Troglodytes troglodytes = Zaunkönig
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Umwelt
Das unterschätzte Tier Der rockende Regent des Gartens
Nur neun Zentimeter groß, aber so laut wie ein Lastwagen,
macht der Zaunkönig auf sich aufmerksam. Wieso der Vogel auch sonst königlich
ist, erklärt Alina Schadwinkel.
CC BY 3.0: Robert Lorch/Wikipedia
Der Zaunkönig mutet herrschaftlich an, zumindest dem Namen
nach. Doch sein braunes, mit dunklen Wellen und hellen Akzenten gespicktes
Gewand suggeriert eher "angepasstes Fußvolk" als "strahlender
Thronerbe". Zudem misst der deutsche Gartenbewohner gerade mal neun
Zentimeter und bringt trotz gedrungenem, nahezu pummeligem Körper maximal 11
Gramm auf die Waage. Das macht ihn, nach dem Goldhähnchen (Regulus), zu einem
der kleinsten Vögel Europas.
So wird der Zaunkönig wegen seiner Unscheinbar- und
Winzigkeit nicht nur gern übersehen, sondern auch unterschätzt. Dabei ist das
Hochverrat! Denn der Sperlingsvogel ist ein Gesangstalent, ein Häuslebauer mit
Schaffenskraft und ein Flattermann mit Familiensinn. Er ist beständig
vorantreibend und ehrenhaft.
Doch der Regent unter den Gartenvögeln kann noch mehr. Der
Zaunkönig nämlich ist eine echte Rockröhre. Mit bis zu 90 Dezibel – das
entspricht dem Dröhnen eines Lastwagens – schallt sein Gesang durch das
Unterholz. Die Lautstärke braucht es, wenn er sich im Dickicht bemerkbar machen
will; was sich zur Paarungszeit empfiehlt. Von morgens bis abends schmettert er
deshalb während der Brut Liebeslieder. Zwar klingt sein Getriller eher nach
natureller Klassik als nach ultimativen Rock-Love-Songs, doch die Frauen
fliegen drauf.
Der Zaunkönig
(Troglodytes troglodytes) gehört zur Klasse der Sperlingsvögel (Passeriformes)
und zur Familie der Zaunkönige, zu der rund 70 Arten zählen. Er ist mit einer
Größe von neun Zentimetern der zweitkleinste Vogel Europas (kleiner ist nur das
Wintergoldhähnchen Regulus regulus).
Zu erkennen ist
der heimische Zaunkönig an seinem braunen Gefieder, das an der Oberseite
dunkler ist, als am Bauch. Flügel, Schwanz und Flanke ziert bei Männchen und
Weibchen ein dunkelbraunes Wellenmuster. Es ermöglicht dem Insektenfresser eine
gute Tarnung.
Wohl auch, weil so ein Zaunkönig nicht nur ein
Performancekünstler, sondern zudem ein echter Macher ist. Mit seinen
Liebesliedern lockt er die Damen, um sie dann mit einem eigenschnabelig
gebauten Haus an sich zu binden. Tatsächlich bieten die Männchen ihren
Artgenossinnen sogar bis zu zwölf napfförmige "Rohbauten" für die
Heimgründung an und bauen erst nach deren kritischer Auswahl ein Nest fertig. Auch
bei der Inneneinrichtung mit kolonialen Federn, Moos im Landhausstil oder
heimatlicher Wolle lässt er seiner Königin freie Hand. Was für ein Kerl!
Ein Kerl, der sich seiner Manneskraft durchaus bewusst ist.
In der breiten Brust des Arbeitstiers schlägt das Herz stark für die Damenwelt.
Gibt sich der Zaunkönig doch oftmals nicht mit nur einer Partnerin zufrieden,
sondern erst mit zweien.
Widersetzt sich der Zaunkönig auch der Monogamie, der Verantwortung entzieht er sich nicht: Er versorgt beide Familien mit schmackhaften Insekten oder Spinnen – "und flattert damit beinahe dem gefiederten Burn-out entgegen", wie Martin Klatt vom Naturschutzbund sagt. Das mag auch der Grund dafür sein, warum der König der Zäune die restlichen Rohbauten dann doch lieber leer stehen lässt, statt dort einen Harem einzuquartieren.
Vergleich: Siehe: Aves Anhang
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