Belladonna Anhang

 

[Vithoulkas]

Die essentiellen Merkmale. Wenn der Arzt deutlich einsieht, »was an den Arzneien, das ist, an jeder Arznei insbesondere, das Heilende ist«, wie Hahnemann uns in § 3 des Organon einschärft, dann wird er sich nicht

länger einen engen Begriff von unseren homöopathischen Mitteln machen. Vielmehr wird, wer dies »Heilende«, die Essenz eines Mittels versteht, das Feld seiner Anwendungsmöglichkeiten in voller Breite erkennen können.

Mit der häufig stattfindenden Einstufung unserer Arzneien als akut o. >konstitutionelle< Mittel werden künstliche Grenzen gezogen, die in der Homöopathie in Wahrheit nicht existieren.

So wird Bell. im Allgemeinen als Akutmittel angesehen, zählt aber, wie ich aus meiner persönlichen Praxis weiß, auch bei chronischen Zuständen zu den am häufigsten benötigten Polychresten.

Bell. zeichnet sich durch hochgradige Intensität und Lebhaftigkeit aus. Wie der Patient selbst, so beeindrucken auch die Krankheitsverläufe bei diesem Mittel durch die enorme Energie,

die sich in ihnen ausdrückt. Bell. kann Pathologien produzieren, die zu den außergewöhnlichsten und exzessivsten unserer gesamten Materia Medica zählen; HeftigKEIT und GewaltSAM kennzeichnen, wie es scheint, den

Verlauf der pathologischen Prozesse. Entsprechend strahlt Bell. konstitutionell im Allgemeinen Vitalität, Kraft und Intensität aus. Sie scheinen

über ein hohes Maß an gut ausbalancierter Lebensenergie zu verfügen. Bei erschöpften und apathischen Menschen wird das Mittel kaum von Nutzen sein; vielmehr sieht Bell. zumeist

ganz gesund und robust aus. Es scheint sich in der Regel um Menschen zu handeln, bei denen keine tiefgreifende miasmatische Krankheit vorliegt und bei denen sich nicht eine Vielzahl von

Krankheitsschichten herausgebildet hat. Und so entwickeln sie in den ersten Stadien der Pathologie auch häufig nur wenige geistige und emotionale Symptome. Zudem tritt bei ihnen fast

durchweg nach der Einnahme des Mittels eine deutliche Erstverschlimmerung ein, und im Allgemeinen ist keine intensive Langzeitbehandlung erforderlich.

Plötzlichkeit von Bell. wird betont. Es ist sicherlich richtig, dass akute Beschwerden bei diesem Mittel eine solche plötzliche Qualität haben, und auch für bestimmte Krisen bei

chronischen Erkrankungen mag dies zutreffen; in typischen chronischen Belladonna-Fällen wird man jedoch sehr häufig eher eine langsame und stetige Intensivierung der Symptome

antreffen, die sich über Jahre erstreckt. Und so ist es nichts Ungewöhnliches, wenn Bell. etwa Folgendes berichtet:

zunächst recht harmloser Beginn der Beschwerden, dann stetige Verschlimmerung, bis sie in der letzten Zeit (z. B. im Verlauf des letzten Jahres) ganz unerträglich geworden sind, so

dass der Betreffende sich nun gezwungen sieht, sich in Behandlung zu begeben.

Die Pathologie eines konstitutionellen Belladonna-Patienten beschränkt sich im Allgemeinen auf die physische Ebene - im Gegensatz zu den Krankheitsverläufen, wie von anderen Mitteln

bekannt:

denn normalerweise entwickeln unsere Patienten zunächst zwar lediglich körperliche Symptome, wenn aber Stress o. unterdrückende Therapien hinzukommen, dringt die Krankheit auf

tiefere, zentralere Ebenen des Organismus vor, in den Bereich von Geist, Gemüt und Emotionen, so dass wir in den meisten Fällen eine Mischung von physischen und psychischen Symptomen antreffen.

Belladonna-Konstitutionen hingegen scheinen die Pathologie im Allgemeinen auf der Ebene einer spezifischen körperlichen Störung sozusagen in Quarantäne zu halten und eine Ansteckung = Metastisierung tieferer Ebenen

zu vermeiden, was möglicherweise ihrer relativ starken Vitalität zuzuschreiben ist.

Entsprechend liest sich ihre Krankheitsgeschichte meist als eine fortschreitende Intensivierung der physischen Störung, wobei kaum Beeinträchtigungen auf der geistigen o. emotionalen Ebene festzustellen sind. Typisch ist beispielsweise, dass ein Patient von anfangs selten auftretender und eher leichter Migräne berichtet, die während der vergangenen 2 Jahre immer häufiger

geworden ist und nun bereits mehrmals pro Woche auftritt  und das so heftig, dass der Schmerz ihn fast wahnsinnig macht.

Wie aus diesen Ausführungen ersichtlich, finden Diagnose und Verschreibung bei Bell. im Allgemeinen aufgrund körperlicher Beschwerden statt. Das heißt aber nicht, dass es bei

diesem Mittel keine charakteristische Persönlichkeitsstruktur gäbe.

Die äußere Erscheinung

Belladonna-Patienten sehen im Allg. recht vital und eher plethorisch aus. Oft sind sie rot im Gesicht, die Augen leuchten.

Schlaf ist aufschlussreich, verläuft häufig mit der gleichen Intensität, die das Mittel insgesamt prägt. Viele Patienten reden laut im Schlaf o. zanken sich gar

(»redet zänkisch im Schlafe«, Hahnemann). Schlafend beichten sie auf die lebhafteste Weise, was sie tagsüber gemacht haben. Zähneknirschen, Singen, Stöhnen, Ächzen im Schlaf sind nichts Ungewöhnliches; dreht sich unruhig im Bett herum und streckt sich; manchmal scheint er eine Art Wutanfall zu bekommen und tritt nach einem Mitschläfer. Generell erzählen die Leute,

die mit einem Belladonna-Patienten das Bett teilen, von ungeheurem Aktivität im Schlaf zu erzählen. Schlafwandeln.

Manchmal findet er die ganze Nacht keinen Schlaf, schreckt beim geringsten Geräusch auf, seine Haut brennt, hat Verstopfung und Kopfschmerz.

Kinder

Das Belladonna-Kind ist, wie nach dem Vorangegangenen nicht anders zu erwarten, energiegeladen und sprudelt über vor Lebendigkeit; unruhig, mit roten Wangen, heißer Haut/funkelnden Augen.

Es springt die ganze Zeit herum, klettert über Tische und Bänke und bleibt auch im Sprechzimmer nicht auf seinem Platz sitzen.

Belladonna -Kinder sind außerordentlich lebhaft, phantasievoll und empfänglich für Eindrücke aller Art. Und was immer sie tagsüber erleben, sie scheinen es im Schlaf noch einmal durchzumachen. Von den Eltern erfährt man, wie unruhig ihre Kinder schlafen: Reden o. Schreien im Schlaf, Aufstehen und Schlafwandeln.

Bettnässer, die nur schwer aus dem Schlaf zu wecken sind; Bettnässen, dass nach dem Genuss von Zucker o. Süßigkeiten auftreten kann.

Häufig wird man in der Vorgeschichte eine Neigung zu Krämpfen bei hohem Fieber finden.

Bell. ist ein aggressives Kind, das sich mit anderen rauft, dabei aber nicht wirklich boshaft wie Stram.

Bei Bauchschmerzen, wenn das Kind alles erbricht, was es gegessen hat, kann ein Belladonna-Kind heftigen Durst bekommen; große Erschöpfung. > flach auf den Bauch liegend.

Hirnhautentzündung: wird ganz wild, ist völlig außer sich; die Aggressionen steigern sich ins Unermessliche, schlägt die Umstehenden, verzieht sein Gesicht zu

schrecklichen Grimassen, verdreht die Glieder und ist extrem unruhig.

Redet im Delirium wie ein Wasserfall und lacht oft und heftig; erkennt eigene Eltern nicht. Die Krämpfe können so schlimm sein, dass das Kind von einer plötzlichen Konvulsion aus dem Bett

geworfen wird. Wenn es bei solchen Krampfanfällen bewusstlos geworden ist, bohrt es den Zeigefinger manchmal so hart und mit solcher Gewalt in die Nase, dass es ein Loch gibt;

Bei dem Versuch seine Hand zu fassen, um es davon abzuhalten, sich weitere Verletzungen zuzufügen, so löst man damit einen neuen schweren Krampfanfall aus.

Kent schreibt dazu: »Bei Belladonna verbleibt das Kind oft in tiefem Stupor  jenem Stupor, der so oft Hirnkongestionen begleitet; Pupillen erweitert, die Haut ist heiß und trocken, das

Gesicht ist rot und die Karotiden klopfen. Wenn der Stupor fortschreitet, wird das Kind schließlich blass, und da nun auch Hirnbasis und Wirbelsäule in Mitleidenschaft gezogen werden, kontrahieren sich die Halsmuskeln und ziehen den Kopf nach hinten; das Kind rollt den Kopf hin und her; starrer Blick bei erweiterten Pupillen.

Diese Art von Geisteszustand kann bei Scharlach und bei zerebrospinaler Meningitis auftreten.«

Zu den Belladonna-Krämpfen bei Kindern sagt Kent: »Können durch Licht ausgelöst werden, durch kalte Zugluft o. durch Verkühlung. Nervöse, aufgeweckte (»brainy«) Kinder, mit großen

Köpfen ...

Belladonna ist eines unserer ähnlichsten Mittel zu jener furchtbaren, gerade junge Menschen befallenden Krankheit, die als Gillesde-la-Tourette-Syndrom bekannt ist. Kinder, die an dieser Krankheit leiden, schneiden fürchterliche Grimassen, haben starke Tics in den Gesichtsmuskeln; sie sind so unruhig, dass sie nicht einmal ein paar Sekunden lang stillsitzen können; aus der

Nase und dem Kehlkopfkommen schreckliche Laute: Bellen, Räuspern, Husten, Stöhnen, Schnaufen, Schmatzen. Sie machen einen zurückgebliebenen Eindruck und wirken äußerst impulsiv:

Mal verhalten sie sich destruktiv, dann sind sie wieder lieb und brav. Sie scheinen einfach alles zu tun, was ihnen gerade in den Sinn kommt.

Selbst bei erwachsenen Belladonna-Patienten scheint Weinen eine lindernde Wirkung zu haben. Belladonna kann angezeigt sein, wenn Kinder (schon Säuglinge) sehr weinerlich sind, aber

nicht getröstet werden wollen; < Trost. Weinen einfach um des Weinens willen, und das scheint ihnen gut zu tun. Und wenn das merkwürdige Symptom auftritt, dass es dem

Kind generell besser geht, wenn es den Finger in die Nase, die Ohren o. auch in die Wangen bohrt, dann sollte dies als besonders auf Belladonna hinweisend gewertet werden.

Dreiwertig »Auffahren aus dem Schlaf«.

Erwacht voll Erschrecken und Furcht nachts. Abends öfters Aufschrecken aus dem Schlafe einschlafend;

die Füße zuckten aufwärts und der Kopf vorwärts.

Sie erschrak in ansonsten ruhigem Schlaf, als wenn sie tief fiele, wobei sie heftig zusammenfuhr.

Träume: Schlachten/Feuergefahr/Fliegen/Fallen/von Riesen verfolgt/erschossen zu werden/Wasserlassen/Mördern und Räubern. Fürchterliche visionäre Träume. Angst- und Schreckträume.

Frost, Fieber, Schweiß

Eiskalte, kaum zu erwärmende Füße.

Frost beim Ausziehen der Kleider; abends.

Ungewöhnlicher Frost nach dem Baden.

Ein heftiger Frost packt sie im Rücken o. in der Magengrube o. an beiden Armen zugleich und verbreitet sich von da über den ganzen Körper.

Frost, vom Kreuzbein ausgehend; läuft den Rücken herauf und an den Schenkeln wieder herab.

Warme Getränke und warme Speisen < Frost. Frost bei Regenwetter, durch Sonnenhitze, durch Nasswerden. Bösartiger Frost mit rotem Gesicht, Delirium und berstendem

Kopfschmerz, blassem Gesicht beim Niederlegen, rotem Gesicht beim Aufsetzen.

Schweiß nach dem Frost.

Schüttelfrost: mit Hitze des Kopfes; während des Stuhlgangs.

Frost bei heißem Sommerwetter. Frost besser durch äußere Wärme.

Fieber: Überlaufendes Frösteln am ganzen Körper  vier Stunden danach Hitzegefühl und Hitze (Gesicht).

Brennende Hitze nachmittags; abends; nachts. Brennende Hitze # Frösteln.

Starke Hitze, aufgetriebene Adern, unersättlicher Durst, dabei Angst und Zittern.

»Brennende Hitze des Körpers mit hochaufgetriebenen Adern der Haut mit Wut.« (Hahnemann)

Fieber: innere brennende Hitze, bei äußerer Kälte.

Brennende Hitze innerlich wie äußerlich; der Körper brennend heiß, wie Feuer.

Intensive Fieberhitze in Kopf und Gesicht, Körper kalt.

Hitze und Pulsieren im Kopf, mit Brennen der Augen. Hitze und Röte nur des Kopfes.

Kopf und Gesicht heiß, letzteres etwas aufgedunsen. Kopf heiß, Gesicht gerötet, Augen hervorgetrieben, Pupillen erweitert,

Blick stier.

Fieber mit intensiver Hitze und Krämpfen.

Sehr große Hitze über und über mit Delirien.

Fieber ohne Froststadium: nachmittags; abends; nachts.

Zahnungsfieber. Scharlachfieber. Entzündungsfieber. Remittierendes Fieber: nachmittags, abends; bei Kindern.

»Mehrere Fieber-Anfälle in einem Tage, wo die Hitze dem Froste schon nach einigen Minuten bis nach einer halben Stunde nachfolgte, stets ohne Durst in Froste und Hitze und meist mit Eingenommenheit des Kopfes.« (Hahnemann)

Fieber in der Sonnenhitze.

Die Haut ist heiß, trocken, scharlachartig gerötet, besonders im Gesicht und an den Ohren.

Die Hauttemperatur ist erhöht, das Gesicht gerötet, der Puls beschleunigt, dabei Irrereden und Herumwanken, wie berauscht.

Schweiß nur an bedeckten Körperteilen; nur an unbedeckten Körperteilen. Schweiß, der an den Füßen beginnt und bis ins Gesicht steigt.

Starker Nachtschweiß. Jede Nacht heftiger Schweiß.

Plötzlich überlaufender, allgemeiner und ebenso schnell verschwindender Schweiß.

Bell. kann Krämpfe o. Konvulsionen auslösen (Fieberkrämpfe). Die rechte Körperseite ist oft der Sitz der Krämpfe (Beginn im r. Arm).

Haut

Belladonna kann sehr empfindliche Haut haben, die leicht wund und rot wird. Besonders empfindlich ist sie gegen Sonne; direktes Sonnenlicht kann große Schmerzen auf der Haut bewirken. Ausschläge können im Sonnenlicht erheblich schlimmer werden; (ausgeprägter als bei Nat-m.).

Es kann auch eine Neigung zu einer Art von Kontaktdermatitis bestehen. Häufig reagiert der Patient empfindlich auf Seifen und Reinigungsmittel, Waschen erzeugt Hautreizungen.

 

[N.M. Choudhuri]

• Prince of congestion remedies (head, chest, uterus, joints, skin, in any part of our organism, with vehemence and its suddenness).

• Suddenness and violence characterize all symptoms; lightening like rapidity.

• Exalted sensibility of all the organs; senses are more acute; exceedingly sensitive to touch; least jar, noise, shaking make them distinctly worse.

• Intolerance of light; patient sits in a dark, quiet room with all the doors and windows closed.

• Indicated when inflammation is sure to set in or first stage of inflammation, with pain, redness, oedema and heat which imparts a burning sensation to the examining hand.

» Hemorrhagic remedy; bright red.

• Tendency to catch cold; least draught or breeze is felt by them.

• Irritability; averse to noise and company; prefers solitude.

• Rush of blood to brain so intense that patient turns delirious; delirium may be of a fierce form, gnashes teeth, strikes and bites everyone; resembles hydrophobia.

• Fears imaginary things; sees ghosts, hideous faces, monsters, black dogs and various insects.

• Moaning, confused muttering.

• Desire to escape and hide.

• Dreams of falling; robbers; fire; murders; and tries to get away from them.

• Convulsions in robust, corpulent children with cerebral congestion.

• Headache; right side; throbbing in nature; preliminary stage of apoplexy.

• Strawberry tongue.

• Throat troubles with pain; entire inability to swallow.

• Inflammatory affections of the stomach and abdomen like gastritis, gastralgia and peritonitis; great distention of the abdomen; transverse colon protrudes like a pad across the abdomen.

• Thin, greenish, bloody orpapescent white dysentery.

• Inflammatory condition of kidneys and bladder.

• Retention of urine due to paralysis of the walls of the bladder and involuntary micturition due to paralysis of sphincter muscles.

• Heat and dryness of vagina; metritis with marked tympanites.

• Bearing down sensation in women, better standing; < lying down.

• In parturition when labor pains are deficient, ineffectual and spasmodic.

• In fever with great burning during the heat stage; sensation of steaming vapor.

• Capital remedy in boils, absesses and carbuncles; in the stage of erythema with uniform, smooth and glossy appearance of skin.

 

 

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