Aurum metallicum Anhang 2

x!y

[Dr. Med. Thomas Quak]

Wie hilfreich scheinbar inerte1 Substanzen (z.B. Aurum, Platina) oder in Nahrungsmitteln vorkommende Mineralien (z.B. Natrium muriaticum) für kranke Menschen werden können, wenn sie homöopathisch

aufgeschlossen (potenziert) werden, war H. nicht von Anfang an klar.

In der Einleitung zur Arznei Aurum metallicum in „Chronischen Krankheiten“ von 1828 schreibt er: „Das Gold hat große, unersetzliche Arzneikräfte.

Anfangs ließ ich mich durch diese Leugner zurückhalten, im gediegenen Gold Arzneikräfte zu hoffen; da ich mich aber nicht überwinden konnte, irgendein Metall an sich für unheilkräftig zu halten, so bediente

ich mich seiner zuerst in Auflösung.“

Mit Auflösung meinte Samuel H. das Goldsalz Aurum muriaticum (Goldtrichlorid), welches gut in Wasser und Ethanol löslich ist. Dieses Aurum muriaticum beschreibt er mit nur einigen wenigen

Symptomen in den chronischen Krankheiten gleich nach der längeren Symptomen liste von Aurum metallicum.

Ganz eng angelegt an die bekannte Regel „Gutes ist einfach“ und aufgrund der Sorge, dass die Salze eines Metalls andere Symptomwirkungen haben würden als das reine Metall, sucht H. dringend nach

einer Möglichkeit, reine Metalle als Arznei verfügbar zu machen. Dafür entwickelt er das Verreibungsverfahren (Trituration) und wird somit einer der frühen Anwender der Kolloidalchemie, als er entdeckt, dass er

durch Trituration  unlösliche  Stoffe  löslich  machen kann (Gold in Kolloidbindung):

„Weil ich aber überhaupt, wo ich’s nur vermeiden  kann,  die  Metalle,  schon  der  edlen Einfachheit wegen, nicht in Säuren anwenden mag, weil sie durchaus eine Umänderung ihrer  Kräfte  durch  diese  Säuren 

erleiden  müssen -wie man schon an der Vergleichung des Ätzsublimats  mit  dem  schwärzlichen  Quecksilberoxyd in der Hilfskraft wahrnimmt- so war mir’s sehr willkommen, bei einer Reihe arabischer Ärzte

die Arzneikräfte des Goldes in feinem Pulver einstimmig rühmen zu hören, und zwar in sehr hilfebedürftigen Krankheitszuständen, in welchen mir zum Teil schon die

Gold-Auflösung  merkwürdige  Dienste  geleistet hatte; ein Umstand, welcher mir Zutrauen zu den Versicherungen der Araber einflößen musste.  Ohne  nun  der  ferneren  Lobpreisungen  des  Goldpulvers  und 

Goldes  ...  noch  zu bedürfen, glaubte ich schon, das Zeugnis der Araber  von  der  Heilkräftigkeit  des  feinsten Goldpulvers den theoretischen, erfahrungslosen Zweifeln der Neuern vorziehen zu dürfen,

und rieb das feinste Blattgold (es ist 23 Karat, 6 Grän fein) mit 100 Teilen Milchzucker eine gute Stunde lang, zur Anwendung für den inneren, ärztlichen Gebrauch.“

Er möchte mit sich einig sein und sucht nach Antworten auf seine vielen Fragen, nach strahlender, beständiger Richtigkeit, denn Ungewissheit bedroht ihn mit tiefster Finsternis.

H. findet Aurum metallicum loidalchemie, als er entdeckt, dass er durch Trituration unlösliche Stoffe löslich machen kann (= Gold in Kolloidbindung):

„Weil ich aber überhaupt, wo ich’s nur vermeiden kann, die Metalle, schon der edlen Einfachheit wegen, nicht in Säuren anwenden mag, weil sie durchaus eine Umänderung ihrer Kräfte durch diese Säuren

erleiden müssen -wie man schon an der Vergleichung des Ätzsublimats mit dem schwärzlichen Quecksilberoxyd in der Hilfskraft wahrnimmt- so war mir’s sehr willkommen, bei einer Reihe arabischer Ärzte

die Arzneikräfte des Goldes in feinem Pulver einstimmig rühmen zu hören, und zwar in sehr hilfebedürftigen Krankheitszuständen, in welchen mir zum Teil schon die Gold-Auflösung merkwürdige Dienste

geleistet hatte; ein Umstand, welcher mir Zutrauen zu den Versicherungen der Araber einflößen musste. Ohne nun der ferneren Lobpreisungen des Goldpulvers und Goldes ... noch zu bedürfen, glaubte ich

schon, das Zeugnis der Araber von der Heilkräftigkeit des feinsten Goldpulvers den theoretischen, erfahrungslosen Zweifeln der Neuern vorziehen zu dürfen, und rieb das feinste Blattgold (es ist 23 Karat,

6 Grän fein) mit 100 Teilen Milchzucker eine gute Stunde lang, zur Anwendung für den inneren, ärztlichen Gebrauch.“

Antike Naturphilosophen forderten, dass eine wahre Theorie nicht nur schön (im Sinne einer logischen, in sich stimmigen Struktur) und gut (d.h. funktional und konkret umsetzbar) sein sollte, sondern auch

einfach. Diese Ansicht vertrat auch Albert Einstein. (Quelle: Wikipedia)

Gold wurde bis in die Neuzeit als Basistherapeutikum für rheumatologische Erkrankungen eingesetzt.

Blattgold nennt man eine äußerst dünne Folie aus hochgoldhaltigen Legierungen, die je nach Farbe unterschiedliche Anteile von Platin, Kupfer und Silber enthalten kann

Das Mittel und seine Wirkungen

Bei der Haupt- und Leitindikation –der depressiven Suizidalität- von Aurum beschreibt H. bereits erste Heilungserfolge:

„Von Melancholien, welche der von Gold erregten sich näherten, habe ich seitdem mehrere Personen, die mit Selbsttötung sehr ernstlich umgingen, bald und dauerhaft befreit, durch kleine Gaben.“

Die Liste der klinischen Indikationen für Aurum muriaticum, die H. uns gibt, hat bis heute Gültigkeit und wurde durch viele Heilungsfälle in der homöopathischen Literatur bestätigt:

  Hypochondrie

  Melancholie

  Lebensüberdruß

  Neigung zum Selbstmord

  Blutdrang nach dem Kopf

  Knochenfraß der Nasen- und Gaumenknochen

  Verdunkelung des Gesichts durch schwarze, vorschwebende Flecke

  Zahnschmerz von Blutdrang nach dem Kopf, mit Hitze darin

  Leistenbruch

  Alte Hodenverhärtung

  Vorfall und Verhärtung des Uterus

  Butdrang nach der Brust

  Bewußtoses Niederfalln mit Blauwerden im Gesicht

  Erstickungsanfall, mit starker, zusammenschnürender Brustbeklemmung

  Knochenschmerzen, nachts

  Gichtknochen

Die genannten Symptome finden wir auch heute noch in unseren Repertorien:

Zusammenfassende Übersicht der Symptome von Aurum metallicum

Im Folgenden gebe ich eine zusammenfassende Betrachtung der von H. beschriebene Originalsymptome von Aurum metallicum in den chronischen Krankheiten:

Psychische Symptome:

Hypochondrie; Melancholie; Lebensüberdruss; Neigung zu Selbstmord

Aurum zerstört die Liebe zum Leben. Die Patienten sehnen sich nach dem Tod, sind niedergeschlagen, mit allem unzufrieden und suchen die Einsamkeit. Gleichzeitig verspüren die Patienten

eine innere Angst, die sie bis zum Selbstmord treibt. Ein ständiger Drang sich zu bewegen, keine Arbeit kann schnell genug gemacht werden. Menschenscheu. Schüchtern. Jede Kleinigkeit

nimmt den Mut und führt zu Versagensängsten. Glaubt, er macht alles verkehrt. Der Patient ist oft mürrisch, schlecht gelaunt und zanksüchtig. Sehr schnell beleidigt und tief gekränkt.

Der geringste Widerspruch kann zu größtem Zorn reizen. Ereifert sich über abwesende Personen. Er sucht geradezu nach jemandem, den er beleidigen kann. Dem gegenüber steht aber

auch eine Lustigkeit, Zufriedenheit, Heiterkeit und Unbeschwertheit.

Geistige Anstrengungen erschöpfen sehr oder führen gar zu Übelkeit. Lächelt unwillkürlich beim Sprechen.

Schwindel und Kopf:

Blutdrang nach dem Kopf; Knochenfraß der Nasen- und Gaumenknochen

Vielerlei Kopfschmerzen: Wie zerschlagen im Gehirn, überwiegend reißende oder drückende Kopfschmerzen mit einem schwindelartigem Gefühl. Blutandrang zum Kopf, besonders bückend.

Kleine Knochenbeulen am Kopf.

Unwillkürliche Bewegungen des Kopfes:

es schüttelt ihn seitwärts auf und nieder. Kopfschmerzen bei Frostschaudern am Morgen.

Augen: Verdunkelung des Gesichts durch schwarze, vorschwebende Flecke

Drücken in den Augen, von oben nach unten, von außen nach innen, als wäre ein Fremdkörper hineingeraten. Brennen, Spannen, Stechen, feines Reißen in den Augen oder den Augenhöhlen.

Ein Knötchen auf dem unteren Lidrand. Schwellung der unteren Augenlider.

Sehvermögen: Undeutliches Sehen. Kurzzeitige Amaurosis.

Feuerfunken vor den Augen.

Ohren und Nase: Schmerzen am rechten Nasenbein und am Austrittspunkt des Nervus facialis. Beißender Schmerz unten in der Nase, Kribbeln, Wundheitsgefühl an den Nasenlöchern.

Schmerzlose, geschwürige Kruste im rechten Nasenloch.

Dunkle, braun-rote, berührungsschmerzhafte Flecken auf der Nase.

Geruch: Sehr fein, alles riecht übertrieben stark. Geruchseinbildungen: Süßlicher Geruch, Branntweingeruch, fauliger Geruch.

Gesicht: Reißen, Stechen, Ziehen, Brennen in Jochbein, der linken Gesichtsseite, am Kinn oder in einer Backe. Schwellung und Gedunsenheit des Gesichtes oder der Backen.

Schmerzhafte Lymphknotenschwellung am Unterkiefer.

Zähne: Zahnschmerz von Blutdrang nach dem Kopf, mit Hitze darin

Vielfältige Zahnschmerzen (essend/durch die frische Luft).

Schwellung des Zahnfleisches oder Eiterbläschen am Zahnfleisch.

Hals und Mund: Übler, fauliger, nach altem Käse riechender Mundgeruch. Süßer, milchiger, fauliger, säuerlicher Geschmack im Mund.

Magen: Essen > die Angstzustände. Abneigung gegen Fleisch. Verlangt: Kaffee; Übelkeit und drückende Magenschmerzen, wie von Hunger. Schwellung des Epigastriums.

Abdomen: Leistenbruch

Schwere, Drücken und Völlegefühl im Unterleib. Aufblähung des Unterleibes nach Diarrhoe.

Zusammenziehende, kolikartige, zwickende Schmerzen im Unterleib.

Ziehen und schmerzhafte Ungelenkigkeit in den Leistenbeugen. Ziehen, Brennen, Schneiden,

Drängen an den Leistenringen. Starke Blähungen mit Blähungskolik und Angst.

Kollern und Knurren im Abdomen.

Rectum und Stuhl: Starker Abgang stinkender Blähungen. Harter Stuhlgang. Nächtliche Diarrhoe mit Brennen im Rectum. Schmerzhafte Schwellung am Rand um den After.

Scharfes Stechen im After und im Rectum.

Harnorgane und männliche Genitalien: Alte Hodenverhärtung

Sehr starke Zunahme der Libido mit erotischen Phantasien.

Häufige nächtliche Erektionen und Pollutionen.

Abgang von Prostatasekret ohne Erektion.

Zucken im Penis, nach hinten. Stechen und Reißen an der Glans penis.

Jucken am Scrotum. Schwellung und spannender Schmerz des rechten Hodens.

Weibliche Genitalien: Vorfall und Verhärtung des Uterus

Brust: Blutdrang nach der Brust;

Bewusstloses Niederfallen mit Blauwerden im Gesicht;

Erstickungsanfall, mit starker, zusammenschnürender Brustbeklemmung

Festsitzender Schleim in der Luftröhre. Husten aus Atemnot. Stiche im Thorax beim Husten oder tief Atemholen.

Atmung: Beengung beim Atmen (nachts), mit Angst. Drücken, Stechen oder Schneiden in der Brustbeingegend. Stiche in der Herzgegend. Heftiges Herzklopfen.

Rücken: Schneidender, drückender, reißend stechender Rückenschmerz im Lendenwirbelbereich.

Feines, reißendes Stechen oder reißender Schmerz unter dem Schulterblatt.

Glieder: Knochenschmerzen nachts, Gichtknochen

Jucken an Hüften, Knien, Armen und Handwurzeln.

Reißende, drückende, ziehende Schmerzen in den Oberarmen, Schulter und den kleinen Gelenken. Schmerzen der Knochenhaut. Jucken zwischen Daumen und Zeigefinger. Reißen

und Schmerzen auch in den kleinen Gelenken.

Lähmige, ziehende Schmerzen in den Hüften, der Psoasmuskulatur und den Oberschenkeln.

Wachstumsschmerzen in den Oberschenkeln.

Steifigkeit und Schwäche (Lähmigkeit) in den Knien oder ziehende Schmerzen darin.

Juckende, brennende, < durch Reibung, quaddelartige Knoten an den Unterschenkeln. Ziehende Schmerzen in den Fersen. Ziehen in den Mittelfußknochen erstr. in den großen Zeh.

Fußsohlen schmerzen. Jucken der Fußgelenke und Fußsohlen. Morgensteifigkeit der Gelenke mit Zerschlagenheitsschmerzen.

Allgemeinsymptome: Taubheitsempfindungen und Gefühllosigkeit in Armen und Beinen morgens oder Ameisenlaufen an wechselnden Stellen. Ziehen und Wallungen in den Blutgefäßen

(„Als koche es in allen Adern²).

Überempfindlich gegen Schmerzen im Körper. > Frische Luft

Akneartige „Blüten“ im Gesicht, am Hals und an der Brust.

Schlaf und Träume: Müdigkeit und Erschöpfung tagsüber (nach dem Mittagessen mit Gedankenzudrang).

Schlaflosigkeit nachts mit Unruhe und Gedanken. Findet keine geeignete Schlaflage.

Lebhafte, schreckhafte, grausige Träume, mit Aufschreien im Schlaf. Wimmern im Schlaf.

Traum, aus großer Höhe zu fallen.

Fieber, Frost und Schweiß: Kälteempfindlichkeit und Kälte des Körpers (Glieder)

Kälteschauder mit Gänsehaut. Morgendliche heftige Schweiße.

 

Indikationen, die Aurum als Heilmittel anzeigen können:

Depression. Melancholie. Suizidalität. Migräne. Burn out Syndrom. Schlafstörungen. Mydriasis. Miosis. Horizontale Hemiopie. Diplopie. Herzerkrankungen. Colon irritabile.

Leistenhernie. Flatulenz. Obstipation. Nächtliche Diarrhoe. Nebenhodenentzündungen.

Uterusprolaps. Uterusverhärtungen. Rheumatologische Erkankungen.

 

[Dr. Gerardus Lang]

„Gold (Aurum) (Das bekannte Metall)” überschrieb H. in Band 4 der „Reinen Arzmeimittellehre” seine Ausführungen und in den „Chronischen Krankheiten” Bd.2 mit Aurum, Gold.

Er beginnt sein Kapitel mit Vorwürfen gegen seine Kollegen, kritisiert deren mangelnde Beobachtungsgabe, Aberglauben und leichtgläubige Vermutungen, weil sie nämlich nicht glaubten,

dass vom Golde heilkräftige Wirkungen ausgehen könnten:

„Sie haben sämmtlich Unrecht, und mit ihnen alle neuern Ärzte. Das Gold hat große, unersetzliche Arzneikräfte.”

Sozusagen keinen Widerspruch duldend. „Nein! Ich rede vom gediegenen, nicht durch chemische Veranstaltungen veränderten Golde.”. Er hat dann seinem Forscherdrang nachgehend

die Literatur seiner Zeit durchstudiert und fand, dass schon die Araber(!) fein gepulvertes Gold wirksam angewendet haben, und zwar bei Zuständen, die sich nachher auch durch seine

Arzneimittelprüfungen bestätigten.

Durch die Araber kommen wir auch in ein Land, das schon im Alten Testament eine große Rolle spielte, nämlich in die Wüste, in der das auserwählte Volk nach seinem Auszug aus

Ägypten 40 Jahre lang unterwegs war. Dort fand die erste homöopathische Behandlung durch das Gold statt, und zwar durch Moses.

Wie allen Christen, Juden und Moslems bekannt ist, fand Moses die Israelis beim „Singe-Tanz” ums goldene Kalb beschäftigt, nachdem er sich der Mühe unterzogen hatte, die göttlichen

Gesetze auf dem Berg Sinai in Form der steinernen Tafeln zu empfangen. Als er dieser Untat ansichtig wurde „ergrimmte er mit Zorn und warf die Tafeln aus seiner Hand und zerbrach sie

unten am Berge”.

Dann aber schritt er unmittelbar zur Tat „nahm das Kalb, das sie gemacht hatten, und zerschmelzte es mit Feuer und zermalmte es zu Pulver und stäubte es aufs Wasser und gab es den

Kindern Israel zu trinken”. Zunächst einmal mussten dreitausend über die Klinge springen vom Volk Israel. Dann stieg er wieder hinauf zum Herrn, um zu versuchen, für die große Sünde

seines Volkes Vergebung zu erlangen. Es gelang nur, einen Aufschub zu erreichen, denn sie so davonkommen lassen, das wollte der Herr nicht.

Symptome von Aurum aus dem Vorangegangenen:

1. Vorwürfe gegen andere

2. Kritisiert

3. Neigung zum Widersprechen

4. Duldet keinen Widerspruch

5. Streitsüchtig

6. Wissbegierig

7. Raserei durch Widerspruch

8. In Eile bei seiner Beschäftigung, möchte mehrere Dinge auf einmal tun

9. Arbeitswut

10. Religiöser Fanatismus, Verlangen zu bereuen

11. Brutalität

12. Trägt Verantwortung

Allein an dieser Geschichte aus dem Alten Testament können wir schon den Geist-Gemütszustand von Menschen studieren, die der Goldproblematik anheim gefallen sind. Man kann

sich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese Goldkrankheit damals nicht so richtig ausgeheilt worden ist, vielleicht, weil die „geistartige Wirkung” dieser ersten Potenz noch nicht nachhaltig

genug wirken konnte. Denn unser Zeitalter lebt jedenfalls anhaltend im „Singe-Tanz ums Goldene Kalb”, das nur etwas ausgewachsener z.B. als Stier vor der Frankfurter Börse steht als

Symbol des Hochs der Aktienkurse.

Dort stehen auch die Wolkenkratzer der Banken-Schulden- und Konzern-Vermögens-Türme, wie überhaupt jetzt die Banken die Kirchtürme um ein Vielfaches überragen. Da das Geld als

synonym mit dem Gold anzusehen ist, werden wir auch viele Züge der Goldkrankheit bei den Geld-Leuten finden. Vor allem die Angst vor hoch gelegenen Orten, von denen sie sich

dann beim Abstürzen der Börsenkurse gleich mit hinabstürzen in selbstmörderischer Absicht.

Auch der Schuss aus der Pistole, das Ertränken, das Erhängen, das sich Überfahren lassen, der gewaltsame Tod durch Fahren gegen einen Brückenpfeiler sind die Taten des Gold-Kranken,

der keinen Weg aus der Pleite mehr sieht (Symptom: Verzweiflung, denkt alles sei verloren).

Auch eine Selbstmordszene ist der Versuch des Faust im ersten Akt des ersten Teils mit der Giftschale aus „Verzweiflung über seine miserable Existenz”, von welchem Vorhaben er durch

die Kirchenglocken und die Engelschöre des anbrechenden Ostersonntags abgehalten wird (Symptome: Religiöse Anwandlungen, Musik bessert)

Chor der Engel:

Christ ist erstanden!

Freude dem Sterblichen,

Den die verderblichen,

Schleichenden, erblichen

Mängel umwanden!

Faust:

Welch tiefes Summen, welch ein heller Ton Zieht mit Gewalt das Glas von meinem Munde?

Verkündiget ihr dumpfen Glocken schon des Osterfestes erste Feierstunde?

Ihr Chöre, singt ihr schon den tröstlichen Gesang, Der einst um Grabesnacht von Engelslippen klang,

Gewissheit einem neuen Bunde?

Chor der Engel:

Christ ist erstanden!

Selig der Liebende,

Der die betrübende,

Heilsam und übende

Prüfung bestanden!

Faust:

Was sucht ihr, mächtig und gelind,

Ihr Himmelstöne, mich am Staube?

Klingt dort umher, wo weiche Menschen sind!

Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube;

O tönet fort, ihr süssen Himmelslieder!

Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder.”

(Symptom: Weinen aus Verzweiflung)

Damit beendet Faust seine „Bekehrung zum Leben”, seine „Erweckung” aus der tiefsten Depression, deren der Mensch fähig ist, in der er Selbstmord verübt, wie einst Goethes Werther durch Erschießen

mit der Pistole seines Freundes.

Goethe heilte nach seinem eigenen Eingeständnis seine selbstmörderische Depression durch sein erstes Werk, nämlich den Werther, durch das er berühmt wurde, ohne dazu die Absicht gehabt zu haben.

Nach diesem Ausflug in die höheren Sphären, der sich seitenlang fortsetzen ließe -ich denke nur an die vielen Märchen, in denen es „ums Gold” geht, die voller Symptome von Gold-Patienten sind, und

die deshalb auch so heilsam sind für die von uns ererbten Fehlentwicklungen unserer Kinder-, wollen wir uns den Patienten zuwenden, die in unsere Praxis kommen. Sie sind keinesfalls alle depressiv und

Selbstmord gefährdet, wie es eine oberflächliche Homöopathie-Lehre gerne verkündet, sondern sie kommen mit ganz alltäglichen Problemen, von denen ich nun einige Beispiele bringen will. An diesen

Beispielen soll auch gezeigt werden, dass Aurum ein ganz alltägliches Mittel ist und nicht nur bei schweren Depressionen, tief sitzenden chronischen, dem „syphilitischen Miasma” zu gehörigen Krankheiten

hilfreich ist. Die Aurum-Krankheit hat verschiedene Stadien und gerade die Anfangsstadien übersehen wir, wenn wir die „ganz normale” Geist-Gemütssymptomatik derselben nicht erkennen und die

Patienten erst wahrnehmen, wenn sie dann an Kolitis operiert sind oder wegen der Anorexie oder der Migräne in der Psychiatrie  gelandet sind.

1. Fall:

(Fall deshalb, weil Aurum oft im wahrsten Sinne ein Fall ist, aus der Höhe der Gesundheit nämlich): 15-jähriges Mädchen leidet an Migräne mit einseitigen Kopfschmerzen. Sie ist im 10. Schuljahr und

ist die Beste in der Klasse. Gefragt nach ihrem Sinn für Verantwortung, berichtet ihre Mutter, dass sie sich sehr für ihre Mutter verantwortlich fühlt und sie nie gebeten hat, ihr beim Lernen zu helfen.

Sie macht alles alleine. Sogar wenn ihre Mutter ausgeht, macht sie alle Arbeit selbst und hilft zu Hause ihrer Mutter bei allen Arbeiten.

Bei den Kopfschmerzen will sie im dunklen Zimmer sein. Dann will sie auch mit niemandem reden und will alleine sein.

Symptome:

1. Möchte nicht angesprochen werden, möchte allein gelassen werden.

2. Verlangen nach Dunkelheit, liegt im Dunkeln und möchte nicht angesprochen werden.

Verordnung von einer Gabe Aurum metallicum C 30. Danach ist die Migräne nicht wieder aufgetreten.

Hier war auch ein Zug von Aurum, nämlich ein großes Verantwortungsgefühl. Solche Patienten können an den Folgen einer zu großen, ungewohnten Verantwortung erkranken, wenn sie z.B. durch

Beförderung im Beruf auf einen Posten gelangen, der plötzlich sehr viel mehr Verantwortung mit sich bringt, als sie gewöhnt waren. Da sie sehr ernsthafte (Aurum) Leute sind, gehen sie damit nicht mit

Leichtigkeit (Belladonna) um und werden dann krank.

Ein schönes Beispiel ist das Märchen vom „Hans im Glück”, das jeden „vernünftig” denkenden Menschen in Harnisch bringen kann:

Der trägt sein „Kapital” aus einer Arbeit von sieben Jahren (vermutlich bei 60-Stundenwoche ohne Urlaub und Feiertage, wie es unsere Staatslenker gerade wieder in ihrer unerforschlichen Weisheit

anstreben) in Form eines nicht leichten Klumpens Gold von der Größe eines Kopfes -der ungefähr einen Zentner wiegt (Verantwortung wiegt schwer!)- nach hause zu seiner Mutter (Heimweh, auch

ein Aurum-Symptom). Der Klumpen Gold ist ihm zu schwer, und er tauscht ihn und alle folgenden Artikel gegen immer wertlosere aber leichtere ein, und zum Schluss verliert er auch noch die letzte

„Illusion von Wert” -einen wertlosen Stein- und ist dann der glücklichste Mensch der Welt. Ihn beschwert nichts Irdisches mehr und er kann „in Frieden heimgehen” ins „Reich der Mütter”.

Was sagte der Mystiker Jakob Böhme: „Wer nicht stirbt eh’ erstirbt, der verdirbt, wenn er stirbt” aus dem Goethe dann die Abwandlung dichtete:

Wenn du das nicht hast, dieses Stirb und Werde, Bist du nur ein trüber Gast auf der dunklen Erde.

2. Fall:

Eine Patientin, 32 Jahre, litt an Anorexie (Magersucht), Brustschmerzen und Übersäuerung seit etwa 6 Wochen. „Herr Doktor, im Februar hatte ich Fieber und nahm allopathische Medizin.

Das Fieber hielt 21 Tage an, danach ging es weg. Danach verlor ich meinen Appetit. Jetzt (April) denke ich, was soll aus mir werden, wenn mein Appetit nicht wiederkommt. Bei jedem Essen

bekomme ich Magenschmerzen.” Gefragt, ob sie Medikamente dafür genommen hätte, sagte sie: „Ich habe das eine oder das andere genommen, aber es hat nichts geholfen.” „Warum haben

Sie sich entschlossen, nun hierher zu kommen?” Sie antwortete: „Ich habe Vertrauen in die Homöopathie, da viele meiner Verwandten in Ihre Praxis zur Behandlung kommen.”

Als sie ihre Geschichte vorbrachte, redete sie ununterbrochen und nahm keine Rücksicht auf die anderen Patienten, die auch auf ihren Termin warteten. Sie erzählte von allem möglichen und sprach

sehr angeregt. Man hatte das Gefühl, dass sie sich gerne reden hörte.

Symptome:

1. Nachdenklich, was aus ihr werden soll

2. Anorexia

3. Hat Gefallen an ihrem eigenen Gerede

4. Objektiv, vernünftig

Sie bekam deshalb Natrium muriaticum C6, eine Gabe. Danach trat Besserung ein, und es wurde bei deren Nachlassen noch einmal Natrium muriaticum C30 gegeben, später noch in C200, worauf sich

aber keine weitere Besserung einstellte.

Dann kam sie wieder. Sie saß ruhig da. Aufgefordert zu berichten sagte sie :„Was soll ich sagen?” Dabei zeigten ihre Lippen ein Lächeln, als sie erneut von der Appetitlosigkeit und den Brustbeschwerden

berichtete.

Der Geist-Gemütszustand hatte sich geändert und folgende Symptome konnten gefunden werden:

1. Antwortet in Fragen

2. Lächelt unwillkürlich beim Sprechen

Verordnung: Aurum metallicum C30 eine Gabe

Nach 10 Tagen erschien sie wieder und war so begeistert, dass sie beim Betreten der Praxis in die Worte ausbrach: „Alle herhören! Ich habe wieder Appetit!” Ihre Brustbeschwerden waren verschwunden.

Sie benötigte keine Medizin mehr und erschien gelegentlich in Begleitung anderer, um zu berichten, dass es ihr gut ginge.

3. Fall:

Eine Frau von 47 Jahren hatte schon längere Zeit eine Colitis ulcerosa mit blutig-schleimigen Stühlen. Ihr war eine Therapie mit Cortison und anderen Mitteln angeraten worden.

Aber sie wusste, dass man mit der Homöopathie auch anderen Kranken gut geholfen hatte, und so kam sie in die Sprechstunde.

„Was führt Sie her?” „Ja, was soll ich sagen? Ich habe da so eine Sache.” „Ja, was haben Sie da für eine Sache?” „Ja, wie soll ich es beschreiben? Es sind da so Blutspuren.” „?”

„Kann mir denn niemand helfen? Wie soll ich es denn sagen? Es ist halt so Blut im Stuhl seit einigen Monaten und Schleim.”

Dabei lachte sie immer etwas verlegen beim Sprechen oder hatte die ganze Zeit ein Lächeln auf den Lippen.

„Gibt es sonst noch etwas, was Ihnen Sorgen macht?” „Ja, wie kann ich es beschreiben?

Meine Tochter (18J.) ist ausgezogen und lebt mit ihrem Freund, der ist so ein Taugenichts.

Man hat doch eine Verantwortung, die ist doch noch so jung und in der Ausbildung. Darüber brüte ich oft in Gedanken, was daraus werden soll. Mit dem Auszug der Tochter hat alles angefangen.

Hängt das wohl damit zusammen?”

Symptome:

1. Antwortet in Fragen

2. Geheimnistuerisch

3. Lachen unwillkürlich beim Sprechen

4. Lächeln beim Sprechen

5. Verantwortungsvoll

6. Brüten in Gedanken

7. Wissbegierig

Sie bekam Aurum C6, eine Gabe. Danach besserten sich die blutigen und schleimigen Stühle. Als es nach 6 Wochen wieder schlechter wurde, bekam sie eine Gabe Aurum C30, nach einigen Monaten eine

weitere Gabe von Aurum C200. Danach verschwanden die krankhaften Stühle völlig. Sie konnte das Eigenleben Ihrer Tochter besser wegstecken und das eigentümliche Lachen machte einer natürlichen

Freundlichkeit Platz.

Zum Schluss muss ich noch von einem weiteren Märchen berichten, nämlich von „Die goldene Gans”: Da haben die beiden gescheiten und deshalb von der Mutter verwöhnten Söhne des Mannes etwas

Wichtiges im Leben vermissen lassen, nämlich Herzensgüte. Sie waren nicht bereit, ihr Mahl von Brot und Wein mit dem bittenden Männlein zu teilen (Hochmut) und erlitten dadurch Unglück.

Der unverdorbene „Dummling” (Zufrieden) aber hatte ein gutes Herz und gewann dadurch die „Goldene Gans”. Er selbst hatte kein Problem damit, aber alle, die aus Gier nach ihr griffen, blieben dann

an ihr hängen, und allen, die sich einmischten, ging es auch nicht besser.

Das ist so beim Gold-Geld, wenn man etwas davon hat, will man immer mehr, und alle bleiben daran hängen.

Margarete. ...

Nach Golde drängt,

Am Golde hängt

Doch alles. Ach wir Armen! (Faust 1, vielen als einziges Zitat daraus bekannt)

So hängen sie an der Goldenen Gans, wie wir am Fernseher, wenn die Lotto-Zahlen ausgespielt werden oder an der Morgenzeitung, um die Börsenkurse zu studieren. Das kommt uns gar nicht komisch vor,

und zum Lachen ist es auch nicht, eher zum Schwitzen.

Aber als ihn die unverdorbene Königstochter sah, den komischen Zug, da verlor sie ihre krankhafte Ernsthaftigkeit und lachte richtig schön los. Damit hatte sie der Dummling gewonnen, auch wenn er noch

zusätzlich einige Prüfungen bestehen musste. (Das ist eine alte Erfahrung, dass man Frauen nur zum Lachen bringen muss, schon hat man gewonnen!)

Dann wurde er König und war glücklich, weil er dem Golde nicht verfallen war infolge seines goldenen Herzens.

So müssen auch wir alle uns bemühen, ein reines, kindliches Herz zu gewinnen statt im Lotto, und nicht von Reichtümern möglichst ohne Mühe zu träumen (z.B. vom „Esel streck dich” eines Zinseszins

abwerfenden Kapitals), sondern von der gegenseitigen Hilfe mehr zu erhoffen als vom Darwinschen Kampf umsDasein.

Damit breche ich meine Rede vom Golde ab, denn es würde sonst eine „Unendliche Geschichte” werden, die in der Fassung von Michael Ende auch vom Gelde handelt und der Zeit, die dort auch schon

zum käuflichen Objekt gemacht wird, wie heute alles Gemeingut – Land, Wasser, Bodenschätze, Luft, der Himmel. Auch Gott hat man schon im Ablass gehandelt. Das alles wird im kollektiven

Wahnsinn enden und die Erde ein Tollhaus werden, wenn es so weiter geht. Sozusagen das Endstadium der Syphilis der Menschheit.

 

 

Vorwort/Suchen                                Zeichen/Abkürzungen                                   Impressum