Scorzonera hispanica
Vergleich: Siehe: Asterales
[Ulrich Welte]
Anamnese: Die 67j Patientin kommt
wegen ihrer „angegriffenen Leber“. Sie ist schlank, rüstig, rasch, offen und
freundlich. Sie ist hastig, fast manisch wirkend, sprudelt ihre Geschichte
förmlich heraus und kann sich dabei verhaspeln. Sie wirkt wie jemand, der
möglichst vollständig alles erzählen will und dabei keine Zeit hat. Ferner
spricht sie, als ob sie krampfhaft an etwas festhält und nicht loslassen kann.
Sie ist sogar dankbar, wenn man sie unterbricht (was nur mit einigem Nachdruck
gelingt) und sie damit aus diesem Muster herausreißt.
Im Alter von 14 Jahren war sie mit
den Eltern aus Ostpreußen vor den Roten Armee geflohen. Sie hatten den Weg
übers gefrorene Danziger Haff genommen, weil sie nicht wie geplant auf die „Gustloff“ kommen konnten. Diese Szenen sind ihr immer noch
wie frisch im Gedächtnis. Immer wieder hörte sie das Eis einbrechen, und
irgendwo verschwand wieder eine Gruppe Unglücklicher mit ihrem Leiterwagen im
eiskalten nassen Grab der Ostsee. Sie erinnert sich, daß
sie diese Strecke übers ächzende Eis betend mit gefalteten Händen zurückgelegt
hat, ohne sich umzusehen, einfach weiter.
Sie kamen in ein Auffanglager.
Dort bekam sie ihre erste Hepatitis und magerte auf 30 Kilo ab. Seit dieser
Zeit hatte sie immer wieder Leberbeschwerden. Nach der Geburt ihrer ersten
Tochter hatte sie wieder eine Hepatitis, diesmal anikterisch.
Auch nach der zweiten Entbindung dasselbe. In den folgenden 2 Jahren litt sie
an häufigem Erbrechen und magerte wieder auf 40 kg ab.
Es ist schlimm für sie, daß sie immer noch häufig morgens um 5 h. mit Todesangst
und Unruhe erwacht; besorgt, daß alles zur Flucht
vorbereitet ist. Diese Träume waren besonders schlimm jeden Februar, bis ihr
vor Jahren ein Russe, der nun in ihrem früheren Heimatort lebt, ein Kistchen
mit Heimaterde mitbrachte.
Vor 4 Jahren hatte sie eine rezidivierende Helicobacter-positive
Gastritis, anfangs mit Wismut, dann mit der üblichen Tripeltherapie behandelt.
Jedes Rezidiv begann mit dem Geschmack von Kreide im Mund < morgens, und
einem Zittern im Nacken. Diese Beschwerden hat sie seither dauernd. Sie hat
bemerkt, dass es ihr besser geht, wenn sie Schwarzwurzeln isst. Sie müssen
frisch sein, „die im Glas wirken nicht“.
Sie braucht Sonne, in den Wintermonaten
wird sie traurig.
Sie mag rot, 8/9C und blau 15C, Abgeneigt
grau und schwarz.
Verlauf: Jan. 1998 erhielt sie 6
Wochen lang täglich Ignatia LM6 (Begründung: Wie Kreide im Mund = sonderliches
Symptom. Das alte Trauma des Heimatverlusts und der Flucht ist noch so frisch
und gegenwärtig, als ob es gestern gewesen wäre = allgemeines Charakteristikum
des Mittels/Problems). Damit wurde sie innerhalb von 4 Wochen insgesamt
stabiler, doch ihre Hast vermehrte sich bis zur manischen Arbeitswut. Die
tägliche Einnahme war wohl des Guten zu viel und wurde reduziert. Der
Kreidegeschmack ließ nach. Das Zittern im Nacken fast OK. Sie wachte auch nicht
mehr jeden Morgen auf und schlief manchmal durch. Vier Monate später insgesamt
besser, alle Beschwerden geringer, aber noch vorhanden, Stillstand der
Besserung. Sie wunderte sich: „kanns kaum glauben,
die Mittel vom Hausarzt haben meist nicht geholfen, und nun diese winzigen
Pillchen“. Neu: Morgensteife der Fingergelenke. Verstopfung mit Schwindel.
Nun war es Sommer geworden, und die Patientin
hatte wie immer Schwarzwurzeln in ihrem Garten angebaut. Nach Anweisung brachte
sie in einem Porzellantöpfchen frische Wurzeln, gewaschen, zerstoßen und 3
Wochen in Alkohol eingelegt. Daraus stellten wir eine 30. Potenz her, denn das
Mittel gab es damals noch bei keinem Hersteller. Sie nahm im Juni 98 einen Tag
lang Scorz-h 30K 3x5 Glob.
Darauf ging es ihr schon nach einer Woche sehr gut.
Sie nahm das Mittel nach Gefühl.
Die nächsten 2 Monate war sie praktisch beschwerdefrei, Schlaf gebessert,
Stuhlgang normal, hat zum ersten Mal an Gewicht zugenommen.
September 98: Erwachen 5 h. ist
vorbei, keine Alpträume mehr, bitterer Kreidegeschmack OK, Zittern im Nacken
OK, Nachtschweiße OK, Morgensteife OK. Dies alles bereits 8 Tage nach der
Einnahme von Scorz. Die einzige Restbeschwerde: ein
Gefühl von Stauung im Magen 30 Min nach dem Essen. In Ermangelung einer
Hochpotenz weiter Scorz 30K.
Dez 98: Auch Magen OK, kann alles essen. Psychisch stabil, glücklich. Sie hatte in der Zwischenzeit 6mal Scorz 30K genommen, nach eigenem Bedarf. Es wirkte jedesmal 2-3 Tage nach der Einnahme,
die Magenbeschwerden waren dann jedesmal plötzlich weg.
März 99: dieser Winter war zum
ersten mal gut gewesen, sonst war sie immer depressiv, wenn die Sonne weg ist
(ein allgemeines Zeichen der Compositae). Ihre ganze
Umgebung bemerkte die Veränderung. Sie war ausgeglichener und ruhiger. Die
Hektik hatte deutlich nachgelassen.
Sept 99:
Wieder hastiger, verhaspelt sich wieder beim Sprechen. Will wieder das
Schwarzwurzelmittel, es hat sie so schön harmonisiert.
Anfang 2000 starb ihr Mann. Seit
dieser Zeit war sie wieder unruhig und hatte Übelkeit morgens. Sie bekam Inula, Glonoin und Crataegus mit
mäßigem Erfolg und ging dann zum Hausarzt, der wegen hohem Blutdruck Metoprolol 200 retard verordnete.
Erst Sept
2002 sahen wir sie wieder. Nun war Scorz-h MK im
Handel erhältlich, was sie umgehend bekam. In den ersten Tagen nach dem Mittel
hatte sie einen Traum, der sie in die Zeit vor 60 Jahren zurückversetzte, kurz
vor der Flucht. Der Traum dürfte ihr Hauptproblem wiedergeben und damit auch
das Thema des Mittels sein. Er packte quasi das Problem an der Wurzel: Sie
stand als Mädchen ausgesperrt vor ihrem Haus, wußte
noch die richtige Hausnummer, kam aber nicht rein, weil die Nummer doch falsch
war (inzwischen wohnt ja tatsächlich ein anderer Besitzer drin). Sie wachte
schweißgebadet auf. Diese Träume waren nun jahrelang nicht mehr aufgetreten.
Sie war nach dem Tod ihres Mannes, der alles für sie getan hatte, ziemlich
unselbständig gewesen und fand sich seit diesen 2 Jahren allein nicht gut
zurecht. Nun lernte sie plötzlich „ich selbst sein“. Das sagte sie schon eine
Woche nach dem Mittel. Daraufhin ging es rasch und stetig bergauf. Es war, als
ob das Mittel eine Lebensblockade gelöst hatte. Sie begann einen neuen
Lebensabschnitt.
Im Juli 2003 wurde Scorz-h MK wiederholt, und es geht ihr gut. Eine weitere Wiederholung tat ihr auch Anfang 2005 nochmals gut: es ginge ihr prima, es sei wie ein Wunder. Sie hätte nicht gedacht,
daß sie
in ihrem Alter noch einmal so gesund und glücklich werden könnte.
Thema der Lactucae
(cich, lact-v, nabal, scorz-h, tarax):
Entwurzelt. Aus der gewohnten
Umgebung gewaltsam herausgerissen.
Lebensgefährlichen, gewalttätigen
Umständen ausgeliefert.
Diese spezifische Situation ist
eingebettet in die allgemeinen Compositae-Zeichen.
Sie lassen sich unschwer mit der Hauptfunktion des Immunsystems in Verbindung
bringen: Erhaltung der Integrität durch Erkennung und notfalls Bekämpfung und
Beseitigung von Fremdmaterial. Damit stehen die Compositae
auch in enger Verbindung zu den Lanthaniden, die aber eher bei autoimmunen
Prozessen angezeigt sind. Im Übrigen reichern viele Compositae
in ihrem Pflanzenkörper Lanthanide an. Die folgenden
Themen sind inzwischen oft durch gute Fälle bestätigt worden:
Themen der Compositae
(nach Scholten)
· Eigenwilliger Widerstand nach
Verletzung der Integrität, Verteidigung
· Will selbst bestimmen, duldet keinen
fremden Eingriff
· Rasch hohes Fieber, mindestens 39°
· Parasiten
Die Hypothese der Entwurzelung als Thema der Lactucae bietet sich als durchgehendes Thema verschiedener Fälle dieser Mittelgruppe an. Die meisten Fälle stammen aus der Gruppe um Jan Scholten.
In unserer Praxis sahen wir:
Cichorium intybus: 8 Fälle, die das genannte Thema bestätigen, und 4 Fälle, die nur die allgemeinen Compositae Themen teilten (die meisten bevorzugten eine helles Gelb;
Lactuca virosa: 1 Fall mit einer Meningoencephalitis, genau das unten angegebene Thema als Auslöser und mit der typischen Reaktionsform des Ablenkungsmanövers; ferner der hier geschilderte Scorzonera hispanica Fall.
Die anderen Themen stammen von
Fällen der Scholten Gruppe.
Cich:
sollte als Ungeborenes abgetrieben werden
Lact-v:
überall Feinde, höchste Gefahr, Ablenkungsmanöver: tut so als wäre nichts
Nabal:
In der Zwangsjacke (wehrlos) zu medizinischen Zwecken mißbraucht
Scorz-h:
Heimatvertriebene, in früher Jugend gewaltsam aus der gewohnten Umgebung
herausgerissen; auf der Flucht vor Soldaten, flieht über brüchiges Eis, andere
ertrinken. Die Schwarzwurzel ist eine zweijährige Pflanze und blüht erst im
zweiten Jahr, nachdem sie im ersten nur die Wurzel ausgebildet hat. Im
geschilderten Fall wurde die Patientin sozusagen vor ihrer Blüte in früher
Jugend aus ihrer Entwicklung herausgerissen.
Tarax: evtl. kulturell entwurzelte Jugendliche