Euphausia superba = Krill
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Umwelt
Das unterschätzte Tier
Krill ist mehr als was der Wal frisst
Der Antarktische Krill ist nicht bloß leichte Beute für Wale: Er hält das Leben im Südpolarmeer in Schwung und überzeugt mit beispielhafter Anpassung.
Rund 80 Jahre lang schenkten Fischer und Forscher dem Antarktischen Krill (Euphausia superba) nicht um seiner selbst Willen Aufmerksamkeit. Sie widmeten sich den Schwärmen aus Kleinkrebsen nur, weil diese Walen als Nahrung dienen. Die Idee war simpel: Man wollte die Verhaltensweisen der Meeressäuger-Leibspeise erforschen, um so indirekt das Leben der heiß begehrten Tran- und Fleischquellen kennenzulernen. So erstaunt auch ihr Name nicht:
Das Wort "Krill" ist norwegischen Ursprungs und bedeutet soviel wie "was der Wal frisst".
Also einfach nur Walfutter. Als ob das die einzige Leistung des Krills wäre. Zumal kein Wal von ein paar der rund zwei Gramm leichten Krebschen satt werden würde. Nur in Massen liefern sie genug Protein.
Zugegeben, die Krillschwärme sind der Knotenpunkt im Nahrungsnetz der südpolaren Gewässer. Zahlreiche Robben-, Fisch- und Vogelarten sind nahezu völlig von ihnen abhängig. Gleichzeitig ernähren sich die Weidetiere selbst
äußerst energieeffizient von anderen Planktonorganismen und halten so das Ökosystem in den kalten Fluten der Antarktis am Laufen.
Ihr gesamtes Dasein lang schwimmen die Tiere dafür um ihr Leben. Stünden die Kleinkrebse still, würden sie auf den Boden sinken. Mit bis zu neun Metern pro Minute rasen die Leuchtgarnelen mitunter blau glühend durch die eisigen Fluten. Zum Vergleich: Ein 30 Meter großer Wal schwimmt im Schnitt fünf bis sieben Kilometer pro Stunde. Und wenn die Wirbellosen vor Fressfeinden im Rückwärtsgang fliehen, legen sie bei Höchstleistungen sogar 60 Zentimeter
pro Sekunde zurück – was dennoch nicht unbedingt von Erfolg gekrönt ist, wenn man bedenkt, dass die Mundhöhle eines Blauwals gut sechs Meter lang und sein Magen für bis zu zwei Tonnen Krill ausgelegt ist.
Weltweit gibt es insgesamt 85 Krill-Arten. Der Antarktische Krill (Euphausia superba) ist die wohl bekannteste. Die Leuchtgarnelen werden bis zu 68 Millimeter groß und gehören zu den Krebstieren. Sie leben in den Gewässern um
die Antarktis, dem Südlichen Ozean. Pro Kubikmeter Wasser können sich dort 10.000 bis 30.000 der wirbellosen Geschöpfe tummeln.
Fressen Mikroalgen und Zooplankton, wie Ruderfußkrebse. Seine Nahrung filtert Euphausia superba zum einen aus dem Wasser, zum anderen weidet er an der Unterseite des Meereises und frisst am Meeresboden in bis zu 1000 Metern Tiefe.
Letztendlich ist es zum einen die Existenz in der Gruppe, die die wuseligen Winzlinge stark macht. Ein Krill kommt nämlich nur selten allein – oder besser gesagt gar nicht. Wie Forscher heute schätzen, liegt der Krillbestand im Südpolarmeer zwischen 100 und 500 Millionen Tonnen. Das ist bis zu fünf Mal so viel wie weltweit jährlich an Fisch und Schalentieren gefangen wird. Einzelne Schwärme können so riesig sein, dass sie das Wasser der Antarktis in
den Sommermonaten rot erscheinen lassen. Sie können sich über eine Fläche von rund 470 Quadratkilometern erstrecken; da passt flächenmäßig das gesamte Fürstentum Andorra hinein.
Zum anderen ist es die spektakuläre Anpassungsfähigkeit der Racker, die mit einer vorprogrammierten Winterdepression einhergeht. Während der Antarktische Krill im Sommer jeden Tag 24 Stunden mit Licht versorgt ist, muss er zwischen Juni und September in völliger Dunkelheit überleben. Das ist so "deprimierend", dass der Körper schrumpft, der Stoffwechsel bei den erwachsenen Tieren um bis zu 70 Prozent heruntergefahren wird und sich diese nicht
mehr fortpflanzen können. Ganz so simpel wie Forscher einst dachten, ist so ein Leben als Krill somit nicht – sondern hochkomplex. Das Forscherinteresse ist damit neu geweckt.
Vergleich: Siehe: Meeresgruppe + Crustaceae
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