Ritalin (Methyl-p.) Anhang

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[werner werner stangl]s arbeitsblätter

Ritalin gehört zur Gruppe der Amphetamine und unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz, daher ist jede Verschreibung meldepflichtig. Es ist anregend und produziert pharmakologische Effekte, die denen von Kokain und anderen Amphetaminen ähnlich sind. Methylphenidat wird auch für die Behandlung der Narkolepsie (eine Schlaf-Wach-Störung mit Symptomen wie Tagesschläfrigkeit, Kataplexie, fraktioniertem Nachtschlaf, auch übersetzt als "unerholsamer Schlaf") eingesetzt. Die Zunahme der Produktion und Verwendung dieser Droge in den letzten Jahren kann jedoch im Wesentlichen auf die Behandlung von ADD-Kindern zurückgeführt werden.

Eine zunehmende Anzahl von Mißbräuchen ist in neuerer Zeit auf Jugendliche zurückzuführen, die Methylphenidate wegen ihrer anregenden Wirkungen nehmen: zur Vertreibung von Müdigkeit, zur Aufmerksamkeitssteigerung, um nächtelang studieren zu können oder um die euphorisierende Wirkung zu erleben. Pharmazeutische Tabletten werden zumeist oral eingenommen oder auch pulverisiert nasal. Einige Abhängige lösen die Tabletten in Wasser und spritzen, wobei die unlöslichen Füllmittel der Tablette kleine Blutgefäße verstopfen und ernsthafte Schäden in der Lunge und der Augennetzhaut verursachen können. Mitte der 90er Jahre wurde in den USA das Medikament zur Party-Droge, das Schulkinder in pulverisierter Form wie Kokain schnupften.

Wirkungen und Nebenwirkungen

Ritalin soll nach Herstellerangaben Kindern mit "hyperkinetischen Verhaltensstörungen im Rahmen einer Gesamttherapie" verordnet werden. Es ist kein Heilmittel, sondern unterdrückt lediglich Symptome und muss daher kontinuierlich eingenommen werden. Ob Ritalin abhängig macht, ist umstritten.

Wirkungen nach Rätsch (1998):

    stimmungsaufhellend und euphorisierend

    vermittelt ein Gefühl erhöhter Energie

    steigert die Aufmerksamkeit, Wachheitsgrad und Leistungsfähigkeit

    senkt den Appetit

    vertreibt Müdigkeit

    Blutdruck und Puls steigen

    Pupillen erweitern sich

    Muskulatur wird stärker durchblutet

    Sauerstoff- und Glucosekonzentration im Blut steigen an

    Zum Teil können auch empathogene und halluzinogene Effekte auftreten.

Mögliche Nebenwirkungen: Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit und Magenbeschwerden. Niedrige orale Dosen (2,5-20 Milligramm) führen zu Reaktionen, die den biochemischen Vorbereitungen des Körpers in Schreck-, Flucht- oder Angriffsreaktion entsprechen: erhöhter Blutdruck, beschleunigter Puls, entspannen der Bronchialmuskulatur, gesteigerte Aufmerksamkeit, Euphorie, Erregung, Wachheit, ein vermindertes Müdigkeitsgefühl, Appetitverlust, Stimmungsaufhellung, verstärkte motorische Aktivität und Rededrang, die Leistungsfähigkeit nimmt kurzzeitig zu, Geschicklichkeit und Feinmotorik können sich verschlechtern. Diese unerwünschten

Wirkungen klingen mit steigender Therapiedauer oft ab. Weitere Nebenwirkungen sind Übererregbarkeit, Müdigkeit, Traurigkeit, Ängstlichkeit, Weinerlichkeit, Kopfschmerz, Schwindel, Gewichtsverlust, Mundtrockenheit, Durchfall und Verstopfung.

In mäßigen Dosen (20-50 Milligramm) kommt es zur Stimulierung der Atmung, leichtem Zittern, Unruhe, weitere Steigerung der motorischen Aktivität, Schlafstörungen und ausgeprägteren Erregungszuständen. Müdigkeit und Appetit werden stärker unterdrückt. Überdosierung führt z.B. zu Krämpfen, Fieber, Zittern bis hin zu Kreislaufkollaps und Atemlähmung. Diese unerwünschten Wirkungen klingen mit andauernder Einnahme häufig ab.

Nach längerer Anwendung können beim plötzlichen Absetzen ausgeprägte Depressionen und Müdigkeit als Entzugssyndrom auftreten. Die vollständige Normalisierung des Schlafmusters kann einige Wochen dauern. Wechselwirkungen beim Mischkonsum mit anderen Substanzen sind risikoreich: Mit Alkohol sind Wechselwirkungen nicht kalkulierbar, eine Alkoholvergiftung ist möglich. Cannabis kann die Wirkung von Ritalin verstärken, es können Halluzinationen auftreten! Mit Ecstasy eingenommen wird der Kreislauf stark belastet, ein stärkerer Flüssigkeitsverlust ist möglich. Ängstliche Personen, Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Schilddrüsenüberfunktion und psychischen Erkrankungen (Schizophrenie, Tourette-Syndrom, Depression etc.) und Schwangere sollten kein Ritalin konsumieren.

Eine Studie des M. D. Anderson Cancer Center (Universität Texas) äußert die Vermutung, dass Methylphenidat möglicherweise krebserregend ist. In dieser Studie zeigten sich bei 12 Kindern (Standarddosengabe) nach drei Monaten chromosomale Abweichungen (wie z.B. Mutationen). Der Zusammenhang zwischen chromosomalen Abweichungen und Krebs ist gut dokumentiert.

Schmidt (o.J.) berichtet über die Entstehungsgeschichte: "Es begann alles damit, dass der Pharma-Chemiker L. Panizzon im Jahre 1944 rein zufällig Methylphenidat entdeckte, wovon seine Frau Rita naschte und die belebende Wirkung lobte, weswegen der Stoff dann auch "Ritalin" getauft wurde. Man hatte also nicht ein Medikament zur Therapie einer bereits existierenden Krankheit gesucht o. gefunden, sondern zufällig einen Wirkstoff (ein Amphetaminderivat), von dem man noch gar nicht recht wusste, wofür er zu gebrauchen sein könnte. K. Conners und L. Eisenberg gaben dann später einen verwandten Wirkstoff, Dexedrine, versuchsweise an zwei Schulklassen mit farbigen Unterschichtkindern in Baltimore, USA. Und siehe da: das ansonsten nervige und rüpelhafte Verhalten der Schüler "normalisierte" sich auffallend. Es war ein Mittel gefunden, das Verhalten der Kinder an Ghetto-Schulen chemisch zu beeinflussen. Man merke: Es lagen nicht irgendwelche medizinischen Diagnosen bei den Kindern zugrunde. Es waren einfach verhaltensschwierige Ghetto-Kids, deren Sozialverhalten chemisch angepasst werden sollte, anstatt an ihren chronisch traumatisierenden psychosozialen Verhältnissen sozialpolitisch etwas zu verbessern. Aber damit hatte man immer noch keine richtige Krankheit gefunden, gegen die das Mittel helfen sollte. Denn dass man verhaltensschwierige und psychosozial benachteiligte Kinder mit einem Psychopharmakum einfach nur chemisch ruhigstellt, hätte natürlich niemand so ohne weiteres akzeptieren können. Das wäre ein Skandal gewesen. Also musste man eine offizielle medizinische Krankheit finden, denn anders ließ sich das Mittel auch nicht erfolgreich vermarkten. Zunächst verfiel man auf die Idee, dass Kinder eben krank seien, wenn das Mittel bei ihnen wirkte, wenn nicht, waren sie einfach gesund. Man nannte die Krankheit zunächst "funktionelle Verhaltensstörung", was die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA aber bald untersagte, weil es zu unspezifisch sei. Prompt wurde das Leiden umbenannt in "minimale zerebrale Dysfunktion (MCD)", was sich aber wissenschaftlich auch als unbrauchbares Konstrukt erwies (z.B. Schmidt, M.H. 1992). Daraufhin geisterte das Syndrom "hyperkinetische Störung" durch Kindergärten und Schulen, bis der amerikanische Psychiatrieverband endlich das Kürzel "ADHS" erfand (nach Blech 2003)."

Aufmerksamkeitsstörungen wurde um die Jahrtausendwende zur "Modediagnose". Fachleute warnen daher vor einer bedenkenlosen Anwendung des Arzneimittels, denn nicht jedes unruhige, lebhafte Kind ist hyperaktiv.

Kinderärzte und -psychiater sind mit der exakten Diagnose überfordert und greifen auch bei anders gearteten Störungen vorschnell zum Ritalin-Rezept. Ritalin beeinflußt den Stoffwechsel des Gehirns, so die gängige Theorie.

In den Hirnregionen, in denen Aufmerksamkeit und Bewegung gesteuert werden, fehlt der Neurotransmitter Dopamin. Neurotransmitter sind chemische Substanzen, die an den Synapsen (Endungen von Nerven) freigesetzt werden und bei der Kommunikation der Neuronen vermittelnd eingreifen. Sie haben also die Funktion eines Botenstoffes. Dopamin ist so ein Signalübertragungsstoff und beeinflusst im zentralen Nervensystem emotionale und geistige Reaktionen und steuert Bewegungsentwürfe, z.B. die Mimik. Störungen im Dopaminhaushalt werden bei verschiedenen Erkrankungen beobachtet bzw. vermutet: So ist z.B. die Parkinson-Krankheit auf einen Dopaminmangel in bestimmten Bereichen des Gehirns zurückzuführen. Auch bei Schizophrenie dürfte ein Ungleichgewicht im Vergleich zum gesunden Menschen vorliegen. Neben seiner Funktion als erregender Neurotransmitter ist das Dopamin als Vorstufe des Noradrenalin und Adrenalin von Bedeutung. Durch das Fehlen von Dopamin ist die Datenverarbeitung im Gehirn gestört. Warum das so ist, haben die Forscher bisher nicht entschlüsselt. Ebensowenig wissen sie, was bei der Einnahme von Ritalin im Gehirn tatsächlich passiert und warum man die meist hyperaktiven Kinder mit einem aufputschenden Mittel paradoxerweise so weit beruhigen kann, dass sie dem Unterricht folgen und für einige Stunden angemessen funktionieren können. So haben z.B. Forschungsarbeiten gezeigt, dasbei intravenöser Applikation Methylphenidat

den Transportmechanismus DAT des Neurotransmitters Dopamin blockiert, wodurch die Dopaminkonzentration im Gehirn steigen kann. Es war aber nicht bekannt, inwieweit die üblicherweise bei ADHD oral eingenommenen therapeutischen Mengen (in den USA häufig 10 - 20 mg/2 - 4 mal täglich) ebenfalls zu einer signifikanten Änderung des Dopamin-Levels führt. Nora D. Volkov et al. ist es gelungen, die Änderung des Dopamin-Levels nach der Einnahme von Methylphenidat-Tabletten zu messen. Dabei zeigte sich, dass der Wirkstoff auch bei oraler Einnahme den Transportmechanismus blockiert (im Versuch 50 - 75%) und dadurch zu der angestrebten Erhöhung der Dopamin-Konzentration beiträgt. Diese Erhöhung fiel allerdings bei den Testpersonen in recht unterschiedlichem Ausmaß aus. Die Ursache dafür soll noch weiter untersucht werden, da hier die Antwort dafür liegen könnte, warum das Medikament nicht bei allen Patienten (gleich) wirkt. Das Ergebnis des New Yorker Forscherteams passt zu anderen Forschungsergebnissen, die bei ADHD Patienten eine erhöhte Tätigkeit des Transportmechanismus DAT gefunden haben, wodurch

der Botenstoff Dopamin zu schnell aus den Zellen entfernt wird. An der Untersuchung nahmen 11 Männer im Alter zwischen 20 und 40 Jahren teil. Die Testpersonen litten nicht unter ADHD. Die Wissenschafter meinen, daß es keinen Grund gibt daran zu zweifeln, daß die Dopamin-Konzentration auch bei ADHD-Patienten nach Einnahme von Methylphenidat steigt. Das Ausmaß dieser Steigerung könnte allerdings unterschiedlich sein. Auch müsse noch durch weitere Forschungsarbeiten geklärt werden, ob die Wirkung des Medikaments auf den Transportmechanismus DAT bei dauerhafter Anwendung nachlässt. Die Wirkung von Methylphenidat wurde mit Hilfe des Abbildungsverfahrens PET (Positronen-Emissions-Tomographie) im Striatum, einem Teil des Endhirns, gemessen. Die Ergebnisse dieser Studie haben zusätzliche Erkenntnisse über die Wirkung von Ritalin (hier wird der Wirkstoff meist gespritzt) bei missbräuchlicher Verwendung durch Drogenkonsumenten gebracht. Die Einnahme als Tablette hat offensichtlich nicht den gleichen von Drogenkonsumenten erwünschten Effekt. Aus dieser Beobachtung ergibt sich die Frage, ob der Wirkstoff Methylphenidat möglicherweise bei oraler Einnahme nicht bzw. zu wenig wirkt. Die Forscher führen in ihrem Bericht im Journal of Neuroscience an, dass die Dopaminkonzentration bei oraler Einnahme im vergleichbarem Ausmaß zur intravenösen Applikation steigt. Trotzdem hätten die Testpersonen kein "High"-Gefühl berichtet, wie Testpersonen in früheren Studien, die den Wirkstoff intravenös verabreicht bekamen. Das führen die Wissenschafter auf die unterschiedliche Zeitspanne bis zur vollen Wirkung zurück. Nach der intravenösen Applikation steigt die Dopaminkonzentration innerhalb weniger Minuten, bei oraler Einnahme dauert es circa 1 Stunde, bis die volle Wirkung erreicht ist und dieser längere Zeitraum gibt den Körper die Gelegenheit zur langsamen Anpassung. Ritalin greift wie Kokain in den Dopaminstoffwechsel ein, sodass es Kokainabhängigen helfen könnte, von der Sucht wegzukommen vergleichbar Methadon bei Heroinsucht. Kokainabhängige können ähnlich wie Menschen mit dem Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom ihre Impulse schlecht kontrollieren, also spontane Reaktionen schlecht unterdrücken. In einem Experiment in den USA erhielten Testpersonen, die 8 bis 18 Jahren lang regelmäßig Kokain konsumiert hatten, Methylphenidat injiziert. Bei Reaktionstests am Computer unterzogen schnitten die Probanden besser ab als die Kontrollpersonen des Versuchs, die nur eine Salzlösung injiziert erhalten hatten. Im Gehirn der Testpersonen hatte dabei die Droge im präfrontalen Cortex auch die Aktivität der Nervenzellen verändert. Viele suchen aber den massiven Kick von Kokain und werden mit dem Ersatzstoff daher weniger anzufangen wissen als manche Heroinsüchtige mit Methadon, wobei auch Methadon bei einer beträchtlichen Anzahl von Heroinkonsumenten versagt und daher in manchen Ländern an diese Heroin abgegeben wird. Hohe Dosen von Ritalin können zumindest im in Belohnungszentrum des Gehirns von Mäusen Veränderungen verursachen, die jenen bei Kokainabhängigen ähneln. Nora Volkow, die Direktorin des Nationalen Instituts für Drogenmissbrauch in den USA warnte davor, Kinder und Jugendliche mit ADHS mit Ritalin oder ähnlichen Präparaten zu behandeln. Nach neueren Untersuchungen im Tierversuch verändert Methylphenidat die synaptischen Verknüpfungen in der Amygdala, sodass also eine über die Dauer der Anwendung hinaus bestehende Wirkung bestehen könnte. Ob dies positive oder doch eher nachteilig für den Anwender ist, lässt sich aus tierexperimentellen Studien schwerlich ableiten. ADD ist schwer zu diagnostizieren. Die aufwendigen Magnetresonanzaufzeichnungen des Gehirnstoffwechsels, mit denen amerikanische Forscher das Fehlen von Dopamin nachgewiesen haben, ist in der kinderärztlichen und -psychologischen Realität nicht möglich. Somit ist die Gefahr, dass Ritalin auch Kindern verabreicht wird, deren Verhaltensauffälligkeit aus anderen Gründen herrührt, groß. Vor der Diagnose von ADD müssen andere Ursachen für auffälliges Verhalten abgeklärt werden:

    Depressive und bipolare Störungen

    Angststörungen

    Suchterkrankungen wie Alkoholabhängigkeit, Spielsucht, Esstörungen etc.

    Störungen mit oppositionellem Trotzverhalten / Verhaltensstörungen bei Kindern

    Lernstörungen, insbesondere Schreib- und Leseschwäche

    Psychotische Erkrankungen und Entwicklungsstörungen

    Zwangsstörungen

    Persönlichkeitsstörungen

    Tic-Störungen

    Hypo- und Hyperthyreoidismus

    Schlafstörungen

    Erberkrankungen (Chromosomale Störungen wie z.B. Klinefelter-Syndrom)

    Hirnverletzungen, Traumata

Bei 70 - 80% der Kinder treten nach der Einnahme von Ritalin die angestrebten Veränderungen im Verhalten ein. Ritalin ist jedoch kein Heilmittel. Das erwünschte Verhalten muss über andere Therapieformen eingeübt und gefestigt werden. In erster Linie ist eine Verhaltenstherapie angebracht, aber auch Entspannungsmethoden, Ergotherapie Übungen aus der Psychomotorik können hilfreich sein, eventuell auch homöopathische Präparate. In einer nicht zu unterschätzenden Zahl von Fällen kann eine Umstellung der Ernährung Erfolge bringen. Sowohl der grundsätzliche Verzicht auf Behandlung mit Methylphenidat als auch die ausschließliche Behandlung mit Methylphenidat ohne begleitende psychotherapeutische Interventionen sowie die Hochdosisbehandlung mit Methylphenidat sind nach der Stellungnahme der Fachverbände für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Deutschland als unzureichende Behandlungsstrategien abzulehnen. Die verschriebene Menge hat sich in letzten Jahren von 1995 mit 0,7 Millionen Tabletten zu 1999 mit 31 Millionen Tabletten vervierzigfacht. Damit kommen ähnliche Verhältnisse auf uns zu wie in den USA, wo Apotheken zu Schulbeginn mit "Ritalin im Sonderangebot" werben.

Die jetzt gegründete Arbeitsgruppe Entwicklungspharmakologie, die im Zusammenhang der Forschungen des Göttinger Neurobiologen Hüther entstanden ist, versucht dieses "Wundermittel" für gestresste Eltern wissenschaftlich zu untersuchen. Hüther weist darauf hin, dass es noch quasi keine Forschungen zu der Frage gibt, wie sich die Ritalin-Gabe auf die Entwicklung des menschlichen Gehirns auswirkt. Experimente mit Kindern können aus ethischen Gründen nicht gemacht werden, aber solche mit Ratten weisen eindeutig darauf hin, dass Methylphenidat (Ritalin) die Ausreifung des dopaminischen Systems negativ beeinflusst. Auch Langzeitforschungen über Nebenwirkungen sind dünn gesät. Darüber hinaus ist die Theorie "Stoffwechselstörung" eine Annahme - zwar mittlerweile gängig, aber noch nicht bewiesen. Vor allem Ursache und Wirkung sind noch keinesfalls geklärt:

Auch psychosoziale Einflüsse verändern nämlich die Stoffwechselprozesse im Gehirn, so dass die einseitige Ursachenzuschreibung "genetischer Defekt des Stoffwechselsystems" auf sehr wackeligen Füßen steht. Ein Großteil der in der BRD tätigen (nicht-medizinischen) Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten steht dem neuen Trend, die ADD-Diagnose massenweise zu verteilen und mit Ritalin zu behandeln, ebenfalls sehr kritisch gegenüber.

Ein Großteil der als ADD diagnostizierten Beeinträchtigungen sind bei genauer Diagnostik als andere psychische Störungen zu kennzeichnen, oder aber die ADD-Diagnose ist zumindest als alleiniger Verursacher der vorhandenen Probleme des Kindes sehr fraglich. Mittlerweile entsteht ein Trend, "normale", nur etwas lebhafte Kinder mit der ADD-Diagnose zu belegen und Ritalin zu verschreiben, gemäß der zirkulären Diagnose: wenn Ritalin wirkt, liegt ADD vor. Selbst die (medizinischen) Kinder- und Jugendpsychiater geben in ihren Leitlinien die Empfehlung zu sorgfältiger Differentialdiagnostik und zurückhaltender Medikation. Siehe z.B. die offizielle Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie http://www.dgkjp.de/stellung.htm.

Man kann vermuten, daß es sich bei den Phänomenen, die heutzutage einfach unter der Diagnose ADD zusammengefasst werden, um eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Phänomene mit unterschiedlichen Ursachen (teils neurophysiologisch, teils psychosozial, teils psychodynamisch) handelt. Insofern ist von einer rein symptomatologischen ADD-Diagnostik nicht viel zu halten und die standardmäßige Verschreibung von Ritalin, teils ohne Effektüberprüfung, müsste kritischer unter die Lupe genommen werden. Im Übrigen sollte man fragen, wer am meisten Interesse daran haben könnte, dass es so etwas wie eine organisch begründete "Krankheit" ADD gibt und

mit Medikamenten behandelt wird, und das gleich massenweise ...          

ADD steht für das englische "Attention-Deficit-Disorder" und bezeichnet eine Diagnose, welche primär durch erhebliche Beeinträchtigungen der Konzentration und Daueraufmerksamkeit, der Selbststeuerungsfunktionen, der Planungs- und Handlungskontrolle, durch Störungen der Impulskontrolle sowie fakultativ durch motorische Hyperaktivität gekennzeichnet ist (ADHD). Im deutschsprachigen Raum wird für die ADD/ADHD der Terminus ADHS und teilweise auch ADS verwendet. In der Schweiz ist ADD auch unter dem Begriff „POS" bekannt.

Kinder mit Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsstörungen (ADD) sind in ihrer psychischen Entwicklung, schulischen und beruflichen Bildung sowie sozialen Integration gefährdet. Übermäßige motorische Unruhe, gestörte Aufmerksamkeit, Impulsivität und leichte Erregbarkeit erschweren die Lebensführung, so daß der Leidensdruck groß ist. Die Störung hat danach Krankheitswert, sie ist deshalb von der WHO in den Katalog der seelischen Erkrankungen aufgenommen worden.

Die Behandlung von Kindern mit hyperkinetischen Störungen sollte nur erfolgen, wenn sie sich auf eine Diagnostik stützt, die sich auf Untersuchungsbefunde zu störungsrelevanten körperlichen, kognitiven und psychischen Funktionen sowie sozialen Bindungen bezieht. Deshalb sind eine somatischneurologische Untersuchung (Körpergröße, Körpergewicht, Herzfrequenz, Blutdruck), eine Labordiagnostik (Differentialblutbild, Elektrolyte, Leberstatus, Schilddrüsen und Nierenfunktionswerte)

ein Ruhe-EEG und eine kognitive Leistungsdiagnostik unerlässlich. Notwendig ist eine orientierende Familiendiagnostik und Verhaltensanalyse.

Die medikamentöse Behandlung ist Teil psychotherapeutischer und spezifisch pädagogischer Betreuung des Kindes in Kooperation mit Familie und ggfs. mit Kindergarten, Schule und anderen, das Kind betreuenden Einrichtungen. Die bloße Beschränkung auf die Pharmakotherapie missachtet elementare Bedürfnisse und Ansprüche der Kinder und widerspricht den Regeln guter klinischer Praxis ebenso wie das Diagnostizieren oder Rezeptieren ohne Untersuchung.

Die ärztliche Therapiekontrolle hat regelmäßig Essverhalten, Wachstum, Herz- und Kreislauffunktionen sowie die allgemeine Verhaltensentwicklung (Auftreten von Tics?) zu überwachen, letzteres ggfs. unter Einsatz von eingeführten Skalen zur Verhaltenseinschätzung.

Nach Max Friedrich (Universitätsklinik für Neuropsychiatrie des Kindes- und Jugendalters in Wien) werden pro Jahr etwa 2500 Kinder vorgestellt; darunter sind etwa 20 mit einem echten ADS, also knapp 10 Promille.

Etwa 15% sind nur nervös im Sinne des "Zappelphilipp". Somit besteht der Verdacht, dass die meisten Kinder, die auf Ritalin gesetzt werden, das Leiden gar nicht haben, das diese Verordnung begründen könnte.

Nach dem gegenwärtigen Forschungsstand zeichnet sich ein weiterhin kontroverses Bild ab. Einerseits sprechen theoretisch-pharmakologische Überlegungen wie auch eine Reihe tierexperimenteller und klinischer Ergebnisse für die suchtbegünstigende Wirkung von Methylphenidat, andererseits weisen einige klinische Arbeiten in die entgegengesetzte Richtung. Kinder mit HKS, die mit Methylphenidat behandelt wurden, scheinen gemäß der letztgenannten Studien gegenüber Suchterkrankungen weniger anfällig als nicht medikamentös behandelte Kinder mit HKS. In der medikamentös behandelten Gruppe sinkt jedoch das Suchtrisiko nicht unter das der Normalbevölkerung, so dass allen Überlegungen, mit Methylphenidat das Drogenproblem schlechthin lösen zu wollen, eine Absage erteilt werden muss. In den genannten Studien konnte das bei Kindern mit HKS erhöhte Suchtrisiko lediglich auf das Normalmaß reduziert werden.

Im Rahmen der erforderlichen engmaschigen ärztlichen Betreuung sollte der mangelnden Compliance der Kinder mit gezielten Auslassversuchen - am günstigsten in den grossen Ferien - entgegengewirkt werden. Erfolgen die Auslassversuche geplant und unter direkter Einbeziehung aller Beteiligten einschließlich des Lehrpersonals, so ergibt sich ein umfassendes Bild der bisherigen Medikationseffekte und die Möglichkeit, die weitere Notwendigkeit der pharmakologischen Behandlung zum Wohle des Kindes einzuschätzen. Eine Suchterkrankung als Langzeitfolge scheint - wenn überhaupt - nicht auf Methylphenidat, sondern auf das ohnehin erhöhte Suchtrisiko von Kindern mit HKS insbesondere in Kombination mit einer Störung des Sozialverhaltens zurückzuführen sein. Die beschriebenen günstigen Langzeiteffekte auf die Suchtentwicklung sind möglicherweise durch eine Stabilisierung der schulischen und familiären Situation desKindes sowie auf die Reduktion seiner Frustration in nahezu allen Lebensbereichen zurückzuführen.

Jürgen Walter führt in der Heilpädagogische Forschung (2001, Heft 3) einen Literaturüberblick auf der Basis US-amerikanischer Forschung unter dem Titel "Kann Ritalin (Methylphenidat) die Schulleistungen von Schülern mit Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsproblemen verbessern?" durch. Er beschäftigt sich vor allem mit der Wirkung von Ritalin speziell auf den Lern- und Schulleistungsbereich. Als Haupteffekt der medikamentösen Behandlung kann die kurzfristige verhaltensmäßige "Handhabbarkeit" von hyperkinetischen Kindern betrachtet werden. Verbesserungen im Verhalten werden mit hoher Wahrscheinlichkeit von sehr geringen Verbesserungen im Schulleistungsbereich begleitet. Da relativ positive Lehrerurteile von Schulleistungsverbesserungen auf der einen Seite durch spezielle Tests auf der anderen Seite kaum bestätigt werden konnten, sind bei einer Evaluation des Einflusses auf die Schulleistung unabhängige Messungen vorzunehmen. Als Erklärung für das vermeintliche Paradoxon, dass Psychostimulantia zwar relativ verlässlich die Kernsymptomatik verbessern, jedoch mittel- und langfristig kaum die Schulleistungen, kann plausiblerweise angenommen werden, dass Ritalin per se (a) wohl kaum Wissens- und Kompetenzdefizite ausgleichen kann und (b) hohe Aufmerksamkeit, niedrige Impulsivität und geringe Hyperaktivität zwar notwendige, aber bei weitem noch keine ausreichenden Determinanten von Schulleistung sind.

An der Universität Nottingham erforscht man im Projekt “Motivation, Inhibition and Development in ADHD Study” (MIDAS), was im Gehirn von Kindern mit AHDS vor sich geht. Dabei mussten die Kinder verschiedene Aufgaben bewältigen und es zeigte sich, dass beinahe der gleiche Effekt wie bei der Verabreichung von Ritalin erzielt wurde, wenn die Kinder für richtige Lösungen Belohnungen wie Lob erhielten. Die Auswirkungen von Medikation und Belohnung wurden auch im EEG sichtbar, denn nach der Rückmeldung der richtigen Lösung kommt es jeweils zu ereigniskorrelierten Potenzialen. Zwar zeigten die Belohnungen bei Kindern mit AHDS eine etwas schwächere Wirkung als die medikamentöse Therapie, aber vor allem bei leichten Erkrankungsfällen kann offensichtlich auch mit erzieherischen Maßnahmen eine Wirkung erzielt werden, während man Ritalin oder vergleichbare Medikamente auf schwere Erkrankungen beschränken sollte.

Belohnung statt Ritalin

1986 veröffentlichte das International Journal of the Addictions eine vergleichende Studie über mehr als hundert wissenschaftliche Publikationen, die sich mit den Nebenwirkungen von Ritalin auseinandersetzen. Dazu gehören unter anderem: paranoide Psychosen und Wahnvorstellungen, hypomanische und manische Symptome, Halluzinationen, extreme Abkapselung, Angstzustände, Schlaflosigkeit, Suchtgefahr, psychische Abhängigkeit, Nervenzuckungen und Verkrampfungen, Aggressivität. Die US-Streitkräfte weigern sich, Rekruten aufzunehmen, die Ritalin oder ähnliche psychoaktive steuernde Medikamente einnehmen. Für dienstuntauglich wird erklärt,

wer als Kind auf Ritalin gesetzt wurde und die pharmazeutische Droge nicht mehr benutzt. Hinzu kommt, daß gerade Kinder häufig nicht nur Ritalin erhalten, sondern zusätzlich noch Antidepressiva ( Prozac etc.). Diese Kombination erhöht das Gesundheitsrisiko deutlich und kann zu starken emotionalen Schwankungen führen.

Im November 1998 führte das amerikanische National Institute of Mental Health eine Tagung durch, welche ein für alle Mal die Ursache für ADS klären sollte. Man kam zum Schluss, dass ADS keine sichere Diagnose sei und es keine wissenschaftlichen Resultate gebe, die belegen würden, dass ADS auf eine Fehlfunktion des Gehirns zurückzuführen sei. Außerdem hätten sich bei der Anwendung von Ritalin keine positiven Langzeitwirkungen eingestellt.

1996 deckte ein Femsehreport auf, daß die größte amerikanische Non-Profit-Organisation, die sich mit ADS auseinandersetzt und Informationskampagnen an Schulen, öffentlichen Veranstaltungen und in den Medien betreibt, vom Ritalin-Hersteller Ciba-Geigy (heute Novartis) in Millionenhöhe gesponsert wird. 90% der gesamten Ritalin-Produktion werden in den USA abgesetzt. Wurden 1988 noch zwei Tonnen Tabletten verschrieben, so waren es 1997 bereits 14 Tonnen! Bereits über sechs Millionen US-Schulkinder stehen unter dem Einfluß von Ritalin.

Weshalb psychoaktive Medikamente in den USA einen solchen Boom erleben, hat mit dem amerikanischen Gesundheitssystem zu tun: Über 90% der Leute sind in sogenannten "Managed Care"-Systemen versichert, wo stark auf die Kosten geachtet wird. Mit anderen Worten: Die persönliche Betreuung durch Therapeuten wird durch die Einnahme von Psychopharmaka ersetzt. Psychotherapeutische Behandlung wird von den Kassen nicht bezahlt, Ritalin schon. Aus diesem Grund sind in den USA die Ausgaben für psychiatrische Behandlungen um 80% gesunken. Der amerikanische Kinderarzt, Familientherapeut und Ritalin-Kritiker Lawrence Diller: "Es fällt uns so viel leichter, bei einem Kind eine Störung festzustellen und ihm Tabletten zu geben, als auf seine Bedürfnisse einzugehen."

Argumente der Ritalin-Gegner

Quelle: http://www.tolzin.de/ritalin/ (02-02-02)

Alle Krankheitsmodelle sind immer Vereinfachungen meist sehr komplexer und individuell sehr unterschiedlich ablaufender Prozesse. Sie zeichnen sich also durch unzulässige Verallgemeinerungen, durch Überbetonungen einzelner Aspekte und redaktionistische Vernachlässigungen anderer Aspekte des Prozesses aus, der zu dem Zustand führt, den wir als spezifische Erkrankung abgrenzen. Dennoch brauchen wir solche Modelle, um den krankmachenden Prozess verstehen, rechtzeitig erkennen und gegebenenfalls korrigieren zu können. Da die Korrektur eines solchen Prozesses um so leichter fällt, je früher sie erfolgt, sind vor allem solche Krankheitsmodelle

von besonderem Wert, aus denen sich präventiv nutzbare, diagnostische und therapeutische Handlungsstrategien ableiten lassen.

Auf der Grundlage der inzwischen hinzugekommenen neueren Befunde und der inzwischen möglich gewordenen Neubewertung bereits vorhandener Resultate kann nun versucht werden, eine Modellvorstellung des Prozesses zu entwerfen, der zur Ausbildung einer Symptomatik führt, die gegenwärtig als Krankheitsentität verstanden und als ADHD bezeichnet wird. Im Gegensatz zu der bisher verwendeten, inzwischen aber recht fragwürdig gewordenen Argumentationskette zeichnet sich dieses neue Denkmodell dadurch aus, dass es den gegenwärtigen Erkenntnisstand nicht nur auf dem Gebiet der neurobiologischen ADHD-Forschung, sondern auch dem der Entwicklungsbiologie und Entwicklungspsychologie entspricht und sich daraus ableiten läßt.

Dieses Modell geht davon aus, dass es Kinder gibt, die bereits als Neugeborene und während ihrer Kleinkindphase erheblich wacher, aufgeweckter, neugieriger und leichter stimulierbar sind als andere. Weshalb das so ist, ob diese Kinder zum Zeitpunkt ihrer Geburt bereits ein stärker ausgebildetes dopaminerges, ihren Antrieb verstärkendes System besitzen, ob dieses Merkmal genetisch bedingt oder erst während der intrauterinen oder frühen postnatalen Entwicklung entstanden ist, kann zunächst offen bleiben. Wichtiger als diese mitgebrachte besondere "Begabung" ist das, was das Kind im weiteren Verlauf seiner Entwicklung während der ersten Lebensjahre daraus macht, bzw. machen muss. Da die weitere Ausreifung des dopaminergen Projektionsbaumes offenbar davon abhängt, wie häufig das dopaminerge System durch die Wahrnehmung neuer Stimuli und Reize aktiviert wird, laufen Kinder, die mit dieser besonderen Wachheit und Stimulierbarkeit in unsere Welt hineinwachsen, all zu leicht Gefahr, in einen Teufelskreis zu geraten:

Da sie bereits besonders aufgeweckt und all zu leicht durch neue Stimuli stimulierbar sind, wird ihr dopaminerges System wesentlich häufiger als das von anderen, "normalen" Kindern aktiviert und zu verstärktem Auswachsen seiner axonalen Fortsätze angeregt. Weil sich ihr dopaminerges, antriebssteuerndes System so immer besser entwickelt und damit auch wirkungsvoller arbeitet, lassen sich diese Kinder immer leichter durch alle möglichen neuartigen Reize stimulieren und anregen. Gelingt es jetzt nicht, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, so ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann ein derartiges Kind durch seinen überstarken Antrieb, seine enorme innere

Unruhe, seine ständige Suche nach neuen Stimuli, also durch seine Ablenkbarkeit und mangelnde Konzentrationsfähigkeit auffällig wird. Aus sich selbst heraus ist ein solches Kind außer Stande, seinen überstarken Antrieb zu kontrollieren, es muss gewissermaßen ständig herumzappeln und ständig Neues entdecken und sich darüber begeistern, anstatt sich auf eine Sache zu konzentrieren. Und es wird nun auch zunehmend zu einer Belastung für Spielgefährten, die es ablehnen, für Eltern und Erzieher, die nicht damit umgehen können und seine weitere Entwicklung (spätestens mit dem Schuleintritt) gefährdet sehen.

So gerät das Kind zwangsläufig in einen zweiten Circulus vitiosus: Durch die besonders häufige und intensive Nutzung der in seinem Gehirn angelegten und für die Steuerung seiner ungerichteten Motorik, seiner unselektiven Wahrnehmung und seiner ungezielten Aufmerksamkeit zuständigen Nervenzellverschaltungen sind diese komplexen Verschaltungsmuster im Laufe der Zeit immer besser, immer effektiver - und andere, weniger intensiv benutzte neuronale Verschaltungen entsprechend weniger stark - entwickelt und ausgebaut worden. Wenn das Kind nun durch sein Verhalten zunehmend in psychosoziale Konflikte gerät und emotional verunsichert wird,

kommt es im Zuge der dadurch ausgelösten Stressreaktion zu einer vermehrten Ausschüttung von bestimmten Transmittern und Hormonen, die ihrerseits nun noch zusätzlich dazu beitragen, diejenigen neuronalen Verschaltungen und synaptischen Verbindungen zu stabilisieren und zu bahnen, die das Kind zur Wiederherstellung seines emotionalen Gleichgewichtes aktiviert (Hüther 1998). Versucht es das durch Zappeln, so wird es zu einem immer "besseren" Zappelphilipp und entwickelt womöglich sogar noch einen motorischen Tic. Versucht es das durch Stören, wird es zu einem immer "besseren" Störenfried und entwickelt sich zu einem ungeliebten Außenseiter. Versucht es das durch Weghören, wird es zunächst auf einem, womöglich gar auf beiden Ohren "taub".  Wenn sich irgendwann keiner mehr anders zu helfen weiß, bekommt es Ritalin verordnet. Und wie es dann weitergeht, ist weiter oben bereits beschrieben worden.

Ob die hier entwickelte Modellvorstellung sich in Zukunft als tragfähig und zumindest in groben Zügen als zutreffend erweist, hängt nicht von der Art der Veränderungen ab, die sich im Hirn eines ADHD-Kindes abspielen, sondern von dem heuristischen Wert, den dieses Konzept besitzt, und der nun durch gezielte Untersuchung und möglichst frühe therapeutische Interventionen geprüft werden kann und überprüft werden muss. Entscheidend ist, ob es gelingt, solchen Kindern, die sich bereits sehr früh durch außergewöhnliche Aufgewecktheit und Stimulierbarkeit auszeichnen, durch vorausschauende erzieherische Maßnahmen (sichere Bindungen, Strukturierung des Tagesablaufes, Schaffung eines ruhigen und gehaltenen Entwicklungsumfeldes) aus dem Teufelskreis der Selbststimulation und der dadurch verursachten emotionalen Verunsicherung herauszuführen. Auch wie ihr dopaminerges System und alle anderen "Anomalien" in ihrem Gehirn sich dann entwickeln, bleibt - bis zur empirischen Bestätigung dessen, was dieses neue Modell vorhersagt - abzuwarten.

Ein neues entwicklungsbiologisch und entwicklungsphysiologisch begründetes Modell

Quelle: http://www.ads-kritik.de/HuetherStudie.htm (02-03-13)

 

Unter dem Titel "10 Milligramm Arbeitswut - Ritalin ist die Modepille der Leistungsgesellschaft. Ein Selbstversuch" berichtet die Schweizer Journalistin Brigit Schmid von einem Selbstversuch. Sie schreibt: "Der Zustand,

in den mich Ritalin während sieben Tagen versetzt, könnte das treffen, was der Neuropsychologe Hennric Jokeit «Abstraktion des Ich von sich selbst» nennt. Im Essay «Neurokapitalismus» beschreiben er und die Journalistin

Ewa Hess ein Zusammengehen von Kapitalismus, Neurowissenschaft und pharmazeutischer Industrie. Der Wohlstandskapitalismus hat dazu geführt, dass wir uns unablässig selbst verwirklichen wollen. Das erleichtern uns

heute Neuropsychopharmaka, die das emotionale Erleben modulieren und die aufmerksamkeitsökonomische «Fitness» verbessern. «Angebot und subjektive Bedürftigkeit erzeugen einen Markt, der Milliarden umsetzt und

dort expandieren wird, wo sich das postpostmoderne Selbst in der Leistungsgesellschaft defizitär erlebt, also in Schule, Ausbildung, Beruf, Partnerschaft und im Alter.» Beschleunigungstechnologien der Globalisierung wie

Handy, Flugzeug und Internet zwingen uns, unsere Aufmerksamkeit chemisch zu beeinflussen. Nach der Rationalisierung von Raum und Zeit folgt der Angriff aufs Ich: Ritalin befähigt, persönliche Grenzen zu überwinden,

um Schritt halten zu können. Gleichzeitig wird so die kapitalistische Produktivität gesteigert. Jeder Chef hätte Freude, wenn er meinen Arbeitseinsatz sähe. Andere Bedürfnisse werden vernachlässigbar. In Jokeits Worten:

«Mit der Pharmakologie zur kognitiven Leistungssteigerung werden Human Resources auf neuronaler Ebene des Selbst angezapft. Was folgt, ist die Abstraktion des Ich von sich selbst.»"

            Quelle: http://dasmagazin.ch/

index.php/10-milligramm-arbeitswut/ (09-08-29)

 

Immer mehr Eltern versagen in ihrer Erziehung. Dann wird den paranoiden Kindern eine besonders heimtückische Chemikalie verpasst: Ritalin. In Amerika bekommen bis zu 90% der Kinder einer Schulklasse Ritalin.

Frühmorgens schließt der Direktor den Tresor im Direktorenzimmer auf, um ihm die Behälter mit den Betäubungsmitteln zu entnehmen. Sodann werden die Gefäße auf die Schulklassen verteilt. Die Klassenlehrer verabreichen

 den Kindern vor Unterrichtsbeginn die verordnete Dosis. In der Schulpause dealen die Kinder mit überschüssigem Ritalin, das sie sich in ihren Backen vor dem Runterschlucken gehortet haben. Schwächere werden wegen

ihrer Ritalindosis erpresst, Rezepte sind die Währung an den Schulen. Mit den Rezepten wird ein schwunghafter Handel getrieben. Erpressung und Drohungen sind an der Tagesordnung. Eltern melden ihren gesamten

Nachwuchs zur ADS-Störung ein, auch wenn die Kinder gar nicht aufmerksamkeitsgestört sind. Die Ärzte willigen gern ein. Den Kindern werden Placebos gegeben, und die Eltern nehmen die Tabletten des Kindes selber ein,

um von ihren Problemen distanziert zu werden. 

 

[Alltag in so manchen amerikanischen Städten]

Dumm nur, dass Ritalin selbst bei denjenigen Kindern, die die Chemikalie "bestimmungsgemäß" verabreicht bekommen, keine wirkliche Aufmerksamkeit verursacht. Die Kinder scheinen nur konzentriert und ruhig; in Wirklichkeit gehen sämtliche Lerninhalte an ihrem Gedächtnis spurlos vorüber. Unterrichtsstoff bleibt nur im Kurzzeitgedächtnis, ein dauerhaftes Merken im Langzeitgedächtnis ist aufgrund der Substanzwirkung unmöglich.

Dies rächt sich später - Langzeitwirkungen wurden nie erforscht und treten erst jetzt so langsam hervor. Die Ritalin-Kinder von heute sind die Menschen mit einem IQ von <50 von morgen. Ritalinkinder sind die Opfer ihrer

Eltern, die sie auf chemische Weise zügeln und vom Lernen abhalten.

           

Aus einer newsgroup

Subject: Ritalin = Erziehungschemikalie

Date: Sun, 14 Oct 2001 23:42:00

Newsgroup: de.sci.psychologie

vor allem die Differentialdiagnose liegt ja im argen.

aber vielleicht sollte man auch in der Ritalindebatte berücksichtigen, dass ja das ziel des medikamenteneinwurfs - nämlich KONZENTRIERTE Kinder zu bekommen - ja nur ein Aspekt ist, denn es kann doch letztlich nur

darum gehen, dass diese Kinder besser/mehr/überhaupt lernen. diese Untersuchungen habe ich bisher noch nicht gesehen! vielmehr müsste man so nach meinem Wissensstand annehmen, dass genau in jene Gehirnzentren inhibitorisch eingegriffen wird, die für eine dauerhafte Speicherung der Lerninhalte verantwortlich sind.

Die mit Medikamenten erreichbare Konzentration bezieht sich also nur auf das äußere Erscheinungsbild, NICHT aber auf die intendierten effekte, um die es ja angeblich gehen soll.

Du meinst, dass durch Ritalin letztlich so in die hirnorganischen Verarbeitungsprozesse eingegriffen wird, daß „Lernen“, also das Speichern von Informationen, beeinträchtigt wird? Dass also zwei gegensätzliche Effekte

entstehen: einerseits Steigerung von Aufmerksamkeit/Konzentration, andererseits die Hemmung von Verarbeitungsprozessen? Zumindest eine offene Frage.

Mir ist zumindest eine Theorie bekannt, die dies verneint. Demnach werden drei verschiedene Aufmerksamkeitsnetzwerke mit verschiedenen beteiligten Hirnarealen postuliert. Dabei soll das Wachsamkeitsnetzwerk

(rechter Frontallappen und rechter Parietallappen) die Daueraufmerksamkeit erhöhen und mit dem Neurotransmitter Noradrenalin in Zusammenhang stehen.

Je nach Fehlen von Noradrenalin bzw. Aktivierung/Deaktivierung dieses Wachsamkeitsnetzwerkes bestünden unterschiedliche Funktionszustände. Bei Deaktivierung grundsätzlich eine geringere Daueraufmerksamkeit mit

einer Aufmerksamkeitsfokussierung eher auf äußere und sich wechselnde Reize, die eine äußere Neuorientierung eher begünstigt - bei Aktivierung eine höhere Daueraufmerksamkeit, bei der das Orientierungssystem so

organisiert ist, dass aus den internen Speichern abgerufene Informationen schneller und besser abgerufen, beachtet und gespeichert werden können.

D.h. die angenommene Widersprüchlichkeit von Aufmerksamkeit als äußeres Erscheinungsbild und kognitiver Verarbeitung/Lernprozessen wäre nach dieser Theorie zumindest nicht anzunehmen.

Allerdings finde ich es durchaus bemerkenswert, dass sich bei solchen Darstellungen fast nebensächlich lapidar der Hinweis findet, daß bestimmte Funktionen innerhalb dieser Netzwerke wesentlich beeinflusst werden durch Informationen aus Zentren, die für *emotionale Bewertungen* zuständig sind. Daraus wird dann der Schluss gezogen, daß dies die emotionalen Stimmungsschwankungen als Folge erklärt.

Der Umkehrschluss, nämlich daß emotionale Faktoren einen wesentlichen bedingenden Faktor darstellen können, wird erst gar nicht in Erwägung gezogen.

Aber noch eine andere ungeklärte Frage sollte in der Ritalindebatte Anlass zur Sorge geben: bisher noch weitgehend unerforscht sind die Auswirkungen auf die „Entwicklung“ des Gehirns. Erste Befunde aus Rattenexperimenten weisen darauf hin, daß Ritalin die Entwicklung des dopaminergen Systems negativ beeinflusst - und je jünger bei Behandlungsbeginn, um so bedenklicher. (Veröffentlichungen, zumindest in deutscher Sprache, sind mir noch

keine bekannt, lediglich Pressemeldungen und mündliche Sekundärberichte von Kongressen, deshalb nichts genaues).

Wenn dies sich bestätigt, dann beist sich die Ratte in den Schwanz.

 

Blanz, B.; Esser, G. & Schmidt, M.H. (1992). Arzneimittelkonsum bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Pädiatrische Praxis, 44, 151-158.

Blanz, Esser und Schmidt (1992) stellen die aus Fragebogenangaben der Betroffenen gewonnenen Angaben über den hohen Arzneimittelkonsum (insbesondere Psychopharmaka) von Jugendlichen in Frage. Zieht man nämlich alternativ die Statistik der ambulanten Arzneimittelverordnung hinzu, so ergibt sich, daß alle Patienten im Jahr 1985 16,2 Tagsdosen Psychopharmaka erhalten hatten, Kinder unter 14 dagegen nur 0,63 Tagesdosen.

Blanz et al. werten die Ergebnisse einer Längsschnittstudie aus. 1978/79 wurden 216 8-jährige einer repräsentativen Stichprobe untersucht. 191 dieser Kinder wurden als 13-jährige und 181 nochmals als 18-jährige nachgefragt.

Das Instrumentarium, das dabei zum Einsatz kam, bestand aus hochstrukturierten Interviews, die sowohl mit den Jugendlichen als auch mit ihren Eltern geführt wurden. Im Alter von 13 bis 18 gab es tatsächlich eine

Verdopplung des Konsums von Arzneimitteln insgesamt, der jedoch größtenteils auf die Einnahme von Medikamenten nach ärztlicher Verordnung für einen bestimmten Zeitraum zurückging.

Beim Vergleich von verordnetem Arzneimittelkonsum und Arzneimittelmissbrauch ergab sich folgende Bild: Nur sehr wenige Jugendliche nahmen Arzneimittel überhaupt unverordnet ein. Im Alter von 13 bis 18 gab es zudem keinen Anstieg des Arzneimittelmissbrauchs, der aus der Gruppe derjenigen Jugendlichen, die Arzneimittel aufgrund Verordnung nahmen, genommen wurde. D.h. häufiges Einnehmen von Medikamenten aufgrund ärztlicher Verordnung führt nicht zu häufigerem Arzneimittelmissbrauch

 

(...)

... in den USA. Immerhin gibt es aber dort die Studie von Lambert (Lambert NM, Hartsough CS. Prospective study of tobacco smoking and substance dependencies among samples of ADHD and non-ADHD participants.

Learn Disability 1998; 31:533-544). Darin wurden Kinder im Langzeitverlauf beobachtet, und bei hyperaktiven Kindern mit Ritalinbehandlung auf ein in der späteren Adoleszenz erhöhtes Risiko für Nikotin- und Kokainmissbrauch geschlossen.

Wichtig ist allerdings zu berücksichtigen, wie hoch ohnedies -- also ohne Ritalinbehandlung -- bei der betreffenden Personengruppe das Risiko für eine Abhängigkeit ist. Es wird verschiedentlich argumentiert, dass die hyperaktiven/unaufmerksamen Kinder häufiger anecken, kritisiert werden, sich ausgeschlossen fühlen, und daher zu psychoaktiven Substanzen greifen.

Biederman (Biederman,-J; Wilens,-T; Mick,-E; Spencer,-T; Faraone,-S-V: Pharmacotherapy of attention-deficit/hyperactivity disorder reduces risk for substance use disorder. Pediatrics. 1999 Aug; 104(2): e20) hält denn

auch dafür, dass das von vornherein hohe Risiko für Abhängigkeitsentwicklung bei dieser Personengruppe durch eine Ritalinbehandlung eher gesenkt wird.

In Deutschland hat Michael Huß (Psychologe und Kinderarzt) Erwachsene untersucht, die als Kinder hyperaktiv waren, und kommt zu dem Schluss, daß eine Ritalinbehandlung nicht zu erhöhten Drogenkonsum führt

(Huß M, Schmidt-Schulz, A., Hoffman, K., Vogel, R., Schul7, C., Lehmkuhl, U. (1999). Entwicklungsverläufe von Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom (ADS). die Akzente 46, 12-16 [die AKZENTE: Zeitschrift vom ARBEITSKREIS ÜBERAKTIVES KIND])

Ich schätze mal, nichts genaues weiß man also bislang noch nicht, und weitere Langzeitbeobachtungen sind notwendig. Allerdings, sollte es einen Risikofaktor darstellen, kann die Alternative außer im gänzlichen Verzicht auf Ritalin auch darin bestehen, präventive Maßnahmen gegen eine Abhängigkeitsentwicklung von anderen Substanzen zu ergreifen.

 

(...)

die Biederman-Studie, die in etwa diese Schlüsse zieht, ist on-line erreichbar unter

http://www.pediatrics.org/cgi/content/full/104/2/e20 Dort werden 56 medikamentös behandelte Patienten mit ADHD (es wird nur von "stimulant medication" gesprochen, nicht von Ritalin), 19 nicht Behandelte, sowie 137 Kontrollpersonen untersucht, und nach 4 Jahren nochmals (Alter dann 15-22 Jahre).

In der Tat ist ein Problem, daß eine Reihe von Risiko-Merkmalen mit Ritalin/non-Ritalin in dieser Studie konfundiert sind, so eine (psychiatrische) Behandlung bei baseline, der soziooekonomische Status, o. Suchtprobleme

in der Familie. Allerdings kommen auch nach Adjustierung für diese Faktoren in einer multiplen logistischen Regression die Autoren zu dem Schluss, daß die Wahrscheinlichkeit für eine substanzinduzierte Störung während

der Beobachtungszeit durch die medikamentöse Behandlung verringert ist.

Ihre references habe ich nicht gecheckt -- die Autoren selbst geben an, frühere Langzeitstudien haetten zumindest kein Risikopotenzial der medikamentösen Behandlung nachgewiesen. Insgesamt ist die empirische Basis bei

dem Thema wohl noch schmal zu nennen, aber ich würde eher tendieren, kein generelles Risiko anzunehmen.

 

(...)

Das ist eine sicher recht interessante Arbeit, die auch eine gewisse Sensibilität für methodische Probleme erkennen lässt. Allerdings wird ein entscheidendes Manko nicht erwähnt: Der potentielle Substanzmissbrauch wird

durch Befragungen festgestellt. Es lässt sich aber nicht ausschließen, dass die Bereitschaft, Substanzmissbrauch einzuräumen, in den beiden entscheidenden Gruppen (medikamentös behandelte vs. nicht medikamentös

behandelte ADHDler) unterschiedlich ausgeprägt war. Man könnte sich durchaus vorstellen, dass die medikamentös Behandelten tendenziell dazu neigten, ihren Drogenkonsum zu untertreiben bzw. zu verleugnen. Schließlich

darf vermutet werden, dass sie und ihre Eltern während der Behandlung positiv auf das Medikament eingestimmt wurden. Daher könnten sie es z. B. als sozial erwünscht erlebt haben, (illegalen) Drogenkonsum zu verheimlichen oder zu bagatellisieren. Es hat sich zwar in diversen Untersuchungen gezeigt, dass Drogenkonsumenten bei Befragungen zum Drogenkonsum in der Regel erstaunlich ehrlich sind. Aber es ist keineswegs sicher, dass sich diese Befunde auf die vorliegende Studie übertragen lassen. Dieses Problem kann man im Grunde nur durch unangekündigte objektive Drogentests überwinden.

 

Aus theoretischer Sicht ist das Problem nicht einfacher zu beurteilen als aus empirischer:

Möglichkeit 1: Die medikamentöse Behandlung hat keinen Einfluss auf eine spätere Drogenabhängigkeit. Dafür spricht, dass es bei Suchtkarrieren weniger auf die Einnahme der Droge an sich, sondern vielmehr auf das Motiv

zur Einnahme ankommt. Wer potentiell Sucht erregende Medikamente (e. g. Morphin zur Schmerzlinderung) im Rahmen einer ärztlichen Behandlung bekommt, wird in der Regel nicht süchtig. Wer Drogen zur Auslösung

einer Euphorie benutzt oder zur Problemverdrängung, setzt sich natürlich einem wesentlich größeren Risiko aus.

Möglichkeit 2: Die medikamentöse Behandlung fördert eine spätere Drogenabhängigkeit. ADHD wird mit stimmungsverändernden (psychotropen) Medikamenten behandelt. Es beseitigt quälende oder andere störende

Symptome. Der Betroffene gewöhnt sich daran, Missstimmungen durch Einnahme eines Medikaments gleichsam auf Knopfdruck zu überwinden.

Möglichkeit 3: Die medikamentöse Behandlung senkt die Wahrscheinlichkeit eines späteren Drogenkonsums. Die medikamentöse Behandlung führt zu einer besseren sozialen Anpassung, besseren Schulleistungen etc.

Dies reduziert die Zahl und Schwere der Lebensprobleme und mindert somit das Suchtrisiko.

Diese drei Möglichkeiten beschreiben im übrigen potentielle Einflussfaktoren, die sich aus meiner Sicht nicht ausschließen müssen. Es sind vielmehr Kräfte, die gleichzeitig einwirken und den Betroffenen entsprechend

ihrer relativen Stärke in unterschiedliche Richtungen ziehen können. Und diese drei Möglichkeiten sind sicher nicht die einzigen Faktoren, die berücksichtigt werden müssen. Und so würde ich den Schluss von

Biederman et al., die medikamentöse Behandlung (Ritalin) beuge dem Drogenmissbrauch vor, mit einem großen Fragezeichen versehen.

 

(...)

Weitgehend ack. Wenn die Fallzahl in der unbehandelten Gruppe nicht so klein wäre, würde ich allerdings den Unterschied von 25% vs. 75% für Substanzkonsum für zu groß halten, um ihn allein über Methoden/expectancy Effekte zu erklären. So ist es schwer abzuschätzen.

Das ist im weiteren dann eine empirische Frage: wird tatsächlich in der beschriebenen Weise auch auf andere unangenehme Zustände und auf andere Gegenmittel generalisiert.

Ich bin kein Pharmakologe, aber vielleicht setzen andere psychotrope Substanzen direkt oder indirekt an dem an, was der Betroffene verringern möchte? Will meinen, ohne medikamentöse Behandlung könnte ein Bedürfnis bestehen, den eigenen Transmitterhaushalt durch Konsum anderer Substanzen (Nikotin, Kokain...? zu regulieren, oder die unmittelbaren Folgen der bestehenden Disregulation zu mindern bzw. zuzudecken. Insofern wäre eine Behandlung hypothetisch Risiko verringernd.

Ich würde auf Basis der vorliegenden Empirie lediglich die Aussage für vertretbar halten, dass es keinen zusätzlichen Risikofaktor darstellt.

           

Ausschnitte aus der Diskussion in der newsgroup

 

Subject: Re: ADS, ADHS, HKS,...

Date: Tue, 20 Nov 2001

Newsgroup: de.sci.psychologie

Seit dem 1.Juli 1998 ist die Änderung des Straßenverkehrsgesetzes vom 28.4.98 in Kraft, wonach ordnungswidrig handelt (d.h. mit Bußgeld belegt werden kann), wer unter der Wirkung eines (näher bezeichneten)

berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt.

Hierbei genügt der einfache Nachweis dieses Mittels im Blut, wobei es nicht auf die Konzentration ankommt, wie etwa bei Alkohol.

Da Fahrräder keine Kraftfahrzeuge sind, fallen diese nicht unter diese Vorschrift.

Das Gesetz sieht dann jedoch die entscheidende Ausnahme vor: wenn diese berauschende Substanz aus einer bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels

herrührt, so liegt keine Ordnungswidrigkeit vor.

Ritalin wie auch der alternative Amphetamin-Saft gehören grundsätzlich zu diesen verbotenen berauschenden Mitteln, da das Gesetz hier keine Feingliederung vorsieht, sondern nur Grundsubstanzen in einer angehängten

Liste bezeichnet, welche nicht im Blut eines Kraftfahrers gefunden werden dürfen.

Soweit der Kraftfahrer jedoch nachweisen kann, daß er auf ärztlicher Verordnung zur Behandlung von ADD/HKS diese Substanz bestimmungsgemäß eingenommen hat, so entfällt der Tatbestand der Ordnungswidrigkeit.

Da jedoch immer wieder zu hören ist, daß auch manchmal Eltern betroffener Kinder in Form von Selbstmedikation sich an den für ihre Kinder verschriebenen Präparaten bedienen, möchte ich ausdrücklich davor warnen,

danach ein Kraftfahrzeug zu steuern, solange noch Spuren des Mittels im Blut zu finden sind. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu DM 3.000,-- belegt werden.

           

Aus der BRD:

Ritalin im Straßenverkehr

Quelle: Bundesverband der Elterninitiativen zur Förderung hyperaktiver Kinder e.V.

WWW: http://www.osn.de/

user/hunter/ritalin.htm (01-10-26)

Der Neurologe und Schlafforscher Ronald Chervin (Universität Michigan) analysierte die Aussagen der Eltern von 866 Kindern im Alter von 1 - 13 Jahren zum Schlafverhalten und nach deren Impulsivität und Fähigkeit

zur Konzentration. 16% aller Kinder wurden von den Eltern als Schnarcher beschrieben. Von den Kindern, die im Schlaf heftig schnarchen, litten 22% nach Einschätzung ihrer Eltern unter Verhaltensstörungen wie Unaufmerksamkeit - im Vergleich zu 12% bei gelegentlichen Schnarchern. Er erklärt den Zusammenhang damit, dass die vom schlechten Schlaf erschöpften Kinder ihre Müdigkeit durch Hyperaktivität auszugleichen

versuchen. Das könnte auch erklären, warum paradoxerweise anregende Medikamente wie Ritalin wirksame Mittel für Kinder mit Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsdefizit sind.

                                                                                           

Quelle: "Pediatrics" der Amerikanischen Ärztegesellschaft (AMA)

 

Hallo Herr Stangl,

Beim durchsehen Ihrer Website war ich von Ihrem psychologischen Wissen angenehm überrascht. Der Artikel über Ritalin hat mich jedoch erschrocken. Ich bin 40 Jahre alt und nehme seit ca. 6 Monaten Ritalin. Endlich

weiß ich wer ich bin! Ich war Penner, Drogensüchtig, Psychotiker etc. Dank Ritalin bin ich endlich auf dem Wege der Genesung. Glauben Sie mir: Ritalin ist bei kompetenter Einnahme harmlos.

Und Sie machen dieses Geschenk des Himmels so madig. Dieser Ritalinbeitrag zeugt von großer Unkenntnis der Materie. Nun ja, vielleicht sollten Sie sich mal in diesem Bereich weiterbilden. Schade, der erste Eindruck

hat getäuscht. Wenn Sie an Informationen von einem Betroffenen interessiert sind: Bitte schön, ich stehe zu Ihrer Verfügung.

Mit freundlichem Gruß

N.S.(Name der Redaktion bekannt)

 

Subject: arbeitsblätter

Date: 03 Sep 2002 15:09 GMT

Do YOU need help or know somebody who needs help with ADD/ADHD attention deficit (hyper)disorder? Have you thought about alternatives to prescription drugs such as Ritalin and Adderall? Are you worried about the dangerous of these drugs that are supposed to help you and your family? Research has shown successfully throughout history that there is help. In 1990 Dr. Kenneth Blum discovered the gene for alcoholism. This led to

amazing research in the treatment for attention deficit disorder. Dr. Kenneth Blum is the Father of Psychiatric genetics. He is credited with discovering the gene for cocaine addiction. In 1995 he coined RDS (= Reward

Deficiency Syndrome), which will forever change our world. Steve Allen, the media great, is quoted as saying "with regard to my former show where I interview the greatest minds-today I would interview Dr. Blum, whose research on the genetics of alcoholism will change the world as we see it today." http://www.mailpail.com Dr. Kenneth Blum who has been in private practice his entire career is finally going to help the public. He recently

put global patents on a product that will forever change the world of ADD/ADHD. http://www.mailpail.com Dr. Blum's Reward product is 100% natural. Reward5 helps people control their lives, it is produced by one of the

most well known, most respected doctors in the medical industry. http://www.mailpail.com When tested according to the medical standard of p levels, Reward 5 scored much higher p levels than both Ritalin and Adderall.

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