Rhodiola rosea = Arctic Roor/= Golden. root/= Rhodiole
rose/= Rodia Riza/= King‘s
Crown/= Hong Jing Tian
= Gink.-ähnlich;
Vergleich: Siehe: Rosales + Adaptogen
Allerlei: Arctic/Gebirge Felsen
Artic or Golden Root from the Crassulaceae
family,
Rhodiola is traditionally
used as an analeptic, to improve mental and physical performance in countries
like Russia, Scandinavia and middle Asia.
It was well known for its ability to increase
physical endurance, reduce depression symptoms, to work on nervous system
disorders and to reduce
mental fatigue in students during examination
periods (Morgan et al 2008).
Phytologie: Roseroot is only the 2nd
N. American herb after Ginseng. to be recognized
as an Adaptogen, an herb with the ability to restore
the body and mind
after physical and mental exertion and stress.
Roots improve learning and memory and act as a tonic.
Folkloric medicine: leaves were used like aloe
to treat cuts and burns.
Eskimos: decoction of the flowers for stomach
and intestinal discomfort and for Tb.
Tibetan medicine: nourishing the lung/treating
lung conditions such as hemoptysis/coughs/pneumonia.
For chronic stress/depression/immune depletion from overwork or excessive
exercise, altitude sickness, and fatigue. For muscle spasms/sciatica/muscle
strains/sprains, as liniment or in bath. Internally moves blood, emmenagogue.
Not pleasant tasting. Herb of Grace. Can cause photosensitivity.
[Lena Abensberg]
Rhodiola
rosea – Rosenwurz – soll mit seiner Wirkung natürlich
das Immunsystem stärken und gegen Stress helfen, ohne schwere Nebenwirkungen.
Rhodiola
rosea L. ist vor allem umgangssprachlich unter dem
Namen Rosenwurz bekannt. Die aus der Familie der Dickblattgewächse (Crassulaceae) stammende, zwischen 5 bis 35 Zentimeter große
Rhodiola soll die körperliche Ausdauer jedes Menschen
erhöhen und zur Steigerung seiner Arbeitsleistung positiv beitragen.
Schließlich soll Rosenwurz auch gegen Höhenkrankheit, Infektionen, Müdigkeitszustände,
gastrointestinale Beschwerden sowie nervösen
Störungen beziehungsweise Stress wirken.
Rhodiola
Rosea ist ein sehr widerstandsfähiges Gewächs, das
vor allem in sehr unwirtlichen, kalten Umgebungen vorkommt. In Sibirien hilft
Rosenwurz seit hunderten Jahren, das kalte sibirische Klima sowie den teilweise
dunklen Alltag zu meistern.
Rosenwurz
für geistige sowie körperliche Gesundheit
Im
Grunde genommen wird Rhodiola rosea,
Rosenwurz, sowohl bei geistigen als auch körperlichen Symptomen von Stress
eingesetzt, und von der EMA als Adaptogen definiert.
Als Adaptogen bezeichnet alternativmedizinisch solche
pflanzliche Zubereitungen und Drogen, die den Körper dabei unterstützen, sich
bei Stress anzupassen und positive Wirkungen bei Stress induzierten Krankheiten
auszuüben. Die Inhaltsstoffe der Rhodiola rosea sind Rosavin
und
Salidrosid (ein Phenylethanoid)
im Verhältnis 3:1.
Rhodiola
Rosea hemmt die Untertypen A und B des Enzyms Monoaminooxidase, die auch als MAO-A und MAO-B bezeichnet
werden. Diese so genannten mitochondrialen Enzyme
haben die Aufgabe, Serotonin (5-Hydroxytryptamin oder
5-HT) und Dopamin (DA) zu verstoffwechseln.
Dadurch,
dass Rosenwurz die Fähigkeit dieser Enzyme, Neurotransmitter
zu verstoffwechseln, hemmt, bleiben Neurotransmitter Serotonin und Dopamin länger und in höher Konzentration im Gehirn aktiv.
Die Serotonin-Aktivität im Gehirn verbessert und
stabilisiert die Stimmung beim Menschen, die Dopamin-Aktivität
im Gehirn macht positiver und selbstbewusster und erhöht allgemein die
Motivation.
Rhodiola
hemmt die Ausschüttung von Kortisol und Adrenalin
Rosenwurz
hemmt die Ausschüttung der Stresshormone Kortisol und
Adrenalin und so lindert Rhodiola rosea
eine große Zahl mentaler Anzeichen von Stress. Und zwar bei Nervosität, Lustlosigkeit,
Reizbarkeit sowie Angstzuständen. Gleichzeitig wird der Energiestoffwechsel der
Zellen angeregt, was zu einer besseren Leistungsfähigkeit führt.
Die
duale Wirkung von Rhodiola rosea
ist durch viele Studien belegt. So konnten dadurch Menschen mit Burn-out-Syndrom stressbedingte Ermüdungszustände
signifikant verbessern. Es zeigte sich weiters eine reduzierte Ausschüttung des
Stresshormons Kortisol.
Patienten
mit leichter bis mittelschwerer Depression konnte wiederum eine signifikante
Verbesserung der emotionalen Stabilität erreichen. Weiters zeigten Forscher
positive Effekte gegen Schlaflosigkeit und nicht erklärbarer körperlicher
Beschwerden. Schließlich gab es keine schwerwiegenden Nebenwirkungen.
[Matthias Bastigkeit ]
Die Liste der Pflanzen und Phytopharmaka, die für sich den Anspruch erheben, gegen Depressionen, Stress und Angst zu wirken, ist lang. Viele Erkenntnisse stammen jedoch aus empirischen Berichten, Anwendungsbeobachtungen und übermittelten, teilweise antiquierten Beschreibungen. Nicht immer können evidenzbasierte Studien die Wirkungen
unterstützen. Um das zu ändern, möchte die strenge Europäische Arzneimittelbehörde EMA Monografien erlassen, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Das HMPC-Komitee (Committee on Herbal Medicinal Products) erfasst den aktuellen Kenntnisstand zu pflanzlichen Substanzen und bereitet die Daten wissenschaftlich auf. Die Monografien repräsentieren den harmonisierten Stand der Bewertung und sind das Ergebnis eines Diskussionsprozesses, der die verschiedenen Traditionen in den Mitgliedsstaaten der EU widerspiegelt. Pflanzen zur Stärkung und psychischen Stabilisierung stehen nun im Fokus wissenschaftlicher Überprüfung
„Tatsächlich hat in den letzten Jahren die Pflanze aus der Familie der Crassulaceae, die in kalten Regionen der Erde wächst, viele Wirkungen gezeigt, die mit dem Begriff Adaptogen kompatibel sind“, so das Resümee von Dr. Werner Knöss vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in seiner Stellungnahme zu den HMPC-Monografien. Grund genug, sich näher mit dem Thema Adaptogene und Rhodiola rosea zu beschäftigen.
Die Bezeichnung „Adaptogen“ wurde vom russischen Wissenschaftler Dr. Nicolai Lazarev bereits im Jahr 1947 geprägt. Der Pharmakologe bezeichnet damit natürliche Substanzen, die die Resistenz des Körpers gegenüber Stress erhöhen. Weltweit wurden nur fünf Pflanzen als Adaptogen klassifiziert, welche die vier Kriterien (lt. EMA 2007) für Adaptogene erfüllen:
Stärkung des Widerstands gegen unerwünschte physikalische, chemische und biologische Einflüsse (Stress)
normalisierender Einfluss unabhängig von der Richtung der vorausgegangenen pathologischen Veränderungen
nicht toxisch, möglichst geringe Beeinträchtigung anderer Körperfunktionen
die Wirkung ist umso ausgeprägter, je tief greifender die pathologischen Veränderungen im Organismus sind
Rhodiola rosea wird von der EMA (Europäische Arzneimittelagentur) als Adaptogen eingestuft.
Adrenalin und Cortisol als Übeltäter
Adaptogene greifen in den Stoffwechsel von Adrenalin und Cortisol ein und versetzen den Organismus in die Lage, sich Umweltfaktoren gegenüber besser anzupassen.
Adaptogene aktivieren milde das Stresssystem und befähigen den Körper, exogenen Stress besser bewältigen zu können. Sie beeinflussen neben Adrenalin, Dopamin, Serotonin auch Cortisol, Stickstoffmonoxid und stressaktivierte Proteinkinasen. Wie komplex das Stressgeschehen ist, wird erst durch neuere Studien klar, die noch viele weitere Faktoren identifizieren, die für die neurochemische Balance wichtig sind. Stickoxid, Beta-Endorphine, molekulare Chaperone sowie stressaktivierte c-Jun N-terminale P Proteinkinasen (SAPK) sind nur einige von ihnen. Zukünftig müssen sich Adaptogene daran messen lassen, wie und in welchem Umfang sie in dieses Transmittermobile eingreifen.
Die Pflanze: Rhodiola rosea (Rosenwurz)
Die 5 bis 35 cm hohe Rhodiola rosea L. gehört zur Familie der Dickblattgewächse (Crassulaceae). Volkstümliche Bezeichnungen sind
Sie ist ursprünglich in arktischen Regionen beheimatet (Alaska, Skandinavien, Sibirien, alpinen Zonen der europäischen Hochgebirge). Wegen des rosenartigen
Geruchs gab der schwedische Botaniker Carl von Linné dieser Pflanze den Namen Rhodiola rosea. Seit mehr als 40 Jahren ist die Heilpflanze fester Bestandteil der offiziellen
Medizin der Sowjetunion. In Schweden wurde Rhodiola rosea im Jahr 1985 als pflanzliches Medizinprodukt eingeführt und im Phytomedizinischen Handbuch für Pharmazeuten
als Mittel gegen Müdigkeit und Abgeschlagenheit beschrieben. In der Schweiz wurde kürzlich ein Phytopharmakon mit Rosea-Extrakt zugelassen.
Die Inhaltstoffe der Wurzeln von Pflanzen unterschiedlicher Herkunft unterscheiden sich deutlich. Insgesamt können bis zu 86 flüchtige Substanzen im Rhizom nachgewiesen
werden, welche 0,5 mg/g des Trockengewichts des Rhizoms ausmachen, Phenylpropanoide, Phenylethanoide, Flavonoide, Monoterpene, Triterpene und phenolische Säuren.
Die erste Generation (~1970) von Rhodiola rosea Extrakten wurde auf 0,8% Salidrosid standardisiert. Damals wurde angenommen, dass Salidrosid der Hauptwirkstoff sei.
In den späten 1980er-Jahren erkannte man, dass andere Rhodiola-Arten ebenfalls Salidrosid enthielten, aber pharmakologisch unwirksam waren.
Dubichev und Kollegen: Rosavin, Rosarin und Rosin sind spezifische Inhaltstoffe der Wurzel von Rhodiola rosea. Auch die oberirdischen Pflanzenteile enthalten Salidrosid,
Rosavin, Rosarin und Rosin. Der Gehalt in den Blättern beträgt etwa ein Viertel von dem in der Wurzel. Die empfohlene Dosierung von Rhodiola rosea Produkten ist abhängig
von der Standardisierung (Rhodiola rosea. Monograph. 2002). Für eine chronische Aufnahme von Rhodiola rosea Extrakten werden folgende Mengen pro Tag empfohlen:
360 bis 600 mg Extrakt standardisiert auf 1% Rosavin
180 bis 300 mg Extrakt standardisiert auf 2% Rosavin
100 bis 170 mg Extrakt standardisiert auf 3,6% Rosavin
Mit der Einnahme sollte einige Wochen vor dem Stress begonnen und sie sollte während dieser Zeit fortgeführt werden.
Die Datenlage: Evidenz nimmt zu
In einer Studie von Panossian et al. (2011) wurde die Wirkung von Rhodiola rosea Extrakt auf das Neuropeptid Y (NPY) untersucht. Dabei handelt es sich um ein
Hormon, das im zentralen und peripheren Nervensystem in die Stressverarbeitung eingebunden ist. Ein hoher NPY-Spiegel wurde beispielsweise bei gestressten Soldaten
und Depressiven gefunden. Das Testpräparat, das auch Rhodiola enthielt, wirkte sich regulierend auf NPY und andere Faktoren im Zellversuch aus.
Rhodiola senkt Stressmarker
Eine weitere Studie von Panossian et al. zeigt, dass bei Hasen, die zwei Stunden lang erheblichem Stress ausgesetzt wurden, drei Mediatoren der Stressreaktion -phosphorylierte, stressaktivierte Proteinkinase, Stickstoffmonoxid und Cortisol- signifikant erhöht wurden (um 200 bis 300% des Ausgangslevels).
Nach einer siebentägigen Behandlung mit Rhodiola rosea zeigte sich, dass der Rhodiola rosea Extrakt das weitere Ansteigen dieser biochemischen Marker nach akutem
Stress verhinderte. Dieser Bericht nennt Rhodiola rosea als interessante, sehr vielversprechende „adaptogene Pflanze“. DAF-16, Cortisol, NO und HSP72 wurden im Tiermodell beeinflusst. Auch MAO wird beeinflusst
Eine Studie von Diermen et al. (2009) zeigte, dass Rhodiolaextrakte als Hemmstoff der Monoaminooxidase (MAO) wirkt. Diese Inhibition des abbauenden Enzyms wirkt
sich günstig auf das bei Stress und Depression verstellte neurobiologische Gleichgewicht der Transmitter Noradrenalin, Acetylcholin, Serotonin und Dopamin aus.
Außerdem macht es die Blut-Hirn-Schranke für Dopamin und Serotonin durchlässiger und senkt den bei Stress erhöhten Cortisolspiegel.
Fatigue wird gebessert
Olsson: eine Untersuchung die Wirksamkeit des Extraktes gegen Stress und Müdigkeit. Die Phase-III-Studie wurde in Form einer randomisierten, placebokontrollierten
Doppelblind- Studie mit parallelen Gruppen durchgeführt. Die Teilnehmer, Männer und Frauen zwischen 20 und 55 Jahren, wurden nach den Kriterien des schwedischen National Board of Health and Welfare für Müdigkeit ausgewählt. Es wurde festgestellt, dass die wiederholte Verabreichung von Rhodiola-rosea-Extrakt einen analeptischen Effekt ausübt und die geistige Leistungsfähigkeit, insbesondere die Fähigkeit sich zu konzentrieren, steigert. Begleitend wurde ermittelt, dass die unter Stress steigenden Cortisolspiegel sinken.
Dies könnte auch eine Erklärung für den immunmodulierenden Effekt sein. Außerdem stellten die Untersucher einen Effekt bei Patienten mit Burnout- und Fatigue-Syndrom fest. Indikation mit Zukunft: Subsyndromale Angststörung Angst, Phobie, Panik! Dies sind nur einige Angststörungen im ICD-10 und DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders). Verhältnismäßig wenig bekannt ist die subsyndromale Angststörung. Die Erkrankung ist weit verbreitet, hat eine Lebensprävalenz von
5 bis 7% und entkräftet die betroffenen Patienten psychisch.
Carter et al.: die subsyndromale GAS („subthreshold generalized anxiety disorder“ [GAD] als Sorge („worry“), die für mindestens drei Monate besteht und die mindestens zwei der folgenden DSM-IV-Kriterien erfüllen muss:
unkontrollierbare Sorge
drei oder mehr assoziierte körperliche Symptome
klinisch signifikante Beeinträchtigung
Der Unterschied zu einer vollständig ausgeprägten GAS besteht darin, dass beispielsweise die unkontrollierbare Sorge nicht mehr zwingend vorhanden sein muss.
Es müssen nur 2 der genannten 3 Punkte erfüllt sein, bei der GAS sind es alle drei. Außerdem ist die Dauer von mindestens 6 Monaten im SMD-IV auf 3 Monate reduziert.
Unter den betroffenen Patienten ist die Akzeptanz einer komplementären Therapie sehr groß (Kessler et al. 2001). Etwa 57% der Patienten mit Angststörungen und 54%
der Patienten mit einer Depression gaben in einer Befragung von 2055 Patienten an, auf pflanzliche und alternative Behandlungsmethoden zu vertrauen.
Bystritsky et al. erhob klinische Daten über die Wirksamkeit und Sicherheit von Rhodiola rosea in der Behandlung der generalisierten Angststörung. Nach der Rekrutierung und der Baseline-Visite begann die zehnwöchige, offene Behandlung mit Rhodiola-rosea-Extrakt. Folgende Parameter wurden signifikant gebessert: Hamilton Anxiety Rating Scale (HARS), Four Dimensional Anxiety and Depression Scale (FDADS) und die Hamilton Depression Rating Scale (HDRS).
Die Risiken: Blausäure?
Eine Arbeitsgruppe hat in der Wurzel 0,12 mg/g das Cyanoglykosid Lotaustralin nachgewiesen (Akgul et al., 2004). Aus Cyanoglykosiden entsteht durch Verletzung des
Pflanzenmaterials und der damit verbundenen Freisetzung von Glykosidasen Blausäure. Dieser Prozess kann durch eine Inaktivierung der Enzyme (Hitzeinaktivierung durch Kochen) verhindert werden. „Aus den verfügbaren Humanstudien, in denen Tagesdosen von 100 bis 1 800 mg Rhodiola rosea (meist als Wurzelextrakt) untersucht wurden, lässt sich kein Gefährdungspotenzial ableiten“, so das Resümee vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in der Expertise „Risikobewertung von Pflanzen und pflanzlichen Zubereitungen“ (2012).
Resümee
Das Projekt, evidenzbasierte Monografien für Pflanzen und Phytopharmaka zu etablieren, ist längst überfällig. Aus der Klasse der Adaptogene zeichnet sich Rhodiola rosea durch einen multifaktoriellen Angriff der biochemischen Stressorenkaskade aus. Zunehmend werden valide Arbeiten publiziert, die die Empirie untermauern.
[Matthias Bastigkeit]
Die Liste der Pflanzen und Phytopharmaka, die für sich den Anspruch erheben, gegen Depressionen, Stress und Angst zu wirken, ist lang. Viele Erkenntnisse stammen jedoch aus empirischen Berichten, Anwendungsbeobachtungen und übermittelten, teilweise antiquierten Beschreibungen. Nicht immer können evidenzbasierte Studien die
Wirkungen unterstützen. Um das zu ändern, möchte die strenge Europäische Arzneimittelbehörde EMA Monografien erlassen, um die Spreu vom Weizen zu trennen.
Das HMPC-Komitee (Committee on Herbal Medicinal Products) erfasst den aktuellen Kenntnisstand zu pflanzlichen Substanzen und bereitet die Daten wissenschaftlich auf. Die Monografien repräsentieren den harmonisierten Stand der Bewertung und sind das Ergebnis eines Diskussionsprozesses, der die verschiedenen Traditionen in den Mitgliedsstaaten der EU widerspiegelt. Pflanzen zur Stärkung und psychischen Stabilisierung stehen nun im Fokus wissenschaftlicher Überprüfung. „Tatsächlich hat in den letzten Jahren die Pflanze aus der Familie der Crassulaceae, die in kalten Regionen der Erde wächst, viele Wirkungen gezeigt, die mit dem Begriff Adaptogen kompatibel sind“, so das Resümee von Priv.-Doz. Dr. Werner Knöss vom Bundesin-stitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in seiner Stellungnahme zu den HMPC-Monografien. Grund genug, sich näher mit dem Thema Adaptogene und Rhodiola rosea zu beschäftigen. Die Bezeichnung „Adaptogen“ wurde vom russischen Wissenschaftler Dr. Nicolai Lazarev bereits im Jahr 1947 geprägt. Der Pharmakologe bezeichnet damit natürliche Substanzen, die die Resistenz des Körpers gegenüber Stress erhöhen. Weltweit wurden nur fünf Pflanzen als Adaptogen klassifiziert, welche die vier Kriterien (lt. EMA 2007) für Adaptogene erfüllen in der naturheilkundlichen Praxis Rhodiola rosea
•Stärkung des Widerstands gegen unerwünschte physikalische, chemische und biologische Einflüsse (Stress)
•normalisierender Einfluss unabhängig von der Richtung der vorausgegangenen pathologischen Veränderungen
•nicht toxisch, möglichst geringe Beeinträchtigung anderer Körperfunktionen
•die Wirkung ist umso ausgeprägter, je tief greifender die pathologischen Veränderungen im Organismus sind
Rhodiola rosea wird von der EMA (= Europäische Arzneimittelagentur) als Adaptogen eingestuft. Adrenalin und Cortisol als Übeltäter Adaptogene greifen in den Stoffwechsel von Adrenalin und Cortisol ein und versetzen den Organismus in die Lage, sich Umweltfaktoren gegenüber besser anzupassen. Adaptogene aktivieren milde
das Stresssystem und befähigen den Körper, exogenen Stress besser bewältigen zu können. Sie beeinflussen neben Adrenalin, Dopamin, Serotonin auch Cortisol, Stickstoffmonoxid und stressaktivierte Proteinkinasen. Wie komplex das Stressgeschehen ist, wird erst durch neuere Studien klar, die noch viele weitere Faktoren identifizieren, die für die neurochemische Balance wichtig sind. Stickoxid, Beta-Endorphine, molekulare Chaperone sowie stressaktivierte c-Jun N-termi-nale P Proteinkinasen (SAPK) sind nur einige von ihnen. Zukünftig müssen sich Adaptogene daran messen lassen, wie und in welchem Umfang sie in dieses Transmittermobile eingreifen.
Die Pflanze: Rhodiola rosea (Rosenwurz)
Die 5 bis 35cm hohe Rhodiola rosea L. gehört zur Familie der Dickblattgewächse (Crassulaceae). Sie ist ursprünglich in arktischen Regionen beheimatet, kommt besonders
in Alaska, Skandinavien, Sibirien sowie in alpinen Zonen der europäischen Hochgebirge vor. Wegen des rosenartigen Geruchs gab der schwedische Botaniker Carl von Linné dieser Pflanze den Namen Rhodiola rosea. Seit mehr als 40 Jahren ist die Heilpflanze fester Bestandteil der offiziellen Medizin der Sowjetunion. In Schweden wurde Rhodiola rosea im Jahr 1985 als pflanzliches Medizinprodukt eingeführt und im Phytomedizinischen Handbuch für Pharmazeuten als Mittel gegen Müdigkeit und Abgeschlagenheit beschrieben. In der Schweiz wurde kürzlich ein Phytopharmakon mit Rosea-Extrakt zugelassen. Die Inhaltstoffe: Rosavin & Co Die Inhaltstoffe der Wurzeln von Pflanzen
unterschiedlicher Herkunft unterscheiden sich deutlich. Insgesamt können bis zu 86 flüchti-ge Substanzen im Rhizom nachgewiesen werden, welche 0,5mg/g des Trockengewichts des Rhizoms ausmachen, Phenylpropanoide, Phenylethanoide, Flavonoide, Monoterpene, Triterpene und phenolische Säuren. Die erste Generation (~1970) von Rhodiola rosea Extrakten wurde auf 0,8% Salidrosid standardisiert. Damals wurde angenommen, dass Salidrosid der Hauptwirkstoff sei. In den späten 1980er-Jahren erkannte man, dass andere Rhodiola-Arten ebenfalls Salidrosid enthielten, aber pharmakologisch unwirksam waren. Dubichev und Kollegen identifizierten Rosavin, Rosarin und Rosin als spezifische Inhaltstoffe der Wurzel von Rhodiola rosea. Auch die oberirdischen Pflanzenteile enthalten Salidrosid, Rosavin, Rosarin und Rosin.
Der Gehalt in den Blättern beträgt etwa ein Viertel von dem in der Wurzel. Die empfohlene Dosierung von Rhodiola rosea Produkten ist abhängig von der Standardisierung (Rhodiola rosea. Monograph. 2002). Für eine chronische Aufnahme von Rhodiola rosea Extrakten werden folgende Mengen pro Tag empfohlen: Pflanzenart Pflanzenteil Pflanzliche Substanz Verkehrsfähige Monografie des HMPC Arzneimittel verfügbar Panax ginseng Wurzel Ginseng radixjain
Vorbereitung Eleutherococcus senticosus Wurzel Eleutherococci radixja publiziert Ilex paraguariensis Blätter Mate folium publiziert Paulinia cupana Samen
Guaranae semen in Vorbereitung Rhodiola rosea Rhizom Rhodiolae rhizoma Entwurf zur öffentlichen Kommentierung publiziert Überblick über den aktuellen Status einiger Pflanzen aus dem Bereich der Tonika in Deutschland© emer - Fotolia.com
Prozentualer Anstieg biochemischer Stressmarker unter Rhodiola rosea und Placebo verglichen mit dem normalisierten Basislevel vor der Behandlung und dem Stressevent (angenommen als 100%), mod. nach Panossian et al. (2011)Matthias Bastigkeit Dozent für Pharmakologie & Medizinjournalist (DJV)Bastigkeit@aol.comLaut aktuellen Angaben leiden in der Bundes-republik Deutschland zurzeit etwa 1,2 Milli-onen Menschen an einer Form der Demenz; Tendenz steigend. Statistiken belegen, dass bei 1 bis 2 % aller 65-Jährigen in unserer Be-völkerung Demenzerkrankungen diagnostiziert werden. Bei den 80-Jährigen betrifft es schon jeden Fünften; bei den über 90-Jährigen so-gar jeden Zweiten. An den Zahlen kann man deutlich erkennen, dass es sich um eine Erkran-kung handelt, die mit dem Alter an Häufigkeit immer weiter zunimmt. In den meisten Fällen handelt es sich um eine „Alzheimer-Demenz“, bei der sich schädliche Eiweiße, Amyloide ge-nannt, im Gehirn als Plaques ablagern und zum Untergang von Nervenzellen führen. Die zweithäufigste ursächliche Form ist die ge-fäßbedingte (vaskuläre) Demenz, bei der vor allem multiple Hirninfarkte zum Absterben von Nervengewebe führen.Die hohen Erkrankungszahlen machen Angst. Gerade bei Morbus Alzheimer tappt die Ur-sachenforschung nach wie vor im Dunkeln. Eine genetische Komponente konnte bisher weder bewiesen noch wirklich ausgeschlossen werden. So reagieren gerade Menschen, die schon einen Demenzkranken in ihrem engs-ten Familienkreis betreut haben, besonders alarmiert auf eigene Vergesslichkeit und kog-nitive Ausfälle. Erkennen wir entsprechende Befürchtungen bei unseren Patienten, sollten wir sensibel darauf eingehen.Auch wenn die letztendliche Diagnose einer Demenzerkrankung dem Neurologen obliegt, stehen auch Therapeuten in der Naturheilpra-xis Möglichkeiten zur Verfügung, mit denen zumindest ein Verdacht ausgeschlossen oder aber erhärtet werden kann. Die Ergebnisse einer guten Anamnese sowie sogenannter psy-chometrischer Tests können beruhigen – oder im Zweifelsfall eine differenziertere fachärzt-liche Abklärung erforderlich machen. Dabei sind Konzentrationsstörungen und Vergess-lichkeit zwar der ursächliche Anlass für die entsprechende Besorgnis unserer Patienten, anamnestisch fragen wir jedoch weitere Ver-dachtsmomente ab (die Reihenfolge habe ich willkürlich gewählt, nicht nach der Häufigkeit des Auftretens), z.B.:DEMENZDie Krankheit des VergessensKann Naturheilkunde helfen?• 360 bis 600 mg Extrakt standardisiert auf 1% Rosavin• 180 bis 300 mg Extrakt standardisiert auf 2% Rosavin• 100 bis 170 mg Extrakt standardisiert auf 3,6% Rosavin Mit der Einnahme sollte einige Wochen vor dem Stress begonnen und sie sollte während dieser Zeit fortgeführt werden.Die Datenlage: Evidenz nimmt zu In einer Studie von Panossian et al. (2011) wurde die Wirkung von Rhodiola rosea Extrakt auf das Neuropeptid Y (NPY) untersucht. Dabei handelt es sich um ein Hormon, das im zen-tralen und peripheren Nervensystem in die Stressverarbeitung eingebunden ist. Ein ho-her NPY-Spiegel wurde beispielsweise bei ge-stressten Soldaten und Depressiven gefunden. Das Testpräparat, das auch Rhodiola enthielt, wirkte sich regulierend auf NPY und andere Faktoren im Zellversuch aus.Rhodiola senkt Stressmarker Eine wei-tere Studie von Panossian et al. zeigt, dass bei Hasen, die zwei Stunden lang erheblichem Stress ausgesetzt wurden, drei Mediatoren der Stressreaktion – phosphorylierte, stress-aktivierte Proteinkinase, Stickstoffmonoxid und Cortisol – signifikant erhöht wurden (um 200 bis 300% des Ausgangslevels). Nach einer siebentägigen Behandlung mit Rhodiola rosea zeigte sich, dass der Rhodiola rosea Extrakt das weitere Ansteigen dieser biochemischen Marker nach akutem Stress verhinderte. Dieser Bericht nennt Rhodiola rosea als interessante, sehr vielversprechende „adaptogene Pflanze“. DAF-16, Cortisol, NO und HSP72 wurden im Tiermodell beeinflusst.Auch MAO wird beeinflusst Eine Stu-die von Diermen et al. (2009) zeigte, dass Rhodiolaextrakte als Hemmstoff der Mono-aminooxidase (MAO) wirkt. Diese Inhibition des abbauenden Enzyms wirkt sich günstig auf das bei Stress und Depression verstellte neurobiologische Gleichgewicht der Trans-mitter Noradrenalin, Acetylcholin, Serotonin und Dopamin aus. Außerdem macht es die Blut-Hirn-Schranke für Dopamin und Serotonin durchlässiger und senkt den bei Stress erhöh-ten Cortisolspiegel.Fatigue wird gebessert Olsson zeigte in einer anderen Untersuchung die Wirksamkeit des Extraktes gegen Stress und Müdigkeit. Die Phase-III-Studie wurde in Form einer rando-misierten, placebokontrollierten Doppelblind-Studie mit parallelen Gruppen durchgeführt. Die Teilnehmer, Männer und Frauen zwischen 20 und 55 Jahren, wurden nach den Kriterien des schwedischen National Board of Health and Welfare für Müdigkeit ausgewählt. Es wurde festgestellt, dass die wiederholte Ver-abreichung von Rhodiola-rosea-Extrakt einen analeptischen Effekt ausübt und die geistige Leistungsfähigkeit, insbesondere die Fähigkeit sich zu konzentrieren, steigert. Begleitend wur-de ermittelt, dass die unter Stress steigenden Cortisolspiegel sinken. Dies könnte auch eine Erklärung für den immunmodulierenden Ef-fekt sein. Außerdem stellten die Untersucher einen Effekt bei Patienten mit Burnout- und Fatigue-Syndrom fest.Indikation mit Zukunft: Subsyndro-male Angststörung Angst, Phobie, Panik! Dies sind nur einige Angststörungen im ICD-10 und DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders). Verhältnismäßig wenig bekannt ist die subsyndromale Angststörung. Die Erkrankung ist weit verbreitet, hat eine Lebensprävalenz von 5 bis 7% und entkräftet die betroffenen Patienten psychisch.Carter et al. definiert die subsyndromale GAS („subthreshold generalized anxiety disorder“ [GAD]) als Sorge („worry“), die für mindes-tens drei Monate besteht und die mindestens zwei der folgenden DSM-IV-Kriterien erfüllen muss: • unkontrollierbare Sorge•drei oder mehr assoziierte körperliche Sym-ptome• klinisch signifikante BeeinträchtigungDer Unterschied zu einer vollständig ausge-prägten GAS besteht darin, dass beispiels-weise die unkontrollierbare Sorge nicht mehr zwingend vorhanden sein muss. Es müssen nur zwei der genannten drei Punkte erfüllt sein, bei der GAS sind es alle drei. Außerdem ist die Dauer von mindestens sechs Monaten im SMD-IV auf drei Monate reduziert. Unter den betroffenen Patienten ist die Akzeptanz einer komplementären Therapie sehr groß (Kess-ler et al. 2001). Etwa 57% der Patienten mit Angststörungen und 54% der Patienten mit einer Depression gaben in einer Befragung von 2055 Patienten an, auf pflanzliche und alter-native Behandlungsmethoden zu vertrauen. Bystritsky et al. erhob klinische Daten über die Wirksamkeit und Sicherheit von Rhodiola rosea in der Behandlung der generalisierten Angststörung. Nach der Rekrutierung und der Baseline-Visite begann die zehnwöchige, of-fene Behandlung mit Rhodiola-rosea-Extrakt. Folgende Parameter wurden signifikant gebes-sert: Hamilton Anxiety Rating Scale (HARS), Four Dimensional Anxiety and Depression Scale (FDADS) und die Hamilton Depression Rating Scale (HDRS).Die Risiken: Blausäure? Eine Arbeits-gruppe hat in der Wurzel 0,12 mg/g das Cya-noglykosid Lotaustralin nachgewiesen (Akgul et al., 2004). Aus Cyanoglykosiden entsteht durch Verletzung des Pflanzenmaterials und der damit verbundenen Freisetzung von Glyko-sidasen Blausäure. Dieser Prozess kann durch eine Inaktivierung der Enzyme (z. B. Hitzein-aktivierung durch Kochen) verhindert werden. „Aus den verfügbaren Humanstudien, in de-nen Tagesdosen von 100 bis 1 800 mg Rhodi-ola rosea (meist als Wurzelextrakt) untersucht wurden, lässt sich kein Gefährdungspotenzial ableiten“, so das Resümee vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in der Expertise „Ri-sikobewertung von Pflanzen und pflanzlichen Zubereitungen“ (2012).Resümee Das Projekt, evidenzbasierte Mo-nografien für Pflanzen und Phytopharmaka zu etablieren, ist längst überfällig. Aus der Klasse der Adaptogene zeichnet sich Rhodiola rosea durch einen multifaktoriellen Angriff der biochemischen Stressorenkaskade aus. Zuneh-mend werden valide Arbeiten publiziert, die die Empirie untermauern.
[Bettina-Nicola Lindner]
Wenn Stress „hausgemacht“ istUnser Körper unterscheidet nicht, ob der Stress durch äußereFaktoren ausgelöst wird (zum Beispiel Arbeitsüberlastung undgleichzeitiges Mobbing) oder ob er „hausgemacht“, durch in-nere, psychische Faktoren verursacht ist. Er reagiert bei Stressimmer gleich. InnereStressfaktoren wie Versagensängste, ge-ringe Belastbarkeit, Minderwertigkeitskomplexe, Eifersucht,übersteigertes Verantwortungsgefühl, überhöhte Ansprüche,unerfüllte Wünsche und Erwartungen schlagen genauso zu Buche wie äußereStressoren, etwa die Trennung vom Partner,Arbeitsplatzverlust, finanzielle Sorgen oder Todesfälle im engen Familienkreis. Oft kommen die Stressoren sowohl von innen alsauch von außen – und dann sind organische, psychosomatischeoder psychische Störungen vorprogrammiert.Häufige körperliche Stresssymptome– Atemprobleme– Beeinträchtigung der Sinnesorgane(Ohrgeräusche, Sehstörungen)– Durchblutungsstörungen (kalte Hände undFüße)– Infektanfälligkeit, Wundheilungsstörungen– Kreislaufprobleme, Herzrasen, Herzklopfen, Herzstolpern– Magen- und Verdauungsprobleme– Mundtrockenheit– rasche Erschöpfung, Müdigkeit– Schlafstörungen– starkes Schwitzen– Verspannungen, Schmerzen in Rücken, Schulter und Nacken22
Häufige seelische Stresssymptome– Angst und Panik– Antriebslosigkeit– Depressionen– Einsamkeit– Gefühl der Überforderung– Hilflosigkeit und Ohnmachtsgefühle– Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung– Nervosität– Pessimismus– Selbstzweifel, Unsicherheit– Traurigkeit– Ungeduld, Reizbarkeit– unkontrollierte Wutanfälle, Aggression– UnzufriedenheitHäufige mentale Stresssymptome– Denkblockaden– Entscheidungsprobleme– Gedankenkreisen– geringes Selbstwertgefühl– Gleichgültigkeit– Lernschwierigkeiten– negative Gedanken und Überzeugungen– Unkonzentriertheit– Vergesslichkeit– Wahrnehmungsstörungen23
Burn-out – was ist das?Der Begriff Burn-out ist zum ersten Mal im Jahr 1974 aufge-taucht. Der amerikanische Psychologe Herbert Freudenbergerbeobachtete, dass in Drogenberatungsstellen viele zunächsthoch motivierte Mitarbeiter nach wenigen Jahren nur noch ab-gestumpft und zynisch ihre Arbeit versahen. DiesesPhänomen nannte er „Burn-out-Syndrom“. (Nähere Informationen in: Herbert J. Freudenberger, Geral-dine Richelson: Ausgebrannt. Die Krise der Erfol-greichen, München: Kindler, 1981)Die „Opfer“ sind häufig in den Helferberufen zufinden. Krankenschwestern und Altenpfleger, aber auch Erzieherinnen und Lehrer sind unter den Patienten psychosomatischer Kliniken überproportional vertreten.Nur wer für eine Sache gebrannt hat, kann auch ausbrennen –das bestätigen die Experten. Denn nicht „zu viel Arbeit“ ist dasProblem, sondern das Gefühldabei. Das Gefühl, überfordert zusein, ungerecht beurteilt zu werden oder in einer Sackgassefestzustecken – all das bedeutet Stress für die Betroffenen. Unddieses Gefühl setzt dann eine hormonelle Kaskade in Gang (Cor-tisol, Adrenalin ...); dadurch können sich Stresssymptome wieKopfschmerzen, Rückenschmerzen, Herzrasen, Konzentrations-schwäche und ähnliche Beschwerden entwickeln.Die Rolle der ResilienzWeitgehend verschont vom Burn-out bleiben ausgerechnetjene, von denen man es am wenigsten vermutet hätte: die Ma-nager! Top-Manager sind meistens deshalb so weit gekommen,24
weil sie auffällig stressresistent sind. Ganz nach oben schafft esnur, wer gut mit Stress umgehen kann, wer also über eine gutesogenannte Resilienz verfügt, sodass einen nichts so schnell indie Stress-Hormon-Spirale hineinziehen kann. Zudem erhaltenTop-Manager meist eine angemessene Anerkennung, zum Bei-spiel durch ein hohes Gehalt, und auch das schützt vor demBurn-out.ResilienUnter Resilienz versteht man allgemein die Widerstands-fähigkeit gegen Stress. Wörtlich bedeutet Resilienz so vielwie Abprallen, Zurückspringen, die Kraft, mit der man esvom Boden wieder auf die Beine schafft. Resilienz um-fasst alle Kräfte, die Menschen aktivieren, um das Lebenin guten und in schlechten Zeiten zu meistern. Die Psycho-logie bezeichnet die Fähigkeit, trotz widriger Bedingun-gen zu gedeihen, als Resilienz.Die nachfolgende Geschichte beinhaltet ein schönes Beispielfür selbst verursachten Stress:Die Geschichte mit dem HammerEin Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nichtaber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließtunser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Dochda kommt ihm der Zweifel: Was, wenn der Nachbar mirden Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte ermich nur flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber vielleichtwar die Eile nur vorgeschützt und er hat etwas gegen 25
mich. Und was? Ich habe ihm nichts angetan; der bildetsich da was ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug bor-gen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht?Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ichsei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat.Jetzt reicht’s mir wirklich.Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet,doch noch bevor er „Guten Tag“ sagen kann, schreit ihnunser Mann an: „Behalten Sie Ihren Hammer, Sie Rüpel!“(Aus: Paul Watzlawick: Anleitung zum Unglücklichsein,München: Piper, 1983, S. 37)Das Fazit aus dieser Geschichte lautet für unseren Zusammen-hang: Nicht die Tatsache, dass der Mann keinen Hammer hat,verursacht ihm Stress, sondern seine Gedankenüber die mög -licheReaktion des Nachbarn ...Cortisol senkt die Risikobereitschaft„Chronischer Stress senkt die Risikobereitschaft gerade dann,wenn sie gefragt ist – in Krisenzeiten. Schuld sei das Stress -hormon Cortisol, berichten Forscher.“ Dies schrieb Spiegel onlineam 18. Februar 2014 unter Berufung auf amerikanischeForscher. Die Forschung ging lange Zeit davon aus, dass die Risikobereitschaft eines Menschen eine konstante Größe sei.Doch nun weiß man: Risikofreude ist abhängig vom Cortisol-spiegel im Blut. Nimmt der Stress zu, dann zirkuliert mehr Corti-sol im Blut und die Bereitschaft, ein Risiko einzugehen, nimmtab. Ein möglicherweise folgenreiches Beispiel: In Zeiten26
wirtschaftlicher Krisen, in denen Manager stark unter Druck stehen, scheuen sie vor riskanten Entscheidungen zurück. Dasdokumentierten Wissenschaftler in einer Veröffentlichung deramerikanischen Akademie der Wissenschaften.In einer Studie mit 36 Probanden zeigte sich demnach: Aku-terStress veränderte die Waghalsigkeit der Teilnehmer nicht.Doch unter Dauerstresssank ihre Risikobereitschaft fast um dieHälfte. Auch die Fähigkeit, ergebnisorientiert zu denken, nahmunter Stress ab.Die Sache mit den GefühlenWenn wir den Stress im Griff haben (und nicht er uns), könnenwir ihn in die Schranken verweisen, können vermeiden, dass erchronisch wird, können unsere Organe schützen, leistungsfähi-ger und besser gelaunt sein und effektiver arbeiten. Das neu-roendokrine System ist dafür zuständig, die Homöostase (dasGleichgewicht) unserer Energie zu wahren. Für die Aufrechter-haltung unserer körperlichen Funktionen ist es unersetzlich.Nach der traditionellen chinesischen Lehre sind unsere Or-gane (wie Herz, Leber, Niere) die „Wohnungen“ der Emotionen.Unterstützt jemand seinen Körper mit sogenannten Adapto -genen – wie Rhodiola rosea–, hilft er dem Körper auch, mit be-lastenden Gefühlen besser umzugehen. Und er verhindert so,dass negative Emotionen unseren Organen (insbesondere demHerzen) Schaden zufügen.27
28Adaptogene und Medikamente im VergleichAdaptogene, auf die im nächsten Kapitel ausführlich eingegan-gen wird, sind keine spezifischen Medikamente, die gegen einbestimmtes Beschwerdebild (wie Kopfweh) eingesetzt werden.Sie sind Erzeugnisse der Evolution, die uns helfen, uns an ver -änderte, oft „verschärfte“ Bedingungen in unserem Leben an -zupassen.Adaptogene bauen einen Schutzwall gegen Stress auf undstärken die körpereigene Abwehr (gegen Viren, Parasiten oderauch entartete Körperzellen), von denen wir oft nicht einmalKenntnis haben. Sie kräftigen den Körper ganz all-gemein, verleihen ihm neue Energie, regen die Körperfunktionen an, geben ihm die Kraft, mitStress umzugehen, Körper- und Gehirnfunktionenim Normbereich zu halten und negative Gefühle zu„entgiften“.Adaptogene helfen dem Organismus, trotz Raub-bauan seinen Ressourcen länger funktionsfähig zubleiben, und sie wirken dem Alterungsprozess ent-gegen. Sie sind eine wertvolle Hilfe zur Selbsthilfe.Sie lassen den Körper so optimal arbeiten, wie die natürlicheEvolution ihn geschaffen hat. Sie helfen uns, unsere psychi-schen und körperlichen Ressourcen besser zu nutzen.Adaptogene verlangsamen das Altern des Körpers, insbeson-dere des Gehirns. Ihre Aktivität findet genau dort statt, wo imKörper Hilfe benötigt wird, und sie helfen dann zielgerichtet.Ist beispielsweise der Blutdruck zu hoch, wird er normalisiert.Ist der Blutdruck normal, wird alles dafür getan, dass das auchso bleibt.Diese Wirkung ist sehr wichtig für unsere Gesundheit. DennProbleme in unserem Körper fangen meist ganz klein an, wir
bemerken sie anfangs nicht, wie bei zu hohem oder zu niedri-gem Blutdruck. Adaptogene erkennen diese verborgenen „Ener-gieräuber“ schnell und wirken ihnen entgegen, bevor sich ernst -hafte gesundheitliche Probleme entwickeln. Sie reparieren,ohne dass wir es merken. Sie helfen vorbeugend, wenn wir unsnoch gut fühlen. Und sie halten uns auf einem höheren Energie-level.Alles dreht sich um die „Stressachse“Adaptogene wirken auch ausgleichend auf unser Hormon -system. Dabei ist die sogenannte Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse oder Stressachse) buch-stäblich der Dreh- und Angelpunkt. Haben wir Stress, wird dieHPA-Achse aktiviert und das Stresshormon Cortisol wird aus -geschüttet. Wird bei Dauerstress eine zu hohe Produktion vonCortisol und anderen Hormonen dieses Regelkreises zwischenHypothalamus und Nebennieren bewirkt, gerät der Körper ausdem Gleichgewicht. Adaptogene wirken hier ausgleichend undberuhigen auch das überlastete Nervensystem.Die HPA-Achse oder „Stressachse“ ...... stellt eine komplexe Abfolge von direkten Einflüssenund Feedback-Schleifen zwischen drei Hormondrüsendar: Hypothalamus, Hypophyse und Nebennieren. Sie istein Hauptteil jenes Hormonsystems, das Reaktionen aufStress kontrolliert und viele Prozesse im Körper reguliert,zum Beispiel Verdauung, Immunsystem, Stimmung, Ge-fühle, Sexualität, Energiespeicherung und -verwendung.29
Hilfe für unsere WeiterentwicklungWenn Körper, Seele und Geist in Balance sind, können wiruns weiterentwickeln. Ist eine der Komponenten durch Stressblockiert, bleibt die Entwicklung stehen. Adaptogene könnensolche Blockaden verhindern und beseitigen. Jedes Adaptogenwirkt einerseits überall und hat andererseits spezielle Schwer-punkte. So ist Rhodiola besonders wirksam für das Gehirn (einGehirnstimulans), die Schisandra-Beere zum Beispiel besondersfür die Leber. Daher ist es manchmal sinnvoll, mehrere Adapto-gene zu kombinieren. Sie wirken auch synergetisch, das heißt,ihr Zusammenwirken bringt einen deutlich erhöhten Mehrwert.Der Unterschied zu Stimulanzien wie KaffeeAdaptogene stimulieren und energetisieren, aber sie machen imVergleich zu Stimulanzien wie Kaffee nicht abhängig. Wer sieeinnimmt, unterstützt seinen Körper. Wer sie absetzt, hat keineEntzugserscheinungen. Wer Kaffee trinkt, wird kurzfristig mun-ter – danach aber fällt der Körper wieder in die Müdigkeit zu-rück, man fühlt sich oft schlechter als vorher. Kopfschmerzenund Konzentrationsmangel kommen zur Müdigkeit dazu. Dasschafft eine Abhängigkeit, die bei der Einnahme von Adapto -genen nicht auftritt.
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