Vitamine B12

 

Vergleich: Siehe: Vitaminen

 

Wichtig für Zellteilung, Blutbildung und die Funktion von Nerven. Kinder mit B12-Mangel können körperliche und geistige Entwicklungsverzögerungen aufweisen sowie schwere neurologische Schäden entwickeln. Vitamin-B12 ist nicht in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten.

 

[Horst Boss]

Mangelerscheinungen entstehen oft erst nach mehrjähriger Vitamin B12-armer Ernährung, da die Leberspeicher (wenn diese voll genug sind) die für den Stoffwechsel erforderlichen Vitamin B12-Mengen bereitstellen. In vielen Fällen wird selten an einen Mangel gedacht und somit leider auch kaum therapiert. Dabei ist ein hoher Prozentsatz unserer Mitbürger/innen betroffen. Gerade bei klinischen Risikopatienten sollte man immer an einen Vitamin B12-Mangel denken. Vor allem Schwangere, Stillende und Diabetiker, Vegetarier und Veganer weisen oftmals einen viel zu niedrigen Vitamin B12-Wert auf.

1920 hat George Hoyt Whipple an Hunde mit perniziöser Anämie das erste Mal rohe Rinderleber verfüttert. Die Tiere wurden gesund. 1926 gaben Minot und Murphy Patienten gekochte Rinderleber, Rindfleisch, Obst und Gemüse. Die Symptome besserten sich. 1934 erhielten die beiden, zusammen mit Whipple, dann den Nobelpreis.

Viele Menschen leiden unter einer intestinalen Malabsorption und einem Mangel an Intrinsic-Faktor. Durch die Aufnahmestörung im Magen-/Darmtrakt kommt es zu einer mangelnden Vitamin B12-Resorption. Ausgelöst z.B. durch eine atrophische Gastritis und durch Magensäurehemmer (PPI) en masse. Einerseits nimmt bei der atrophischen Gastritis die Sekretion des Intrinsic-Faktors ab, bis sie völlig ausbleibt und keine Vitamin B12-Aufnahme mehr erfolgt. Andererseits werden oft Protonenpumpenhemmer in Krankenhäusern verabreicht. In Entlassungsberichten gelangen sie dann auf den Tisch des Hausarztes. Und dieser rezeptiert dann meistens weiter, ohne zu hinterfragen, ob eine Langzeitgabe überhaupt noch notwendig und sinnvoll ist, weiß Dr. Andreas Leischker, M.A., Chefarzt, Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Altersmedizin, Alexianer Krefeld. Gerade auch Metformin, Lachgas, Colchizin und H2-Blocker sind starke Vitamin B12-Räuber, wobei H2-Blocker nur noch selten verordnet werden. Und durch die Einnahme von Tuberkulostatika (Behandlung von Tuberkulose) und Antikonvulsiva (Behandlung von Krampfanfällen) wird die Resorption (Aufnahme) von Vitamin B12 ebenfalls vermindert. Eine gestörte Vitamin B12-Aufnahme liegt auch nach einer Magenresektion vor (6). Dasselbe gilt für Morbus Crohn, Gluten-induzierte Enteropathien, Fisteln, Parasiten im Darm und Divertikel.

Bei einem Vitamin B12-Mangel kommt es überall dort zu Problemen, wo die DNA-Synthese erforderlich ist. Somit bei der Vervielfältigung und Erneuerung von Zellen im ganzen Körper, egal ob

es sich dabei um Blutkörperchen, Nerven oder Schleimhäute handelt. Vitamin B12 spielt eine zentrale Rolle bei der Funktion des Immunsystems, unterstützt den Energiestoffwechsel und ist zudem wichtig für die normale psychische Funktion. Mehrere Studien zeigen, dass Vegetarier und Veganer höhere Homocystein-Konzentrationen aufweisen als Personen, die sich anders ernähren.

Eine ausreichende Vitamin B12-Versorgung dient als Schutz vor zu hohen Homocystein-Konzentrationen und hilft so gegen Arteriosklerose und Demenz. Leichte, kognitive Beeinträchtigungen können bei Alzheimer und Demenz nicht selten durch einen B12-Mangel zustande kommen. Bei einem Mangel können, trotz erhaltenem Langzeitgedächtnis, neue Informationen viel schlechter verarbeitet werden. Der Zusammenhang von erhöhten Homocystein-Konzentrationen und kardiovaskulären Erkrankungen wurde vielfach nachgewiesen. Homocystein hat sowohl endothelschädigende als auch oxidative Eigenschaften. Die Aminosäure wird normalerweise zu Methionin bzw. in Cystein umgewandelt. Für den erstgenannten Stoffwechselvorgang werden Folsäure und Vitamin B12 benötigt, für den zweiten Vitamin B6. Eine unzureichende Zufuhr dieser Vitamine führt zu einer Erhöhung des Homocysteinspiegels.

Erhöhte Homocysteinkonzentrationen (ältere Menschen), verstärken nicht nur das Demenzrisiko, sondern auch das Risiko für eine Depression. Erschwerend kommt hinzu, dass depressive Patienten nicht selten weniger und auch weniger abwechslungsreich essen und so ein Mangel weiter verstärkt wird. Interessant und durch Studien nachgewiesen ist, dass viele Menschen, die Angehörige mit Demenz pflegen, u.a. selbst einen B12-Mangel entwickeln und zudem ebenfalls öfter an Demenz erkranken, weiß Leischker. Das kommt daher, weil sie durch die Pflege anderer viel weniger Zeit für sich selbst zur Verfügung haben. Niedrige bzw. niedrig normale Vitamin B12-Spiegel (190 bis 300 pg/ml) können schuld daran sein, wenn Antidepressiva nur unzureichend oder gar nicht anschlagen. Wenn die Monotherapie mit Serotoninwiederaufnahmehemmern (SSRI) schlecht oder gar nicht greift, dann ist es manchmal sinnvoll einfach auszusetzen, zuerst den Vitamin B12- Speicher aufzufüllen und anschließend mit den Serotoninwiederaufnahmehemmern wieder zu beginnen.

Diese Maßnahme kann manchmal Wunder bewirken, so Dr. Andreas Leischker. Gerade junge psychiatrische Patienten, die unter einer Depression leiden, sind mit Vitamin B12 mitunter völlig unterversorgt und erfahren eine deutliche Besserung, wenn der B12-Speicher wieder aufgefüllt wird. Selbst hinter einer Impotenz kann sich ein Vitamin B12-Mangel verbergen. Und eine Blasenentleerungsstörung, mit neurogenem Charakter kann sich durch Vitamin B12-Gaben verbessern. Bei einer Glossitis (Zunge), Hyperpigmentation der Haut (vor allem in Entwicklungsländern), bei Haar- und Nagelveränderungen sollte immer auch an einen Vitamin B12-Mangel gedacht werden. Nebenbei: „Die Niereninsuffizienz stellt einen Sonderfall dar. Auch bei völlig normalen Serumspiegeln kann trotzdem ein Vitamin B12-Mangel vorliegen“, erklärt Leischker. Bei der Abklärung hilft die Bestimmung der Methylmalonsäure. Ein Vitamin B12-Mangel führt oftmals zu einer Polyneuropathie. Diese tritt parallel an beiden Füßen auf und führt bei älteren Patienten zu erhöhter Sturzneigung. Seltener sieht man hierzulande eine funikuläre Myelose. Im Gegensatz zur Polyneuropathie treten hierbei die Parästhesien zuerst an den Händen auf, da diese Erkrankung ihren Ursprung meist im zervikothorakalen Bereich hat. Dabei kann es zu spastischen Ataxien (Störung von Bewegungsabläufen) kommen. Die typischen Veränderungen sind im MRT des Cervikalmarks jedoch sichtbar.

Hämatologisch kommt es im Verlauf eines B12-Mangels zu einer makrozytären Anämie. Doch Vorsicht! Bei ca. 40% der Menschen geht eine Anämie gleichzeitig mit einem Eisenmangel einher.

Dann kann sich das Bild einer normochromen Anämie zeigen, wobei ein B12-Mangel dadurch ggf. kaschiert wird. Im Differenzialblutbild zeigen sich dann hypersegmentierte neutrophile Granulozyten, häufig eine Leuko- und Thrombopenie sowie erhöhte Laktatdehydrogenase-Werte (LDH) bedingt durch eine fehlerhafte Erythropoese (Bildung von roten Blutkörperchen) und infolge Hämolyse (Auflösung der roten Blutkörperchen). Es ist aus diesem Grund mehr als sinnvoll, immer den Eisen-, B12- und Folsäurespiegel zusammen zu bestimmen, so Dr. Leischker.

Hyperzelluläres Knochenmark (Krankheiten, die durch die Mutation einer hämatopoetischen Vorläuferzelle entstehen) kann mit einem myelodysplastischem Syndrom (Bildung von Stammzellen durch genetisch verändertes Zellmaterial) verwechselt werden. Nämlich dann, wenn man dem Pathologen/Zytologen den Vitamin B12-Wert nicht gleich mitliefert und dieser vielleicht noch etwas unerfahren ist. Zeigt sich ein Vitamin B12-Mangel, dann sollte dieser auf jeden Fall erst behoben werden, bevor danach eine evtl. Knochenmarkpunktion in Erwägung gezogen wird. Bei Knochenmarkbefunden ist i.d.R. das Verhältnis von Myelo- zu Erythropoese verringert (normales Verhältnis 3:1). „Aber auch ein normales Blutbild (bei normalen MVC-Werten) schließt einen Vitamin B12-Mangel keinesfalls aus. Das steht in keinem Lehrbuch“, stellt Leischker fest. Selbst bei einer Panzytopenie, also wenn alle Zellreihen vermindert sind, sollte man einen B12-Mangel

nie außer Acht lassen.

Das in der Nahrung vorhandene Vitamin B12 ist überwiegend an Proteine gebunden und gelangt so in den Magen. Proteasen (z.B. Pepsin) und Magensäure schließen das Eiweiß auf, sodass B12

frei wird. Jetzt dockt B12 an bereits im Speichel gebildete R-Proteine (Haptocorine) an und gelangt danach in den Dünndarm. Dort spalten Pankreasenzyme, z.B. Trypsin, diesen R-Protein/B12-Komplex auf. Anschließend geht B12 dann eine Bindung mit dem in den Parietalzellen des Magens gebildeten Intrinsic-Faktor (IF) ein. Dieser Komplex dockt infolgedessen an spezielle Rezeptoren in der Bürstensaummembran des Ileums (letzter Abschnitt des Dünndarms) an und wird passiv (durch Osmose) resorbiert. Für diesen Vorgang wird Kalzium benötigt. Danach erfolgt die Trennung vom Intrinsic-Faktor und später die Aufnahme in die Zellen durch Endozytose. Die freigesetzten Cobalamine werden im Cytosol zu Methylcobalamin und in den Mitochondrien zu Adenosylcobalamin transformiert.

Vitamin B12 ist äußerst empfindlich gegenüber Licht und Sauerstoff. Menschen benötigen aktives Vitamin B12 z.B. als Coenzym beim Abbau ungeradzahliger Fettsäuren und beim Katabolismus verzweigtkettiger Aminosäuren, wie Valin, Leucin und Isoleucin. Bei niedrignormalen B12-Spiegeln, zwischen 190 und 350 pg/ml (Leischker), hilft auch die Bestimmung des Methylmalonsäurespiegels weiter. Werte über 271 nmol/l sprechen für einen Vitamin B12-Mangel und untermauern eine B12-Therapie. Bei der Verlaufskontrolle, nach vier bis acht Wochen, sinkt

der Methylmalonsäurespiegel i.d.R. dann wieder deutlich unter diese Marke, während der B12-Spiegel im Gegenzug ansteigt.

Vitamin B12 kann oral, intranasal, sublingual, intramuskulär, subkutan oder intravenös verabreicht werden. Bei schweren Mangelzuständen empfiehlt sich die parenterale Gabe. Die Empfehlung (lautet: In der ersten Woche täglich 1000 Mikrogramm Hydroxycobalamin (Vorteil gegenüber Cyanobalamin: Hydroxycobalamin bindet Cyanid und hat eine längere Halbwertzeit), danach einen Monat lang einmal wöchentlich 1000 Mikrogramm und dieselbe Dosis zukünftig in 3-monatigen Abständen. Übrigens: Ein Teil der neurologischen Manifestationen kommt durch einen Vitamin B12-Mangel infolge erhöhter Cyanidwerte (durch Rauchen) zustande. Hydroxycobalamin bindet Cyanid und wird so über die Nieren ausgeschieden. Auch orale Gaben von initial 2x 2000 Mikrogramm und anschließend 1000 bis 2000 Mikrogramm täglich sind in schweren Fällen sinnvoll. Hohe orale Dosen dürfen hierbei nicht abschrecken, da Vitamin B12 bei Resorptionsstörungen nur unzureichend aufgenommen wird, eine Überdosierung sowieso nicht möglich ist und Nebenwirkungen nicht bekannt sind. Kurz nach einer Vitamin B12-Substitution macht eine Verlaufskontrolle keinen Sinn, da der Vitamin B12-Spiegel dann größer ist als der Messbereich des Labors. Entscheidend ist, ob sich die Klinik bessert bzw. sich der Patient besser fühlt. Bei hämatologischem Geschehen spiegelt sich der Erfolg in einem Anstieg der Retikulozyten und im weiteren Verlauf in der Normalisierung des Blutbildes. Je nach Leere des Vitamin B12-Speichers kann das eine bis mehrere Wochen dauern. Bei neurologischen Befunden mindestens drei Wochen.

Um gesund zu bleiben, müssen man täglich 2-3 Mikrogramm Vitamin B12 über die Nahrung zu sich zu nehmen. Zum Vergleich: Veganer bringen es täglich gerade mal auf ca. 0,4 Mikrogramm Vitamin B12. Die Werte vieler Menschen bewegen sich völlig unbemerkt im unteren Graubereich.

Der Mensch beherbergt im Darm Bakterien, die in der Lage sind, Vitamin B12 selbst herzustellen. Da diese jedoch nur im Enddarm vorkommen, kann Vitamin B12 nicht aufgenommen werden

und geht ungenutzt mit dem Stuhl verloren. Pflanzen, die selbst Vitamin B12 bilden können, sind bis jetzt nicht bekannt. Dazu sind nur einige Mikroorganismen wie z.B. Propionsäurebakterien und Frankia-Aktinomyceten in der Lage (Schopfer und Brennicke 2006; Kadereit et al. 2014). Jedoch können Pflanzen sehr wohl Vitamin B12 enthalten. Das Vitamin stammt dann aber aus der Produktion dieser Bodenbakterien, mit denen die Pflanze in Symbiose lebt. Übrigens: Alle Pflanzen, die auf die Symbiose mit Stickstoff-fixierenden (N2) Bakterien angewiesen sind, benötigen Cobalt, ein Bestandteil des in diesem Fall für die Pflanze notwendigen Cobalamins.

Ein herausragendes Beispiel dafür ist der Sanddorn. Doch vor einigen Jahren nahm Vitamin B12 in den Pflanzen immer mehr ab. Schuld daran sind möglicherweise EU-Förderprogramme der Sanddorn-Produktion. Diese führten dazu, dass intensiv gedüngt wurde, um die Erträge zu steigern. Die Krux: Damit sind diejenigen Bakterien, die für die Vitamin B12-Herstellung zuständig sind, verschwunden. Und aus einer wirkstoffreichen Wildpflanze wurde einfach nur noch Massenware mit schlechter Qualität. Deshalb sind heute lediglich Präparate im Handel, die genau aus diesem Grund zusätzlich mit synthetischem Vitamin B12 angereichert sind. Dass aber synthetische Mittel vom Körper nicht immer optimal aufgenommen werden und teilweise nicht die gewünschte Wirkung zeigen, ist längst bekannt. Doch jetzt ist ein neues, vollkommen natürliches und rein pflanzliches Produkt mit aktivem Vitamin B12 im Handel. Sidea® ist ein wirkliches B12-Kraftpaket, das -täglich eingesetzt- vor einem Mangel schützt. Der Extrakt aus der Sidea-Quecke hemmt die Serotoninwiederaufnahme. Mittels quantitativer Feldpotential- Analyse wurde der Extrakt dieser speziellen europäischen Queckenwurzelvarietät auch auf seine ZNS-Aktivität untersucht. Das Wirkungsschema zeigt starke Parallelen zu den Effekten der Monoaminooxidase (MAO), B-Hemmer Rasagilin und Selegilin, die bei Parkinson eingesetzt werden. Die Wirkung des europäischen Queckenwurzelextraktes war auf die Hirnaktivität so stark, dass sie mit synthetischen Medikamenten, die bei Demenz (Memantin), Parkinson (L-Dopa, Amantadin) und Depression (Paroxetin) verschrieben werden, vergleichbar ist. Sogar das Schmerzmittel (Tramadol) weist einige Ähnlichkeiten mit dem Queckenwurzelextrakt auf. Fazit: Die Analyse und der Vergleich zu üblicherweise genutzten, schulmedizinischen Medikamenten zeigen das Potential einer antidepressiven Wirkung für den untersuchten europäischen Queckenwurzelextrakt.

 

[Jörg Ullmann]

 

Algen als natürliche Vitamin B12-Quelle

 

Vitamin B12

 

© Johan Larson - Fotolia.comgehört zur Familie der Cobalamine. Cobalamine sind organometallische Verbindungen, die Cobalt in einem Corrin-Ringsystem als Zentralatom enthalten und damit die einzigen cobalthaltigen Naturstoffe sind. Cobalamine unterscheiden sich hinsichtlich des namensgebenden Liganden, der an das Cobaltatom gebunden ist: Cyano-, Methyl-, Adenosyl-, Hydroxy-, Aquo- oder Nitrocobalamin. Die vitaminwirksamen Varianten des Vitamin B12 (Adenosylcobalamin und Methylcobalamin) fungieren als Co-Faktoren zweier Enzyme in höheren Tieren, der Methioninsynthase und der Methylmalonyl-CoA-Mutase. Das Cyanocobalamin ist eine rein synthetische, relativ stabile Form des Cobalamins, die vom Körper in die aktiven Cobalamine durch Ligandenaustausch umgewandelt werden kann. Sie findet sich vor allem in Nahrungsergänzungsmitteln oder angereicherten Lebensmitteln. Cyano-, Methyl- oder Hydroxycobalamin kommen therapeutisch als orale Gabe oder als Injektion zum Einsatz.

Sogenannte B12-Analoga (Pseudovitamin B12) unterscheiden sich leicht in der chemischen Struktur, sind aber biologisch inaktiv. Einige der oft eingesetzten Analyseverfahren (z.B. der mikrobielle L. leishmanii-Test) können die aktiven nicht von den inaktiven Formen unterscheiden. Treten beide gleichzeitig auf, kann es zur kompetetiven Hemmung bei der Aufnahme von aktivem B12 kommen.

Vitamin B12 kann in der Natur nur von einigen Bakterien und Archaebakterien synthetisiert und muss von uns über die Nahrung zugeführt werden. Der größte Teil wird dabei aktiv im Dünndarm über den „Intrinsic Factor“ aufgenommen, ein wesentlich kleinerer Teil bei physiologisch unüblicher Hochdosierung passiv über Diffusion. Vitamin B12 spielt eine wichtige Rolle bei der Bildung der Erythrocyten, der Zellteilung, des Methionin/ Homocysteinstoffwechsels, der Funktion des Nervensystems und der DNA-Replikation. Über 60% des Vitamins werden in der Leber gespeichert. Von Vitamin B12-Mangel sind vor allem ältere Menschen (bis zu 15%), chronisch Kranke, Schwangere/Stillende, Veganer, aber auch Menschen in bestimmten Regionen unserer Erde betroffen.

In Deutschland ist Vitamin B12-Mangel wahrscheinlich der am häufigsten vorkommende Vitaminmangel mit klinischer Dimension.

Die Ursachen eines Mangels können dabei vielfältig sein und ein frühzeitiges Erkennen ist aufgrund einer diffizilen Symptomatik schwierig. Als Quelle für Vitamin B12 gelten vor allem tierische Produkte. Tiere akkumulieren B12 über die Nahrungsaufnahme oder über enterale/ gastrointestinale Synthese (Pflanzenfresser/ Wiederkäuer). Pflanzen benötigen dieses Vitamin für ihren eigenen Stoffwechsel nicht, deshalb akkumulieren sie es auch nicht. Dennoch können pflanzliche Lebensmittel vergleichsweise geringe Mengen Vitamin B12 enthalten, bedingt durch einen natürlichen bakteriellen Aufwuchs oder durch Kontamination bei Anbau/ Verarbeitung. Eine Ausnahme bilden bestimmte Algen.

Eine Gruppe recht unterschiedlicher Organismen, die keine sog. monophyletische Gruppe (mit einer gemeinsamen Stammart) bilden. So gehört Spirulina als Blaualge zu den Cyanobakterien („Echten Bakterien“), Chlorella und der Meeressalat zu den Grünalgen (Pflanzen) und Nori als Rotalge in die verwandtschaftliche Nähe der Pflanzen. Das heißt z.B., wir als Menschen sind mit einem Fliegenpilz oder einem Gänseblümchen näher verwandt als die Chlorella mit der Spirulina! Deshalb können auch keine verallgemeinernden Aussagen über „Algen“ getroffen werden! Es muss vielmehr eine differenzierte Diskussion bezüglich der verschiedenen Taxa stattfinden.

Algen spielen schon heute eine große Rolle als Rohstoff für verschiedene Industrien. Schätzungen gehen davon aus, dass 70% aller Lebensmittel weltweit „Alge“ enthalten. Die Zusatzstoffe

Agar-Agar, Alginate und Carrageen werden aus marinen Makroalgen gewonnen, Mikroalgen sind gute Quellen für mehrfach ungesättigte Fettsäuren, Proteine, Pigmente, Vitamine und Mineralstoffe.

Algen und Vitamin B12

Im Jahr 2005 wurden 326 verschiedene Algenarten untersucht, von denen überraschender Weise mehr als die Hälfte auxotroph gegenüber Vitamin B12 waren. Das heißt, diese Algen sind, wie wir, abhängig von einer externen Vitamin B12- Quelle. (7) Einige Algen nehmen dabei das Vitamin aus einer Symbiose mit Bakterien auf, andere können es aktiv aus dem Wasser aufnehmen und haben dafür ein spezielles Protein (cobalamin acquisition protein = the vitamin B12 claw) entwickelt. Im Stoffwechsel der Algen dient das Vitamin als Cofaktor für eine Vitamin B12-abhängige Methioninsynthase.

Einige Algen enthalten teilweise große Mengen an Vitamin B12. Ob es sich dabei um die biologisch aktiven Formen oder um B12-Analoga handelt, wird kontrovers diskutiert.

Für einen Anbau von Algen mit hohem Vitamin B12-Gehalt sind genaue Kenntnisse über die verwendete Art/Stamm, die „richtige“ mikrobielle Begleitflora und Kobalt als Rohstoff für die bakterielle B12-Synthese notwendig.

Interessant ist, dass früher die Vitamin B12-auxotrophe Goldbraune Alge Ochromonas malhamensis als angeblich spezifischer Test für das bioaktive B12 in der Diskussion war. Diese Analysemethode hat sich jedoch nie durchgesetzt.

Zusammenfassung

Spirulina wird weltweit in offenen Becken angebaut oder als Algenblüte aus Seen geerntet und kann große Mengen an Vitamin B12 enthalten. Dabei handelt es sich nach Stand des Wissens hauptsächlich um biologisch inaktive B12-Analoga. Die meisten Untersuchungen wurden mithilfe biochemischer oder mikrobiologischer Tests an der Biomasse durchgeführt. Am Menschen durchgeführte Studien bestätigten allerdings diese Ergebnisse.

 

Publikationen (chronologisch)

 

Herbert et al. (1982) analysierten Spirulina-Tabletten dreier Anbieter (USA) und fanden mittels mikrobiologischer Methoden und Radioassays heraus, dass diese zwar große Mengen an „B12“ enthalten, sie jedoch zu mehr als 80% aus B12- Analoga bestehen. Dagnelie et al. (1991) untersuchten den Effekt von Nori und Spirulina bei Kindern mit B12-Mangel und zeigten, dass beide Algen die nicht-bioverfügbaren Formen des Vitamin B12 beinhalten. Van den Berg et al. (1991) fand in Fütterungsversuchen mit Ratten heraus, dass Cobalamin von Spirulina (und Nori) zwar von diesen absorbiert wird, aber im Vergleich zu Cyanocobalamingaben zu einem anderen Verteilungsmuster in Leber und Niere führen, was auf biologisch inaktive B12- Analoga hindeutet. Cyanotech, Hersteller von Spirulina auf Hawaii, schreibt in seiner Publikation von 1999 „Spirulina Pacifica as a Source of Cobalamin Vitamin B12“, das mithilfe mikrobiologischer Tests und Tests mit Ochromonas gezeigt werden konnte, dass 36% der enthaltenen Corrinoide biologisch aktiv waren. Das deckt sich weitestgehend mit den anderen, hier beschriebenen Untersuchungen und zeigt, dass hauptsächlich inaktives B12 in Spirulina zu finden war. Watanabe et al. (1999) untersuchten mittels Leishmanii- und Intrinsic Factor-Assay Spirulina Tabletten und fanden heraus, dass der größte Teil der Cobalamine aus inaktiven B12-Analoga bestand. In einem Review von Watanabe et al. (2002) werden die Ergebnisse zur Bioverfügbarkeit von Vitamin B12 verschiedener Algen zusammengefasst. Spirulina wird dabei als die Alge dargestellt, die hauptsächlich Pseudovitamin B12 enthält. In der Herbstausgabe 2005 des „The Vegan“ der Veganen Gesellschaft Großbritanniens wird ein Versuch beschrieben, bei dem Menschen Spirulina gegeben wurde, um den B12-Status (hier: abnormale MMA-Werte) der Probanden zu verbessern. Das Ergebnis war negativ, die Versuchsgruppe jedoch leider sehr klein. Kumudha et al. (2010/2013) konnten biologisch aktives Methylcobalamin in Spirulina in einer Größenordnung von um die 35 µg/100g nachweisen.

Dies ist aber auch bei einem mittleren Gesamt-B12-Gehalt von um die 150 µg/100g wenig.

 

Nach einem Urteil des OLG Hamm darf das Vitamin B12 von Spirulina-Produkten nicht mehr speziell mit Aussagen wie „Vitamin B12-reichste Pflanze“ oder „hervorragender Lieferant von aktiven B12-Formen“ beworben werden. „Die Werbung mit Hinweisen auf den Vitamin B12-Gehalt der Spirulina-Produkte sei irreführend“. „Insbesondere Vegetarier und Veganer, die sich darauf verließen, dass das in ihrer Ernährung fehlende Vitamin B12 ersetzt werden könne, hätten daher ein hohes Risiko für einen B12-Mangel.“

 

Mikroalge Chlorella vulgaris oder „pyrenoidosa“ (veralteter Begriff) und sorokiniana Grünalge

Zusammenfassung

Chlorella wird vor allem in Asien und zunehmend auch in Europa in offenen Becken, Glasröhrensystemen oder Fermentern angebaut. Die unterschiedlichen Anbaumethoden haben Konsequenzen für den Vitamin B12-Gehalt (eigene Untersuchungen) und die Zusammensetzung der einzelnen Corrinoide in den jeweiligen Produkten (Watanabe F, 2015, pers. comm.). Fermentierte Chlorella (axenisch, steril kultiviert) enthält kein/kaum B12, da die Begleitbakterien während der Kultivierung fehlen. Andere Chlorella-Produkte können teilweise große Mengen an, nach Stand des Wissens, bioverfügbarem B12 enthalten. (Reviews: 6, 28, 30, 31) Damit kann Chlorella eine gute pflanzliche Quelle für dieses Vitamin sein. Bei einem durchschnittlichen Gehalt von 100µg/100g decken schon 3 g Chlorella (leicht gehäufter Teelöffel) 120% der empfohlenen Tagesdosis. Um das abzusichern, sollten unbedingt weitere Untersuchungen an geeigneten Probanden durchgeführt werden.

 

Pratt& Johnson (1968) veröffentlichten vor knapp 50 Jahren die erste Untersuchung zu Chlorella, die sie hinsichtlich des Vitamin B12 untersuchten. Sie fanden kein Vitamin B12. Allerdings geben die Autoren damals schon zu bedenken, dass sie wahrscheinlich nicht über die richtige Methode verfügten und Chlorella in künstlichen Medien angezogen war, was die Bildung des Vitamins beeinflusst haben könnte. Rauma et al. (1995) konnten zeigen, dass sich der Serum-B12-Spiegel bei sich „roh“ ernährenden Veganern durch Chlorella-Gaben deutlich verbesserte. Allerdings ist der Serumspiegel nicht sehr aussagekräftig, da hier auch Analoga mitbestimmt werden können. Kittaka-Katsura et al. (2002) konnten mithilfe des Leishmanii-Tests und der Intrinsic Factor-Assays zeigen, dass die von ihnen untersuchten Chlorella-Tabletten dreier Anbieter ausschließlich die bioverfügbare Form des Vitamins enthielten. In dem Review von Watanabe et al. (2002) werden die Ergebnisse zur Bioverfügbarkeit von Vitamin B12 verschiedener Algen zusammengefasst. Aktives B12 wird als das vorherrschende Corrinoid in Meeressalat, Nori und Chlorella gezeigt. In der Herbstausgabe 2005 des „The Vegan“ der Vegan Society, UK wird ein Versuch beschrieben, bei dem Menschen Chlorella gegeben wurde, um den B12-Status der Probanden zu verbessern. Das Ergebnis war positiv, der MMA-Gehalt verbesserte sich, allerdings nahm nur eine Person bis zum Ende der Studie teil. Chen&Jiang (2008) nutzten eine neue Form der Kapillarelektrophorese, um die Cobalamine in Chlorella-Proben zu bestimmen und fanden fast ausschließlich eine bioverfügbare Form. Nakano et al. (2010) untersuchten das Risiko schwangerschaftsbedingter Anämie bei 70 Frauen. In der Chlorella-Gruppe war dieses signifikant niedriger, was seine Ursache in der guten Verfügbarkeit von Folsäure, Vitamin B12 und Eisen aus Chlorella haben sollte. Kumudha et al. (2013) fanden in den von ihnen untersuchten Chlorella-Proben Methylund Adenosylcobalamin, also aktives B12.

 

Makroalgen Porphyra spec. (Rotalge: Nori, Sushi), Ulva spec., früher auch: Enteromorpha (Grünalge: Meeressalat)

Die Rotalge Porphyra kann ähnlich große Mengen an Vitamin B12 enthalten wie eine Rinderleber, der Gehalt schwankt allerdings stark von Produkt zu Produkt. (33)

Allerdings wird die Bioverfügbarkeit kontrovers diskutiert. Eine Studie suggeriert, dass es sich in der Alge um nicht bioverfügbare B12- Analoga handelt. (12) Yamada et al. beschreiben, dass während des Trocknungsprozesses anscheinend bioverfügbares (73% Vitamin B12 in frischem Nori) in nicht-bioverfügbares B12 (65% Analoga in getrocknetem Nori) umgewandelt wird.

Watanabe et al. idendifizieren getrocknete Porphyra als gute Vitamin B12-Quelle.

Die Grünalge Ulva (die früher beschriebene „Enteromorpha“ wird heute zur Gattung Ulva gezählt) enthält ähnlich viel, wahrscheinlich bioverfügbares, Vitamin B12 wie die Rotalge Porphyra.

 

 

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