Theorie Prof. Dr. med. Walter Köster Anhang

 

Vergleich: Siehe: Anhang (Hans Böhringer)

 

[krautreporter]

Neue Medikamente, bessere Lieferketten und geknackte Codes: All das verspricht der Quantencomputer. Quanten – was? Keine Sorge: Ich erkläre dir die Technik dahinter. Und was Katzen damit zu tun haben.

Quantencomputer? Schon das Wort ist so kompliziert! Warum sollte ich mich dafür interessieren?

Quantencomputer werden so einiges umkrempeln. Die Wirtschaft ist verrückt nach der neuen Technologie und die Politik langsam auch. Für die EU sind die Quantencomputer eine Forschungspriorität, für den deutschen Staat seit Kurzem eine Schlüsseltechnologie, in die ordentlich Geld hineinfließt. Weltweit leisten sich Firmenriesen wie Google und IBM einen Wettlauf um den ersten leistungsfähigen Quantencomputer. Ständig gibt es neue Fortschrittsmeldungen und Rekorde – und während du noch auf deinem Smartphone oder Laptop tippst, probieren Firmen wie Volkswagen und der Energiekonzern E.ON bereits erste Anwendungen für den Quantencomputer aus.

Schön für diese Firmen, aber ganz ehrlich: Ich habe gerade erst den Krypto- und NFT-Hype verarbeitet; muss ich jetzt wirklich auf diesen Technologie-Hype aufspringen?

Eine gesunde Portion Skepsis schadet nicht; am Ende dieses Textes wirst du hoffentlich wissen, wie angemessen der Hype um die Quantentechnologie wirklich ist. Fest steht: Digitalunternehmen, Banken, aber auch Staaten nehmen das bevorstehende Quantenzeitalter sehr ernst. Denn es geht nicht nur um wirtschaftliche Vorteile. Sondern auch um Sicherheit. Anfang Februar habe ich mich zum Kongress des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik online eingeloggt. Bei dem Treffen sprach ein Experte darüber, wie wir unsere Kommunikation in Zukunft vor Quantencomputern schützen können. Denn die leistungsfähigen Quantenrechner könnten einen Großteil der im Internet verwendeten Verschlüsselung relativ leicht knacken. Das würde übrigens auch deine Mailkommunikation betreffen oder dein Online-Banking.

Jetzt wird mir die Bedeutung langsam klar! Gibts diese Quantencomputer denn schon?

Mit den Quantencomputern war es lange so wie mit den Kernfusionsreaktoren: Von der theoretischen Möglichkeit wussten Wissenschaftler:innen zwar. Sie wussten auch, dass diese Computer revolutionär sein würden, wenn man sie bauen könnte. Aber die Anwendungen blieben stets außer Reichweite. Denn Quantencomputer sind sehr empfindliche Instrumente: Man muss Störungen wie Wärme oder Handystrahlen sehr gut abschirmen, man muss sie gut einpacken. Doch selbst wenn das gelingt, gibt es immer noch grundlegende Schwierigkeiten, sie groß und leistungsfähig zu bauen. Lange Zeit war es daher fraglich, ob ein leistungsfähiger Quantencomputer überhaupt möglich wäre.

Es war ein Traum, es war Science-Fiction: eine Maschine aus blauem Licht.

Blaues Licht?

Ja. Auf eine Interviewfrage aus dem Jahr 2016, wie er sich den Quantencomputer der Zukunft vorstelle, antwortete der chinesische Star der Quantenphysik, Jian-Wei Pan, das sei schwer zu beantworten. Mit einem Lächeln fügte er hinzu, er habe einmal von solch einem Quantencomputer der Zukunft geträumt: von einem wabernden Material, weder fest noch flüssig, das blaues Licht ausstrahlt. Diese Vorstellung ist auch unter Künstlern verbreitet, schließlich ist leuchtendes Blau die Farbe für Hightech, denn in der Natur findet man dieses Licht fast nicht.

Mittlerweile haben Quantencomputer die Schwelle vom Labor in die Praxis erreicht. 2021 hat die Bundesregierung beschlossen, zwei Milliarden Euro in die Entwicklung von Quantentechnologien zu pumpen. Das ist viel Geld, ein großer Batzen davon (mehr als die Hälfte) geht in die „Mission Quantencomputer“: In fünf Jahren soll in Deutschland ein Quantencomputer stehen, der es von der Leistung her mit internationalen Konkurrenten aufnehmen kann. Überall im Land sind Institute und Universitäten beteiligt:

Einige Teams entwickeln bessere Speicher, andere forschen an verschiedenen Alternativen für die Quantenprozessoren, testen Chips, Kühlungen, Lichtleiter, Schnittstellen.

In Ehningen in der Nähe von Stuttgart steht seit 2021 ein kleiner IBM-Quantencomputer. Und im Forschungszentrum Jülich ist Anfang dieses Jahres eine spezielle Art von Quantencomputer für Industrieanwendungen gestartet. Der kein Experiment mehr ist, sondern eine Arbeitsmaschine.

Welche Probleme sollen die Quantencomputer eigentlich lösen?

Quantencomputer versprechen, unsere modernen Supercomputer bei manchen Aufgaben zu schlagen und sogar Probleme zu lösen, für die unsere besten Computer Tausende Jahre brauchen würden. Die also bisher gar nicht lösbar sind. Die neuartigen Rechenmaschinen sollen etwa den Verkehr regeln, Strategien an der Börse verbessern, in der Medikamentenentwicklung helfen oder Stromnetze optimieren. Der Quantencomputer in Jülich soll ausschließlich Optimierungsaufgaben lösen. Das könnte zum Beispiel dazu dienen, im Straßenverkehr die kürzeste Route zu finden, wenn man eine große Anzahl an Adressen abklappern muss. So ließen sich Lieferketten verbessern.

Ich muss an dieser Stelle einmal nachfragen: Was sind Quantencomputer eigentlich? Einfach bessere Computer?

Den Eindruck könnte man zwar bei manchen Zeitungsartikeln oder Erzählungen über Quantencomputer bekommen. Das stimmt aber so nicht. Klar, Quantencomputer sind auch Computer, aber ihre besondere Funktionsweise macht sie für einige spezielle Aufgaben besonders geeignet. Interessant sind dabei Probleme, mit denen unsere klassischen Computer ziemlich zu kämpfen haben, weil wir keine Algorithmen gefunden haben, die effizient eine Lösung finden. Effizient heißt meistens: Wenn das Problem größer wird, dann darf der Aufwand nicht so krass eskalieren, dass es hunderte Jahre brauchen würde, die Lösung zu finden. Beim Beispiel der Lieferkette könnte das heißen: Ich will die optimale Route auch dann berechnen können, wenn ich nicht nur zehn Produktionsstätten verknüpfe, sondern hundert.


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Ein klassischer Computer, also so einer, den du gerade benutzt, rechnet mit sogenannten Bits. Ein Bit hat entweder den Wert eins oder null, elektronisch heißt das beispielsweise: Strom fließt – oder Strom fließt eben nicht. Die Schaltkreise im Prozessor (das ist die Recheneinheit eines Computers) führen die programmierten Algorithmen aus: Jeder Rechenschritt wandelt aneinandergereihte Einsen und Nullen in eine andere Reihe von Einsen und Nullen um. Bis schließlich die eine gesuchte Lösung herauskommt – falls der Prozessor überhaupt zu einer Lösung findet.

Statt mit Bits (eins oder null) rechnet ein Quantencomputer mit Quantenbits, oder kurz: Qubits. Diese Recheneinheiten können in einem gewissen Sinne eins und null gleichzeitig sein. Ja, du hast richtig gehört: gleichzeitig! Physiker:innen nennen dieses Phänomen quantenmechanische Überlagerung oder Superposition.

Gleichzeitig eins und null? Ist das ein Witz?

Nein. Ich meine das todernst.

Okay, wenn es kein Witz ist: Wie kann das sein?

Hast du schonmal von Schrödingers Katze gehört? Von der Spezies her ist sie eine ganz normale Hauskatze, so wie diese hier.

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Dennoch ist sie besonders. Weil sie sozusagen das Maskottchen der Quantenmechanik darstellt. Die Quantenmechanik wird vor allem wichtig in der Welt der kleinen Dinge: Atome und so. Quantenmechaniker:innen fragen sich: Welche Eigenschaften haben kleinste Teilchen wie die Elektronen? Wie interagieren sie beispielsweise mit Licht? Dafür ist die Überlagerung von Zuständen ganz grundlegend: Ein radioaktives Atom etwa kann gleichzeitig in seinem Zustand „zerfallen“ und in seinem Zustand „noch nicht zerfallen“ sein – solange wir noch nicht gemessen haben, ob es schon zerfallen ist. Schrödingers Katze ist nun ein berühmtes Gedankenexperiment (1935 von dem Physiker Erwin Schrödinger erdacht), das diese Welt des Kleinen mit der Welt des Großen – die Welt der Katzen, unsere Welt – verbindet.

Also ganz ehrlich: Ich verstehe es nicht.

So kompliziert ist es gar nicht: Stell dir vor, wir packen eine Katze in eine Kiste, zusammen mit einem Apparat, in dem ein radioaktives Atom steckt. Der Apparat funktioniert so: Zerfällt das Atom, löst dieser Zerfall einen Mechanismus aus, der einen Hammer auf ein Fläschchen Gift fallen lässt und die Katze vergiftet. Irgendwann muss die Katze also sterben. Das Seltsame an dieser Sache ist: Wenn das Atom in einer Überlagerung von „zerfallen“ und „nicht zerfallen“ steckt, ist die Katze in einer Überlagerung von „lebendig“ und „tot“. Sie ist tot und lebendig zugleich. Erst wenn man die Kiste öffnet und einen Blick auf die Katze wirft, entscheidet sich gewissermaßen in diesem Moment ihr Zustand: Finde ich als Betrachter eine tote Katze – oder eine lebendige?

Natürlich „entscheidet“ sich ein quantenmechanisches System nicht wirklich. Man muss sich die Überlagerung als sehr empfindlich vorstellen, wie eine dünne Kerzenflamme, wenn draußen ein Sturm tobt. Öffnet man die Kiste, bricht die Superposition zusammen. Wie das genau passiert, ist tatsächlich immer noch eine Forschungsfrage – es gibt sehr unterschiedliche Interpretationen von Schrödingers Katze. Hier ist ein Artikel, der neun verschiedene Perspektiven auf das Gedankenexperiment enthält. Schrödinger selbst wollte damit übrigens die Absurdität der gängigen Interpretationen der Quantenmechanik aufzeigen. Nimmt man es aber ernst, so zeigt es, dass eben nicht nur einzelne Atome – die wir uns sowieso nicht vorstellen können – in mehreren unterschiedlichen Zuständen sein können, sondern theoretisch auch große Objekte: Katzen eben, oder Computer.

Denn beim Quantencomputer ist das ganz ähnlich: Der ist beim Rechnen in einem fragilen quantenmechanischen Zustand, lebt also in mehreren Zuständen gleichzeitig. Beim Auslesen – also beim Aufmachen der Kiste, wenn wir bei der Schrödinger-Katze bleiben – finden wir den Computer mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit dann in einem der möglichen Zustände. Und der ist dann das Ergebnis unserer Rechnung.

Ich gebe zu: nicht leicht zu verstehen, die Sache mit der Katze und den gleichzeitigen Zuständen. Als Belohnung gibt es das hier:

Zur Entspannung: süß, süßer, Katzenbabys.

Das klingt alles sehr seltsam.

Ich weiß, ich weiß. Aber so funktioniert eben ein Quantencomputer: Während er rechnet, befindet er sich in einer quantenmechanischen Überlagerung, die aus mehreren Zuständen besteht, und zwar gleichzeitig! Das ist ein riesiger Unterschied zu einem klassischen Computer. Denn der ist zu jedem Zeitpunkt in genau einem eindeutig messbaren Zustand aus Einsen und Nullen, zum Beispiel: 1000. Im nächsten Rechenschritt dann vielleicht im Zustand 1001. Aber ein Quantencomputer kann gleichzeitig

in mehreren sein: 1000 und 1011 und 0101 und so weiter. Prinzipiell kann die Maschine in jedem möglichen Zustand gleichzeitig sein.

Und das ist auch der Grund, wieso Quantencomputer so mächtig sind: Die Informationen, die in der Maschine stecken, verdoppeln sich mit jedem hinzugefügten Qubit.

Weil sozusagen eine Kopie aller Zustände mit dem neuen Qubit im Zustand 0 und eine im Zustand 1 hinzu kommt.

Es steckt also viel mehr Information drin als in einem klassischen Computer:
Ein 1-Qubit-Quantencomputer kann gleichzeitig 0 und 1 sein.
Ein 2-Qubit-Quantencomputer kann gleichzeitig 00, 01, 10 und 11 sein.
Ein 3-Qubit-Quantencomputer kann gleichzeitig 000, 001, 010, 100, 011, 101, 110 und 111 sein.

Da die Anzahl dieser gleichzeitigen Zustände exponentiell mit der Qubit-Anzahl wächst, eskaliert das sehr schnell. Exponentielles Wachstum kennen wir ja aus der Corona-Pandemie: Am Anfang, bei kleinen Zahlen, scheint es harmlos, doch wenn sich die Fallzahlen verdoppeln, sind schnell die Intensivstationen überlastet.

Einen Quantencomputer mit bis zu 20 Qubits kannst du noch auf deinem Laptop simulieren – meistens wird das „emulieren“ genannt. Für 40 Qubits brauchst du schon einen richtig krassen Supercomputer. Ab 50 Qubits kommen auch die Supercomputer mit dem Emulieren nicht hinterher. Und für 300 Qubits würden wahrscheinlich alle Atome des bekannten Universums nicht ausreichen, um die gleichzeitig eingenommenen Zustände abzubilden. (IBM hat im November 2021 seinen „Eagle“ mit 127 Qubits vorgestellt – der derzeit wohl größte programmierbare Quantencomputer.)

Aber was nützen diese Zustände?

Ein Problem könnte zum Beispiel sein: Du willst einen bestimmten Text in einer vorher nicht sortierten Datenbank finden. Stell dir den Computer als Bibliothekar vor. Der soll nun das Buch finden, in dem der Text steckt, den du suchst. Das Buch befindet sich aber in einem Lagerraum in einem Regal, in dem zusammengewürfelt viele Bücher mit unleserlicher Buchrückenaufschrift stehen. Ein klassischer Bibliothekar (den es ja tatsächlich gibt, in echt) muss nun ein Buch nach dem anderen aus dem Regal ziehen, bis er das richtige gefunden hat. Das kann bei einem sehr großen Regal sehr lange dauern. Ein Quantenbibliothekar hingegen verschwindet in dem Lagerraum und kann gleichzeitig in verschiedene Bücher reinschauen, prinzipiell sogar in alle gleichzeitig. Weil er sich ja in mehreren Zuständen gleichzeitig bewegt, als Kopien seiner selbst, sozusagen.

Also findet er die Lösung sofort?

Damit ist es leider nicht getan, denn der Quantenbibliothekar müsste das richtige Buch ja auch erkennen, oder anders gesagt: Die Kopie des Bibliothekars mit dem richtigen Buch müsste sich durchsetzen, also als erstes das Lager verlassen. So wie du die Schrödingerkatze beim Öffnen der Box entweder lebendig oder tot findest, wird dir der Quantenbibliothekar am Ende nur ein einziges Buch geben, denn sobald er aus seinem Lager herausgekommen ist, muss die Superposition verschwunden sein. Und genauso spuckt auch ein Quantencomputer beim Auslesen nur eine Antwort aus. Wenn aber in der quantenmechanischen Überlagerung alle Antworten zuvor gleichermaßen vorhanden sind, dann gibt es für jede mögliche Antwort am Ende die gleiche Wahrscheinlichkeit. Jede falsche Antwort wäre dann so wahrscheinlich wie die richtige.

Das Innenleben des D-Wave-Quantencomputers in Jülich: Dieser Aufbau wird umhüllt und in einen extremen Kühlschrank gesteckt, der den Computer auf -273 Grad Celsius kühlt.

© D-Wave

Das klingt total nutzlos.

Das wäre in der Tat nutzlos, und darum muss man Quantencomputer eben doch clever programmieren. Der Quantenphysiker Stefan Filipp vom Walther-Meißner-Institut in Garching, mit dem ich für diesen Text gesprochen habe, hat dafür ein hübsches Bild parat: Stell dir einen ruhigen, leicht gekräuselten See vor. Der See steht für die Lösungsmöglichkeiten, die der Quantencomputer untersucht. Nun wirfst du Steine hinein. Wellen entstehen, kreuzen sich, an manchen Stellen treffen Wellenberge auf Wellentäler und glätten sich aus, an anderen Stellen treffen Wellenberge auf Wellenberge und kombinieren sich zu noch höheren Wellenspitzen. In diesem Bild ist die Kunst des Quantencomputer-Programmierens, die Steine so zu werfen, dass die höchste Wellenspitze an der Stelle auftaucht, an der das richtige Ergebnis liegt. Es geht also darum, die Qubits so zu programmieren, dass am Ende die richtige Antwort mit hoher Wahrscheinlichkeit rauskommt.

Was soll das heißen, mit hoher Wahrscheinlichkeit?

Bei deinem Computer erwartest du ja, dass er mehr oder weniger perfekt läuft. Wenn du zum Beispiel diese Seite im Netz aktualisierst, sollte immer derselbe Text erscheinen. Oder: Wenn du in deinen Taschenrechner drei mal fünf eintippst, sollte immer 15 rauskommen, sonst ist dein Taschenrechner ziemlicher Schrott.

Bei Quantencomputern müssen wir uns von dieser Vorstellung lösen. Die richtige Lösung bekommen wir nur mehr mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit, oder wir kommen nur in die Nähe der richtigen Lösung. Tatsächlich reicht es aber oft, wenn die richtige Antwort wahrscheinlicher ist als alle anderen. Dann kann man die Rechnung, die irre viel schneller läuft, einfach mehrmals hintereinander ausführen und die häufigsten Treffer als Ergebnis werten.

Jetzt aber mal Schluss mit der ganzen Theorie: Werde ich einen Quantencomputer denn irgendwann zuhause haben?

Die kurze Antwort: wahrscheinlich noch lange nicht. Eine gängige Vorstellung unter Wissenschaftler:innen ist, dass Quantencomputer zunächst in Kombination mit klassischen Hochleistungsrechnern eingesetzt werden. Die stehen dann also in Rechenzentren in einem extra Gebäude, so wie der Quantencomputer im Jülicher Rechenzentrum. Die klassischen Superrechner schicken dann die Teile des Problems an den Quantenprozessor, der dieser besonders effizient lösen kann. Ein Quantenprozessor würde dann ähnlich funktionieren wie eine Grafikkarte. Denn auch eine Grafikkarte übernimmt spezielle Aufgaben, die sie aufgrund ihrer Bauart besser lösen kann als der Hauptprozessor. Zum Beispiel das Rendern von Videos oder das Schürfen von Bitcoins.

Auf eine mögliche, unverhoffte Entwicklung hat mich Krautreporter-Mitglied Jan gebracht: Man sollte die Gamingbranche nicht unterschätzen. Denn damit es der Quantenprozessor in den Desktop oder den Laptop schaffe, brauche es dafür eine Anwendung: Texte schreiben und Web browsen benötigen nicht viel Leistung, rechenintensive Prozesse wie Navigation finden meist in der Cloud statt – da bleibt fast nur noch Gaming übrig. Und dafür seien einige Leute ja auch bereit, viel Geld auszugeben. Vielleicht kann ein Quantenprozessoren irgendwann Videospiele besser animieren? Gar nicht so abwegig, schließlich hat die Gamingbranche auch die Entwicklungen der Grafikkarte vorangetrieben. Aber das ist noch spekulativ.

Ab wann werden die Quantencomputer nützliche Rechnungen machen können?

Optimisten gehen davon aus, dass wir Ende des Jahrzehnts vielfältig einsetzbare und leistungsfähige Quantencomputer haben werden. Dafür braucht es mindestens 1000 Qubits – und zwar „gute“ Qubits. Das heißt solche, die Rechenoperationen mit hoher Wahrscheinlichkeit korrekt ausführen, die also nicht so fehleranfällig sind. Ein Qubit sei zum Beispiel nur dann „gut“, sagt der Quantenphysiker Stefan Filipp, wenn höchstens etwa eine aus tausend Rechenoperationen schiefgehe.

Denn die Fehler sind das größte Problem. Alles um uns herum strahlt Wärme ab. Dein Handy sendet Abermilliarden Lichtteilchen aus. Ein einzelnes Lichtteilchen, das auf ein Qubit stößt, könnte es stören. Zu viel Störung und der fragile Quantenzustand bricht zusammen – dann hat man die Kiste mit der Katze zu früh aufgemacht. In Jülich steht der Computer in einem extra Gebäude, schwingungsgedämpft aufgehängt, abgeschirmt, heruntergekühlt auf unter minus 273 Grad Celsius, und trotzdem: Die Störung von außen lässt sich nicht ganz abschirmen.

Die besten programmierbaren Quantencomputer haben heute zwischen 50 und 100 Qubits, noch weit von den 1.000 entfernt. Der Jülicher Quantencomputer liegt mit mehr als 5.000 Qubits nicht in einer anderen Liga, sondern stellt quasi eine andere Sportart dar. Denn es kommt nicht nur auf die Anzahl der Qubits an, sondern eben auch auf die Eigenschaften: Wie gut sind die Qubits miteinander verbunden? Wie gut lassen sie sich programmieren? Die 5.000 Qubits des Jülicher Quantencomputers lassen sich gar nicht einzeln programmieren und steuern, somit kann man diesen Computer auch nicht mit einem frei programmierbaren Quantencomputer vergleichen.

Aber vorher hast du doch gesagt, dass schon 50 Qubits mehr Informationen enthalten, als ein Supercomputer verarbeiten kann. Sind die Quantencomputer also nicht heute schon den klassischen Rechnern überlegen?

Das stimmt zur Zeit höchstens für ein paar sehr konstruierte Probleme. Also solche, die eigentlich keinen praktischen Nutzen haben, aber ausgewählt wurden, weil Quantenrechner darin besonders gut sind. 2020 verkündete eine chinesische Gruppe, mit einem lichtbasierten Quantencomputer eine Rechnung durchgeführt zu haben, für die ein klassischer Supercomputer 600 Millionen Jahre bräuchte. Ein anderes Beispiel: 2019 hatte Google verkündet, sein Quantencomputer Sycamore mit 53 Qubits habe ein Problem gelöst, für das der damals weltbeste Supercomputer 10.000 Jahre brauchen würde. Der Konkurrent IBM widersprach daraufhin: Der Supercomputer könne dasselbe Problem in zweieinhalb Tagen lösen. Das zeigt auch, dass es gar nicht so einfach ist zu sagen, wann ein Quantencomputer tatsächlich überlegen ist: Vielleicht haben wir für dieses spezielle Problem nur noch keinen effizienten klassischen Algorithmus gefunden.

Mit der Quanteninformatikerin Kristel Michielsen habe ich unter anderem über den Vorteil des Jülicher Quantencomputers gesprochen. Sie erklärte mir, das Feststellen eines Quantenvorteils sei eher von akademischem Interesse. Für praktische Anwendungen sei entscheidend, dass der Quantencomputer Ergebnisse liefere, die nützlich sind.

„Solch ein Optimierungsproblem hat eine mathematisch optimale Lösung. Für praktische Anwendungen muss man die nicht haben. Man ist zufrieden mit einer Lösung, die besser ist, als die Lösung, die man schon hatte.“ Es sei für ein Unternehmen beispielsweise egal, ob die Lieferroute, die der Quantencomputer berechnet, wirklich die mathematisch betrachtet kürzeste ist. Hauptsache, die neue Route ist kürzer als die bisherige. Außerdem, argumentiert Michielsen, spielten neben der Rechengeschwindigkeit auch noch andere Kriterien eine Rolle. Der Stromverbrauch zum Beispiel: Der Jülicher Quantencomputer etwa brauche nur einen Bruchteil der Energie eines Supercomputers.

Also machen Quantencomputer die Welt am Ende doch besser!

Das können sie auf jeden Fall, denn Quantencomputer sind gut für spezielle Anwendungen, die uns aber auch bei großen Problemen der Gegenwart weiterhelfen können. Die Frage nach den ersten praktischen Anwendungen, meinte Stefan Filipp, sei aber schwer zu beantworten. Eine der vielversprechendsten Anwendungen sei die, bei der die Quantenmechnanik sowieso eine Rolle spielt: bei der Simulation von Molekülen in der Chemie oder in den Materialwissenschaften. Weitere Anwendungen seien dann eine Frage der Innovation.

Der Quantencomputer-Experte Scott Aaronson drückte es in einem Podcast so aus: „Einen sehr bizarren Hammer“ gebe uns die Natur mit dem Quantencomputer. Und es sei eine glückliche Fügung, dass wir ab und zu doch einen Nagel fänden, für den dieser Hammer zu gebrauchen sei.


Redaktion: Esther Göbel, Schlussredaktion: Susan Mücke, Bildredaktion: Philipp Sipos, Audioversion: Iris Hochberger und Christian Melchert

 

[Klaus Bachmann und Martin Scheufens]

19.10.2023, 18:12

Im Mikrokosmos geschehen seltsame Dinge: Teilchen tunneln durch Wände, befinden sich zeitgleich in gegensätzlichen Zuständen oder beeinflussen sich durch spukhafte Fernwirkung. Da unsere Alltagssprache das erstaunliche Treiben nicht fassen kann, hat die Quantenphysik ihre eigene Terminologie entwickelt. Ein Überblick

Bohm’sche Mechanik

Die vom US-Physiker David Bohm in den 1950er Jahren entwickelte Theorie begreift Quantenobjekte als real – sie haben anders als bei der Kopenhagener Deutung auch ohne Beobachtung eindeutige Eigenschaften. Ein Elektron ist demnach stets ein Teilchen, von dem sich der Aufenthaltsort angeben lässt. Was wir als Wellen wahrnehmen, mathematisch beschrieben als Wellenfunktion, sei eine Führungswelle, die die Bewegung der Teilchen choreografiert, so postulierte Bohm. Es ist, als surfe etwa ein Elektron auf einer Woge.

Dekohärenz

Mit dem Phänomen der Dekohärenz erklären Physikerinnen und Physiker, dass wir im Alltag keine Quantenphänomene wie etwa Überlagerungen von Zuständen erleben.

In Überlagerungen existiert ein Quantenobjekt vor allem dann, wenn es von seiner Umgebung isoliert ist. Doch das ist meist nur kurz der Fall: Sobald es etwa auf andere Photonen oder Elektronen trifft, verschränken sich die Zustände des Quantenobjekts mit der Umgebung zu einem größeren System. Dabei spalten sich die Zustände auf: Indem sie mit der Umgebung eine Verbindung eingehen, geht die Verbindung zwischen ihnen verloren.

Ein Beobachter – selbst Teil der Umgebung – nimmt die Mehrdeutigkeit des Quantenobjekts nicht mehr wahr: Es erscheint ihm nur noch in einem Zustand. Offen bleibt, was mit den anderen Zuständen passiert: Verschwinden sie ins Nichts? Oder existieren sie weiter, so wie es die Viele-Welten-Theorie behauptet?

Verschwommene Teilchen, Pfeil, Teilchen auf einem Haufen

Ein einzelnes Quantenteilchen kann sich in mehreren Zuständen gleichzeitig befinden. Doch mit derlei Überlagerung ist Schluss, sobald es mit seiner Umwelt in Kontakt kommt

EPR-Paradoxon

Das Paradoxon – eigentlich ein Gedankenexperiment – ist benannt nach den drei Physikern, die es 1935 veröffentlichten: Albert Einstein, Boris Podolsky und Nathan Rosen. Sie wollten damit zeigen, dass die Quantenmechanik – im Gegensatz zur Auffassung von Niels Bohr und Werner Heisenberg – unvollständig sei. Dies sei der Grund, warum die Quantenmechanik Messergebnisse nicht eindeutig vorhersagen könne.

Die Autoren betrachteten zwei miteinander verschränkte Teilchen, die in entgegengesetzte Richtungen fliegen. Ihre Eigenschaften, etwa ihr Spin, sind gemäß der Quantenmechanik zu diesem Zeitpunkt noch nicht eindeutig festgelegt. Doch wird am Teilchen A der Spin gemessen, ist automatisch und gleichzeitig – instantan – auch der Spin des weit entfernten Teilchens B festgelegt. Woher weiß Teilchen B, wie sich Teilchen A "entscheidet"? Da Einstein "spukhafte Fernwirkungen" ablehnte und unbedingt am Prinzip der Lokalität festhalten wollte, hieß das für ihn: Der Quantenmechanik entgingen entscheidende Elemente zur Erklärung der Wirklichkeit. Er irrte in diesem Punkt. Inzwischen ist experimentell bewiesen, dass Quantenobjekte "Fernbeziehungen" unterhalten, dass die Quantenphysik also nicht-lokal ist.

Ein Teilchen tritt auf eine Spitze, ein zweites verzieht ebenfalls schmerzverzerrt das Gesicht

Sind zwei Teilchen verschränkt, beeinflussen sich ihre Eigenschaften auch über weite Entfernungen hinweg – und zwar augenblicklich. Einstein schimpfte das Phänomen "spukhafte Fernwirkung".

Heisenberg’sche Unschärferelation

Werner Heisenberg entdeckte 1927 das Prinzip, dass sich bei bestimmten Paaren physikalischer Größen – etwa Ort und Impuls, Energie und Zeit – nie beide Teile gleichzeitig präzise messen lassen. Je genauer der Ort festgelegt wird, desto unschärfer wird der Impuls eines Quantenobjekts – und umgekehrt. Das Produkt der beiden Messungenauigkeiten kann nicht kleiner werden als das Planck’sche Wirkungsquantum h dividiert durch 4π. Die Unschärfe ergibt sich nicht aus einem technischen Unvermögen, genauer zu messen, sondern ist ein Naturgesetz.

Tachometer neben verschwommenem Teilchen

Je genauer der Impuls dieses Teilchens bestimmt wird, desto stärker verschwimmt sein Aufenthaltsort. Beides gleichzeitig präzise zu messen, verbietet die Heisenberg'sche Unschärferelation

Kollaps

Nach der Kopenhagener Deutung hat ein Quantenobjekt keine festgelegten Eigenschaften, solange es nicht vermessen wird. Die Vielzahl seiner möglichen Zustände wird beschrieben durch die Wellenfunktion. Bei einer Beobachtung wird dann von den verschiedenen Möglichkeiten nur eine Realität, alle anderen verschwinden spurlos. In den Worten der Quantenmechanik kollabiert die Wellenfunktion.

In einer Reihe von später entstandenen Theorien, den Kollaps-Modellen, bricht die Wellenfunktion spontan zusammen, ohne Beobachtung oder Messung. Zwar ist die Wahrscheinlichkeit, als einzelnes Teilchen zu kollabieren, extrem gering, finden sich aber viele Teilchen zusammen, so steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Kollaps eines von ihnen trifft – alle anderen Wellenfunktionen in der Umgebung werden dann mitgerissen. So hätten makroskopische Objekte wie Katzen keine Chance, in einer Überlagerung von mehreren Zuständen – zum Beispiel tot und lebendig – zu existieren. Die Kollaps-Theorien liefern daher ein objektiv realistisches Bild der Welt, anders als die Kopenhagener Deutung. Doch was den Kollaps auslöst, dafür können sie bislang keinen Grund liefern.

Kopenhagener Deutung

Die Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik ist benannt nach der Wirkungsstätte von Niels Bohr, einem der Hauptvertreter dieser Deutung. Sie ist kein einheitliches, geschlossenes Gedankengebäude – unter ihrem Namen werden mehrere Konzepte zusammengefasst: die Unschärferelation Werner Heisenbergs, Max Borns Wahrscheinlichkeitsinterpretation der Wellenfunktion und das Komplementaritätsprinzip von Niels Bohr (Welle- und Teilchencharakter eines Quantenobjekts sind wie die zwei Seiten einer Medaille).

Mit einem Apparat, der ein extremes Vakuum erzeugt, wollen Markus Arndt (l.) und sein Team an der Universität Wien, darunter Stefan Gerlich, die Geheimnisse der Quantenwelt ergründen

Physik Was ist noch real? Die Quantenforschung stellt unser Weltbild infrage

Das Reich der Quanten stellt unsere Idee von Wirklichkeit auf die Probe. Objekte verhalten sich mal wie Teilchen, mal wie Wellen, sie können an mehreren Orten gleichzeitig sein. Wieso merken wir im Alltag nichts davon? Ein Besuch bei vier Physikern – und ihren neuen Theorien

Die Vertreter dieser Denkrichtung stimmten dabei nicht in allen Aspekten überein, gerade Heisenberg und Bohr stritten sich jahrzehntelang über die Rolle des Beobachters und den Kollaps der Wellenfunktion. Dennoch prägten ihre Ideen jahrzehntelang die Diskussionen über die Quantenphysik.

Lokalität

Lokalität ist in der Physik ein Begriff dafür, dass Ereignisse nur Auswirkungen auf die unmittelbare Umgebung haben können, dass also etwas, das hier geschieht, nicht direkt beeinflusst, was dort geschieht. Ausgenommen, es gibt einen Weg, Informationen zu übermitteln, wobei das kosmische Tempolimit, die Lichtgeschwindigkeit, unbedingt eingehalten werden muss. So kann ein Knopfdruck auf der Erde zwar einen Rover auf dem Mars losrollen lassen – aber nicht augenblicklich, sondern per Funksignal mit mehrminütiger Verzögerung.

Ein verstörendes Merkmal der Quantenmechanik ist, dass hier das Lokalitätsprinzip nicht gilt. Quantenobjekte können durch gemeinsame Entstehung oder eine Wechselwirkung so miteinander verbunden – verschränkt – sein, dass sich die Messung oder Manipulation des einen Teilchens gleichzeitig auf das andere auswirkt, selbst wenn es weit entfernt ist.

Planck’sches Wirkungsquantum

Das Planck´sche Wirkungsquantum h ist eine Naturkonstante und taucht in allen Grundgleichungen der Quantenmechanik auf. Der deutsche Physiker Max Planck entdeckte die Konstante, als er 1899/1900 versuchte, die von einem bestimmten glühenden Objekt ausgehende Strahlung zu erklären. Dabei erkannte er, dass Energie immer in Portionen abgegeben und aufgenommen wird. Diese Vorstellung war ein radikaler Bruch mit der vorherigen Physik. Zuvor galt als selbstverständlich, dass alle Prozesse in der Natur stetig ablaufen. Nun offenbarten sich Stufen in der Natur – und die "Stufenhöhe" ergibt sich aus dem Wirkungsquantum.

Teilchen mit "h" als Schatten und Teilchen mit Käppi, das den Schriftzug "Planck" trägt

Eine Grundkonstante der Quantenwelt: das Planck'sche Wirkungsquantum, bezeichnet mit dem Buchstaben "h"

Quant

In der Geschichte der Physik hat sich herausgestellt, dass bestimmte Eigenschaften wie Energie, Spin oder elektrische Ladung nur diskrete Werte annehmen können, die Vielfache einer fundamentalen Größe sind. Diese Grundeinheit ist das Quant. Häufig wird die Bezeichnung Quanten aber auch im weiteren Sinn für Elementarteilchen benutzt, vor allem wenn deren Partikelcharakter im Vordergrund steht.

Quantensprung

Der Begriff stammt aus der Frühzeit der Quantenmechanik. Man dachte, dass Elektronen sprunghaft und instantan von einem Energieniveau auf ein anderes wechseln, ohne jedes Vorzeichen. Inzwischen ist aber klar, das der "Sprung" sich sehr wohl ankündigt, graduell verläuft und eine gewisse Zeit dauert. Das konnten Forschende 2019 mit einer Art Hochgeschwindigkeitsdetektor zeigen.

Teilchen springt von einem niedrigen auf einen hohen Felsen

Als Quantensprung bezeichnen wir ein Riesending – dabei vollzieht er sich im Allerkleinsten

Nach wie vor aber gilt, dass ein Elektron in einem Atom nur bestimmte Energieniveaus einnehmen kann und dass es beim "Sprung" auf ein höheres Level zum Beispiel ein Photon absorbiert, dessen Energie genau der Lücke zwischen den beiden Niveaus entspricht. Fällt das Elektron wieder in den Ausgangszustand zurück, wird das Photon wieder ausgesandt. Entsprechend der Größe der Lücke hat das Lichtteilchen eine bestimmte Frequenz und damit eine charakteristische Farbe. Das erklärt, warum Natriumlampen gelb und kupferhaltige Feuerwerksraketen grün leuchten.

Qubit

Das Quantenbit (Qubit) ist das Analogon zum Bit des klassischen Computers – die Grundlage für die Rechenarbeit und die kleinste Speichereinheit. Herkömmliche Computer und Quantencomputer arbeiten beide mit dem Binärsystem, also Nullen und Einsen. Im klassischen Computer bedeutet zum Beispiel "Strom an" eine 1, "Strom aus" eine 0.

Teilchen mit Denkblasen, in denen Formeln stehen

In herkömmlichen Computern ist das Bit die kleinste Recheneinheit. Das Qubit ist sein Gegenstück in Quantencomputern.

Beim Qubit können sich die beiden Zustände überlagern. Das Qubit ist dann eine Mischung aus 0 und 1. Erst wenn Forschende fragen "Welchen Wert hast du?", antwortet es eindeutig mit 0 oder 1. Als Qubit eignen sich Atome oder Ionen, die zwei Energiezustände einnehmen können, oder supraleitende Ringe, in denen Strom in einer Überlagerung zugleich rechts- und linksherum fließen kann.

Teleportation

"Beam me up, Scotty!" Einen Menschen von einem Planeten zum Raumschiff zu transferieren klappt leider nur in Science-Fiction-Filmen wie Star Trek. Allerdings existiert in der Quantenwelt ein ähnliches Verfahren. Dabei wird nicht das individuelle Elektron oder Photon selbst über weite Strecken übertragen, sondern sein quantenphysikalischer Zustand.

Teilchen löst sich im Transporter auf

In der Quantenphysik ist Teleportation möglich. Dabei wechseln jedoch keine Teilchen den Ort. Lediglich ihre Eigenschaften lassen sich über große Entfernungen übertragen

Um ein Photon zu teleportieren, sind zwei weitere Photonen A und B nötig, die miteinander verschränkt sind – eines am Startort, das andere am Zielort. Photon A wird dann zusätzlich mit dem zu teleportierenden Photon verschränkt. Letzteres wird dabei zerstört, es verliert seinen Zustand – aber seine Informationen gehen augenblicklich auf A und B über. Um den Prozess abzuschließen, muss noch eine fehlende Information auf klassischem Wege (das bedeutet, nicht schneller als mit Lichtgeschwindigkeit) von Ort A zu Ort B übertragen werden. Dann kann Photon B gegebenenfalls noch so verändert werden, dass es sich in eine perfekte Version des initialen Photons wandelt.

Eine Quantenteleportation gelang erstmals 1997. Gut 20 Jahre später ist die Technik so weit, dass sich sogar Zustände von der Erdoberfläche zu einem Satelliten schicken lassen. Dass jemals größere Objekte, gar Menschen gebeamt werden, gilt aktuell als ausgeschlossen. Dennoch könnte die Quantenteleportation eine wichtige Technologie werden: Sie ermöglicht eine abhörsichere Kommunikation, etwa für Finanztransaktionen. Und Quantencomputer könnten dank ihr untereinander kommunizieren.

Künstlerische Verarbeitung des Themas QBismus

Interview

QBismus Ist alles nur subjektiv? Ein Quantenphilosoph fordert unser Denken heraus

Die Wissenschaft beschreibt die Natur objektiv? Falsch, sagt die junge Quantentheorie des QBismus. Laut ihr können wir Menschen stets nur eine subjektive Sicht auf die Welt gewinnen. Einer der Vordenker des QBismus ist der Physiker Christopher Fuchs

Tunneleffekt in der Quantenphysik

In der Alltagswelt ist es unvorstellbar, dass eine Kugel, die nicht genug Schwung hat, um über einen Hügel zu rollen, trotzdem auf der anderen Seite des Hindernisses anlangt. Quantenobjekte aber können durch eine eigentlich unüberwindliche Barriere hindurchtunneln. Das Phänomen lässt sich mithilfe des Wellencharakters verstehen, den auch Materieteilchen zeigen. Demnach kann der Aufenthaltsort eines Objektes nicht präzise bestimmt werden. Es lassen sich nur Wahrscheinlichkeiten für eine Position angeben. So kann sich für ein Elektron eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit ergeben, hinter dem Hindernis zu existieren. In seltenen Fällen taucht das Partikel dann tatsächlich dort auf.

Der Tunneleffekt hat in der Astronomie weitreichende Bedeutung: In Sternen kommen sich auf diese Weise Atomkerne, die sich wegen ihrer gleichen Ladung normalerweise abstoßen, so nahe, dass sie verschmelzen können. Ohne das Phänomen gäbe es kein Sonnenlicht – und kein Leben auf der Erde.

Teilchen geht durch eine Mauer

Ab durch die Wand? Für Quantenteilchen kein Problem, dank Tunneleffekt

Überlagerung

In der klassischen Welt kann eine Eigenschaft eines Objekts nur einen eindeutigen Wert annehmen. Eine Fußgängerampel kann nur jeweils Rot oder Grün anzeigen.

Bei Quantenobjekten können sich hingegen scheinbar widersprechende Zustände überlagern. Bei einem Elektron zum Beispiel können sich die Zustände "Rechtsdrall" und "Linksdrall" mischen, und zwar gleichzeitig in unterschiedlichen Verhältnissen, etwa 50 zu 50 oder auch 70 zu 30. Bei einer Messung "entscheidet sich" das Quantensystem dann für einen eindeutigen Wert. Wie das genau passiert, ist nach wie vor umstritten.

Verborgene Variablen

Einige Deutungen der Quantentheorie gehen davon aus, dass die orthodoxen Interpretationen unvollständig sind und dass eine Art tiefer liegende Realität existiert. Diese enthalten, so die Theorie, zusätzliche Informationen über die Eigenschaften von Quantenobjekten – eben Variablen, die uns bislang verborgen blieben. Doch jeder Versuch, diese aufzustöbern, stärkte bislang die gegenteilige Annahme, dass die Quantenphysik doch vollständig ist.

Verschränkung

Wenn Teilchen gemeinsam entstehen oder miteinander wechselwirken, werden sie miteinander verbunden – verschränkt. Sie lassen sich jetzt nicht mehr als voneinander unabhängige Objekte betrachten, sondern nur noch als Ganzes beschreiben.

Viele-Welten-Theorie

Die Interpretation geht zurück auf den US-amerikanischen Physiker Hugh Everett III. Er war unzufrieden mit der Kopenhagener Deutung, der zufolge Eigenschaften eines Quantenobjekts bei einer Messung spurlos verschwinden. Er propagierte daher in den 1950er-Jahren, dass diese weiterexistieren. Daraus entwickelte sich die Viele-Welten-Theorie.

Teilchen springt über einen Spalt, bleibt sitzen, fällt hinunter

Entweder oder? Nicht laut der Viele-Welten-Theorie. Sie besagt, dass jede Option in einer eigenen Welt verwirklicht wird.

Ihr zufolge spaltet sich das Sein bei jedem Ereignis auf. Jede mögliche Begebenheit wird in je einer eigenen Welt realisiert. Auch alle beteiligten Personen vervielfältigen sich dabei. Zwischen den Welten besteht keine Verbindung, sodass wir keinen Kontakt haben zu den unzähligen Kopien, die von uns existieren.

Wellenfunktion

Die mathematische Funktion, mit der sich die Welleneigenschaften eines Teilchens beschreiben lassen, nennt sich Wellenfunktion. In ihr stecken alle – auch die widersprüchlichen – Eigenschaften, die einem Quantenobjekt vor einer Messung zugeschrieben werden. Aus der Wellenfunktion lässt sich berechnen, mit welcher Wahrscheinlichkeit die verschiedenen möglichen Werte einer Eigenschaft bei einer Messung auftreten.

Die Wellenfunktion ist eine abstrakte Formel, die keine anschauliche physikalische Bedeutung hat. Direkt beobachten lässt sie sich nicht: Sie kollabiert zuvor. Statt vieler verschiedener Zustände eines Teilchens offenbart sich stets nur einer.

Welle-Teilchen-Dualismus

Quantenobjekte wie Elektronen und Photonen können sich mal wie eine Welle, mal wie ein Teilchen verhalten – je nach Experiment, das wir mit ihnen anstellen. Das heißt nicht, dass sie Teilchen oder Wellen sind, sondern sie zeigen nur solche Eigenschaften.

Teilchen und Welle

Teilchen oder Welle? In der Welt der Quanten lautet die Antwort: Kommt drauf an

Zufall

In der klassischen Physik galt als sicher: Es gibt keinen echten Zufall. Die Welt sei deterministisch, sie folge unausweichlichen, unerbittlichen Gesetzmäßigkeiten. Was uns zufällig erscheint – etwa das Ergebnis eines Würfelwurfs – ist bloß zu komplex, um es zu berechnen. Doch besäßen wir alles Wissen der Welt, könnten wir theoretisch die Zukunft bis ins letzte Detail vorhersagen.

Teilchen schaut auf Würfel

In der klassischen Physik ist alles berechenbar. In der Quantenwelt hingegen gibt es den Zufall. Wie genau er beschaffen ist, bleibt umstritten

Umso größer war der Schock, als sich in der Quantenwelt ein echter Zufall zeigte. Wo im Doppelspalt-Experiment ein Elektron auf der Blende landet, lässt sich nur mit Wahrscheinlichkeiten angeben. Laut der Kopenhage-ner Deutung könnte selbst ein allwissendes Wesen das Ergebnis nicht vorhersagen. Doch das ist – wie vieles im Verständnis der Quantenphysik – umstritten.

 

 

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