Schlaf Anhang 3
ZEIT ONLINE
Gesundheit
Gen-Aktivität Schlafmangel wirkt
sich auch aufs Erbgut aus
Sind Übergewicht und Diabetes
auch Folge von wenig Schlaf? Forscher könnten einen biologischen Zusammenhang
zwischen Schlafentzug und Gesundheitsproblemen entdeckt haben.
Der Zusammenhang zwischen
mangelndem Schlaf und gesundheitlichen Problemen beschäftigt die Wissenschaft
schon länger. Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbinden
Forscher etwa mit chronischer Übermüdung. Die Mechanismen, die möglicherweise
in unserem Erbgut dahinter stehen, waren bislang noch wenig erforscht.
Wissenschaftler der britischen
Universität von Surrey sind ihnen jetzt nachgegangen. Sie haben untersucht, wie
viele Gene des Menschen von länger andauerndem Schlafmangel beeinflusst werden.
Ihr Ergebnis haben sie im Magazin Proceedings of the National Academy of Science
veröffentlicht. Demnach verändert eine Woche mit zu wenig Schlaf schon die
Aktivität Hunderter Gene.
Für ihre Studie schickten die
Forscher 26 Probanden ins Schlaflabor. In der ersten Woche durften sie nur
knapp sechs Stunden pro Nacht schlafen, was ihre Aufmerksamkeit und
Leistungsfähigkeit sichtlich verringerte. Zum Vergleich wurde ihnen in der
zweiten Woche achteinhalb Stunden Schlaf pro Nacht gegönnt. Auf jeder dieser
Wochen folgten 40 Stunden Schlafentzug, in denen den Probanden mehrmals Blut
entnommen wurde.
Schließlich untersuchten die
Wissenschaftler die Aktivität der Gene in den weißen Blutzellen der Probanden.
Die Analyse zeigte, dass sich 711 Gene durch den Schlafmangel veränderten, rund
3,1% der menschlichen Erbsubstanz. 444 der veränderten Gene waren deutlich
aktiver als zuvor, während die restlichen 267 weniger muntere Anzeichen zeigten.
Betroffen waren Erbgutsequenzen,
die für Entzündungen, Immun- und Stressreaktionen im Körper verantwortlich
sind. Zudem wurden Gene beeinflusst, die im Normalfall einem Tag-Nacht-Rhythmus
unterliegen und zum Beispiel den Stoffwechsel steuern.
Damit weist die Studie auf einen
biologischen Zusammenhang zwischen Schlafmangel und Gesundheitsproblemen hin.
Ein bedenkliches Ergebnis für die gestressten Normalbürger von
Industrienationen, bei denen fehlender Schlaf oft zum Alltag gehört.
ZEIT ONLINE
Gesundheit
Das kommt darauf an, welche
Ansprüche man hat. Der englische Psychophysiologe Jim Horne zerlegt unseren
Schlaf in zwei Abschnitte: Der Kernschlaf erhält die wesentlichen
Hirnfunktionen. Horne schätzt, dass fünf Stunden dafür genügen . Alles darüber
hinaus nennt er Luxusschlaf. Der verbessert die Hirnfunktion, ist aber
verzichtbar. »Unser Schlafbedarf ist gerade das, was wir brauchen, um tagsüber
nicht schläfrig zu sein«, sagt Horne. Den eigenen Bedarf findet man besser
durch Selbstbeobachtung heraus als durch allgemeine Ratschläge. Aber Vorsicht:
Viele Menschen behaupten, nur wenig Schlaf zu brauchen – und sind chronisch
übermüdet.
»Der Schlaf vor Mitternacht ist
der wichtigste« – stimmt das?
Der Schlaf kurz nach dem
Einschlafen ist der tiefste. Wenn man ungewohnt spät ins Bett geht, schläft man
anschließend weniger tief. Die Uhrzeit ist dafür jedoch unwichtig. Denn die
Schlaftiefe wird von der inneren Uhr geregelt, die unbeirrt weiterläuft. Wer
also gewohnt ist, spät ins Bett zu gehen, schläft auch nach Mitternacht tief.
Was zählt, ist Regelmäßigkeit.
Taugt ein Glas Wein als
Schlummertrunk?
Alkohol kann den Geist entspannen
und so das Einschlafen fördern, aber er bringt die natürliche Abfolge der
Schlafphasen durcheinander. Nach ein paar Stunden hat der Stoffwechsel ihn
abgebaut, die Körpertemperatur steigt, man wacht auf. Unter dem Strich ist es
erholsamer, nüchtern und vorerst unentspannt zu bleiben und so zwar etwas
später, dafür aber dauerhaft einzuschlafen. Das gilt für Frauen noch mehr als
für Männer, denn der weibliche Stoffwechsel kommt schlechter mit Alkohol
zurecht. Es gibt aber einen Ausnahmefall, für den sogar Mediziner ihr Okay
geben: Wenn man tagsüber schlechte Erfahrungen gemacht hat, die man besser
schnell vergisst. Dann ist es erwünscht, dass der Alkohol den Schlafzyklus
durcheinanderbringt. Schon ein Glas Wein flacht die Schlafkurve ab, macht den
Tiefschlaf weniger tief, den Traumschlaf weniger lebendig – und die frische
Erinnerung prägt sich nicht so gut ein.
Was bringt ein Nickerchen?
Wer tagsüber schlafe, komme
abends schlechter zur Ruhe, glaubte man lange Zeit. Dann entdeckten Forscher
die segensreiche Wirkung des Tagesschlafs für Geist und Gedächtnis. Das ideale
Nickerchen dauert 90 Minuten, je 30 Minuten im Leichtschlaf, Tiefschlaf und
Traumschlaf – einen vollen Schlafzyklus. »So gewinnt man eine Mininacht hinzu«,
sagt die amerikanische Psychiaterin Sara Mednick. Wie
gesagt, das ist ein Ideal, das viele wohl nur am Wochenende verwirklichen
können. Kleiner Trost: Bereits Powernaps von wenigen
Minuten wirken messbar positiv.
Träumt auch mein Wellensittich?
ZEIT Wissen 3/2011
Alle Tiere schlafen oder haben schlafähnliche Zustände. Aber Träumen ist ein äußerst raffinierter Hirnzustand , zu dem nur höher entwickelte Tiere fähig sind. Erstaunlicherweise erfand die Natur den REM-Schlaf, also jene Schlafphasen, in denen wir träumen, unabhängig voneinander für die Säugetiere und die Vögel. Es muss also einen wirklich guten Grund dafür geben. Laut einer gängigen Theorie erlaubt der REM-Schlaf, in der Ruhe der Nacht das genetisch programmierte Trieb- und Instinktverhalten für das ereignisreiche Tagesleben zu erproben. Das gilt wohl auch für Wellensittiche. »Die Aktivierung des Vogelhirns im REM-Schlaf legt nahe, dass sie träumen«, sagt Niels Rattenborg vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen, »aber wir können nicht sicher sein.«
Manfred Spitzer (http://de.wikipedia.org/wiki/Manfred_Spitzer) vertritt der Meinung, dass ADHS verstärkt wird durch zu wenig Schlaf.
[Tim Natzschka]
Chronobiologie – Wie tickt der Mensch?
19. Februar 2013
…ist der Titel einer Dokumentation, die derzeit bei arte läuft und wirklich empfehlenswert ist.
Aus der Ankündigung auf www.arte.tv:
Über Jahrtausende hinweg konnten die Menschen im Einklang mit ihrer “inneren Uhr” leben. Doch in der modernen Welt ist das kaum möglich.
Arbeit, Schule oder Studium – für viele Menschen beginnt der Tag mit dem Wecker! Wir sind noch müde. Aber warum gelingt es uns nicht einfach, am Abend früher ins Bett zu gehen, obwohl wir es uns doch fest vorgenommen haben? Spätaufsteher haben es schwer und außerdem noch einen schlechten Ruf. Besonders Jugendliche gelten als faul und unwillig, weil sie morgens nicht aus dem Bett kommen. Aber das ist schlicht falsch. Für die meisten Menschen ist unsere Gesellschaft zu früh dran. Sie passt nicht zu unserer “inneren Uhr”, denn die legt fest, wann wir schlafen können.
Einige Fakten:
Titel: Chronobiologie
Produktion: Deutschland, 2012
Dauer: 52 Minuten
Regie: Sabine Kallwitz-Geißler
Einige Fakten aus dieser guten Doku:
Tageslicht ist bläulicher als das gewohnte (eher gelbliche) Licht im Zimmer
Auch die Computer- und Fernsehstrahlung ist eher bläulich und damit tageslicht-ähnlich.
Ca. 1 h. vor der Bettruhe sollte man nicht mehr am PC/TV sitzen (siehe oben: der gaukelt einem Tageslicht vor und stört damit das Einschlafverhalten)
Schüler haben in einem Versuch mit Tageslichtlampen im Schulraum 30% weniger Fehler gemacht, als unter üblichem gelblichen Licht.
Es wird unterschieden zwischen
Sonnenuhr (Sonnenaufgang, Sonnenuntergang),
innerer Uhr (gefühlte Tageszeit nach Tageslicht) und
sozialer Uhr (digital oder analog wie am Handgelenk)
man lebt gesünder, wenn man seine Schlafenszeiten eher an die innere Uhr angleicht.
unrhytmische Schlafgewohnheiten fördern Stress und Krankheiten Diabetes, Alzheimer und Krebs.
Was kann man aus diesem Film mitnehmen?
Arbeitet an der frischen Luft – also demnach auch im Tageslicht – ist gesünder für die Psyche und damit auch für den Körper. Wer drinnen arbeitet und nah am Fenster sitzt, macht aus der Warte erstmal vieles richtig.
Je dunkler der Raum oder je weiter man vom Fenster entfernt arbeitet, desto wertvoller sind Tageslichtlampen. In der Dokumentation spricht ein Gelehrter sogar davon das Tageslicht über Prismen in die dunklen Ecken zu holen.
Zitat einer Nonne aus “Chronobiologie – Wie tickt der Mensch?”:
“Wenn Leute sagen [...] “Haben Sie es jemals bereut ins Kloster gekommen zu sein?” Und ich sag: “Jeden morgen um 5.”
Eine Wiederholung der Sendung läuft ständig in den arte-Videos.
Kommentar
#1 | Geschrieben von Felix am 20. Februar 2013.
Um das ganze noch ein bisschen logisch abzurunden:
Das Hirn synchronisiert die innere Uhr täglich mit dem Hell-Dunkel-Rhythmus, indem hauptsächlich die blauen Anteile des hellen Lichtes über das Auge auf den zeitgebenden Nervenkern wirken.
Ohne diese Synchronisierung hat die innere Uhr bei den meisten Menschen eine Periode von 24h bis 25h.
(eine von vielen Quellen: S. Silbernagl, A. Despopoulos: Taschenatlas Physiologie)
Und falls jemand so weit denkt: Ja, blinde Menschen haben sehr häufig einen gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus, wenn das Licht nicht vom Auge empfangen wird.
Manfred Spitzer Artikel in Spektrum de: Blaulicht schärft die Gefühlswahrnehmung
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