Aquae allgemein
Anhang 2
R.S.: möchte daran
erinnern, wie das Roncegno-Wasser (= Levico.-Wasser) geradezu durch einen guten
Geist zubereitet ist, um so mancherlei Kräfte unter gewissen
Umständen schon in der
aussermenschlichen Natur vorzubereiten, die im menschlichen Organismus eine
günstige Rolle spielen können... Wie in diesem Wasser in einer ganz
wunderbaren Weise
die beiden Kräfte des Kupfers und des Eisens gegeneinander abkompensiert sind,
und wie dann das Arsen darinnen ist, um dieses Abkompensieren
auf eine breitere
Basis zu stellen...".
In 1600m Höhe wurde
eine Wasserader entdeckt, die noch heute in ein Steinbecken hineinmündet. Ein
farb- und geruchloses, sehr klares Wasser mit einem sehr bitteren Geschmack
(durch Gehalt an Eisen und andere Mineralien). Dieses ist das
"Stark-Wasser", das für balneologische Behandlungen genutzt und zur
oralen Anwendung in Flaschen abgefüllt wird.
Alpenbewohner
benutzten das Wasser zur Heilung der Maul- und Klauenseuche Ihres Vieh. So
haben Ärzte von der Heilwirkung des Wassers für die Tiere erfahren und wollten
seine Anwendung für menschliche Erkrankungen erforschen.
Die Entdeckung des
Arsengehalts durch Dr. Pinalli aus Trient führte im Jahre 1816 zunächst zu
einem Verbot des "Stark-Wassers". Glücklicherweise haben andere Ärzte
die
Eigenschaften des
"Stark-Wassers" studiert und seine therapeutische Wirkung gerade
wegen des Arsen-Gehalts bestätigt.
Speziell die Bäder-
und Klimaheilkunde bietet die Möglichkeit zu einer umfassenden Umgestaltung und
Umerziehung der Lebensweise in engerem Kontakt mit der natürlichen
Umwelt. (Hildebrandt
1962 a)
Diese Möglichkeit
der Beeinflussung bewusst und gezielt auszuschöpfen, ist Sinn und Zweck eines
Kuraufenthaltes. Um dieses zu erreichen, sind Kenntnisse über die Auswirkung
jeder
Kurmaßnahme auf den
Organismus notwendig. Erst dadurch lässt sich der Kurerfolg oder Misserfolg
konkreter prognostizieren.
Eine Kur ist eine
komplexe, zeitlich begrenzte, ortsgebundene Behandlung, die sowohl als
Prävention, Krankenbehandlung und Rehabilitation angewendet wird.
Kurmittel sind vor
allem das Heilklima und die lokalen Heilquellen, die als Bäder oder Trinkkuren
angewendet werden.
Der wesentliche
therapeutische Ansatz ist die Reizwirkung der klimatischen Einflüsse und
balneologischen Anwendungen, die letztlich zu einer zentralen vegetativen
Umstimmung des
Organismus führen
sollen, und damit die gesundheitsfördernden Reaktionen stimulieren.
Durch vielfältige
Kurlängsschnittuntersuchungen sind im Laufe der letzten Jahrzehnte neue
Erkenntnisse über die umfassenden vegetativen Gesamtumschaltungen gewonnen
worden, welchen der Organismus im Rahmen eines Kuraufenthaltes unterworfen ist.
Die einzelne therapeutische Maßnahme, das einzelne medizinische Bad muss im
Gesamtzusammenhang aller anderen Kurfaktoren gewertet werden (Kleinschmidt et
al, 1973)
Diskontinuierlich-iterative
Reizfaktoren
Zu den
kontinuierlich wirkenden Basisbedingungen des Kurortes kommen nun die gezielten
Reizanwendungen der Kurmittel, die diskontinuierlich-iterativen Charakter haben
und
strenger dosiert
werden:
- balneotherapeutische Applikationen, z.B. Bäder, Packungen,
Inhalationen
- physiotherapeutische Anwendungen, z.B. Massagen, KG, Wärmeanwendungen
- Hydrotherapie, z.B. Kneipp-Güsse
- Psychotherapie, Musiktherapie, Heileurythmie, Kunsttherapie u.v.a.m
Kurmittelanwendungen
stellen in der Regel stärkere Reize dar, so dass sich eine kontinuierliche
Anwendung verbietet. Ihre Immediat-Wirkungen dauern durchweg kürzer an
als Effekte pharmakologischer
Einzelgaben. Vor allem werden sie nicht in solchen Abständen wiederholt, wie es
zur kontinuierlichen Erhaltung ihrer Immediatwirkungen erforderlich wäre.
Vielmehr werden
Intervalle freigelassen in denen der Organismus Gelegenheit findet, seine
eigenen Reaktionen zu entfalten und zu kompensieren. Die Schon- und Ruhezeiten
zwischen
den einzelnen
Reizanwendungen dienen den autonomen Leistungen des behandelten Organismus.
Auch die Mittagsruhe und der frühe Nachtschlaf haben diese besondere Bedeutung.
Die Kurbehandlung
steht somit in einem prinzipiellen Gegensatz zu den Verfahren der
medikamentösen Therapie, wo eine möglichst kontinuierliche Wirkung angestrebt
wird.
Ziel der Kur ist
nicht Summierung oder Fixierung der Immediateffekte, die dem angestrebten Ziel
häufig entgegengerichtet sind (wiederholte Ermüdung nach körperlichem Training
soll
nicht eine summative
Steigerung der Ermüdung, sondern eine Verminderung der Ermüdbarkeit, eine
Leistungssteigerung bewirken). Demnach werden langfristige reaktive
Umstellungen des
Organismus ausgelöst, die, dem Wirkungsmechanismus der Adaptation entsprechend,
zu einer Modifikation der Reizantwort führen
Die zeitliche
Gliederung der reaktiven Umstellungen im Kurverlauf ist sowohl im subjektiven
Erleben des Patienten als auch an objektiven klinischen Erscheinungen so
auffällig, dass sie
schon den Badeärzten
früherer Jahrhunderte geläufig und vielfach auch Ausgangspunkt einer Prognostik
des Kurerfolges waren (Kukowka 1972, Hildebrandt, 1975, u.a.).
Dem Reaktionsmuster
des Kurverlaufs liegen periodische Strukturen zugrunde. Das durchschnittliche
Verhalten größerer Kollektive entspricht Interferenzbildern, in denen
einzelne periodische
Strukturen mehr oder weniger dominieren.
Bisher wurden im
Wesentlichen 2 Haupttypen von Reaktionsmustern im Kurverlauf abgegrenzt:
- Frühreaktives Muster: es ist charakterisiert durch das Dominieren
einer etwa 7-tägigen Periodik (Zirkaseptanperiodik als Submultiple des
Monatsrhythmus) und die frühe Lage des Reaktionsmaximums.
-
Spätreaktives
Muster: es ist charakterisiert durch das Überwiegen längerer reaktiver Perioden
von etwa 10 Tagen Periodendauer (Zirkadekanperiodik) und aufschwingender
Amplitude, so dass das
Reaktionsmaximum erst in der
2. Hälfte einer 4-wöchigen Kur erreicht wird.
Die Abgrenzbarkeit
zweier verschiedener Reaktionsmuster mit unterschiedlichen periodischen
Komponenten macht es wahrscheinlich, dass therapeutisch nutzbare Reaktionen
von 2 verschiedenen
Integrationsebenen gesteuert werden können.
Mit großer Regelmäßigkeit
ist das frühreaktive Muster im Kurverlauf der verschiedensten Funktionsgrößen
nachzuweisen, und zwar auch im mittleren Verhalten von nicht weiter
differenzierten
Patientengruppen. Bei ergotroper (sympathikotoner) Ausgangslage ist die
zirkaseptane Reaktionsperiodik besonders charakteristisch. Dem entspricht auch
die zeitliche
Anordnung der so
genannten Kurkrisen.
Die
charakteristische Periodendauer und der große Umfang der beteiligten Funktionen
weisen dieses Reaktionsmuster des Kurverlaufs als Ausdruck einer unspezifischen
vegetativen
Gesamtumschaltung
mit dem Ziel einer funktionellen Adaptation aus. Die Übereinstimmung der
Phasenlage verschiedener Kollektive lässt vermuten, dass die reaktive Periodik
bereits zu
Kurbeginn, d.h.
durch Klima- und Milieuwechsel angestoßen wird, während die nach Zeitpunkt und
Stärke variabler eingesetzten therapeutischen Einzelreize möglicherweise eher
den weiteren Verlauf
(Dämpfung) beeinflussen. Bei einer einheimischen unbehandelten Vergleichsgruppe
tritt die zirkaseptane Reaktionsperiodik nicht auf (Hildebrandt und Geyer 1979,
Hildebrandt u. Mitarb., 1980)
Es liegen zahlreiche
klinische Erfahrungen über Kurverläufe vor, bei denen das Reaktionsmaximum erst
in der zweiten Kurhälfte, meist am Ende der 3. Kurwoche, erreicht wird.
Das spätreaktive
Verlaufsmuster tritt in erster Linie bei trophotropen (vagotonen)
Reaktionslagen auf. Es scheint auch bei bestimmten Kurformen, z.B.
Hochgebirgsklimakuren, zu dominieren (Jungmann, 1962).
Vieles spricht
dafür, dass es sich um eine, gleichfalls zu Kurbeginn angestoßene, Periodik von
etwa 9-10 Tagen Periodendauer handelt (Zirkadekanperiodik), deren Amplitude
aufschwingt,
so dass das Maximum
im Bereich des 20. Kurtages erreicht wird.
Andererseits sind auch
5-tägige Perioden im Kurverlauf einzelner Funktionsgrößen abgegrenzt worden. Es
kann daher vermutet werden, dass das spätreaktive Verlaufsmuster von einem
System ganzzahlig koordinierter Perioden
geformt wird, die
engere Beziehungen zum Bereich der Submultiplen des Jahresrhythmus aufweisen
und daher eher trophisch-plastische Adaptationsprozesse impulsiveren. Mit
fortdauernder Reizbelastung bestimmen dann aber die höheren Integrationsebenen
das reaktive und adaptive Verhalten. Für eine initiale Beteiligung kürzerer
Perioden spricht die
Beobachtung, dass im
Bereich des 3. Kurtages ein kritisches Reaktionsmaximum durchlaufen werden
kann.
Bei der Vielfalt der
verschiedenen Reizerlebnisse im Kurverlauf ist es erstaunlich, dass sich
überhaupt so klare und einheitliche Reaktionsmuster abgrenzen lassen. Dies ist
nur dadurch
möglich, dass die
reaktiv-periodischen Vorgänge zugleich mit Schwankungen der Empfindlichkeit
gegenüber weiteren Reizbelastungen einhergehen.
Charakteristisch für
alle Formen der Kurbehandlung ist die Tatsache, dass der therapeutische Effekt
keine kontinuierlichen Fortschritte macht, sondern in der Regel von einer oder
mehreren Phasen unterbrochen wird, in denen
sich der Zustand des
Patienten subjektiv wie objektiv vorübergehend verschlechtert. Diese so
genannte Kurreaktionen, die sich zur Kurkrise zuspitzen können, sind schon
lange unter verschiedenen Bezeichnungen bekannt und mit den reaktiven
Umstellungen des behandelten Organismus in Zusammenhang gebracht worden. Erst
systematische Kurlängsschnittuntersuchungen haben es möglich gemacht, die
Kurreaktion als Bestandteil des Reaktionsmusters im
Kurverlauf zu
identifizieren und damit in größere Zusammenhänge einzuordnen.
Im Vordergrund
stehen Allgemeinsymptome wie Innere Unruhe, erhöhte Reizbarkeit,
Abgeschlagenheit, Stimmungslabilität, Appetenzminderung sowie Einschlaf- und
Durchschlafstörungen bei bedrückendem Trauminhalt.
Dazu treten
verschiedene „vegetative Missempfindungen“, die auf Herz- und
Kreislauffunktion, Atmung und Verdauungstrakt, auf die Temperaturregulation
bezogen werden.
Vorzugstermine der
Kurreaktionen liegen im Bereich des 7.-12. Kurtages sowie des 18.-22. Kurtages.
Somit erweisen sich
die Kurreaktionen als Bestandteil der Reaktionsperiodik des Kurverlaufs.
Sie sind den extremen
Auslenkungen und damit zugleich den Umschaltphasen zugeordnet, in denen sich
die Tendenz der vegetativen Steuerung umkehrt. Auch im engeren Zeitraum einer
Kurreaktion wurden
sehr unterschiedliche und ambivalente Verhaltensweisen der vegetativen Funktion
gefunden.
Solange die
kompensatorischen Fähigkeiten des Organismus ausreichen, um die notwendige
Dämpfung des Reaktionsprozesses aufzubauen, darf die Kurreaktion als Indikator
eines erwünschten Vorganges angesehen werden.
Die Größenordnungen
der reaktiven Perioden, die das Reaktionsmuster des Kurverlaufs gestalten, und
die Zeitkonstanten, die dabei in Betracht kommen, lassen erwarten, dass die
beteiligten vegetativen Steuerungen
überwiegend
hormonaler Natur sind. In Übereinstimmung mit der Vorstellung, dass die
Immediatreaktionen nach einzelnen Kurmittelanwendungen überwiegend mit
Schwankungen des vegetativ-nervösen Tonus einhergehen, sind
die daran
beteiligten hormonellen Begleitreaktionen nur kurz dauernd, meist gering und
nicht regelmäßig nachweisbar.
Im Zusammenhang mit
den chemischen und thermischen Badereizen haben die in den peripheren Geweben
freigesetzten Hormone (Azetylcholin/Histamin u.a.) seit langem ihre Bedeutung
für die Erklärung von Immediatwirkungen. Besonders im frühreaktiven Verlaufsmuster
entwickelt sich die Kurkrise unter Steigerung des sympathikoton-ergotropen
Antriebs. Zunahme der Katecholaminausscheidung im Harn und des
Plasma-Histaminspiegels scheinen die Erscheinungsformen der Badereaktion zu
erklären.
Von den trophotrop
wirkenden Hormonen haben die Kortikosteroide die größte Beachtung gefunden. Die
hormonale Aktivität der Nebennierenrinde zeigt während der Badereaktion eine
deutliche Beziehung zur Schwere der Reaktion.
Eine Verminderung
der Steroidausscheidung, die zur Bildung einer krisenhaften Exazerbation führt,
scheint schon Zeichen der Desorganisation der neurohumoralen Regulation infolge
Reizüberlastung zu sein.
Die Veränderung der
Nebennierenaktivität ist keineswegs ein einseitig gerichteter und stetig
fortschreitender Vorgang, sondern es handelt sich um komplizierte
phasisch-periodische
Muster, wie sie der
erwarteten Bedeutung dieser Hormone im Rahmen der Steuerung der
Reaktionsperiodik entspricht.
Es scheinen
Unterschiede zwischen den einzelnen Kurformen zu bestehen.
Die bis zum Kurende
eingetretenen subjektiven und objektiven Veränderungen, die den Kureffekt bzw.
das Kurergebnis ausmachen, können nicht ohne weiteres mit dem Erfolg der Kur
gleichgesetzt werden. Die reaktiven Prozesse müssen am Ende einer 4- oder
6-wöchigen Behandlung durchaus noch nicht abgeschlossen sein. Zum anderen kann
die Fortsetzung dieser reaktiven Vorgänge
durch die
Rückkehrreaktion mehr oder weniger gestört werden. Der Kurerfolg ist nicht ein
stabiler Zustand, sondern ein dynamischer Ablauf, der erst Monate nach der Kur
beurteilt werden kann.
Vergleichsuntersuchungen
zwischen Kureffekt und Kurerfolg nach 3-6 Monaten haben bei verschiedenen
Kurformen übereinstimmende Ergebnisse erbracht.
Die häufigste
Differenz zwischen Kureffekt und Kurerfolg bestehen darin, dass sich Befund und
Befinden nach der Kur auch dort noch verbessern können, wo zunächst kein
positiver Kureffekt feststellbar war. Im Nachkurverlauf der Leistungswerte
wurden Anhalte dafür gewonnen, dass der Langzeitkurerfolg selbst einen periodisch
gegliederten Prozess mit einer Periodendauer von etwa 9 Monaten darstellt.
Seit weit über 100
Jahren wird das Levico-Wasser in den Kurorten Levico, Roncegno und Vetriolo im Valsugana/Italien
bei einer Vielzahl von Patienten aus aller Welt in der balneologischen
Kurbehandlung angewandt.
In der Casa di
Salute Raphael (Raphael-Sanatorium) in Roncegno wird die Kuranwendung mit dem
Levico-Wasser mit anderen Therapien der Anthroposophischen Medizin kombiniert.
Die Anwendungen
differenzieren sich zum einen in permanent einwirkende therapeutisch verwandte
Wirkfaktoren wie Klima, milieubedingte Schonfaktoren, Entlastung, Luftqualität,
Licht, Wärme und
Kälte, Tagesrhythmik und biologisch-dynamische Lebensmittelqualität, und zum
anderen in die gezielten, dosierten, natürlichen Heilfaktoren im Sinne einer
Reiz-
Reaktions-Therapie
mit dem Ziel der Auslösung, Stimulation oder Unterstützung der dem Organismus
bzw. dem Individuum potentiell innewohnenden Selbstregulations-
Selbstordnungs- und
Selbstheilungskräfte (HILDEBRANDT, 1980, MC GAW 1980) wie verschiedene Bäder,
Rhythmische Massage, Packungen und Einreibungen, Heileurythmie,
Maltherapie,
Plastizieren, sowie anthroposophische Medikation.
Thermische Wirkungen der Bäder
Warme Bäder (bis
38°C) sind als medizinische Bäder mit und ohne Badezusätze weit verbreitet. Die
in warmen Bädern eintretenden Umstellungen des Organismus sind an wichtigen
Parametern von Kreislauf und Stoffwechsel abzulesen. Für die Veränderung
verschiedener Kreislaufparameter gelten Abhängigkeiten von der Badetemperatur,
der Dauer und Konsistenz des Bades
(Witzleb, 1962;
Jungmann, 1964; Drexel 1970, 1973).
Der Wärmebestand des
Organismus wird in der bis zu 4 Minuten dauernden Anfangsphase des Bades
zunächst lediglich in der Körperschale aufgefüllt, vor die Körperkerntemperatur
ansteigt.
Im Übrigen ist das
zeitliche Verhalten der verschiedenen Funktionsgrößen im warmen Bade auch von
der thermischen Vorgeschichte abhängig, da die Körpertemperatur erst dann
ansteigt, wenn die
Körperschale durch die aufgenommene Wärme die Kerntemperatur erreicht. Im
Wasserbad ist nur in einem engen Bereich von Badetemperaturen nach längerer
Badedauer eine
gewisse Konstanz der Temperaturverteilung zu erreichen (Dirnagel und Drexel,
1961).
In warmen Bädern
wird in der Haut vermehrt Azetylcholin freigesetzt (Gollwitzermeier und Bingel,
1933), auch das Auftreten von Bradykinin soll durch direkte Wirkung
auf die Gefäße an
der peripheren Gefäßdilatation beteiligt sein.
Der Körper kann den
Wärmeaustausch mit dem Bad nur durch Veränderung der Durchblutung in der
Körperschale, die etwa 35% der Gesamtkörpermasse ausmacht und als Puffer
zwischen Körperkern und Umwelt dient, beeinflussen. Es bestehen aber große
Unterschiede zwischen den verschiedenen Körperregionen. Besonders günstige
Vorbedingungen für die regulatorischen Änderungen des Wärmedurchgangs der
Körperschale herrschen an den Extremitäten.
Außerdem steht dem
Körper die Steuerung der Wärmeproduktion als Ausgleichsmaßnahme zur Verfügung.
Die in der
Bäderkunde bevorzugt verwendeten Reize treffen im Organismus auf besonders
vielfältig abgestufte Rezeptorsysteme. Die ausgeprägte Tiefenstaffelung der
Rezeptorsysteme
lässt die
vielfältige Abstufung therapeutischer Reaktionen im vegetativ-autonomen Bereich
erkennen, die allein durch die mehr oder weniger große Tiefenwirkung von Warn-
und
Störreizen gegeben
sind. Die afferenten Strukturen werden schwerpunktmäßig unterschiedlichen
Regionen des Zentralnervensystems zugeleitet.
- Die der bewussten Wahrnehmung dienenden exterozeptorischen Afferenzen
erreichen über thalamische Strukturen die Großhirnrinde.
- Die propriozeptorischen Informationsleitungen enden v.a. im Rauten-
und Kleinhirnbereich als dem Zentrum der unbewussten Sensomotorik.
- Die enterozeptorischen Afferenzen schließlich erreichen vornehmlich
die vegetativen Zentren in Hypothalamus, Mittel- und Rautenhirn.
Die von den
Rezeptoren des protopathischen Systems der Körperoberfläche sowie aus dem
enterozeptorischen System einlaufenden Informationen werden in markärmeren,
dünneren und weniger schnell leitenden Nervenfasern zentralwärts geführt. Für
diese ist eine besonders starke Ausbildung kollateraler Verbindungen zum
vegetativ-autonomen System kennzeichnend. Bei C-Faser-Reizung (Schmerz,
Temperatur, etc.) kommt es stets zu supraspinaler Generalisation der
sympathischen Miterregung Koizumi und Brooks 1972).
Die
thermoregulatorischen Reaktionen werden durch Erregung thermosensibler
Strukturen ausgelöst, die in einer charakteristischen Tiefenstaffelung in Haut,
Eingeweiden, Rückenmark, Medulla oblongata, Mittelhirn und Hypothalamus
verteilt sind. Auch die steuernden bzw. regelnden Zentren sind hierarchisch
gestaffelt in Rückenmark, Hirnstamm und Hypothalamus angeordnet (Brück, 1970,
1980, Simon, 1974). Der jeweilige Erregungszustand der thermoregulatorischen
Zentren ist das Ergebnis einer integrativen Berücksichtigung aller
oberflächlichen und tiefen Afferenzen. Auch unspezifische Miterregungen, z.B.
bei psychischen Reaktionen und motorischer Aktivität, können zu
Sollwertverstellungen
im System der Thermoregulation führen.
In kalten und warmen
Bädern werden die ersten Reaktionen in der Regel über eine Erregung der
Thermorezeptoren der Haut ausgelöst, die in unterschiedlicher Dichte auf der
Körperoberfläche verteilt sind.
Die Tendenz zu
Irradiation und Generalisation der afferenten Erregungsausbreitung kommt auch
im humoralen Transport von Erregungsstoffen (Transmittern, Stimulonen) zum
Ausdruck, die als Reizfolge in den Geweben entstehen bzw. aus Reservoiren
freigesetzt werden (Histamin, Bradykinin, Serotonin, Prostaglandine, Substanz
P, Azetylcholin, Adrenalin bzw. Noradrenalin etc.).
Sämtliche Afferenzen
werden durch Kollateralen dem unspezifischen Aktivierungssystem der Formatio
reticularis, speziell des Hirnstamms, zugeschaltet. Der dadurch mögliche
generalisierende
Erregungseffekt ist aber wiederum besonders ausgeprägt für afferente Impulse
aus denjenigen Modalbezirken, die therapeutisch bevorzugt genutzt werden
(Müller-Limmroth,
1973, 1986)
Chemische Wirkungen der Bäder
Der großflächige
Kontakt mit dem Bademedium, das in der Balneotherapie stets von besonderer
chemischer Beschaffenheit ist, lässt auch chemische Wirkungen des Bades
erwarten.
Chemische
Bäderwirkungen sind grundsätzlich über folgende Wege und Mechanismen möglich:
- Perkutane Absorption (Penetration, s. 1.4.1) von Wasser und in Wasser
gelösten Stoffen durch die Haut in Kreislauf und Lymphbahnen.
- Ablagerung (Deposition und Absorption, s. 1.4.2) von Wasser und
Badeinhaltsstoffen in der Haut, wodurch Funktionsänderungen des Hautorgans
eintreten und zum Ausgangspunkt
weiterer Wirkungen im Organismus werden können (Mediatorfunktion der
Haut).
- Auswaschung (Elution, s. 1.4.3) hauteigener und körpereigener
Substanzen aus der Haut mit der Möglichkeit, den Hautstoffwechsel und von dort
aus den Gesamtorganismus zu beeinflussen.
Perkutane Absorption
Die Haut ist beim
Menschen keineswegs wasserdicht. Es findet ein auf Diffusion beruhender Wassertransport
in beiden Richtungen statt (KÜHNAU, 1962). Im Bad lässt sich schon nach
10-15 Minuten
radioaktiv markiertes Wasser in Blut und Harn nachweisen (Drexel und Dirnagel,
1963).
Die perkutane
Wasseraufnahme im Vollbad erreicht Werte von 20-40g/m²/h oder
3,0-5,7μl/cm²/h (Pratzel, 1976, Drexel und Dirnagel, 1963).
Die Epidermis bietet
aufgrund ihrer anatomisch-physiologischen Eigenschaften Voraussetzungen für ein
relativ rasches Eindringen von Substanzen in das Stratum corneum, dessen
Hohlräume als Reservoir dienen können.
Die anfängliche
Imbibition der Hornhaut hat einen erheblichen Anteil an der gesamten
Wasseraufnahme, weshalb die Wasserabsorption nach Sättigung der Hornhaut mit
längerer Badedauer stark zurückgeht.
Bedeutsam ist die
Vehikelfunktion des interzellulären Wassertransports für die in ihm gelösten
Mineralstoffe. Mithilfe von Isotopentechniken sind die perkutanen
Absorptionsquoten für alle balneotherapeutisch wichtigen
Badeinhaltsstoffe in
den letzten Jahrzehnten quantitativ bestimmt worden (Kühnau, 1962, Lotmar, 1962
Hagmüller und Hellauer, 1963, Drexel und Dirnagl, 1968, Drexel et al, 1970,
Pratzel und Schnizer 1992).
Ionisierte
Badeinhalsstoffe werden während eines Vollbades von therapeutisch üblicher
Dauer in deutlich geringeren Mengen absorbiert, als es dem täglichen Umsatz
bzw. Tagesbedarf entspricht, auch unter Berücksichtigung der so genannten
Nachresorption von während des Bades in der Haut abgelagerten Stoffmengen.
Lipo- und hydrophile Badeinhaltsstoffe (z.B. auch Arsen) können in beträchtlich
größeren Mengen durch die Haut aufgenommen werden.
Durch Anreicherung
in den lebenden Schichten der Epidermis sowie durch Einwirkung auf Gefäße,
Nerven und z.B. immunkompetente Zellen der Haut, sowie durch Verteilung im
Gesamtorganismus sind durchaus therapeutisch
relevante Effekte zu
erwarten.
Die transfollikuläre
Passage entlang der Haarschäfte hat den größten Anteil der Absorptionsquote.
Deposition, Adsorption und Nachresorption
Höherwertige Ionen
werden von der Hornhaut stärker und weniger reversibel adsorbiert als
niederwertige. So lassen sich Jod, Eisen und Arsen nach Aufnahme in die
Hornhaut nur
teilweise mit
destilliertem Wasser wieder ausspülen, während Natrium nahezu vollständig
wieder gewonnen werden kann. Sie beeinflussen auch die weitere Anreicherung
dieser Stoffe.
Sie Verbleiben nach
dem Abtrocknen in der Haut und bilden ein Stoffdepot, aus dem die Substanzen
auch weit über das Bad hinaus nachresorbiert werden können. Um die
Nachresorption nicht
zu behindern, gilt es daher als Regel, die Haut nach Heilwasserbädern nicht
abzuwaschen.
Elution der Haut im Bade
Die zu etwa 30% in
der Hornhaut enthaltenen wasserlöslichen Stoffe werden zur Hälfte von der Summe
der freien Aminosäuren gestellt (Drexel und Dirnagl, 1968, Leonhardi et al,
1980).
Das Herauslösen der
Stoffe ist durch ein initiales Maximum gekennzeichnet, dessen Breite der
üblichen Badedauer entspricht, und von dem aus die Kurve auf ein sehr viel
niedrigeres Niveau
oder gegen Null zurückgeht. Die Elution im Bad wird stark von Konzentration und
Zusammensetzung der Badeflüssigkeit beeinflusst. So wird die Elution
von Aminosäuren in
10%iger Kochsalzlösung gegenüber 0,9%iger Lösung verdreifacht (Drexel und
Dirnagel, 1968)
Die Haut als Vermittler chemischer Bäderwirkungen
Die Haut wird durch
Heilwasserbäder „in einen anderen Status versetzt“ (Kühnau, 1960) und kann
Vermittlerorgan für Bäderwirkungen auf den Gesamtorganismus sein.
Da feststeht, dass
durch perkutane Stoffaufnahme oder Stoffabgabe in mineralstoffhaltigen Bädern
keine relevanten Einflüsse auf die Stoffbilanzen des Organismus ausgeübt werden
können,
konzentrieren sich die Fragen einer chemischen Bäderwirkung auf die
Möglichkeiten einer primären Beeinflussung des Hautorgans und seiner
Stoffwechselleistungen und die
davon ausgehenden
nervalen wie humoralen Fernwirkungen im Körper (Kühnau, 1960, 1962,
Schmidt-Kessen, 1962, Pratzel, 1964, Drexel et al, 1970, Pratzel und Schnizer
,1992).
Dabei kann
grundsätzlich vorausgesetzt werden, dass die Veränderungen im Stoffgehalt der Haut
den Bereich lebender Epidermiszellen erreichen müssen, bevor
pharmakologische
Effekte ausgelöst werden können (Pratzel, 1976).
Bei der hohen
Empfindlichkeit der Lebensfunktionen gegenüber jeglichen Änderungen des
physikochemischen Milieus ist anzunehmen, dass das Eindringen von Ionen aus dem
Bad und
die Elution aus der
Haut schon in sehr geringen Mengen zu differenzierten Änderungen der nervösen
und Stoffwechselleistungen der Haut führen. Veränderungen des vegetativen Tonus
der Haut durch Bäder
wurden zuerst von Stahl (1923) nachgewiesen.
Die Epidermis, die
im Gesamtgewicht nur einen geringen Teil des Hautorgans ausmacht, hat den
weitaus größten Stoffumsatz und die Aktivitäten der Epidermisenzyme werden von
keinem anderen Organ
erreicht (Pratzel, 1968). Hier sind vielfältige Beeinflussungsmöglichkeiten des
Stoffwechsels gegeben. Dabei ist die gleichzeitige Beeinflussung der
Hautdurchblutung wichtig, die überwiegend von thermischen Einflussgrößen
abhängig ist.
Die Haut ist auch
ein wichtiges Immunorgan des Körpers. Den in der Epidermis gelegenen
Langerhans-Zellen kommt eine entscheidende Rolle bei der Regulation der
zellulär
vermittelten
Immunantwort zu (Pratzel und Artmann, 1990, Pratzel und Schnizer 1992).
Im Vordergrund der
Reaktion des Hautstoffwechsels steht die Aktivierung proteolytischer
Abbauvorgänge von hochmolekularen Eiweißverbindungen. Die entstehenden
Abbauprodukte
sind Peptide mit
hormonartigen Wirkungen, die auf dem Blutwege umfassende
Sekundärreaktionen
im Inneren des Organismus auslösen können (Kühnau, 1962), u.a. an Gefäßsystem,
glatter Muskulatur, Verdauungsdrüsen, Intermediärstoffwechsel und
vegetativhormonalem
System:
- Azetylcholin (parasympathische Reaktionen. Gollwitzer und Bingel,
1933, Lotmar, 1967),
- Histamin (Steigerung der Durchlässigkeit der Kapillarwände,
Überträgerstoff im Nervensystem, Wirkung durch ACTH-Ausschüttung aus der
Hypophyse auf
Nebennierenrinde. Gutenbrunner und Geis, 1985),
- Serotonin (enge Beziehung zu zentralnervösen Funktionen. Kühnau 1962)
- Bradykinin (wahrscheinlich diuretischer Effekt des Bades,
Gefäßerweiterung. Fox und Hilton, 1958, Lewis, 1963).
- Weitere Wirkstoffe von Peptidcharakter scheinen eine aktivierende
Wirkung auf das retikuloendotheliale System und die Immunantikörperbildung zu haben
und man muss annehmen,
dass sie wie das Histamin in die Steuerung der langfristigen adaptiven
Umstellungen des Organismus einbezogen werden.
METHODIK
Allgemeine Übersicht
Die Untersuchungen
wurden in den Jahren 2000-2003 durchgeführt an der anthroposophischen
Kureinrichtung „Casa di Salute Raphael“ in Roncegno, einem italienischen Dorf,
das in einem
Tal der auslaufenden
Alpenkette des Trentino liegt. Die Kureinrichtung steht unter der ärztlichen
Leitung von Dr. med. Vincenzo Bertozzi. Die Patienten werden auch behandelt von
Dr. med. Stefano
Gasperi, der sich nahezu um alle deutschen Patienten kümmert, und Dr. med. Elio
D’Annunzio.
Behandlung in der Casa di Salute Rafael
Arbeitsschwerpunkte
des Einrichtung sind die Behandlung von Erschöpfungszuständen, verzögerter
Rekonvaleszenz, Erkrankungen des Bewegungsapparates, Kräfteverfall bei
Karzinomerkrankungen
und nach Chemo- bzw. Strahlentherapie, Leukämie, Anämie, Atemwegserkrankungen,
Arthrose, Hypo- und Hyperthyreose, Hypo- und Hypertonie.
Die Öffnungszeiten
des Hauses sind in jedem Jahr von März bis November.
Patienten
Bei den in die
Studie aufgenommenen Teilnehmern handelte es sich vor allem um Kurpatienten aus
Italien, Deutschland und der Schweiz, die wegen unterschiedlicher, den
Arbeitsschwerpunkten
des Hauses entsprechender Diagnosen eine Kurmaßnahme durchführen wollten und
zumeist nur geringe Zuschüsse von den Versicherungsträgern für den
Kuraufenthalt und
die Anwendungen erhielten.
Voraussetzung für
die Teilnahme an den beiden Fragebogen-Studien war ein Mindest-Kuraufenthalt
von 14 Tagen und Bäderanwendungen mit dem Levico-Wasser.
Für den Studienteil
der Immediateffekte gab es im Sommer 2000 eine orientierende Erhebung der
epitympanalen Temperaturen bei Patienten, die Levico-Bäder erhielten, im
Sinne einer
Pilotstudie. Die in die Dissertation eingehende Temperatur-Studie wurde bei
allen Patienten, die im Zeitraum Juli/August 2003 Bäderanwendungen erhielten,
durchgeführt.
Patientenkollektiv der Fragebogen-Studien
Für die drei
unterschiedlichen Untersuchungsverfahren, die in der Studie angewandt werden,
gibt es nur teilweise Überschneidungen zwischen den Patientenkollektiven. Das
liegt daran,
dass die
Temperaturmessungen in zwei zeitlich begrenzten Perioden von jeweils 5-6 Wochen
im Sommer 2000 und im Sommer 2003 durchgeführt wurden, während die Fragebögen
in den
Jahren 2000-2003
jeweils über die gesamte Kursaison von März bis November an die Kurgäste
ausgegeben wurden.
Art der Behandlung
Der Kurbehandlung
besteht in unterschiedlicher Zusammensetzung aus balneologischen Anwendungen
mit dem Levico-Wasser, Inhalationen und innere Anwendungen mit dem
Levico-Wasser,
Packungen und Wickel, Physiotherapie und Massagen, sowie Kunsttherapie,
Heileurythmie, Diät und anthroposophisch-medikamentöser Therapie.
Das Levico-Bad
Patienten die als
balneologische Therapie ausschließlich Levico-Bäder verordnet bekommen,
erhalten täglich ein mit dem „Stark-Wasser“ aufbereitetes Bad. Dieses wird von
dem
Bäderpersonal in der
Konzentration vorbereitet, die individuell vom behandelnden Arzt verschrieben
wird. Die Bäder beginnen im Allgemeinen mit 5-10 Liter „Stark-Wasser“ auf ein
Vollbad von ca. 200
Liter, die innerhalb der ersten Tage auf etwa 20 Liter gesteigert, und in den
folgenden Tagen wieder gesenkt werden.
Die Bäder werden von
Montag bis Samstag im Laufe des Vormittags in einem Zeitraum von 8-12 h.
durchgeführt. So erhalten die Patienten 6 Bäderanwendungen pro Woche.
Das Levico-Bad
dauert 10 Minuten. Mit einer Badtemperatur von 37°C handelt es sich um ein Warmbad
(eine weit verbreitete Form des medizinischen Bades mit und ohne Badezusätze).
Eine Uhr gibt nach
Ablauf der 10 Minuten ein akustisches Signal. Einer der Bademeister kommt
daraufhin in den Raum und reicht dem Patienten ein vorgewärmtes großes
Baumwolltuch, in das
er sich, unmittelbar nachdem er aus der Wanne gestiegen ist, einwickelt und
sich sogleich im gleichen Raum oder einem Nebenraum auf eine mit einem Laken
und
einer Wolldecke
vorbereitete Liege legt. Das Badepersonal schlägt den Patienten zunächst in das
Laken ein und modelliert dann die Wolldecke um den Köper, sodass der Patient in
einer
ihn ganz
umschließenden Packung liegt. Er hat sich inzwischen nicht abgetrocknet und das
Wasser bedeckt noch die Haut.
In der Ruhepackung
verbleiben die Patienten 30 Minuten.
Die erste
Temperaturmessung der Patienten erfolgte unmittelbar vor dem Levico-Bad, die
zweite Messung nach Beendigung der 30-minütigen Ruhepackung.
3.4. Untersuchungsmethoden
Aufgrund des
komplexen Therapieangebotes und der zahlreichen Einflussfaktoren einer
Kurbehandlung sind Wirksamkeitsnachweise für einzelne Maßnahmen in Form
klinischer
Studien schwierig.
Um dennoch Aussagen über Qualität, Effektivität und Nachhaltigkeit des
Kurverfahrens zu erhalten, werden daher andere Konzepte der wissenschaftlichen
Forschung
herangezogen, die in
Form von Qualitätsmanagement- und Qualitätssicherungssystemen Struktur-,
Ergebnis- und Prozessqualität der eingesetzten Therapien darstellen und
analysieren.
Entsprechende Forschungen sind unter anderem im Klinikverbund „Münchener
Modell“ durchgeführt und (Melchart, D et al. 1994, 1996, 1997, 1998)
beschrieben worden.
Die
Untersuchungsmethoden dieser Studie sind:
- Immediateffekt der Bäderanwendung durch Temperaturmessungen vor und
nach der balneologischen Therapie, s. 3.4.1
- Kurtagebuch, s. 3.4.2
- Herdecker Fragebogen zur Lebensqualität, HLQ, s. 3.4.3
Die
Temperaturmessungen wurden nur für wenige Wochen im Jahr 2003 durchgeführt,
weshalb es nur geringe Überschneidungen mit den Patienten gibt, die das
Kurtagebuch und
den Herdecker
Fragebogen zur Lebensqualität HLQ ausgefüllt haben. Letztere wurden vom Jahr
2000 bis 2003, jeweils über die gesamte Badesaison von März bis November, an
die
Patienten
ausgegeben. Deshalb ist die Schnittmenge der Patienten, die an allen drei
Untersuchungen teilgenommen haben, sehr klein.
3.4.1 Temperaturmessungen vor und nach der balneologischen Therapie
Um neben der
Beobachtung der Gesamtwirkungen der Kur die Einzelwirkung des Levico-Bades zu
erfassen, und die Dynamik der Veränderungen der Wärmeregulation
wahrzunehmen, wurden
täglich die Temperaturen vor und nach der Bäderanwendung gemessen.
3.4.1.1 Methode der epitympanalen Temperaturmessung
Die
Temperaturmessungen wurden mit dem Ohrthermometer ThermoScan pro LT der Firma
Braun als epitympanale Messung durchgeführt.
Als eigentliche
Kerntemperatur wird die an den Thermorezeptoren des Hypothalamus gemessene
Temperatur definiert. Weil das Trommelfell und das Temperaturkontrollzentrum
im Gehirn, der
Hypothalamus, von gemeinsamen Blutgefäßen versorgt werden, spiegelt die
epitympanale Temperaturmessung die Körperkerntemperatur besonders genau wieder
(Tiedt, 1993). Daher
werden Veränderungen der Körperkerntemperatur bei der Messung im äußeren Gehörgang
auch schneller und genauer angezeigt. Ein Vergleich der
Temperaturmesskurven
von Gehirn und Tympanon zeigt eine hoch signifikante Übereinstimmung. Die
beiden Temperaturverläufe sind praktisch kongruent (Foltan et al, 2004).
Abhängig vom Ort der
Messung ergeben sich verschiedene Normwerte, die in etwa die Differenz zur
Kerntemperatur beschreiben: Achselhöhle -0,4 bis -0,6°C, Mundboden -0,7°C,
Rektum -0,3°C, und
äußerer Gehörgang -0,1°C.
Die
Temperaturmessung wurde unmittelbar vor den Bädern und nach der obligatorischen
Ruhephase von 30 Minuten durchgeführt. So wurde nicht der direkte Wärmeeinfluss
des
Bades erfasst,
sondern die regulative Reaktion des Organismus auf die Anwendung.
Die Messungen wurden
an insgesamt 62 Patienten im Zeitraum Juli/August 2003 durchgeführt, die
- ausschließlich Levico-Bäder,
- Levico-Bäder alternierend mit Öldispersionsbädern
- Levico-Bäder alternierend mit Dampfbädern
- ausschließlich Öldispersionsbäder erhielten.
3.4.1.2 Durchschnittlicher Immediateffekt aller Levico-Bäder
3.4.1.3 Individueller Immediateffekt der Levico-Bäder
Der individuelle
durchschnittliche Immediateffekt wurde für jeden einzelnen Patienten als
individueller Mittelwert und individueller mittlerer Fehler berechnet und durch
ein
Histogramm
abgebildet.
Temp. in °C
3.4.1.4 Durchschnittlicher Immediateffekt der einzelnen Badetage
Für die Temperatur
aller Patienten jeweils vor und nach dem Levico-Bad wurden Mittelwert und
Streuwert des 1., 2., 3., …..n. Bades berechnet. Für jeden Badetag lässt sich
somit die
durchschnittliche
Temperaturdifferenz darstellen.
3.4.1.5 Durchschnittlicher Immediateffekt aller Bäder
Zur Darstellung der
Immediateffekte unterschiedlicher Bäderanwendungen, wurde für jede
Anwendungsart
- ausschließlich Levico-Bäder
- Levico-Bäder alternierend mit Dampfbädern
- Levico-Bäder alternierend mit Öldispersionsbädern
- ausschließlich Öldispersionsbäder
Mittelwert,
Standardabweichung, Maximum und Minimum ermittelt.
3.4.1.6 Längsschnitt-Beobachtung der Immediateffekte zur Darstellung
der dynamischen Veränderungen.
Zur Darstellung der
dynamischen Veränderungen der Temperaturregulation wurden die
Temperaturdifferenzen
der jeweils 1., 2., 3., …n. Bäder summiert und der Mittelwert
berechnet.
Im Falle der alternierenden
Bäder wurde eine Synchronisation erreicht, durch das Übereinanderstellen des
jeweils 1., 2., 3., …n. Levico-Bades und dann für alle Badetage der
Mittelwert der
Temperaturdifferenz ermittelt.
Die
Öldispersionsbäder werden, wie auch die Levico-Bäder, mit einer Badetemperatur
von 37°C vorbereitet.
3.4.1.7 Einzelfalldarstellungen
Einzelfalldarstellungen
der Temperaturverläufe vor und nach dem Bad über 4 Wochen Bäderanwendungen
sollen die kollektiv ermittelten Daten unterstreichen und individuellspezifische
Effekte der Bäder
mit dem Levico-Wasser darstellen.
3.4.2 Das Kurtagebuch
Die tägliche
Kontrolle von Befindensparametern mit vorgegebenen Kurtagebüchern, die über
subjektive Befindensänderungen Aufschluss geben, hat in letzter Zeit sehr an
Bedeutung
gewonnen. Dabei hat
sich gezeigt, dass die Befindensschwankungen einen wichtigen Indikator der
vegetativen Reaktionsdynamik darstellen (Hildebrandt, 1985;
Hildebrandt, 1990;
Hildebrandt und Brandt-Reges, 1992). Weiterhin sind Kurtagebuchuntersuchungen
auch zu vergleichenden Untersuchungen von Kureffekt und
Kurerfolg eingesetzt
worden (PRATZEL, und Mitarbeiter, 1993).
Da der Kureffekt
besonders am Rückgang von subjektiven Beschwerden erlebt wird, wurden für diese
Untersuchung tägliche Eintragungen in einem Kurtagebuch ausgewertet. Die
Führung von solchen
Kurtagebüchern hat sich bereits in vielen Kurorten bewährt, da von Seiten der
Kurpatienten nur wenig Zeit dafür aufgewendet werden muss und der Tagesablauf
nicht durch
aufwendige Messungen gestört wird. Zahlreiche Arbeiten zeigen einen parallelen
Verlauf von subjektiven Befindensänderungen und objektiv gemessenen
Funktionsänderungen
(Hildebrandt und Frank, 1974, Lammert, 1986, Muhry, Hildebrandt, Moser, 1994).
Das in den
Untersuchungen der Bad Gleichenberger Forschungsstelle bewährte Kurtagebuch
Wurde von
Mitarbeitern des Arbeitskreises um Prof. Gunther Hildebrandt für
Längsschnittuntersuchungen ausgearbeitet. Es stammt aus dem Institut für
Arbeitsphysiologie
und
Rehabilitationsforschung der Universität Marburg/Lahn und dem Grote Institut in
Bad Berleburg (vgl. Hildebrandt, 1959, Baier, 1970, Ficker, 1973, Frank, 1974,
Riedel, 1977).
Die Fragen sind so
gestellt, dass die Beantwortung den Patienten keine Schwierigkeiten bereitet.
Es gibt in der Regel 3-4 Antwortmöglichkeiten, die jeweils zu einer Ziffer,
entsprechend den
Schulnoten, verschlüsselt werden. Durch die tägliche Dokumentation können
kurzfristige Schwankungen des Befindens und Krisensituationen erfasst werden.
Das Kurtagebuch
wurde den Patienten beim ärztlichen Aufnahmegespräch zusammen mit dem Herdecker
Fragebogen zur Lebensqualität übergeben und erläutert.
Das Kurtagebuch aus
dem Institut für Arbeitsphysiologie und Rehabilitationsforschung der
Universität Marburg/Lahn und dem Grote Institut in Bad Berleburg erhielt ein
verändertes
Layout. Für die
italienischen Patienten wurde der Fragebogen von Dr. med. Stefano Gasperi in
die italienische Sprache übersetzt. Beide Kurtagebücher sind im Anhang
abgedruckt.
3.4.2.1 Auswertungen des Kurtagebuchs
Die Kurtagebucheintragungen
wurden über 27 Tage ausgewertet.
Folgende neun
Fragen/Items wurden für die Auswertung ausgewählt:
- Wie fühlen Sie sich im Vergleich zu gestern?
- Wie sind Sie gestern eingeschlafen?
- Sind Sie nachts aufgewacht?
- Haben Sie geträumt?
- Fühlen Sie sich ausgeschlafen?
- Wie ist Ihre Stimmung heute?
- Wie war Ihr Appetit heute?
- Haben Sie heute Mittag geschlafen?
- Fühlen Sie sich besser, gleich oder schlechter als vor der Kur?
dazu kamen weitere sechs Items über das Auftreten folgender
Beschwerden:
- Kopfschmerz
- Schwindel
- Vermehrtes Schwitzen
- Bauchbeschwerden
- Innere Unruhe
- Angstgefühl
3.4.2.2 Statistische Methodik
Zur Darstellung des
mittleren Kurverlaufes wurde für das Gesamtkollektiv der Patienten für jedes
Item und jeden Kurtag der arithmetische Mittelwert berechnet,
die
Standardabweichung, sowie der mittlere Fehler des Mittelwertes,
Das Ergebnis wurde
jeweils als Liniendiagramm dargestellt. Dieser Diagrammtyp eignet sich für die
Darstellung von kurzfristigen Veränderungen und Tendenzen, welche durch die
tägliche
Befragungsform erfasst werden.
Um die periodischen
Strukturen, die dem Reaktionsmuster des Kurverlaufs zugrunde liegen, deutlicher
herauszuarbeiten, wurden die Einzelkurven als aufsummiertes Liniendiagramm
dargestellt.
Anschließend wurden
die einzelnen Liniendiagramme einer einmaligen übergreifenden Dreiermittelung
unterzogen und eine Maxima-Minima-Berechnung durchgeführt.
3.4.2.3 Regressionsanalysen
Um für das
Patientenkollektiv die allgemeine Veränderungstendenz der einzelnen
Befindensparameter im Kurverlauf zu beurteilen, wurde jeweils die lineare
Regression
berechnet; nach der
Formel Y = a + b x
3.4.3 Systematisierte Erfassung der Lebensqualität (LQ)
Die in den letzten 15-20
Jahren neu entwickelte Möglichkeit zur systematisierten Erfassung der
Lebensqualität (LQ) von Patienten stellt einen Fortschritt in der medizinischen
Forschung
dar. Während bis
dahin im wesentlichen nur durch Erhebung technischer Messdaten der Anspruch auf
Wissenschaftlichkeit erhoben werden durfte, wird dieser nun auch der
Befragung von
Patienten zugestanden, nachdem dafür geeignete Methoden entwickelt worden sind.
Damit kommt der Patient selbst in angemessener Weise zu Wort (Olschewski,
1985).
Man verzichtet heute
auf eine allgemeingültige Definition der Lebensqualität und fasst sie
stattdessen als mehrdimensionales Merkmal auf, das sich im Wesentlichen aus
drei allgemein
anerkannten
Komponenten oder Dimensionen zusammensetzt: körperliche, psychische und soziale
Bedingungen (Fletcher, 1995). Wie die Krankheit sich in den körperlichen
Beschwerden, im
seelischen Verhalten und im sozialen Kontakt spiegelt, kommt darin zum
Ausdruck.
Zwei Aspekte sind
bei den genannten Dimensionen zu wenig berücksichtigt:
- Persönlichkeitspräsenz. Damit wird die Fähigkeit zu Zielsetzung und
Planung für Lebensaufgaben erfasst – ein wichtiger Aspekt in der
Krankheitsbewältigung und
Lebensgestaltung, der von den Strukturierungsmöglichkeiten der
Individualität des Patienten entworfen und durchgesetzt wird.
- Vitalität. Die vitalen Ressourcen sind während und nach einer
Krankheit häufig reduziert. Für diese vitalen Ressourcen hat der Kranke – auch
mancher Gesunde – oft
nicht genügend Bewusstsein, sodass es zur ärztlichen Beratung gehören
sollte diesen Bereich zu erfragen und mit der kurz- und langfristigen
Lebensplanung in Einklang zu bringen.
Beim erkrankten
Organismus und im Heilprozess liegen jeweils unterschiedliche Verschiebungen in
den Dimensionen vor. Erst die Verlaufskontrolle durch Vergleich
mehrerer
LQ-Schätzungen ergibt verwertbare Ergebnisse.
3.4.3.1 Herdecker Fragebogen zu Lebensqualität (HLQ)
Der von der
Abteilung für Klinische Forschung am Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke
entwickelte und 1996 veröffentlichte Herdecker Fragebogen zu Lebensqualität HLQ
ist ein
Instrument zur
Erfassung der allgemeinen Lebensqualität bei stationären Patienten (Guyatt,
1986). Der Fragebogen ist ein geeignetes Messinstrument, um
krankheitsübergreifend längerfristige Veränderungen der Lebensqualität zu
dokumentieren (Schulte und Kümmel, 1996) und dient bei ausreichendem zeitlichem
Abstand auch der Erfassung des Kurerfolgs, der etwa 3 Monate nach der Kur
beurteilt werden kann (Hildebrandt, 1985, S.176-181)
Um individuelle
Lebensqualität zu beschreiben und die individuellen Auswirkungen von Krankheit
und Therapie gezielt zu erfassen ist es sinnvoll, sich eines einheitlichen
Organismusbegriffs
zu bedienen, in dem die Dimensionen aufeinander abgestimmt sind und die
gleichzeitig den menschlichen Organismus vollständig erfassen.
Die
anthroposophische Auffassung von der Viergliedrigkeit des Organismus (R.S.,
1904, R.S. und Wegmann 1925) erfüllt diese Bedingungen und wird um die soziale
Dimension ergänzt,
welche die menschliche Organisation auf allen vorgenannten Ebenen umgreift.
Der Herdecker
Fragebogen zur Lebensqualität umfasst in der allgemeinen Fassung 39 allgemeine,
nicht krankheitsspezifische Aussagen (Items) unterschiedlicher Ausprägung, die
den folgenden
Subklassen zugeordnet werden können:
- körperliche Verfassung
- Vitalität
- Seelisches Verhalten
- Persönlichkeitspräsenz
- Soziales Umfeld.
Die ersten vier
dieser Skalen sind aus dem Konzept der anthroposophischen Viergliederung des
Menschen abgeleitet.
- Die körperliche Verfassung entspricht dem Physischen (Physischer
Leib). Dieses kann gemessen, gewogen, berührt werden. Die anderen Strukturen
projizieren sich unterschiedlich intensiv hinein.
- Die Vitalität entspricht dem Lebendigen (Ätherleib). Die lebendige
Organisation umfasst alle regenerativen, reproduktiven, gesundenden und
ernährenden Vorgänge. Sie unterliegt der Gesetzmäßigkeit des Rhythmischen und
der Gestalt-Verwandlung.
- Das seelische Verhalten entspricht dem Seelischen (Astralleib). Als
Organisation ermöglicht sie nicht nur seelisches Erleben, sondern sie ist so zu
verstehen, dass sie mit einem Teil
ihrer Kraftstruktur auch das Physisch-Lebendige durchdringt und damit
alle Formen des Bewegens eines Organismus ermöglicht. Diese Doppelnatur – Bewusstsein
und Bewegung –
macht
verständlich, warum sich Krankheitsprozesse des Physisch-Lebendigen im
Seelischen spiegeln können.
- Die Persönlichkeitspräsenz entspricht dem Ich. Dies ist die
integrierende Kraftstruktur, die die anderen drei koordiniert und durchdringt.
Als das eigentlich geistige Prinzip vermag es
sich selbst zu erfassen. Dies erlebt man als Eigenständigkeit der
Person, ihr Freiheitsvermögen und ihre Einmaligkeit. Zu jedem Item gab es 5
Antwortmöglichkeiten, die durch ein Gegensatzpaar aufgebaut waren und durch die
moderateren Übergänge zu einer fünfstufigen Skala ergänzt wurden. Sie wurden
numerisch von 0-4 bewertet.
- Fragen nach Häufigkeit: Antwortskala: nie – selten – gelegentlich –
oft - immer
- Fragen nach Intensität: Antwortskala: gar nicht – kaum – mäßig –
ziemlich – außerordentlich.
Für die
italienischen Patienten wurde der Fragebogen von Dr. med. Stefano Gasperi,
zweisprachiger behandelnder Arzt an der Casa di Salute Rafael, in die
italienische Sprache übersetzt.
3.4.3.2 Definitionen des Zeitfensters
Jedes
LQ-Messinstrument fragt nach der Lebensqualität in einem bestimmten
Bezugszeitraum, dem so genannten Zeitfenster. Dieser Zeitraum sollte so gewählt
werden,
dass kurzfristige
Befindlichkeitsschwankungen das vermittelte Bild nicht dominieren können. Das
Zeitfenster des HLQ bezieht sich auf die vergangene Woche.
Der Fragebogen wurde
den Patienten zu Kurbeginn, während des ärztlichen Aufnahmegespräches
ausgehändigt und vom Patienten unmittelbar ausgefüllt. Der zweite
HLQ wurde nach 14
Tagen Kur und der 3. Fragbogen 3 Monate nach Kurbeginn ausgefüllt.
3.4.3.6 Methoden zum Vergleich der Subskalen untereinander
Zur Darstellung der
prozentualen Veränderung der Lebensqualität in den 5 Subskalen wurden
zu Kurbeginn die
einzelnen Items des HLQ1 aller Patienten summiert und anschließend wiederum
summiert in der Subskala zusammengefasst. Das gleiche wurde für den HLQ2
(nach 14 Tagen) und
den HLQ3 (nach 3 Monaten) durchgeführt und die prozentuale Veränderung
gegenüber dem Kurbeginn errechnet: (T2-T1)*100/T1 bzw. (T3-T1)*100/T1
Die Auswertung der
HLQ 1-3 wurde für das gesamte Patientenkollektiv von 53 Patienten
vorgenommen.
Die Berechnungen der
HLQ 1 und HLQ 2 wurde aufgrund des höheren Anzahl von 105 Patienten weiter
differenziert in:
- Kurbeginn bis Juni / Kurbeginn ab Juli
- Patienten unter 55 Jahren / Patienten über 55 Jahren
- Frauen / Männer
- Italienische Patienten / Deutsche Patienten
Die prozentuale
Veränderung der Lebensqualität in den 5 Subskalen wird durch Säulendiagramme
dargestellt.
4. ERGEBNISSE
4.1 Immediateffekte
4.1.3 Individuelle
Immediateffekte der Levico-Bäder
Die Abb. 4.2 zeigt
die Mittelwerte und den Mittleren Fehler der Mittelwerte der individuellen
Temperaturdifferenzen bei der Behandlung mit Levico-Bädern. Die Reihenfolge
wurde nach
der Reaktionshöhe
angeordnet. Bei Patient 1 ergab sich im Mittel ein Temperaturabfall um 0,133°C.
Patient 35 zeigte mit durchschnittlich 0,775°C die stärkste Temperaturzunahme.
Die
übrigen Patienten
lagen dazwischen.
Der mittlere Fehler
des Mittelwerts der individuellen Temperaturdifferenzen zeigt ebenfalls von
Patient zu Patient eine deutlich variierende Streubreite, die sich nicht
proportional zu der
Höhe des
Mittelwertes verhält. So hat Patientin 4 eine minimale Reduktion von T, aber
eine hohe Streubreite, Patientin 5 einen minimalen Anstieg von T, und eine
geringe Streubreite.
Doch können auch
Patienten mit einer starken Veränderung von T, wie Patientin 31, eine geringe
Streubreite ihrer Temperaturreaktion, und auch, wie bei Patientin 32, eine hohe
Streubreite
aufweisen.
Die erstaunlichen
Schwankungen der Streuung von Patient zu Patient, wie auch der
durchschnittlichen Temperaturdifferenz zeigen an, dass die individuellen
Reaktionen von
Bad zu Bad
erhebliche Unterschiede aufweisen können. Aufschluss darüber kann nur eine
Untersuchung des einzelnen Bades im Verlauf der Kuranwendungen bringen.
4.1.4 Durchschnittlicher Immediateffekt im Verlauf der Bäderanwendungen
Zur Beurteilung des
durchschnittlichen Immediateffektes der Levico-Bäderanwendung im Verlauf,
wurden zunächst drei definierte Zeitpunkte bzw. Bäder herausgegriffen.
Patientenkollektiv
zu überschauen mussten bei Abb. 4.4 Lücken bei den Messwerten in Kauf genommen
werden.
In beiden
Abbildungen zeigt sich eine Vereinheitlichung der Reaktion auf die
Levico-Bäder.
Die Abschwächung des
Temperaturanstiegs, sowie die Verminderung der Streubreite und Varianz,
entsprechen den Anforderungen einer Adaptation im Sinne einer Homogenisierung
der Reaktion, die
eine Anpassungsreaktion des Organismus an einen Reizfaktor, in unserem Fall an
das Levico-Bad, darstellt.
Die Abbildung 4.5
zeigt die durchschnittliche Temperaturveränderung durch die tägliche (mit
Ausnahme des Sonntags) Anwendung der Levico-Bäder im Verlauf vom 1. bis zum 12.
Bad.
Der durchschnittliche
Basalwert der Temperaturen (vor dem Bad) unterliegt deutlichen Schwankungen. So
stellt sich Bad 5 mit einem Minimum, Bad 12 mit einem Maximum des
Ausgangswertes dar.
Auch die Streubreite des Basalwertes zeigt erhebliche Unterschiede wie z.B. im
Vergleich zwischen dem 6. Bad mit geringer Spannweite und dem 7. Bad mit einer
großen Spannweite.
Das gleiche gilt für die Höhe und Streubreite der Temperaturen nach der
Anwendung.
Die
Temperaturdifferenz zeigt bei der 3., 8. und 11. Anwendung eine Abflachung, die
einem geringeren durchschnittlichen Temperaturanstieg an diesem Badetag
entspricht. Die Variation
von Temperatur wird
nicht deutlich.
Im Längsschnitt
zeigt sich bei den Levico-Bädern eine reaktive Periodik von jeweils 5 Bädern
mit einer zunehmend negativen Tendenz der mittleren Temperaturdifferenz am 3.,
8., 13. und 18. Badetag.
Bei gleicher
Badetemperatur von 37°C zeigt der durchschnittliche Immediateffekt der
verschiedenen Bäderanwendungen im Hinblick auf Mittelwert, Standardabweichung,
Minimum und
Maximum deutliche
Unterschiede.
Reine
Levico-Anwendungen führen zu einem durchschnittlichen Anstieg der Temperaturen
von 0,344°, Levico-Bäder im Wechsel mit Dampfbäder einen geringeren
durchschnittlichen Anstieg
von 0,24°C. Levico-Bäder im Wechsel mit Öldispersionsbädern haben fast den
gleichen Anstieg der mittleren Temperatur wie reine Levico-
Bäderanwendungen mit
0,346°C. Die Anwendungen von ausschließlich Öldispersionsbädern führen zum
stärksten durchschnittlichen Temperaturanstieg mit 0,51°C.
Die Auslenkung der
Minima und Maxima ist am stärksten bei den Levico-Bädern, und mit jeweils 1,9°C
identisch in beiden Richtungen. Ein Überwiegen der Erwärmung zeigt sich am
deutlichsten bei den
Öldispersionsbädern mit einer ebenfalls kräftigen Auslenkung des Maximums. Am
geringsten ist die Reaktionsbreite bei den Levico-Bädern im Wechsel mit
den Dampfbädern.
Bis auf die
Parameter Appetit, Mittagsschlaf und das Befinden im Vergleich zum Vortag
zeigen die übrigen Parameter eine eindeutige Tendenz der Besserung des
Befindens im
Kurverlauf.
Insbesondere die Qualität des Schlafs und die Stimmung haben sich bei den
Patienten deutlich verbessert. Auffallend ist auch die Die zunehmend bessere
Beurteilung des
Befindens gegenüber
der Situation vor der Kur.
Die zunehmend
schlechte Beurteilung des Mittagsschlafs kann sich daher erklären, dass die
Patienten aufgrund der Verbesserung ihres Gesamtbefindens und Nachtschlafes in
der 3. und
4. Kurwoche keinen
Mittagsschlaf mehr gehalten haben. Das entspricht der Beobachtung, dass sie
zunehmend nach dem Mittagessen Unternehmungen geplant haben.
4.2.7 Zusammenfassung der Ergebnisse
Die Ergebnisse der
Befindensurteile zeigen im Kurverlauf keine stetige Veränderung oder gar eine
lineare Kurvenform. Vielmehr handelt es sich um einen gegliederten
Kurvenverlauf mit
einem periodischen
Verlaufsmuster (Abb. 4.12-4.20). Zur Beurteilung der Verlaufsperiodik wurden
zusätzlich die Verlaufskurven nach einfacher Kurvenglättung durch
Dreiermittelung
dargestellt.
Ein höherer Wert
bedeutet eine Verschlechterung, ein niedriger Wert eine Verbesserung des
Befindens.
Für die
Befindensurteile über Appetit, Einschlafverhalten, Durchschlafverhalten,
Erholung durch den Schlaf und das Vergleichsurteil gegenüber dem Kurbeginn kann
man ein frühes
Maximum zum Anfang
der zweiten Kurwoche und im weiteren Verlauf eine zunehmende Dämpfung der
Amplitude feststellen.
Die Fragen: „Wie
fühlen Sie sich im Vergleich zu gestern?“ und „Fühlen Sie sich besser, gleich
oder schlechter als vor der Kur?“ und der Stimmungsverlauf zeigen eine
Zirkaseptanperiodik
mit maximaler Auslenkung Mitte der 3. Kurwoche. Das Mittagsschlafverhalten hat
eine stark ansteigende Tendenz (auch ansteigende Regressionsgerade) mit Maxima
in der 3. und 4. Kurwoche.
Ob es sich hier um ein spätreaktives Muster handelt oder die Patienten,
aufgrund des verbesserten Befindens und der zunehmenden sozialen Aktivität ihre
Mittagsruhe nicht
mehr halten, bleibt eine offene Frage.
Insgesamt gibt es
eine deutliche Dominanz der Zirkaseptanperiodik, die für das frühreaktive
Reaktionsmuster des Kurverlaufs charakteristisch ist. Besonders gut lässt sich
die Periodik
darstellen, wenn die
Verlaufskurven aufsummiert werden und gleichsinnige Tendenzen sich
zunehmend
verstärken. Auch die Frühkrise am 3. Kurtag tritt durch diese Art der
graphischen Darstellung gut sichtbar hervor.
Die
durchschnittlichen Beschwerdenurteile zeigen im Kurverlauf eindeutig
rückläufige Tendenzen. Weiterhin lässt sich eine klare Reaktionsperiodik
nachweisen.
4.3.4 Vergleichende Ergebnisse des HLQ 1 und 2
Im Vergleich der 5
Subskalen miteinander sieht man wiederum den deutlichsten Effekt der Therapie
mit dem Levico-Wasser im Bereich der Vitalität, wie auch schon bei dem
Patientenkollektiv HLQ
1-3 von 53 Patienten.
Bei der weiteren
Differenzierung (Abb. 4.36) der Patienten nach Alter, Zeitpunkt des
Kurbeginns im
Jahreslauf, nach Geschlecht und Nationalität, zeigen sich deutliche
Unterschiede
zwischen den Vergleichskollektiven bei den einzelnen Subklassen. Besonders
auffällig sind diese
bei der Vitalität und der Dimension Soziales Umfeld.
Übersicht über die
Verteilung der Patienten auf die Vergleichskollektive:
Kurbeginn: 42
Patienten bis Juni - 63 Patienten ab Juli
Alter: 55 Patienten
unter 55 Jahre - 50 Patienten über 55 Jahre
Geschlecht: 82
Frauen - 23 Männer
Nationalität: 48
Italienische Patienten - 57 Deutsche Patienten
4.3.5 Differenzierte Ergebnisse des HLQ 1 und HLQ 2
5.1 Diskussion zur
Methodik
5.1.1
Immediateffekte
Durch das Erfassen von
Immediateffekten der Temperaturregulation im Sinne einer
Reiz-Reaktions-Therapie im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem
Levico-Bad, wird
eine einzelne
Maßnahme isoliert untersucht, welche den Behandlungsschwerpunkt der
Kuranwendung darstellt.
Mit der
epitympanalen Temperaturmessung ist die Möglichkeit gegeben, die
Temperaturmessung in unmittelbarer Nähe zu dem Bereich der integrierten
zentralen
Überwachung der
Thermoregulation vorzunehmen: dem Hypothalamus.
Diese
Integrationsstufe stellt einerseits eine zentrale Instanz des gesamten
autonomen Systems dar, lässt andererseits aber auch deutliche Merkmale einer
Übergangsstufe zwischen
den unteren
einfacher strukturierten Regelkreisen und solchen autonomen Reaktionsmustern
erkennen, die bereits die Komplexität von Verhaltensmustern haben. Dabei lassen
sich Areale
unterscheiden, deren
Reizung entweder mehr leistungsbetonte, Spannung steigernde autonome Muster
(Ergotropie) auslöst, und solche, die auf Entspannung, Ruhe, Erholung und
Befriedigung zielen
(trophotrop-endophylaktische Muster) (Hess, 1948, Koizumi und Brooks, 1972).
Die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen diesen beiden Funktionstendenzen und
die Repräsentation
zentraler Schaltstellen für die Regulation aller Teilbereiche des „internen Milieus“
kennzeichnen die Bedeutung dieser Integrationsstufe für die Aufrechterhaltung
vegetativer
Gleichgewichte. Diese Funktion der Homöostase ist aufs engste verknüpft mit der
Fähigkeit einer permanenten zeitlichen Gliederung, die dazu führt, dass die gegensätzlichen
Tendenzen der
autonomen Funktionen in rhythmischem Wechsel dominieren (Hildebrandt, 1979),
Die in der
Bäderheilkunde verwendeten Reize treffen im Organismus auf besonders vielfältig
abgestufte Rezeptorsysteme. Thermisch empfindliche Strukturen finden sich nicht
nur in Haut
und Schleimhäuten,
sondern auch in den Geweben, den Transport- und Verteilungssystemen, sowie als
zentrale Fühlerinstanzen im Kopfbereich und in den regelnden Zentren des
Gehirns
selbst (Simom, 1974,
Werner, 1980). Dort finden sich die Regelzentren, die besonders für die
tiefengestaffelten Rezeptorsysteme der Enterozeption die oberste Fühlerinstanz
darstellen
(z.B. für thermische
und osmotische Reize).
Die ausgeprägte Tiefenstaffelung
der Rezeptorsysteme lässt die vielfältigen Möglichkeiten einer Abstufung
therapeutischer Reaktionen im vegetativ-autonomen Bereich erkennen, die
allein durch die
mehr oder weniger große „Tiefenwirkung“ von Warn- und Störreizen gegeben sind.
Die rückgekoppelte
Kreisstruktur der Regeleinrichtungen macht alle Funktionskreise in der Regel
schwingungsfähig (Drischel, 1973, Rensing, 1973), so dass sie sowohl spontane
Rhythmizität, wie
auch periodische Antworten zeigen können. Solche Oszillationen sind aber nicht
nur als Abfallprodukte der homöostatischen Regelung zu betrachten, sie erweisen
sich
vielmehr als eigenes
Ordnungssystem das in einem umfassenden Zusammenhang steht (Hildebrandt, 1961,
1967, SINZ 1978, 1980).
Eine Abgrenzung
reaktiv ausgelöster periodischer Vorgänge gegenüber den vegetativautonomen
Spontanrhythmen wurde erst in den letzten Jahrzehnten vorgenommen. Dabei
konnten folgende
charakteristische Eigenschaften der reaktiven Perioden, die in allen
Größenordnungen der Periodendauer zu beobachten sind, herausgearbeitet werden:
- sie treten nur nach Reizbelastung auf
- die Amplituden werden mit dem Fortschreiten der regulatorischen
Kompensation gedämpft
- die Periodendauer der reaktiven Perioden sind nicht identisch mit
denen der Spontanrhythmen, stehen aber vorwiegend in einfacher ganzzahliger
Beziehung zu ihnen
- die Phasenlage wird vom Reizzeitpunkt bestimmt
Die Bestimmung der
epitympanalen Temperatur soll überprüfen, ob sich im Bereich des Hypothalamus
spezifische Immediatreaktion nachweisen lassen können, die durch
Reizanwendungen mit
den Levico-Bädern ausgelöst werden.
5.1.1.1 Vergleich der
durchschnittlichen Immediateffekte bei sublingualer und epitympanaler
Temperaturmessung in
einer Längsschnittdarstellung.
Die
Längsschnittdarstellung der oral bzw. sublingual gemessenen Temperaturdifferenz
zeigt in ihrem Verlauf eine wesentlich andere Dynamik als die der epitympanalen
Messung. Der
auffallende
Temperaturabfall, der bei den Levico-Bädern periodisch bei jedem fünften Bad
auftritt (Levico-Effekt), zeigt sich bei der sublingualen Messmethode erst beim
10. Bad.
5.1.1.2 Vergleich individueller Immediateffekte bei sublingualer und
epitympanaler
Temperaturmessungen
in einer Längsschnittdarstellung.
Die sublinguale
Temperaturmessung wurde in der 3. Kurwoche unterbrochen und in der 4. Woche
wieder aufgenommen.
Der individuelle
Temperaturverlaufs zeigt deutliche Unterschiede zwischen den sublingual und
epitympanal gemessenen Temperaturen. Die beiden unterschiedlichen Meßmethoden
bilden für die ersten
12 Bäder eine gegenläufige Tendenz sowohl bei der Ausgangstemperatur vor dem
Bad (blaue Kurven), wie auch bei der Temperaturreaktion nach dem Bad ab.
Die vor dem Bad
gemessenen sublingualen Temperaturen sind bei der Patientin zunächst sehr
niedrig und steigen im Kurverlauf langsam an, während die epitympanal
gemessenen
Temperaturen sich
auf einem konstanten Niveau bewegen.
Wie bereits in
3.4.1.1 beschrieben bietet die im äußeren Gehörgang gemessene
Tympanontemperatur eine hohe Korrelation zur Temperatur im Bereich des
Hypothalamus.
(Foltan et al,
2004). So kann mit der Meßmethode die regulative Reaktion des Organismus auf
die Anwendung erfasst werden.
Eine interessante
Beobachtung war, dass die sublingual gemessene Temperatur dem subjektiven
Wärmempfinden der Patienten entsprach (Körperschale), während die
epitympanale
Temperatur, welche die zentrale Thermoregulation abbildet, von den Patienten
häufig mit großem Befremden erlebt wurde. Sie waren gut in der Lage die
sublinguale
Temperatur zu schätzen,
während es ihnen nicht gelang, die epitympanale Temperatur einzuschätzen.
Auffallend ist bei
letzteren die negative Temperaturdifferenz beim 12. Bad.
Das bereits
beschriebe Phänomen des Levico-Effekts kann bei dieser Patientin, die
Levico-Bäder im Wechsel mit Hypericum-Öldispersionsbädern erhielt, nur mit der
epitympanalen
Messung dargestellt
werden. Sie tritt im Zusammenhang mit dem 6. Levico-Bad auf und scheint sich
als eine für das Levico-Bad spezifische modifizierte Reaktion der höheren
Regulationsebene,
des Hypothalamus, darzustellen.
Die Methode der
epitympanalen Temperaturmessung ist also geeignet, die reaktiven zentralen
Regulationsprozesse zu erfassen, die durch die diskontinuierlich-iterativen
Reizfaktoren bei
Anwendung mit
Levico-Bädern als Immediateffekte ausgelöst werden.
5.1.2 Kurtagebuch
Der Befund einer
allgemeinen Befindensverbesserung bzw. Abnahme von Befindensstörungen im
Kurverlauf ist von zahlreichen Autoren und an verschiedenen Kurorten mit
unterschiedlichem Behandlungsregime erhoben und systematisch ausgewertet worden
(Hildebrandt, 1985, Franke, 1962, Rechtsprecher, 1980, Hoewer, (1980), Wiemann,
(1981), Webert, 1981, Zipp, 1981, Zeising 1982, Sauer, 1983, u.a.).
Engel und
Mitarbeiter (1963) haben bei der „Objektivierung psychophysischer Umstellungen
im Kurverlauf“ objektive Verlaufskurven dem Verlauf subjektiver
Befindensschwankungen gegenübergestellt. Hentschel (1968) und Stalling, (1960),
berichteten, dass im Zusammenhang mit vegetativen Umstellungen während
CO2-Sole-Thermalbädern bzw. CO2-Bädern die Verschlechterung objektiver
Kriterien mit einer synchronen Steigerung subjektiver Beschwerden einhergeht.
Zeising, Hildebrandt und Stornfels (1979) konnten einen positiven Zusammenhang
zwischen objektiv gemessenen
Daten und subjektiv
empfundenen Effekten und ihrer Reaktionsperiodik während Gruppenübungen beim
Autogenen Training nachweisen.
Ob nun subjektive
Empfindungen oder objektive Befunde diesen Untersuchungen zugrunde liegen, so
ist allen Beobachtungen eine weitgehend parallel verlaufende,
reaktiv-periodische
Gliederung des
Kurverlaufs gemeinsam. Subjektive Aussagen gelten daher heute als sensible
Indikatoren für die Kurverlaufs- und Kurerfolgsbeurteilung. Diese Tatsache kann
man einem
Einwand, dass
objektive Befunde die körperlichen Umstellungen im Kurverlauf sicherer
wiedergeben können, entgegenhalten.
Das in dieser Studie
eingesetzte Kurtagebuch wurde an der Forschungsstelle für Psychosomatik und
Kurmedizin Bad Gleichenberg in Anlehnung an Vorlagen von Prof.
Gunther Hildebrandt
entwickelt. Es bildet kurzfristige Veränderungen und Schwankungen im Kurverlauf
durch tägliche Befragung der Patienten zu ihrem Befinden ab.
Vor allem das
Auftreten von Kurkrisen lässt sich mit diesem Instrument gut darstellen. Es ist
ein häufig eingesetztes Messinstrument, das eine hohe Korrelation zu den
objektiv messbaren
physiologischen
Parametern besitzt, in der Durchführung jedoch wesentlich einfacher zu
handhaben ist.
5.1.3 Herdecker Fragebogen zur Lebensqualität
Der Herdecker
Fragebogen zur Lebensqualität wird als Instrument zur Erfassung der
allgemeinen
Lebensqualität im Therapieverlauf zunehmend neben anderen Formen der
Patientenbefragung eingesetzt (Doerfler, Blank, Eustachi, Gerhard, 2002,
Ostermann, Beer, Matthiessen, 2002). Eine Validierung im Vergleich mit den
wissenschaftlich anerkannten Fragebögen NHP (Nottingham Health Profile) und
SF-36 (Fragebogen zum Gesundheitszustand) wurde im Jahr 2003
von D. Bemzinover
durchgeführt. Die Korrelationsanalyse zwischen den 3 Messinstrumenten zeigt eine
hohe Übereinstimmung entsprechender Bereiche. Das bedeutet, dass der HLQ
ähnliche Aufgaben wie der SF-36 und der NHP erfüllt und sowohl in klinischen
als auch epidemiologischen Studien eingesetzt werden kann.
Im Gegensatz zum
SF-36 bezieht sich der HLQ nicht auf Situationen des beruflichen und häuslichen
Alltags und ist deshalb als Instrument für eine prospektive Beobachtung der
allgemeinen
Lebensqualität bei stationären Patienten geeignet. Der Herdecker Fragebogen zur
Lebensqualität wurde an der Universität Witten-Herdecke
entwickelt und
validiert. Eingesetzt wurde er unmittelbar vor Kurbeginn am Anreisetag, nach 14
Tagen Kur und 3 Monate nach Kurbeginn. In der frühen Phase nach 14 Tagen zeigt
er
durch die
Befindensverbesserung eine mittelfristige Veränderung der Lebensqualität an,
und in der postklinischen Phase eignet er sich mit einem Messzeitpunkt nach 3
Monaten zur
Beurteilung des
Kurerfolgs.
5.2 Diskussion der
Ergebnisse
5.2.1 Immediateffekte
Von den 35 Patienten,
die ausschließlich mit Levico-Bädern behandelt wurden, waren 27 Frauen, und 8
Männer. Sie erhielten insgesamt eine Anzahl von 288 Bädern.
Der
durchschnittliche Immediateffekt zeigt einen Temperaturanstieg von 0,34°C als
eine modifizierte Antwort auf den Bäderreiz.
In warmen Bädern
(Temperatur über dem Thermoindifferenzbereich von 34-36°C) werden die ersten
Reaktionen in der Regel über die Thermorezeptoren der Haut ausgelöst. Infolge
der
differentiellen
Empfindlichkeit der Hautrezeptoren kommt es zu überschießenden Kompensationen,
sodass die Kerntemperatur initial abfällt. Dies kann wegen der gegenseitigen
Beeinflussung
der zentralen
Rezeptoren zu nachfolgender Herabsetzung der Reaktionsstärke und dadurch zu
phasisch-periodisch (Witzleb, 1969) fortgesetzten
Schwankungen der
thermoregulatorischen Aktivität führen. Durch direkte thermische Beeinflussung
wird der Gefäßtonus der Haut und auch der Gewebsstoffwechsel verändert. Beides
geht mit
einer veränderten
Durchblutung der Haut einher. Reichen die von der Hautoberfläche ausgelösten
Gegenmaßnahmen nicht aus, kommt es zu Änderung der Bluttemperatur im
Körperkern, die ihrerseits über Erregung der zentralen Temperaturfühler weitere
Reaktionen in Gang setzen. Dabei kommt offenbar den thermosensiblen hypothalamischen
Zentren eine übergeordnete Bedeutung zu (Brück, 1970, Simon, 1974).
Die
thermoregulatorischen Maßnahmen des Körpers in warmen und heißen Bädern werden
überwiegend durch die sich ändernden Kerntemperaturen über die statisch
empfindlichen
zentralen Rezeptoren
bestimmt. Der Stresscharakter der durch Bäder erzwungenen thermischen
Bilanzstörungen führt bei serieller Wiederholung zweifellos zu längerwelligen
reaktiv-periodischen
Gesamtumschaltungen des vegetativen Systems von adaptivem Charakter, die
therapeutisch nutzbar sind (Drexel, 1970)
Die starken, von
Mensch zu Mensch deutlich variierenden Schwankungen der Temperaturreaktion auf
die Levico-Bäder, wie auch die deutlichen intraindividuellen
Schwankungen weisen
bereits darauf hin, dass die Reaktionen auf das einzelne Bad nicht gleichförmig
sind.
Weiterhin ließ sich
darstellen, dass die durch die Bäder ausgelösten regulativen
Veränderungen der
hypothalamischen Temperatur für die vier verschiedenen Bäderformen deutliche
Unterschiede aufweist (Abb. 4.8 und 4.9). Der deutlich höhere Temperaturanstieg
durch die
Öldispersionsbäder kann durch die homogen-feinstverteilten fetten Öle bewirkt
sein, die eine zusätzliche Hülle auf den vorhandenen Fettfilm auflagern und
dadurch das
thermische Verhalten
des Organismus verändern. Junge berichtet 1979 von Beobachtungen bei
Badeversuchen in Form des Öldispersionsbades, von einem Anstieg der
Körpertemperatur,
trotz einer um 1-2°C niedrigeren Badetemperatur. Inwieweit diese Beobachtungen
wissenschaftlich fundiert sind, lässt sich an dieser Stelle nicht klären. Da
die
ätherischen Öle gut
resorbiert werden, können auch die Einwirkungen auf den Hautstoffwechsel über
die Bildung humoraler Wirkstoffe (wie z.B. Azetylcholin) Einfluss nehmen.
Im Hinblick auf die
thermoregulatorischen Wirkungen des Levico-Bades scheint eine genauere
Betrachtung des Einzelbades und des Reaktionsverlaufes sinnvoll und notwendig
um festzustellen, ob
es eine spezifische modifizierte Reaktion auf den Reiz Levico-Bad gibt. Die
Betrachtung der Bäder zu drei ausgewählten Messzeitpunkten, dem 1., dem 6. und
dem
12. Levico-Bad,
zeigt bereits Adaptationsphänomene, als Ausdruck reaktiver Anpassungsleistung
des Organismus an eine regelmäßig wiederholte Auseinandersetzung mit
dem Kurfaktor
Levico-Bad. Die ausgelösten Modifikationen zeigen sich in einer Abschwächung
des Temperaturanstiegs und der zunehmenden Reduktion von Streubreite und
Varianz.
Nachdem wir
Phänomene der Adaptation bei der punktuellen Betrachtung einzelner Bäder
festgestellt haben, war der nächste Schritt zu untersuchen, ob es eine
zeitliche Gliederung der
reaktiven
Temperaturveränderungen gibt, so wie auch viele andere bereits ausführlich
untersuchte und beschriebene Funktionsgrößen ein periodisch strukturiertes
Reaktionsmuster
aufweisen (Hildebrandt,
1975).
Die
Längsschnittdarstellung der mittleren Temperaturdifferenzen ließ eine klare
periodische Rhythmizität über den Kurverlauf erkennen, die einer Periodik von
jeweils 5 Levico-Bädern entspricht.
Die
Temperatur-Verlaufskurven einzelner Patienten zeigen, dass es neben der
Temperaturregulation im Sinne eines Temperaturanstiegs auch Behandlungstage
gibt, an denen es zu einer Umkehr
der
Temperaturreaktion kommt (Levico-Effekt), von welcher anzunehmen ist, dass sie
für das rhythmisch-periodische Bild des durchschnittlichen
Temperaturverlaufs
verantwortlich ist. Diese Phänomene müssten weiter systematisch untersucht
werden.
Deutlich ist jedoch
auch bei der Längsschnittbetrachtung der mittleren Temperaturdifferenz, dass
die Reaktionsumkehr ein regelmäßiges Phänomen der Levico-Bäderbehandlung
darstellt
(Levico-Effekt), das
auch bei den alternierend angewandten Bädern auftritt, wenn auch zu einem
späteren Zeitpunkt. Bei den Patienten, die ausschließlich Öldispersionsbädern
erhielten,
kann der
Levico-Effekt nicht beobachtet werden.
5.2.2 Kurtagebuch
Der Rückgang der
negativen Befindensurteile, wie er sich im Rahmen der Längsschnittdarstellungen
(und letztlich auch an den Regressionsverläufen) zeigt, vollzieht
sich nicht in einer stetigen
oder gar linearen Kurvenform. Vielmehr handelt es sich um einen gegliederten
Kurvenverlauf mit einem periodischen Verlaufsmuster.
Bei der
Reaktionsperiodik des Kurverlaufs handelt es sich um vegetative
Gesamtumschaltungen (Hoff, 1957, 1969), wobei die Reaktionsdynamik einerseits
der funktionellen Adaptation und andererseits der trophisch-plastischen
Adaptation zugeordnet werden kann. Die beiden Formen der Adaptation
unterscheiden sich vor allem in ihrer Zeitstruktur, d.h. in ihrer Peiodendauer
und im
Dämpfungsverhalten der reaktiven Periodik, die wiederum von der vegetativen
Ausgangslage abhängig sind (Engel et al, 1963, Baier, 1972, Baier et al, 1974,
Hildebrandt, 1975, 1979).
So dominiert im
Bereich der funktionellen Adaption des Kurverlaufs ein Reaktionsmuster mit etwa
7-tägiger Periodik und früher Lage des Reaktionsmaximums, im Bereich der
trophischplastischen
Adaption dominiert
ein Reaktionsmuster mit etwa 10-tägiger Periodik und einem späten Maximum.
Die während der Kur
in Roncegno anhand von Kurtagebüchern festgestellten Befindensschwankungen
entsprechen im Wesentlichen denen früherer Untersucher
(Schäfer und
Hildebrandt, 1954, Meissner, 1967, Gasser, 1970, Heckerth, 1970, Höwer, 1980,
Zipp, 1981, Wiemann, 1981, Webert 1981).
Die aufsummierten
Liniendiagramme der Befindensverläufe zeigen ein erstes Maximum am 3. Kurtag.
Es handelt sich um ein seit langem bekanntes Phänomen einer krisenhaften
Befindensstörung im
Zusammenhang mit dem Komplex der Kureintrittsreaktion, die vor allem durch
Milieu- und Ortwechsel ausgelöst werden (HILLE, 1967a, 1967b, HILLE et al,
1968). Die Krise des
3. Tages ist v.a. durch die Urlaubsforschung bekannt geworden (Halhuber, 1960,
Hittmair, 1960, Webert, 1981 u.a.). Sie ist auch für Entlastungsreaktionen
nachgewiesen worden (Hildebrandt et al, 1975).
Die im weiteren
Verlauf der Kur auftretenden krisenhaften Störungen liegen im Bereich des 10.,
17. und 24. Kurtages, wie sich sowohl in den Längsschnittdarstellungen des
Befindensverlaufes,
wie auch bei der
Berechnung der Maxima und Minima der Befindensurteile deutlich darstellen
lässt. Sie folgen damit der Zirkaseptanperiodik der fortgesetzten vegetativen
Gesamtumschaltungen
im Kurverlauf.
Zugleich ist der erste Krisengipfel meist am stärksten ausgeprägt, was dem
frühreaktiven Typus des Reaktionsmusters bei dieser Periodendauer entspricht
(Hildebrandt, 1998).
Trümper beschreibt
1985 eine Häufung schlechter Befindensurteile um die Kurwochenenden herum. Die
Krisentage der Patienten in Roncegno lagen in etwa am 3en Tag einer jeden
Kurwoche, während
die durchschnittlichen Beschwerdeäußerungen an den Wochenenden am niedrigsten
ausfallen.
Die Frühkrise im
Bereich des 3. Kurtages ist ein typisches Phänomen der Sympathikotonen
Patienten (ihr Fehlen für den Vagotonen) und ein Hinweis auf das weitere
Reaktionsverhalten.
So sollte die
jeweils adäquate Fortsetzung der Kurbehandlung bei der Frühkrise des
Sympathikotonen zunächst schonend dosiert und ab der 3. Kurwoche gesteigert
werden,
während die spät
reagierenden Vagotonen nach anfänglich kräftigen Behandlungsreizen in der 3.
Kurwoche schonender bedacht werden sollten (Hildebrandt, 1963).
Die Hauptkurkrisen
in der 2. und 3. Kurwoche sind ein wichtiger Indikator für das Eintreten der
therapeutisch angestrebten vegetativen Umstellung, die in der Balneotherapie
früherer
Zeiten „provoziert
und von Arzt und Patient freudig begrüßt wurden“( Hildebrandt, 1978)
Für die Kuranwendung
in Roncegno kann festgestellt werden, dass die vielfach für Kurverläufe
beschriebenen Kureffekte im Sinne einer typischen Reaktionsperiodik
nachweisbar sind.
Untersuchungen der letzten Jahre mit Kurtagebüchern haben ergeben, dass nur bei
positiven Kureffekten eine signifikante Zirkaseptanperiodik im Kurverlauf
entwickelt
wurde (Moog und
Hildebrandt, 1994)
Um Kureffekte über
den Zeitraum von 4 Wochen hinaus und den Kurerfolg zu beurteilen, haben wir mit
der Auswertung des HLQ im folgenden Kapitel ein Langzeitergebnis.
5.2.3 Herdecker Fragebogen zur Lebensqualität
Für alle 5
Subklassen der Lebensqualität konnte eine deutliche Verbesserung nach 14 Tagen
Kur nachgewiesen werden, die sich auch nach Rückkehr in den häuslichen Alltag
in der
Tendenz weiter
fortsetzt und in der Befragung drei Monate nach Kurbeginn erfasst werden
konnte. Mit Ausnahme der Subklasse Soziales Umfeld, die nur signifikante
Ergebnisse aufweist,
war das Ergebnis für die übrigen 4 Subklassen hochsignifikant. Die bis zum
Kurende eingetretenen subjektiven und objektiven Veränderungen, die den
Kureffekt (Lühr,
1959) bzw. das Kurergebnis (MENGER, 1966) ausmachen, können nicht ohne weiteres
mit dem Erfolg der Kur gleichgesetzt werden. Die reaktiven Prozesse müssen
am Ende einer 4-
oder 6-wöchigen Behandlung durchaus noch nicht abgeschlossen sein. Zum anderen
kann die Fortsetzung dieser reaktiven Vorgänge durch die Rückkehrreaktion mehr
oder weniger gestört
werden. Der Kurerfolg ist nicht ein stabiler Zustand, sondern ein dynamischer
Ablauf, der erst Monate nach der Kur beurteilt werden kann.
Vergleichsuntersuchungen
zwischen Kureffekt und Kurerfolg nach 3-6 Monaten haben bei verschiedenen
Kurformen übereinstimmende Ergebnisse erbracht (Lachmann et al, 1960, Engle et
al,
1963, Baier,
1975).Die häufigste Differenz zwischen Kureffekt und Kurerfolg bestehen darin,
dass sich Befund und Befinden nach der Kur auch dort noch verbessern können, wo
zunächst kein positiver Kureffekt feststellbar war.
Eine Möglichkeit
über den Kuraufenthalt hinaus Kureffekte und Kurerfolg zu beurteilen, ist die
fortgesetzte tägliche Kontrolle des Befindens über ein Nachkurtagebuch, wie es
von
Muhry, Hildebrandt,
Moser et al 1993 in Bad Gleichenberg eingesetzt wurde, um den Nachkurverlauf zu
beobachten. Beobachtungen von Nesswtha und Nathusius weisen darauf hin, dass
das individuelle Reaktionsvermögen die Dynamik des Nachkurverlaufs
mitgestaltet. Da das Reaktionsmuster des Kurverlaufs selbst von der
individuellen vegetativen Ausgangslage mitbestimmt wird, ist es nicht
verwunderlich, dass die katamnestisch kontrollierten Kurerfolge von der
Ausgangslage abhängig sind (Schäfer und Hildebrandt, 1954).
Untersuchungen des
Nachkurerfolgs sind methodisch besonders aufwändig, so dass meist auf
katamnestische Befragung des Patienten oder behandelnden Arztes zurückgegriffen
wird. Den
subjektiven Angaben
der Patienten über Kureffekt und Kurerfolg werden häufig Vorbehalte
entgegengebracht (Stützle, 1960, Schoger, 1967)
Das erneute
Aufgreifen eines vor und während der Kur eingesetzten Befragungsinstruments zur
Lebensqualität, scheint ein geeignetes Mittel der katamnestischen Kontrolle des
Kurerfolgs zu sein.
Die im Wesentlichen hochsignifikanten Ergebnisse bestätigen sowohl die
Langzeitwirkung und den Kureffekt der Bäderkur mit dem Levico-Wasser, als auch
die
Tauglichkeit des
Untersuchungsinstruments Herdecker-Fragebogen zur Lebensqualität/HLQ.
Der Vergleich der
prozentualen Veränderung der Lebensqualität in den verschiedenen Subklassen
zeigt für die Vitalität eine überproportional große Auslenkung, gefolgt von der
körperlichen
Verfassung sowohl nach den ersten 14 Tagen Kur, wie auch weiterhin in der
Nachkurbetrachtung. Auffallend ist auch die im Nachkurverlauf sich verstärkt
fortsetzende
Persönlichkeitsentwicklung.
Die deutlichen
Unterschiede bei der differenzierten Auswertung der Fragebögen im Hinblick auf
Alter, Geschlecht, Zeitpunkt des Kurbeginns und Nationalität nach 14 Tagen
Kuraufenthalt, weist
auf unterschiedliche Voraussetzung für die Veränderung der
Lebensqualitätsparameter hin.
Inwieweit die
überproportionalen Veränderungen insbesondere der Vitalität und im
Nachkurverlauf der Persönlichkeitspräsenz eine spezifische Wirkung der
Behandlung durch
Levico-Bäder
darstellen könnte, muss durch weitere Untersuchungen geklärt werden.
5.3 Wissenschaftliche Studien zur Anwendung des Levico-Wassers:
Die folgenden
Literatur-Stellen zur Behandlung mit dem Levico-Wasser sind der Vollständigkeit
halber in die Studie aufgenommen worden. Sie berücksichtigen jedoch nicht
den mit dieser
Studie verfolgten adaptiven Ansatz, weshalb sie in der Diskussion nicht
besprochen werden. (Gaja CG., 1967):
6. ZUSAMMENFASSUNG
Hintergrund:
In der Balneologie
und Klimatologie sind im Laufe der letzten Jahrzehnte durch zahlreiche und
vielfältige Kurlängsschnittuntersuchungen neue Erkenntnisse über die
umfassenden
vegetativen
Gesamtumschaltungen gewonnen worden, welchen der Organismus im Laufe eines
Kuraufenthaltes unterworfen ist. So konnten typische Reaktionsphänomene der
Kurbehandlung
nachgewiesen und als wichtige Indikatoren für den Wirkungsnachweis beschrieben
werden. Federführend in diesem Forschungszweig war Prof. Dr. G.
Hildebrandt, der
eine Fülle von Veröffentlichungen zu diesen Themen angefertigt und angeregt
hat. Analyse und Verständnis der zeitlichen Ordnung reaktiver Vorgänge zeigen
eine
deutliche Gliederung
der reaktiven Umstellungen des Organismus im Kurverlauf, denen periodische
Strukturen zugrunde liegen.
Fragestellung:
Ziel der
vorliegenden Studie ist, die klinische Anwendung des Levico-Wassers im Rahmen
der Bäderkur in Roncegno einer empirisch-wissenschaftlichen Prüfung zu
unterziehen, um
periodische
Strukturen, Adaptationsphänomene und mittel- bis langfristige Kureffekte und
Kurerfolge nachzuweisen.
Methodik:
Das Erfassen der
regulatorischen Immediateffekte der Temperatur im unmittelbaren zeitlichen
Zusammenhang mit dem Levico-Bad untersucht einen Einzelreiz, welcher den
Behandlungsschwerpunkt
der Kuranwendung darstellt. Die epitympanale Temperaturmessung ist bei
korrekter Messtechnik ein zuverlässiges Verfahren zur Bestimmung der zentralen
Körpertemperatur im
Bereich des Hypothalamus, dem regulatorischen Zentrum der Körpertemperatur. Die
Temperaturmessungen wurden unmittelbar vor dem Bad und am Ende
der sich an das Bad
anschließende Ruhezeit durchgeführt. Über einen Zeitraum von knapp 2 Monaten
wurden bei allen Patienten die Bäderanwendungen erhielten Temperaturmessungen
vorgenommen. So besteht die Möglichkeit die unterschiedlichen Bäder-Formen, die
in der Casa di Salute Rafael zur Anwendung kommen, miteinander zu vergleichen.
Mittel- und
langfristige Effekte, sowie die Nachhaltigkeit des Kurerfolgs durch die
Heilbehandlung in der Casa di Salute Rafael als ganzes, wurden durch eine
Längsschnitterfassung
des Outcome-Parameters Befindlichkeit, mittels eines täglich zu führenden
Kurtagebuches, und in einer prospektiven Beobachtungsstudie mit 3 definierten
Messzeitpunkten
(Kurbeginn, nach 14 Tagen Kur, 3 Monate nach Kurbeginn) im Hinblick auf die
Lebensqualität (mit dem Herdecker Fragebogen zur Lebensqualität, HLQ)
untersucht.
Kurtagebuch und
Lebensqualität-Fragebögen wurden bei Patienten eingesetzt, deren Kuraufenthalt
sich mindestens über 14 Tage erstreckte und die Levico-Bäder erhielten.
Ergebnisse:
Die Immediateffekte
zeigten eindeutige Ergebnisse der Adaptation, wie sie im Rahmen der
Adaptionsphysiologie beschrieben und gefordert werden. Rhythmisch-periodische
Reaktionsmuster auf
den Einzelreiz des Levico-Bades ließen sich mit der Methode der epitympanalen
Temperaturmessung nachweisen.
Die Ergebnisse des
Kurtagebuchs zeigten die in zahlreichen Studien nachgewiesenen
Verlaufsphänomene im Sinne einer typischen Reaktionsperiodik. Für die
Kuranwendung in
Roncegno kann
festgestellt werden, dass die wichtigen Indikatoren für das Eintreten der
therapeutisch angestrebten vegetativen Umstellung nachweisbar sind. Diese
treten nur bei
positiven
Kureffekten im Kurverlauf in Erscheinung.
Weiterhin stellte
sich sowohl in der Längsschnittdarstellung, wie auch durch die lineare
Regression ein Rückgang negativer Befindensurteile im Verlauf der Kuranwendung
dar.
Die Auswertung der Lebensqualitätsfragebögen
zeigte mittel- und langfristig eine fortschreitende Verbesserung der
Lebensqualität in den verschiedenen Subskalen des Tests
mit vorwiegend
hochsignifikanten Ergebnissen.
Für die
Einzelanwendung Levico-Bad belegt die gegliederte Periodik die Kureffekte, die
adaptive Modifikation der Temperaturreaktion die Langzeitwirkungen der
Kurbehandlung.
Für die Kur als
Ganzes zeigen sich die Kureffekte beim Kurtagebuch in den reaktivperiodischen
Veränderungen und beim Lebensqualitätsfragebogen in einer hochsignifikanten
Verbesserung der
Lebensqualität nach zwei Wochen Kur und auch 3 Monate nach Kurbeginn.
Schlussfolgerung:
Durch die
Untersuchungen konnten die Kriterien, die für einen erfolgreichen Kurverlauf in
den letzten Jahrzehnten wissenschaftlich erforscht und beschrieben wurden, für
die
Kurbehandlung mit
dem Levico-Wasser in Roncegno/Italien nachgewiesen werden. Auch die über den
Zeitraum des Follow-up anhaltenden und fortschreitenden Veränderungen
dokumentieren die
Effekte und den Kurerfolg der durchgeführten Behandlung. Das ist im Bereich von
Kuranwendungen von besonderer Bedeutung, da sich Behandlungseffekte vor
allem langfristig
manifestieren.
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