Plectropomus leopardus = Leopard-Forellenbarsche

 

Vergleich: Siehe: Pisces

 

ZEIT ONLINE

Umwelt

[Alina Schadwinkel]

Verhaltensbiologie: Im Zweifel die Muräne fragen

Snack gefällig? Um im Korallenriff Nahrung zu erhaschen, arbeiten Forellenbarsche mit Muränen zusammen. Doch der richtige Kooperationspartner will gut gewählt sein.

Geschäftspartner gesucht? Leopard-Forellenbarsche (Plectropomus leopardus) entscheiden gezielt, mit welchen Muränen sie zusammenarbeiten. 

Wenn der Magen knurrt, geben Forellenbarsche Gas und jagen ihre Beute durch das verwinkelte Riff. Flüchtet sich der Snack jedoch in eine Korallenspalte, hat der Barsch ein Problem.

Er kommt nicht mehr dran. In so einer Situation kann nur noch eine vorbeischwimmende Muräne helfen. Die scheucht dem Forellenbarsch die Beute im Optimalfall direkt vors Maul – sofern die Kommunikation stimmt und die Muräne nicht selbst vorher zubeißt.

Nicht jede Muräne eignet sich für die Zweckgemeinschaft. Die Fische wählen ihre Kooperationspartner daher mit Bedacht. In ihrer Fähigkeit, den perfekten Teamkollegen zu finden, stehen sie Schimpansen dabei in nichts nach, berichten Wissenschaftler im Magazin Current Biology (Vail et al., 2014).

Für seine Studien hat das Team um den Zoologen Alexander Vail von der University of Cambridge sechs Leoparden-Forellenbarsche (Plectropomus leopardus) aus dem Great Barrier Reef vor Lizard Island in Australien gefischt. Die im Schnitt 50 Zentimeter langen und bis zu 2,7 Kilogramm schweren Exemplare wurden an Land zur Beobachtung in Aquarien

gesteckt. Diese waren mit Korallenschutt bestückt, einem durchsichtigem Zylinder, in dem die Beute unerreichbar für den Fisch herumschwimmen konnte, und zwei Plastik-Muränen

in Alarmbereitschaft.

Das Aquarium gleicht einem Affenstall

Stets mussten die Fische entscheiden: Arbeite ich mit Muräne eins zusammen -bekannt dafür, die Beute aus der Riffspalte zu jagen- oder wähle ich Muräne zwei, die stets in die entgegengesetzte Richtung zum begehrten Objekt schwimmt?

Was nach einem simplen Studiendesign klingt, war bewusst gewählt: Vom Grundaufbau waren die Experimente wie frühere Affen-Versuche angelegt, bekannt als "Seilzieh-Experimente". In ihnen hatten Forscher bereits 2006 untersucht, wie es um die Kooperationsbereitschaft zwischen Schimpansen bestellt ist (Jensen et al., 2006). 

In den damaligen Experimenten dienten Bananen als Lockmittel. Sie wurden den Schimpansen auf zwei Tischen außerhalb eines Käfigs dargereicht. An jedem Tisch befand sich ein Seil, mit dem die Tiere eine Portion zu sich ziehen konnten, allerdings nur, wenn sie sich absprachen. Auch wenn es dem Einzelnen dabei stets um den eigenen Vorteil ging, waren sich die Schimpansen bewusst, dass sie auf Hilfe angewiesen sind. In der freien Natur haben Forscher derlei Kooperation ebenfalls beobachtet. Sie galt als Beweis für die weit entwickelten kognitiven Fähigkeiten unserer nächsten Verwandten, und damit als Hinweise auf die Ursprünge komplexer menschlicher Gemeinschaftsproduktionen.

Ein Kopfstand für ein Mittagsmahl

Vail und seine Kollegen jedoch zeigten, dass sogar Leoparden-Forellenbarsche bewusst Teams bilden. Wählten die Versuchstiere am ersten Tag noch beide Muränen gleich oft als Partner, hatten sie am zweiten Tag bereits dazugelernt: Sie wussten, wann sie Hilfe bei der Jagd brauchten und entschieden sich mehrheitlich für den effizienteren Plastik-Jäger.

Die Experimente offenbarten auch, wie die Forellen-Barsche mit den Muränen kommunizieren: Mit ausgeklügelten Gesten und Signalen gibt Plectropomus leopardus zu verstehen, wo sich die Beute befindet. Dazu gehören das Wackeln mit der Flosse, gerne begibt sich das Tier auch in einen Kopfstand, um die Richtung anzuzeigen.

Die Beobachtungen decken sich laut der Forscher mit denen, die man in den Affen-Versuchen machte. "Wie Schimpansen können Forellenbarsche einschätzen, wann sie mit jemandem zusammenarbeiten müssen", sagt Vail. Und sie wüssten genau, wer der beste Partner ist. "Ein relativ kleines Gehirn -verglichen zu Warmblütern- hält also zumindest manche Fische nicht von beeindruckenden kognitiven Fähigkeiten ab." Komplexes Verhalten spiegle nicht immer einen komplexen Geist.

 

 

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