Arbeitslosigkeit

 

Vergleich: Siehe: Gemütsverfassungen

 

[Tatjana Popowa]

Dass Arbeitslosigkeit resp. Ausbildungsplatzmangel für die junge Generation besonders schlimm sei, gehört zu den allgemeinen sprachlichen Absonderungen

der Politiker.

Dem Homöopathen begegnen die Folgen der Arbeitslosigkeit als gesundheitliche Störungen auf der seelisch geistigen Ebene wie auch auf der körperlichen.

Stichworte: Null Bock oder No Future Haltung, Depression, Drogen-/Alkoholsucht, Kriminalität und Moralmangel, Fehlentwicklung des Bewegungs-/Halteapparates,

allgemeine Infektabwehrschwäche etc.

In den 30-er Jahren, als die Arbeitslosensituation ähnlich schlimm war, wurde von einer Wiener Gruppe von Wissenschaftlern eine bis heute wegweisende  Studie

vorgenommen (Marie Jahoda, P. Lazarsfeld & H. Zeisel, Die Arbeitslosen von Marienthal, Leipzig 1933 - später Edition Suhrkamp 769). Die Autoren untersuchten

die ökonomischen, sozialen und psychischen Auswirkungen der Arbeitslosigkeit in einem kleinen Fabrikdorf bei Wien. Unter anderem befragten sie auch die Kinder,

z.B. nach ihren Weihnachtswünschen und nach ihren Berufswünschen. Diese beiden Fragen könnten, in der hoöopathischen Anamnese gestellt, auch in der heutigen Zeit wertvolle Hinweise

auf den Erlebnishintergrund seelisch - geistiger Symptome geben. So führt die wachsende Diskrepanz zwischen Wunsch und Wunscherfüllung zur steigenden Irrationalität von Wünschen,

zur Planlosigkeit, dann zur Undifferenziertheit von Wunschvorstellungen und schlussendlich zur Apathie (im Repertorium: Verlangt nichts).

Die Autoren entdeckten auch die veränderten Einstellungen zur Zeit: sie beginnt zu langsam zu vergehen, und Planlosigkeit entwickelt sich aus  dieser Zeitdehnung.

Die Parallelen zu Drogenfolgen stechen ins Auge. Freizeit wird als tragisches Geschenk empfunden. Kultur-Angebote, wie kostenlose Leihbüchereien oder Theatergruppen werden weniger

genutzt. Man hat zwar  genug "Zeit, aber man hat den Kopf nicht danach", so hat ein junger Mann formuliert. Bei länger bestehender Arbeitslosigkeit

konnten auf der seelisch geistigen Ebene folgende Phasen beobachtet werden:

            1. Ungebrochen (man lässt sich nicht unterkriegen und sucht sich neue Aktivitäten)

            2. Resignation (Verlust der Hoffnung, aber häusliche Ordnung wird aufrecht erhalten, Gelegenheitsarbeiten werden angenommen)

            3. Verzweiflung (Depression, Aktivitätsverlust, formale Ordnung wird nur noch mit Mühe aufrecht erhalten)

            4. Apathie (Energielosigkeit, Indolenz, Ordnungs- und Planlosigkeit, Verwahrlosung, Alkoholismus und Irrationalität)

 

Auf der körperlichen Ebene fiel auf, dass die Kinder zunächst gesunder/weniger infektanfällig waren (vermehrte Zeit der Eltern für Zuwendung und Pflege, weniger ungesunde Ernährung

wie Zuckerwerk etc). Danach kehrt sich der Gesundheitszustand allerdings in zu erwartender Weise um (zunehmende Infekte und mangelnde bis fehlende Gesundheitsfürsorge, Entwicklung

chronischer Krankheiten. Die Kenntnis dieser gesetzmäßig ablaufenden Phasen vermögen den Homöopathen davor zu bewahren, einzelne seelisch geistige Symptome zu hoch zu bewerten,

sind sie doch keineswegs für den Zustand sonderlich im Sinne des Paragraphen 153 Org.

 

 

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