Aurum sulphuratum Anhang = Au2S3

 

[Terje Wulfsberg]

Patienten, die eigentlich Aur-s. benötigen, wird meist Aur-met. Carc. Caust. Med. Ign.  Nux-v. oder - am häufigsten - Sulph. verordnet:

Beim Repertorisieren dieser Fälle, erscheint meist Sulphur an erster Stelle, danach Nux-v. und Aur-met.

Die meisten Autoren, wie Allen, Barthel, Boericke, Clarke, Mezger, Retzec, Schroyens, Vermeulen und Vithoulkas, beschreiben Aur-s.

Bei Kent erscheint Aur-s., gibt aber keine Formel an.

Vermeulen: Aur-s., das er mit Aur-s. abkürzt, obwohl seine Informationen von Kent zu stammen scheinen.

Vithoulkas: zitiert in seiner Materia Medica Viva, Band 3 (Vithoulkas, 1995), im Kapitel über Aur-s. Kent, der wie bereits erwähnt, Aur-sulphuricum besprochen hatte.

Ich gehe davon aus, dass Kent in seinen „New Remedies" in Wirklichkeit Aur-s. behandelt und die bestehende Verwechslung möglicherweise darauf

zurückzuführen ist, dass sein Buch nicht von ihm selbst geschrieben wurde, sondern eine Zusammenfassung von Notizen seiner Schüler ist (Information von Roger Morrison).

Sowohl Kents Final General Repertory als auch Synthesis Ausgabe 5.2 (und Ausgabe 7.1 - Anm. d. Übers.), Murphys Homeopathic Medical

Repertory und van Zandvoorts Complete Repertory nennen nur Aur-s.

[Jan Scholten]

Schreibt in Homeopathy and the Elements (Scholten, 1996): „Aurum sulphuricum wurde als homöopathisches Mittel noch nicht beschrieben. Seine chemische Formel lautet Au2(SO4)3.

Einige Informationen haben wir über Aur-s., (Au2S3).

[Lassauw (1993)]

War der Erste, der ausführlich über Aurum sulphuricum schrieb." Von meiner Apotheke hier in Norwegen wurde mir bestätigt, dass nur Aur-s. verfügbar ist.

Dies ist auch das Mittel, mit dem ich gearbeitet habe. Homeoden in Belgien führt beide Arzneimittel.

Aur-sulphuratum und Aurum sulphuricum. Nun habe ich folgende Fragen:

• Sind diese Mittel, da sie sich stark ähneln, beliebig austauschbar und wie ein und dasselbe Mittel verwendbar?

• Wenn nicht, wo liegen die Unterschiede?

• Und warum gibt es bei diesem Thema so viel Verwirrung?

• Haben wir hier die gleiche Situation wie bei Mercurius solubilis H. und Mercurius vivus?

An dieser Stelle möchte ich Kent in seiner Materia Medica zitieren: „Die Pathogenese von Quecksilber findet sich in den Prüfungen von Merc-v. und Merc.., zwei Zubereitungen, die sich nur geringfügig unterscheiden.

Allerdings ist der Unterschied nicht groß genug, um in der Praxis eine Differenzierung vorzunehmen."

Ich bin fest davon überzeugt, dass die Pathogenese von Aurum sulphuratum beiden Zubereitungen zu eigen ist, beide Mittel also austauschbar sind und wie ein und dasselbe Mittel verwendet

werden können.

Ich werte auch die zu diesem Thema bestehenden Verwechslungen und Verwirrungen als bestätigenden Hinweis für diesen Sachverhalt.

 

Der offene Typ isst lebenslustig, sozial aktiv, ziemlich extrovertiert, impulsiv und es fällt leicht, mit ihm umzugehen.

Die Ähnlichkeit mit Sulphur ist recht auffallend. So haben Aurum sulphuratum-Menschen intensive Gefühle, sie sind sehr lebendig und leidenschaftlich. Sie können zu Hause durchaus auch über

sich selbst und ihre Fehler lachen, aber nicht über so  wichtige Dinge, wie ihre Arbeit. Aufgrund ihrer ruhelosen Natur haben sie das Bedürfnis nach Veränderung und Reisen (Aur-met.).

 

Der zurückhaltende Typ ist viel weniger impulsiv, er ist reservierter und kontrollierter. Er versucht, seine Gefühle zu beherrschen und unterscheidet sich dadurch vom offeneren Typ, der Gefühle mehr ins Spiel bringt. Jemand der Aur-s. benötigt, ist im Allgemeinen diktatorisch - eine Eigenschaft, die beim offenen

Typ deutlicher zu beobachten ist – und Überblick möchte, dass alles nach seinem Kopf geht. Der zurückhaltende Typ hat weniger Selbstvertrauen und zeigt bisweilen auch eine nachgiebige Seite, die dann zu Tage tritt, wenn diese Menschen die Anerkennung anderer gewinnen müssen.

Das Bild, das Vithoulkas in seiner Materia Medica Viva, Bd. 3 von Aur-s. entwickelt, scheint mehr dem weniger sensiblen, dem verschlossenen und zurückhaltenden Typ zu entsprechen.

 

Stufen der Empfindsamkeit

Wie bei Sulphur, scheint es auch bei Aur-s. verschiedene Stufen der Sensibilität zu geben. Der Typ, der mir am häufigsten begegnet ist, ist im Ganzen feinfühliger und auch sehr empfindlich gegenüber Ungerechtigkeit. Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich vor allem auf diese Art von Patienten.

Daneben gibt es noch den anderen Typ der tendenziell härter und verschlossener ist.

Er neigt bisweilen zu Hinterhältigkeit, und hin und wieder kann auch eine Spur Böswilligkeit ins Spiel kommen.

Er ist nachtragend und birgt mehr unterdrückten Zorn in sich. Die Empfindsamkeit gegenüber Unrecht ist bei diesem weniger sensiblen Typ häufig nicht so ausgeprägt. Er wird auch nicht so sehr von Schuldgefühlen geplagt. Dieser Typus ist sehr leicht mit Medorrhinum und manchmal auch mit Anacardium zu verwechseln.

Der sensiblere Typ scheint also offener und extrovertierter, der weniger sensible Typ verschlossener zu sein.

 

Das Aurum-Element

Ehrgeiz, Stolz, Erregung, Schuld und Selbstvorwürfe

Das Aurum-Element ist verantwortlich für den Ehrgeiz, Stolz, Perfektionismus und für die Neigung, sich hohe Ziele zu setzen und Misserfolge nicht ertragen zu können.

Da bei Aurum Schuldgefühle häufig anzutreffen sind, denken auch Aur-s. sehr schnell, es sei ihr Fehler, wenn etwas schief geht. Dieser Hang zu Selbstvorwürfen lässt sie schnell ein schlechtes Gewissen und Schuldgefühle entwickeln, sodass es Aur-s. anderen bisweilen leicht fällt, sie auszunutzen oder zu manipulieren.

Aur-s.-Menschen fühlen sich schuldig, wenn sie es ablehnen, eine Arbeit zu übernehmen oder andere n einen Gefallen zu tun. Obwohl

bei Aur-m-n. stärker ausgeprägt, sind diese Schuldgefühle auch beim sensiblen Typ von Aur-s. zu finden. Wenn Aur-s. depressiv ist empfinden sie oft Selbstmitleid (Aur-m-n.).

Interessant ist, dass Menschen, die ein Aurum-Salz benötigen gerne Outdoor-Sportarten, wie Berg- oder Eisklettern, Fallschirmspringen, oder Tauchen betreiben. Diese risikoreichen Aktivitäten verschaffen ihnen Aufregung und das Gefühl, etwas vollbracht zu haben. Sie stillen ihr Verlangen nach ‚Action' und Spannung.

Und solche Leistungen bringen ihnen darüber hinaus auch das Gefühl, geliebt und anerkannt zu sein, weil andere sie bewundern und respektieren. Sich Spannung und Aufregung auszusetzen, scheint außerdem auch eine Möglichkeit der Flucht zu bieten, einer Flucht vor sich selbst und dem eigenen inneren Aufruhr und Leid.

Aur-s. ist ehrgeizig und wollen hoch hinaus. Sie wollen „nach oben", sowohl körperlich als auch geistig. Wenn sie einen Gipfel erreicht haben, geht es ihnen gut, sie fühlen sich „ganz oben" - auch emotional. Das Aurum-Element trägt dazu bei, dass Aur-s. sehr eifrig sind, und effizient sein möchten. Ist diese sehr stark entwickelt, kann dieses Mittel leicht mit Nux vomica verwechselt werden (siehe Aurum sulphuratum, Erwachsene, Fall 1, Seite 191).

Um besonders effizient zu sein, versuchen diese Leute, mehrere Dinge auf einmal zu tun. Ein Patient beschrieb das einmal so: „Ich putze mir die Zähne, während ich aufwische, und gleichzeitig gebe ich meinen Kindern Anweisungen!"

 

Angst vor Versagen

Arbeit, Leistung, Erfolg und insbesondere Anerkennung sind zentrale Themen für eine Aur-s.-Persönlichkeit. Jemand, der sehr stark auf diese Aspekte fixiert ist und große Angst vor dem Versagen hat, leidet oft unter der Vorstellung, dass alles was er unternimmt, scheitern muss.

Aur-s. steht daher unter Erwartungsspannung und haben große Angst vor jeder Situation, die sie fordern, bzw. überfordern könnte. Ihre Versagensangst zeigt sich dann, wenn sie eine Leistung Überblick erbringen sollen. Perfektionismus und übertriebene Anforderungen an sich selbst sind grundlegende Charakterzüge bei Menschen, die Aurum sulphuratum benötigen. Diese Eigenschaften wurden in beinahe allen Fällen bestätigt und finden in der Formulierung „Ich will dauernd oben sein" einen passenden Ausdruck.

Indem man seine Arbeit und die Dinge, die einem wichtig erscheinen, perfekt ausführt, erhofft und erwartet man Lob und Anerkennung. Die Wahnidee, seine Pflichten vernachlässigt zu haben, ist sowohl bei Aur-met. als auch bei Aurum sulphuratum zu finden. Einige denken viel über all die Pflichten und Arbeiten nach, von denen sie glauben, sie hätten getan werden müssen, oder sie entwickeln - ganz im Gegenteil - aus Faulheit eine Abneigung gegenüber jeglicher Verpflichtung.

 

Das Sulphur-Element

Verlangt Zuneigung, Lob und Aufmerksamkeit

Besonders beim offenen Typ scheint das Sulphur-Element einen Teil der Schwere der Aurum-Pathologie sowohl auf emotionaler als auch auf physischer Ebene aufzuwiegen.

[Jan Scholten (Scholten, 1993] eines der Sulphur-Konzepte Liebe (Zuneigung) ist. So haben Aur-s.-Menschen, besonders des offeneren, sensibleren Typs, ein sehr großes Bedürfnis danach, geliebt

zu werden, und sie versuchen somit aktiv, diese Zuneigung bei anderen auszulösen. Um ihr Ziel zu erreichen, wenden sie verschiedenartige Strategien an. Besonders die Frauen flirten gerne und sie können, wie Jan Scholten betont, sehr verführerisch sein.

Aur-s.-Menschen sind eitel. Kleidung und Aussehen beschäftigen sie sehr (Sulphur). Sie genießen es, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen und brauchen viel Lob und Zustimmung.

In Wirklichkeit erleben sie eine Art Pseudo-Liebe (Bailey, 1950), was sie sehr verwundbar macht. Und so bleiben Frustrationen und Enttäuschungen, besonders in der Beziehung zum Partner nicht aus. Denn hinter ihrem übermäßigen Bedürfnis nach Zuneigung, steht das Gefühl, nicht geschätzt und geliebt zu werden. Menschen, die ein Mittel mit einer Sulphur-Komponente benötigen sagen manchmal Dinge wie: „Keiner versteht mich, alle sind ungerecht zu mir." (Aur-s., Calc-s. Mag-s.).

Wie oben erwähnt, hat das Mittel Sulphur mit Liebe (Zuneigung) zu tun und somit auch mit dem Thema Partnerschaft. Wiederholt konnte ich Jan Scholtens Beobachtung bestätigen, dass Menschen, die Sulphur-Mittel benötigen, ein schwieriges Liebesleben haben. Manchmal gibt es auch ein physisches Problem, das ihnen die Ausübung des sexuellen Akts erschwert (siehe Aur-s., Erwachsene, Fall 4, Seite 205). Da das Bedürfnis nach Liebe bei Aur-s. überdurchschnittlich groß ist, flirten sie gern und ziehen durch ihr Äußeres und ihr Verhalten Bewunderer an, von denen sie am liebsten gleich mehrere zur Hand haben - eine Situation, die der Partner natürlich nicht toleriert. Aurum sulphuratum brauchen von ihre m Partner häufigere und stärkere Liebesbeweise, als dieser zu geben imstande ist. So erhalten sie leicht den Eindruck, dass ihr Partner ihnen nicht genügend Aufmerksamkeit und Zuneigung entgegenbringt. In der Folge entstehen Eifersuchtsgefühle und Unzufriedenheit mit ihm. Dieser Hang zur Nörgelei am Partner, die Tendenz sich durch ihn schnell gelangweilt zu fühlen, kann bei diesen Menschen sehr stark werden;

 

Bedürfnis nach Anerkennung

Sulphur neigt dazu, Luftschlösser zu bauen. Auch Menschen, die Aurum sulphuratum benötigen, haben viele Pläne und Ideen für jede Menge Projekte und Aufgaben, die sie übernehmen wollen (Synthesis, S. 137, Gemüt - Pläne - macht, schmiedet viele Pläne). Ihr Hauptmotiv dabei ist, etwas zu schaffen, das ihnen Ruhm, Zustimmung und Anerkennung verleiht. Um Anerkennung von anderen zu erhalten, nehmen sie durchaus große Anstrengungen auf sich.

So beschloss eine 18-jährige Norwegerin, alleine nach Bali zu gehen, um, wie sie es ausdrückte, „etwas Außerordentliches zu tun, etwas, das auffällt".

Ein neun Jahre altes Mädchen wollte eine Hauptrolle in einem Film bekommen, um berühmt zu werden (Synthesis, S. 42 Gemüt - Ehrgeiz - Ruhm, nach).

Dieses Mädchen wurde mit Aur-s. von Epilepsie geheilt. Ein  charakteristisches Merkmal ihrer epileptischen Anfälle war unbewusstes Kopfnicken zwischen den Attacken.

Ein Zitat von einem anderen Patienten: „Ich bin sehr empfänglich für Lob und Schmeichelei. Ich will möglichst viel davon und möglichst die Überblick ganze Zeit."

Ein weiterer Patient: „Ich bin etwas Besonderes, ich bin einzigartig. Ich wollte immer groß und bedeutend werden." Dieses Bedürfnis nach Anerkennung lässt Aur-s. häufig öffentlichkeitswirksame Positionen anstreben, Positionen, in denen sie groß herauskommen. Sie verfolgen eine Karriere als Schauspieler, Hochleistungssportler oder Entertainer. Das große Verlangen zu gewinnen – der Erste, und der Beste zu sein - ist eine logische Folge aus diesem Sachverhalt.

 

Faul oder fleißig - auf jeden Fall unabhängig

Das Sulphur-Element steht für die Faulheit und die Neigung, Dinge vor sich herzuschieben. Aur-s.-Menschen arbeiten häufig anfallsweise. Faulheit und Fleiß wechseln sich ab. Sie sind durchaus fähig und können hart arbeiten, dann aber gibt es Perioden, in denen sie phlegmatisch sind. Diese Veranlagung wird allerdings in manchen Fällen unterdrückt (Synthesis, S. 58 Gemüt - Faulheit gefolgt von Arbeitswut; Aur-s. als einziges Mittel). In trägen Perioden lassen verwahrlosen Aur-s. ihre Umgebung häufig (Sulphur). Wenn sie dann aber Ordnung schaffen, tun sie dies meist sehr gründlich und gewissenhaft.

Beide Typen sind unabhängig und gehen lieber ihre eigenen Wege. Wenn sie sich selbst beschreiben, sagen sie: „Es muss alles so sein, wie ich es will" (siehe Aur-s., Erwachsene, Fall 1, Seite 191).

Mit ihrer „Ich-hab-immer-Recht-Haltung" fällt es ihnen schwer, Fehler einzugestehen, und sie ertragen es kaum, wenn die Dinge nicht nach ihrem Kopf gehen.

 

Ängste

Entsprechend dem Sulphur-Anteil, haben Aur-s.-Menschen auch eine sehr lebhafte Einbildungskraft, die ebenfalls Angst um andere, Furcht vor Dunkelheit und vor Geistern oder Ähnliches hervorrufen kann.

 

Die harte Fassade

Auch bei Aur-s. kann man die Fassade des abgebrühten Machos beobachten. Ich habe oft Äußerungen wie diese gehört: „Nach außen hin sehe ich vielleicht hart aus, aber eigentlich bin ich sehr sensibel. Ich habe mir ein Image zugelegt, Schwächen gebe ich nicht gerne zu" (Aur-m-n.).

Um ihr Image aufzupolieren, können sich Aur-s.-Kinder zu richtig kleinen Angebern entwickeln.

Erwachsene neigen dazu, Sachverhalte zu übertreiben und zu dramatisieren (siehe Aur-s., Erwachsene, Fall 2, Seite 195). Manchmal

legen sie sich auch ein „starkes" Image zu und demonstrieren dies schon nach außen: Sie trainieren sich mit Body-Building, Boxen oder Karate dicke Muskeln und breite Schultern an. (Dies findet man auch bei Menschen, die Aur-m-n. benötigen.) Zu diesem starken Image gehört es außerdem bei  manchen, über ernste Dinge einfach zu

lachen. Beim harten und verschlossenen Typ ist dieses taffe Verhalten stärker ausgeprägt.

 

 

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