Listerien

 

Vergleich: Siehe: Bakterien

 

[Alena Kammer und Dagny Lüdemann]

Listerien sind kleine, stäbchenförmige Bakterien. Sie vermehren sich sehr leicht, kommen überall in der Umwelt vor – und nicht alle davon machen krank. Für Infekte bei Menschen ist vor allem das Bakterium Listeria monocytogenes verantwortlich. Es löst eine seltene, aber vergleichsweise gefährliche Lebensmittelinfektion aus: die Listeriose. Detaillierte Informationen zu den aktuellen Fällen und Hintergrund zu Listerien hat das Robert Koch-Institut (RKI) am 9. Oktober aktuell veröffentlicht.

Listerien gelangen über das Essen in den Magen-Darm-Trakt. Der ist deshalb auch als Erstes von den Beschwerden betroffen. Für gesunde Erwachsene stellt die Infektion

in der Regel keine Gefahr dar. Meist verläuft sie ohne Symptome, manchmal treten Fieber und grippeähnliche Beschwerden sowie Erbrechen und Durchfall auf.

Bei einem leichten Verlauf klingt all das innerhalb weniger Tage von alleine ab. Die Gefahr einer schweren Erkrankung besteht vor allem für immungeschwächte Menschen.

In seltenen Fällen können sich die Listerien auch bei Gesunden weiter im Körper ausbreiten. Erreichen die Keime die Blutbahn, ist eine Blutvergiftung möglich.

Vor allem ältere Menschen können an der Infektion mit den Keimen sterben. 2017 wurden von der Europäischen Lebensmittelbehörde (Efsa) etwas mehr als 2.400 Fälle registriert. Die am stärksten betroffene Gruppe waren ältere Menschen, insbesondere über 84 Jahre. "In dieser Altersgruppe lag die Sterblichkeit bei Listeriose bei 24 Prozent –  insgesamt verlief die Infektion in der EU bei jedem zehnten Patienten tödlich", schreibt die Efsa. Auch Menschen mit einem geschwächten Immunsystem sind anfälliger für eine schwer verlaufende Listeriose.

Auch für Ungeborene sind die Keime gefährlich: Die Erkrankung verläuft zwar bei Schwangeren in der Regel mit unauffälligen grippeähnlichen Symptomen, trotzdem besteht die Möglichkeit, dass die Erreger über den Mutterkuchen auf das Baby im Bauch übertragen werden: Fehl- oder Frühgeburten können die Folge sein. Säuglinge entwickeln bei einer Infektion häufig eine Hirnhautentzündung, die tödlich enden kann.

Eine Listerien-Infektion wird in erster Linie durch den Verzehr von kontaminierten Lebensmitteln verursacht. Grundsätzlich können sich Menschen auch durch den direkten Kontakt zu infizierten Tieren oder Menschen anstecken. Listerien werden dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zufolge hauptsächlich auf einer Vielzahl tierischer Lebensmittel nachgewiesen. Dazu zählen Fleisch, Fleisch­er­zeug­nisse wie Wurst, Fisch, Fischerzeugnisse wie Räucherfisch und Milchprodukte. Auch auf pflanzlichen Lebensmitteln wie vorgeschnittenen Salaten wurden die Keime bereits gefunden.

Listerien sind besonders gut darin, alle möglichen Zellen im Körper von Infizierten zu befallen (F1000Research: David/Cossart, 2019), seien es Leber-, Darm- oder Blutzellen. Schlimmstenfalls schaffen es die Keime sogar, eine Entzündung des Gehirns (Enzephalitis), der Hirnhaut (Meningitis) oder beides auszulösen. Solche schwerwiegenden Komplikationen können dann tödlich enden. Nach Informationen des RKI enden im Durchschnitt etwa sieben Prozent der Listeriose-Erkrankungen tödlich. Die Listeriose gehört in Deutschland zu den meldepflichtigen Erkrankungen mit der höchsten Sterberate.

In der Umwelt sind sie nahezu überall verbreitet – und neben denen, die Krankheiten auslösen, gibt es viele Listerien-Arten, die für den Menschen harmlos sind. Bis zu zehn Prozent aller Menschen haben Listerien im Darm, die sie mit ihrem Stuhl ausscheiden. Dasselbe gilt für viele Säugetierarten. Die Bakterien sind darüber hinaus in der Erde, auf Pflanzen, in Abwässern und auch im landschaftlichen Sektor zu finden– insbesondere im Tierfutter.

Prinzipiell können Lebensmittel auf dem gesamten Weg von der Produktion bis zum Verzehr mit Listerien verunreinigt werden: Das beginnt bei der Mast und Schlachtung von Tieren oder dem Anpflanzen und Ernten von Gemüse, geht weiter über die Verarbeitung und den Transport, die Verpackung und Lagerung bis in den Handel. Auch im Supermarkt an der Wursttheke kann es zum Keimbefall kommen, etwa wenn Schneidemaschinen nicht sauber sind oder Fleisch ohne Handschuhe angefasst wird. Sind die Einkäufe zu Hause, herrscht auch hier noch Keimgefahr: Nicht gewaschene Hände, verunreinigte Schneidebretter, alte Spülschwämme, die falsche Lagerung oder die Verarbeitung von rohem Fisch, Fleisch oder Käse zusammen mit Lebensmitteln, die nicht gebraten oder gekocht werden: All das sind Risikofaktoren.

Die Zahl der Listeriose-Erkrankungen schwankt pro Jahr zwischen 300 und 600 Fällen in Deutschland. 2014 wurden 608 Erkrankungen gemeldet. Im Jahr 2015 gab es einen großen Ausbruch von Listeriose in sechs Gemeinschaftseinrichtungen in Paderborn, bei der 144 Kinder und zehn Erwachsene erkrankten. Im Jahr 2017 wurden 771 Fälle in Deutschland gemeldet.

In Spanien gab es in diesem Sommer ebenfalls einen Listeriose-Ausbruch. Mindestens vier Tote und 216 Infizierte sollen nach Behördenangaben gezählt worden sein, sieben Schwangere haben ihre ungeborenen Babys verloren. In Dänemark hatten sich Ende 2013, Anfang 2014 zudem 20 Menschen mit Listerien infiziert, zwölf Menschen starben an den Folgen.

Nach Schätzung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) sind ein Drittel der Listeriose-Fälle auf die Vermehrung von Listeria monocytogenes in Lebensmitteln zurückzuführen, die zu Hause zubereitet oder im Kühlschrank aufbewahrt werden. Einige der wichtigsten Tipps, um Infektionen im Haushalt zu vermeiden: Hände waschen, rohe Lebensmittel rasch verarbeiten und im Kühlschrank verpackt lagern und Fleisch- und Fischgerichte vollständig durchgaren. Einen ausführlichen Ratgeber, wie sich Infektionen mit Keimen in der Küche vermeiden lassen, hat das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) hier zusammengestellt.

 

 

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