder Suizidneigung verstärken. Nicht bei Hypertonie anwenden.

Aurum metallicum D10 bis D15 = Ausgleich des Sonnenprinzips

 

Mittlere Potenzen fördern den Ausgleich der Körperfunktionen. Sie verbessern das Selbstwertgefühl und schenken Lebensfreude. Sie eignen sich auch zur Behandlung von Angstzuständen mit Herzbeteiligung. Mit ihrer Hilfe begreift man das Sonnenprinzip der Harmonie.

Sie werden vor allem bei wechselnder Symptomatik von Mangel und Übermaß des Sonnenprinzips verwendet sowie bei Herzrhythmusstörungen, labiler Körpertemperatur, Blutdruckschwankungen, Herzkrämpfen und psychosomatischen Herzleiden.

 

Dosierung: Verabreichung morgens oder mittags; ca. 1 bis 2 mal pro Tag 5 Tropfen, bis alle drei Tage eine Dosis; zum Abschluß einer Therapie zur Stabilisierung von Heilergebnissen.

Aurum metallicum D20 bis D30 = Übermaß des Sonnenprinzips

 

Hochpotenzen durchlichten den Geist. Sie eignen sich für Menschen, deren Bewußtsein im Materiellen verhaftet ist.

Häufig sind sie egoistisch, geizig, geprägt von Existenzängsten und einem tiefen Mißtrauen gegenüber ihren Mitmenschen. Spiritualität und Kräfte außerhalb des sinnlich Wahrnehmbaren, sind für sie Fremdworte. In ihrem Gefühl, von Gott und der Welt verlassen zu sein, neigen sie zur Selbstzerstörung durch Alkohol oder sonstige Drogen. Nicht selten begehen sie Suizid.

 

Weitere Indikationen sind Hypertonie, Sklerose, Apoplexie, Gicht, Rheuma und zu schnelle Alterungsprozesse.

Dosierung: Verabreichung morgens oder mittags; ca. alle 3 Tage bis 1 mal pro Woche und seltener 5 bis 10 Tropfen; vorzugsweise am Sonntag, dem Tag der Sonne.

Kaum ein Mittel hat mehr Macht über die Depression, als das Gold. Es bringt Leichtigkeit in die erdenschwere Seele und gibt dem Menschen wieder ein Bewußtsein über seine wahre Herkunft und Natur.

 

Der Alchimist Basilius Valentinus beschrieb die Natur des Menschen mit den Worten: "Als ein Kind der Sonne gilt der edle und königliche Mensch, geziert mit einer Strahlenkrone der Weisheit, einer Sonnenscheibe der Weltherrschaft und dem goldenen Schwert der Gerechtigkeit, weise, sanftmütig, großmütig und beherzt".

 

Zeit-online

[Corinna Schoeps/Claudia Wüstenhagen]

In Deutschland gibt es mehr Herzkatheter-Eingriffe als in anderen Ländern. Ist das ein Segen oder ein Risiko? Werden Sie Zeuge eines anonymen Gesprächs unter drei Ärzten

Die Protagonisten dieses Gesprächs bleiben anonym. Es handelt sich um einen niedergelassenen Kardiologen aus Hamburg, einen Herzchirurgen aus Schleswig-Holstein und einen Hausarzt aus Hessen.

Ein Konferenzraum in einem Hotel in Hamburg. Drei Ärzte sind zu einem ungewöhnlichen Gespräch gekommen: ein Kardiologe, ein Herzchirurg und ein Hausarzt.

Ihre Identität wird unerkannt bleiben, das ist die Vereinbarung. Offen wie selten werden sie in den nächsten Stunden über den Nutzen und die Risiken von Herzkatheter-Eingriffen diskutieren. Sie haben Patientenakten mitgebracht. Die Lachs- und Camembert-Brötchen auf dem Tisch werden die meiste Zeit über unangerührt bleiben.

Im Raum steht ein Verdacht: Werden Patienten in deutschen Kliniken und Herzpraxen Untersuchungen unterzogen, die gar nicht nötig sind? Anlass für dieses Gespräch

ist eine Statistik: Sie zeigt, dass in Deutschland im Schnitt dreimal häufiger Herzkatheter zum Einsatz kommen als in anderen Ländern. 885.000-mal nahmen Ärzte diese Untersuchung im vergangenen Jahr vor, in 343.000 Fällen setzten sie dabei einen Stent, eine Gefäßstütze, um verengte Herzkranzarterien zu weiten.

 

ZEIT Doctor: Haben die Deutschen kränkere Herzen als die Menschen in anderen Ländern, oder wie ist es zu erklären, dass hierzulande derart viele Arterien aufgedehnt und gestützt werden?

Kardiologe: Diese hohe Zahl an Eingriffen kann nicht nur sachliche Gründe haben, da müssen wir selbstkritischer werden. Eine dichte Versorgung mit Herzkatheter-Untersuchungen ist an sich ja ein Segen, sie ist besonders ein Segen für den Notfall. Damit rettet man Leben, keine Frage. Doch so viele akute Fälle gibt es gar nicht, wie es Katheterplätze gibt. In den gültigen ärztlichen Leitlinien steht ziemlich eindeutig, wann man das machen soll und wann nicht. Die Leitlinien sind richtig, sie sind sogar relativ strikt, aber die Ärzteschaft hält sich wenig an die Leitlinien.

 

ZEIT Doctor: Wann sollte denn kathetert werden, außer bei einem akuten Herzinfarkt oder Koronarsyndrom?

Hausarzt: Bei Patienten, die trotz einer medikamentösen Therapie weiterhin stärkere Angina-Pectoris-Beschwerden haben, also dieses typische Druckgefühl im Brustkorb,

das beim Treppensteigen auftritt und dann wieder weggeht, wenn man stehen bleibt. Der Graubereich beginnt bei Menschen, die zwar eine koronare Herzerkrankung haben, aber nicht unter Beschwerden leiden. Manche Ärzte schauen da einfach mal nach dem Rechten, was unangemessen ist, denn die Untersuchung hat wie jeder Eingriff auch

ein kleines Risiko, Blutungen sind möglich.

 

ZEIT Doctor: Kennen Sie solche Beispiele aus Ihrer Praxis?

Hausarzt: Ja, das passiert häufiger. Zuletzt bei einer 52-jährigen Patientin von mir. Sie hatte einen akuten Hinterwandinfarkt und zunächst jeden Grund, sofort einen Stent gesetzt zu kriegen. Da ist auch alles gut gelaufen. Sie war schnell in der Klinik, ist sehr schnell behandelt worden, Gott sei Dank. Aber wenn Sie nun hier in den Arztbericht schauen (er blättert in einer Akte), dann fällt da dieser Vermerk auf, ganz am Ende: "Wir haben für die Patientin einen stationären Aufnahmetermin zur Kontrollkoronarangiografie vereinbart." Es wurde also automatisch ein Termin für eine erneute Untersuchung mit dem Herzkatheter vereinbart. Ich sage mal aus Erfahrung, das ist die Regel, nicht die Ausnahme. Wenn ich die deutsche Leitlinie nehme, ist das hier ein absolutes No-Go! Es gibt keinen Grund, beschwerdefreie Patienten erneut zu kathetern – Punkt!

Herzchirurg: Ich sehe es so: Es gibt keine Sache, die so kompliziert ist, dass sie unbedingt nachkathetert werden muss, es sei denn, das Ergebnis des ersten Eingriffs ist schlecht, da muss man eventuell noch einmal ran. Aber das war ja bei Ihrer Patientin nicht der Fall. Und zwei Monate nach dem ersten Katheter muss man da erst recht nichts machen. Wenn es – und das ist ja immer die Sorge – zu einer Wiederverengung käme, dann würde das typischerweise nach drei bis sechs Monaten passieren. So einen Eingriff zu wiederholen wäre, wenn überhaupt, erst nach einem halben Jahr sinnvoll.

 

ZEIT Doctor: Der Patient sollte es also hinterfragen, wenn er schon nach zwei Monaten wieder einbestellt wird?

Herzchirurg: Ja, genau. Nur eine Nuance möchte ich noch hinzufügen, denn es gibt bei so einer komplexen Intervention auch Ausnahmen. Wenn zum Beispiel an dem sogenannten Hauptstamm etwas passieren würde, der kritischsten Stelle der Herzkranzgefäße, wo das halbe Herz dranhängt, dann wäre das für den Patienten ein Desaster. Nach einem so großen Eingriff mit mehreren Stents in dieser Region würden wir nach sechs Monaten schon noch einmal nachgucken. Aber das sind vielleicht fünf bis zehn Prozent der Fälle.

Kardiologe: Das wesentliche Problem sind die routinemäßigen Wiedereinbestellungen, gleich mit Terminvergabe, wie in diesem Arztbrief. Das ist in der Regel nicht sinnvoll. Und es wirkt auch verdächtig mit diesen fixen Terminen. Das riecht nach System.

"Jedes Krankenhaus ohne Katheterlabor ist auf der Abschussliste"

 

ZEIT Doctor: Wie kommt es zu einem solchen System?

Kardiologe: Es wird von der Klinik und der Abteilung erwartet, dass soundso viele Katheteruntersuchungen gemacht werden, offen gesagt, und wenn man weniger durchführt, gehen natürlich die Zahlen runter. Es gibt schon einen spürbaren Druck, zu sagen, wir müssen zumindest auf dem Niveau bleiben, auf dem wir waren.

Und das bekommt man heute nicht mehr so leicht hin. Erstens, weil es sich herumgesprochen hat, dass zu viel kathetert wird, die Patienten fragen kritischer nach, ob

das wirklich sein muss. Und zweitens, weil es zumindest für manche Fälle ein Konkurrenzverfahren gibt, die CT-Angiografie, die heute bereits vielfach eingesetzt wird.

Die Krankenhäuser und Praxen in den städtischen Gebieten mit einer gewissen Überversorgung müssen sich also schon überlegen: Wie kriege ich mein Katheterlabor voll?

 

ZEIT Doctor: Kommt dann der kaufmännische Direktor und sagt, das reicht jetzt aber nicht?

Kardiologe: Nein, nach meiner Erfahrung nicht. Es ist eher so, dass wir uns selbst unter Zwang setzen. Man leitet eine Klinik, und die macht pro Jahr 2.800 Katheteruntersuchungen und -eingriffe; man möchte nicht im nächsten Jahr nur noch 2.700 haben, das hieße, es ginge abwärts. Das ist wie mit einem Unternehmen.

Man hat irgendwie die Vorstellung im Kopf, der Umsatz muss wenigstens gleich bleiben. Sonst hätte der Chef proportional auch weniger Assistenten und Oberärzte.

Die Herzkatheter-Untersuchung

Stützen für kranke Arterien

Bedrohliche Blockade

Die Methode gibt genauen Aufschluss darüber, ob die Herzkranzarterien gefährlich verengt sind.

Bei einem diagnostischen Herzkatheter, der sogenannten Koronarangiografie, schiebt der Kardiologe einen zwei Millimeter dicken Schlauch über eine Arterie zu den Herzkranzgefäßen. Er kontrolliert seine Manöver auf einem Monitor und spritzt mit dem Katheter Kontrastmittel in das Gefäß, das er gerade betrachtet. Dadurch lassen

sich Engstellen gut erkennen. Gegebenenfalls setzt der Arzt einen Stent. Früher wurde der Katheter über die Arterie der Leiste eingeführt, heute gilt der Arm als bessere Einstiegsstelle.

Hausarzt: Inzwischen ist jedes Krankenhaus ohne ein Katheterlabor eigentlich ein Krankenhaus auf der Abschussliste. Es geht nicht nur um Renommee, sondern auch um

die Zukunftssicherung für eine Klinik mittlerer Größe.

 

ZEIT Doctor: Das heißt, man braucht ein Katheterlabor, um nicht auf der Abschussliste zu landen, und wenn man dann ein Katheterlabor hat, sagt die Klinikleitung, ihr

müsst es auch auslasten, ihr müsst die Fallzahlen erhöhen?

Herzchirurg: Das ist zwar jetzt ein politisches Thema, das wir da diskutieren. Aber ich glaube, das ist genau der Hebel, an dem man ansetzen sollte: Es müsste verhindert werden, dass eben auch die ganz kleinen Häuser Katheterlabore haben. Denn das führt an den großen Zentren paradoxerweise dazu, dass dort die Fallzahlen sinken und

in der Folge die Ausbildung nicht mehr so gut ist, weil die Ärzte weniger Übung haben. Die Herzinfarktversorgung könnte man in Deutschland auch sehr gut mit weniger Katheterlaboren gewährleisten.

 

ZEIT Doctor: Zumindest in den Großstädten.

Herzchirurg: Nein, eigentlich auch sonst. In manchen Gegenden hat jedes einzelne Kreiskrankenhaus heute ein Katheterlabor.

 

ZEIT Doctor: Wie weit liegen die auseinander?

Herzchirurg: 15 bis 20 Kilometer. Und das sind Fahrzeiten, die auch nach den Leitlinien überbrückbar sind, um bei einem Infarkt rechtzeitig behandeln zu können.

Kardiologe: Es gibt nur ein Gebiet in Deutschland, wo das nicht der Fall ist: die Uckermark. Da liegen 38 Kilometer zwischen dem einen und dem nächsten Katheterlabor,

das ist die einzige Stelle, wo man sagen würde ...

Herzchirurg: (lacht) ... da fehlt noch ein Labor!

Kardiologe: Aber ansonsten ist Deutschland wirklich super versorgt.

 

ZEIT Doctor: Jetzt kann man aus Patientensicht doch sagen, ist ja prima. Wenn diese Untersuchung oft gemacht wird, kann man sich doch gut aufgehoben fühlen.

Herzchirurg: Sie werden lachen, solche Patienten gibt es. Und da ist es dann die Aufgabe des Arztes, sie zu beruhigen und davon abzuraten. Ich habe auch Patienten,

die sagen, mir wäre wohler, wenn Sie jetzt jedes Jahr einmal mit dem Katheter nachgucken könnten. Da muss man als seriöser Arzt sagen, das Ansinnen verstehen wir

zwar, aber das können wir auch mit anderen Methoden machen.

"Der Hausarzt wusste, dass der Patient Nierensteine hatte – der Kardiologe nicht"

 

ZEIT Doctor: Kommen wir zu einem weiteren Fall, den Sie aus der Praxis mitgebracht haben. Da ist die Sache ja schlecht ausgegangen.

Hausarzt: Ja, hier geht es um einen Diabetiker, fast achtzig, mit einer koronaren Herzerkrankung an drei Gefäßen. Er hatte außerdem ein Vorhofflimmern ...

 

ZEIT Doctor: ... eine verbreitete Herzrhythmusstörung ...

... und er hat deswegen Marcumar bekommen, also ein Medikament zur Blutgerinnungshemmung. Und er wurde von seinem Kardiologen eingewiesen zu einer Katheteruntersuchung, obwohl er beschwerdefrei war. Dann wurde auch kathetert, wofür ich keinen Grund gesehen habe, und es wurde ein Stent gesetzt.

Der Patient brauchte danach noch weitere Blutgerinnungshemmer, damit der Stent nicht verstopft. Der Mann hatte allerdings einen Nierenstein, der innerhalb kurzer

Zeit zu einer Blutung führte, und er musste deswegen ins Krankenhaus. Dann blutete es fast zeitgleich noch in die Lunge hinein, und der Patient starb etwa einen

Monat später an den Lungenkomplikationen infolge seiner schweren Blutung.

Kardiologe: Hinterher ist man ja immer schlauer, aber das ist so ein Fall, wo ich gesagt hätte: Finger weg, der Patient hat zwar eine hochgradige Stenose, eine Verengung,

am vorderen ansteigenden Gefäß. Aber ich persönlich hätte in Anbetracht der zu erwartenden Komplikationen bei einem Patienten in dem hohen Lebensalter, mit Vorhofflimmern und ohne Beschwerden meinem Drang nicht nachgegeben, da etwas dran zu unternehmen. Ich hätte sein Herz erst einmal in Ruhe gelassen.

Herzchirurg: Bei einem Diabetiker ist die Symptomatik allerdings schwer zu beurteilen. Der Diabetiker hat nicht diese Angina-Pectoris-Beschwerden, weil auch seine Herznerven angegriffen sind. Das heißt, aus dem Fehlen von Symptomen kann man nicht schließen, dass alles prima ist. Das muss man schon abwägen. Ich hätte da aber auch nicht einfach kathetert, sondern in so einem Fall eher einen nicht invasiven Ischämienachweis gemacht, zum Beispiel ein sogenanntes Stressecho. Das ist eine sehr sichere Methode, sie ist zwar nicht ganz so genau wie ein Katheter, doch wir erreichen immerhin eine 80- bis 90-prozentige Gewissheit. Bei einem Patienten ohne Beschwerden wäre das eine sehr sinnvolle Alternative.

Hausarzt: Hier kommt noch etwas anderes hinzu: Der Hausarzt wusste, dass der Patient Nierensteine hatte und dadurch ohnehin ein höheres Blutungsrisiko – der Kardiologe wusste das nicht.

 

ZEIT Doctor: Da bestand also ein gravierendes Kommunikationsproblem.

Hausarzt: Der Kardiologie hat dem Patienten ohne Wissen des Hausarztes einen Stent gesetzt, und da haben wir ein Riesenproblem: Wer ist eigentlich zuständig für die Information?

Kardiologe: Das spricht dafür, dass man bei komplexen Befunden und problematischen Patienten die diagnostische Katheteruntersuchung und die Therapie mit einem Stent voneinander trennt und noch einmal in aller Ruhe in einer Herzkonferenz überlegt, was man mit diesem Patienten machen soll.

 

ZEIT Doctor: Was geschieht bei einer solchen Herzkonferenz?

Kardiologe: Bei etwa einem Drittel aller Patienten, die eine Katheteruntersuchung bekommen haben, setzen wir uns zusammen und überlegen, wie es am besten weitergeht. Man kann das nicht immer auf dem Kathetertisch entscheiden, weil nicht alle Gesichtspunkte berücksichtigt werden können. Hier haben wir ja genau das Beispiel: Der niedergelassene Kollege kennt den Patienten viel besser und weiß, dass er Nierensteine hat, das weiß der Kardiologe, der kathetert, gar nicht. Und im Idealfall halten dann Hausarzt, Herzchirurg und Kardiologe noch einmal Rücksprache.

 

ZEIT Doctor: Warum passiert das nicht öfter?

Hausarzt: Der Hausarzt erfährt schlicht und einfach nichts davon. Ich habe noch nie eine Einladung zu einer Herzkonferenz bekommen. Das ist in Deutschland nicht Usus.

 

ZEIT Doctor: Könnte ein Patient das auch selbst initiieren?

Kardiologe: Der Patient initiiert das Gegenteil. Der möchte gern alles hinter sich haben. Und wenn der Kardiologe ihm die Einengung auf dem Bild zeigt – das sieht spektakulär aus –, dann sagt der Patient, bitte machen Sie das weg! Und wenn man als Arzt sagt, wir warten erst einmal und überlegen, sind viele Patienten damit nicht einverstanden.

 

ZEIT Doctor: Woran liegt das?

Hausarzt: Wir Menschen haben einen "okulostenotischen Reflex", das heißt, man sieht mit dem Auge, dass da irgendetwas krank ist, und sagt: "Das muss weg." Die Macht der Bildgebung. Was ich sehe, das glaube ich; steht schon in der Bibel. Dabei wäre es oft sinnvoller, erst einmal nur Medikamente zu nehmen.

Herzchirurg: Ich glaube auch, dass es diesen Reflex gibt, aber ich würde da etwas Optimismus verbreiten. Ich denke, das wird weniger. Die Technik der Druckdrahtmessung breitet sich immer mehr aus. Damit kann man besser entscheiden, ob ein Stent wirklich nötig ist. Wenn wir schon eine Katheteruntersuchung machen und eine Verengung finden, dann überprüfen wir zunehmend, ob diese Enge überhaupt relevant ist, ob sie also wirklich eine Minderdurchblutung im Herzmuskel auslöst. Denn das ist ja die entscheidende Frage.

Kardiologe: Vielen Stenosen sieht man das nicht an.

"Wir sind nicht dafür gebaut, so alt zu werden"

Herzchirurg: Und die Druckdrahtmessung ist ein relativ simples Verfahren. Da führt man während der Katheteruntersuchung einen feinen Draht ein und misst den Druck vor und hinter der Engstelle. Wenn der Unterschied ein gewisses Maß überschreitet, ist davon auszugehen, dass die Enge eine Minderdurchblutung auslöst und man einen Stent setzen sollte. Studien zeigen, dass die Patienten, die so behandelt werden, besser fahren als andere. Denn sie bekommen weniger Stents, und sie haben trotzdem weniger Herzinfarkte oder erneute Katheteruntersuchungen.

 

ZEIT Doctor: Zurück zum angesprochenen Kommunikationsproblem: Was kann der Patient tun, damit sein Hausarzt und sein Kardiologe voneinander wissen und sich austauschen?

Kardiologe: Da gibt es einen guten Trick: Jeder Patient hat das Recht, sich selbst einen Bericht schicken zu lassen. Den muss er aufbewahren und damit zum Hausarzt gehen.

 

ZEIT Doctor: Aber warum findet kein direkter Kontakt unter den Ärzten statt?

Kardiologe: Alle haben wenig Zeit. Es ist schwierig, einander zu erreichen. Der Hausarzt hat einen Patienten vor sich, wenn man ihn anruft, und umgekehrt, wenn der Hausarzt anruft, hat man selbst gerade einen Patienten und kann nicht reden. Und solche Gespräche werden eben auch nicht vergütet.

Hausarzt: Unser Problem ist, dass die Kardiologen sich die Patienten einmal im Jahr oder quartalsweise einbestellen, ohne dass wir Hausärzte davon erfahren. Und wenn ich Glück habe, bekomme ich einen Bericht. Meistens bekomme ich keinen.

 

ZEIT Doctor: Angenommen, der Hausarzt sagt dem Patienten, da müsste man jetzt vielleicht doch mal eine Katheteruntersuchung machen. Was soll der Patient dann tun? Sucht er sich ein Krankenhaus? Woran erkennt er ein gutes Krankenhaus?

Hausarzt: Da ist es in der Regel die Sache des Hausarztes, den Patienten zu steuern.

Kardiologe: Ja, und zu beraten, wo die Vor- und Nachteile der einzelnen Krankenhäuser liegen. Als Hausarzt und auch als Kardiologie weiß man, welches Labor zu welchem Patienten passt.

 

ZEIT Doctor: Der Ruf spielt da eine Rolle, wie immer. Gibt es weitere Qualitätskriterien?

Hausarzt: Wenn die Ärzte in einer Praxis oder Klinik häufig kathetern, dann gehen wir davon aus, dass sie auch mehr Erfahrung haben.

Kardiologe: Da sind wir uns wohl alle einig. Es ist zwar nicht wichtig, ob einer den Eingriff 3.000-mal oder 4.000-mal pro Jahr macht ...

 

ZEIT Doctor: Aber wenn er ihn nur 100-mal macht, dann schon?

Kardiologe: So ist es. Es gibt derzeit eine große Diskussion um Mindestmengen, bei allen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen.

 

ZEIT Doctor: Mal ganz handwerklich betrachtet: Wo liegt beim Kathetereingriff und beim Setzen eines Stents die Schwierigkeit?

Herzchirurg: Das Ziel ist, Komplikationen zu vermeiden. Ein übliches Problem sind etwa Nachblutungen an der Einstichstelle. Ich finde, heutzutage sollte die Katheteruntersuchung in der Regel vom Arm her gemacht werden, weil da die Komplikationsraten nachweislich geringer sind als beim Eingriff über die Leiste. Das ist zum Beispiel auch ein Qualitätskriterium.

 

ZEIT Doctor: Das Kathetern über den Arm ist aber technisch schwieriger, oder?

Herzchirurg: Es ist schwieriger, aber wenn man Erfahrung hat, ist es auch nicht anders als von der Leiste aus. Ein anderer wichtiger Aspekt für die Auswahl der Klinik wäre: Ist man als Patient in einer Umgebung, das sage ich mal vorsichtig, wo die Ärzte mit seltenen Komplikationen umgehen können?

Kardiologe: Das Management von Komplikationen ist wahrscheinlich das Wichtigste, vor allem bei denen, die selten sind, die also im 0,1-Prozent-Bereich liegen, aber sehr schwerwiegend sein können. Dann ist es in meinen Augen das Wichtigste, dass der Patient nicht erst mit dem Notarztwagen über die Straße gefahren werden muss.

Deswegen gehen Praxen vernünftigerweise häufig dazu über, ihr Katheterlabor an Krankenhäusern zu betreiben.

 

ZEIT Doctor: Das ist eine wichtige Information für den Patienten: Such dir am besten ein Katheterlabor, das an ein Krankenhaus angebunden ist.

Hausarzt: Und nicht nur ein Krankenhaus, es muss eigentlich ein Krankenhaus mit einer Herzchirurgie sein. Eine der schlimmsten Komplikationen ist, wenn das Gefäß platzt, das man gerade aufdehnt. Wenn ich den Patienten dann in einen rüttelnden Hubschrauber reinbugsiere, ist das nicht gut für ihn.

Herzchirurg: Man kann so etwas heute meist mit dem Katheter beherrschen. Aber im schlimmsten Fall ist es schon gut, eine Herzchirurgie um die Ecke zu haben.

 

ZEIT Doctor: Gibt es Fälle, bei denen Sie aus heutiger Sicht sagen, so würde ich das nicht mehr machen, da haben wir zu viel kathetert – heute bin ich klüger?

Kardiologe: Es gibt Fälle, da hat man den Verdacht, dass ein Patient eine Koronarkrankheit haben könnte, und man würde dies gern abklären und ausschließen können.

Da haben wir früher schon mal großzügig kathetert. Das würden wir heute nicht mehr machen.

Herzchirurg: Bei mir ist die Schwelle gestiegen, an einer Engstelle tatsächlich einen Stent zu setzen. Da sind wir wieder beim Thema Druckdrahtmessung: Man fragt heute,

ist diese Stelle relevant für den Patienten oder nicht? Früher haben wir eher nach optischem Eindruck entschieden, das ändert sich gerade.

 

ZEIT Doctor: Und was war der Auslöser für Ihr Umdenken?

Herzchirurg: Die Studienlage, die Druckdrahtstudien haben erstaunlich gute Ergebnisse gezeigt.

Kardiologe: Meine Botschaft wäre, dass wir den Patienten besser zuhören müssen und mit ihnen sprechen, auch dann, wenn man alle technischen Geräte hat. Es ist wirklich mein Anliegen, weil ich es an mir selbst gesehen habe. Man muss sich disziplinieren als Arzt, und das ist gar nicht so einfach, dass man eben nicht mit dem Bleistift spielt oder in den Computer guckt, sondern die Patienten ansieht. Die bereiten sich auf das Gespräch mit dem Doktor ja vor, sie wollen ernst genommen werden, wenn sie ihre Zettel herausziehen und sagen, darf ich das noch einmal fragen. Aber manchmal muss der Arzt auch Dinge sagen, die der Patient nicht gern hört.

 

ZEIT Doctor: Zum Beispiel?

Kardiologe: Mit der älter werdenden Bevölkerung nehmen auch die Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu. Wenn ein 82-Jähriger sich beklagt: "Wie kann ich das haben? Ich habe doch immer so gesund gelebt!", dann sage ich ganz offen: Wir sind gar nicht dafür gebaut, so alt zu werden. Wir können mit der Medizin heute alles machen, aber dass sich das Herz allmählich abnutzt wie ein Taximotor mit 350.000 Kilometern, selbst wenn es ein Mercedes ist, das ist die Natur. Es ist erstaunlich, wie viele meiner Patienten, die älter sind und etwas für ihre Gesundheit getan haben, das gar nicht akzeptieren wollen.

 

 

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