Watt

 

Im Wasser leben Algen und Seegräser. Während Rotalgen in den letzten Jahrzehnten aufgrund menschlicher Einflüsse zurückgingen, profitieren insbesondere Grünalgen stark

vom gestiegenen Nährstoffanstieg durch abgelagerten landwirtschaftlichen Dünger. Seegräser sind die einzigen unter Wasser wachsenden Blütenpflanzen des Wattenmeers.

Auf den Salzwiesen, die etwa 10x bis 250x im Jahr vom Meerwasser überflutet werden, bilden sich nach den dominierenden Pflanzen benannte Zonen, die von der jeweiligen Salzbelastung der Region abhängig sind. Insgesamt finden sich etwa 50 Arten von Blütenpflanzen auf den Salz- und den angrenzenden Brackwiesen. Fast täglich überflutet wird die Quellerzone, in der nur Queller und Schlickgras den stetigen Überflutungen gewachsen sind. Etwas höher liegt die Andelzone, die noch bei jeder Springtide und anderen erhöhten Wasserständen erreicht wird. Sie prägt das namensgebende Andelgras ebenso wie salztolerante Arten wie Strandaster, Strandsode, Gewöhnlicher Strandflieder und Keilmelde. Die Rotschwingelzone, benannt nach dem Salz-Rotschwingel, wird nur noch in seltenen Ausnahmefällen überflutet. Der Artenreichtum vergrößert sich erheblich, besonders prägnante Arten sind Tausendgüldenkräuter (Strand-Tausendgüldenkraut, Zierliches Tausendgüldenkraut, Echtes Tausendgüldenkraut), Roter Zahntrost, Strandwegerich und Lückensegge. Das Salz-Schlickgras, das sich im 20. Jahrhundert an den Salzwiesen etablieren konnte, nimmt mittlerweile große Gebiete ein und ist neben der Pazifischen Auster die wirkmächtigste invasive Spezies des Wattenmeers.

Auf den Dünen schließlich finden sich typische Pflanzen wie die Strandquecke, der Strandhafer und der Strandroggen, die die Entstehung der Küstendünen durch ihre sandfangende und -stabilisierende Wirkung erst möglich machen. In den älteren Dünenstadien gibt es artenarme Dünenheide mit Krähenbeere und Silbergras, in regenreichen Dünentälern kann die Besiedlung mit Wollgras, Sonnentau und Lungenenzian bis zum Moor gehen.

Insekten kommen im Nationalpark fast nur auf den Salzwiesen vor, die allerdings einer hochspezialisierten Artengemeinschaft als Lebensraum dienen. Etwa die Hälfte aller 2000 Arten, die in den Salzwiesen des Nationalparks bekannt sind, kommen ausschließlich in natürlichen oder naturnahen Salzwiesen vor. Davon gehören etwa 1600 Arten zur Makrofauna mit einer Körperlänge von mehr als einem Millimeter, weitere 400 bisher entdeckte Arten zur Mikrofauna.

Im Gegensatz zu landständigeren Bewohnern müssen Insekten im Wattenmeer mit den Problemen des Salzwassers klar kommen. Sie müssen ihre Nahrungsaufnahme so regeln, dass sie nicht verdursten, sich selbst und ihren Körper vor Wasser schützen, eine Strategie gegen möglichen Sauerstoffmangel unter Wasser entwickeln und auch noch das Verdriften aus der Salzwiese heraus verhindern. Die oft stürmischen Wetterlagen hindern Insekten darüber hinaus auch noch oft am Fliegen, so dass auch eigentlich flugfähige Insekten einen großen Teil der Zeit am oder im Boden verbringen müssen.

Eine weit verbreitete Strategie aller Insekten ist es, im Rhythmus der Gezeiten zu leben, so dass sich viele Arten bei einsetzender Flut in Schutzbauten zurückziehen und erst bei einsetzender Ebbe diese wieder verlassen. Darüber hinaus existieren aber auch weitere Spezialisierungen. Sehr viele Arten verfügen über feste Deckflügel, da sie sonst bei Wasserkontakt verklebten. Fast alle Insekten der Salzwiesen sind zudem durch eine salzwasserundurchlässige Cuticula und einen Chitin-Panzer geschützt.

Als Nahrung bevorzugen Arten wie Macrosiphonella asteris (Asterlaus) Pflanzenteile, die das Salzwasser schon ausgeschieden haben, andere wie die Kurzflügler Bledius furcatus und Bledius diota fressen unmittelbar nach Regenschauern und legen sich Vorräte an. Viele Insektenarten der Salzwiesen sind auch in der Lage, Urin auszuscheiden, dessen Salzgehalt deutlich über dem des Körpers liegt, dies kostet allerdings einiges an Energie.

Zum Schutz vor dem Salzwasser verbringen viele Tiere ihr Larvenstadium entweder innerhalb einer Pflanze oder im Boden. Relativ bekannte Beispiele dafür sind der Halligflieder-Spitzmaus-Rüsselkäfer (Pseudaplemonus limonii) oder der Strandwegerichgallrüsselkäfer (Mecinus collaris), die in den jeweiligen Pflanzen leben. Erzwespen der Familie Pteromalidae verbringen ihr Larvenstadium als Blattminierer, da sonst ihre Flügel durch den Gezeitenwechsel zerstört würden.

Der Prächtige Salzkäfer (Bledius spectabilis) hingegen buddelt sich im Watt in eine Bodenröhre. Ähnlich wie auch bei den Laufkäfern Dicheirotrichus gustavii und Bembidion laterale gelingt es ihm dabei, den Eingang seiner Bodenröhre so eng zu gestalten, dass kein Wasser eindringen kann.

Vögel

Calidris canutus = Knuttstrandläufer im niederländischen Wattenmeer

Heringsmöwe

 

Ebenso wie zahlreiche Küstenvögel im geschützten Watt brüten, ist das nährstoffreiche Gebiet regelmäßiger Rastplatz von Zugvögeln auf Atlantikrouten. Im sublitoralen Bereich kommen neun Vogelarten in Mengen vor, die von internationaler Bedeutung sind. Ungefähr zehn bis zwölf Millionen Vögel ziehen durch das Wattenmeer, darunter sind Exemplare zahlreicher gefährdeter Arten. Für ungefähr 50 Arten der nördlichen Hemisphäre bildet das Wattenmeer dabei einen unverzichtbaren Raum. Von ungefähr 20 Großpopulationen verbringt mehr als die Hälfte der Einzeltiere zumindest einen Teil ihres Lebens im Wattenmeer, ungefähr zehn Arten kommen zeitweise fast nur im Wattenmeer vor.

Die wichtigste davon ist die Heringsmöwe, von der sich bis zu 26 % aller Vögel weltweit im Wattenmeer befinden. Dies sind etwa 50.000 Exemplare. Zahlenmäßig häufigster Gastvogel im Seebereich des Wattenmeer ist aber die Trauerente mit über 300.000 Exemplaren, was 19 % des weltweiten Bestandes ausmacht. Acht Prozent des Weltbestandes findet sich an Brandseeschwalben (13.000 Exemplare), 6% Eiderenten (63.000) und je 4% Sterntauchern (36.000), Sturmmöwen (67.000) und Silbermöwen (48.000). Immer noch in vergleichsweise großen Bestände kommen Zwergmöwe (2500 Exemplare = 3%) und Fluss-Seeschwalbe (4000 Exemplare = 2%) vor.

Vor allem aber ist der eulitorale Bereich, das eigentliche Watt, von Bedeutung. Insgesamt 31 Brutvogelarten unterliegen hier einem regelmäßigen Monitoring, fünf davon stellen mehr als ein Viertel des gesamten Bestands in Nordwesteuropa. Wichtigste Brutvögel im Küstenbereich sind die Lachmöwe mit mehr als 150.000 Paaren, sowie Silbermöwe und Heringsmöwe mit knapp 80.000 Vögeln, von denen mehr als ein Viertel des nordwesteuropäischen Bestands im Wattenmeer brüten, sind Löffler (831 Brutpaare), Säbelschnäbler (10.170), Seeregenpfeifer (340), Lachseeschwalbe (56), Brandseeschwalbe (17.172) und Zwergseeschwalbe (1099). Zwerg- und Brandseeschwalbe und Seeregenpfeifer sind dabei laut Roter Liste der IUCN ebenso endangered (stark gefährdet) wie die ebenfalls gelegentlich im Wattenmeer vorkommende Sumpfohreule. Vom Aussterben bedroht (= critically endangered) ist die Lachseeschwalbe, ebenso wie drei weitere Arten für die das Wattenmeer allerdings weniger Bedeutung als Lebensraum hat: Steinwälzer, Kampfläufer und Alpenstrandläufer.

Vor allem aber nutzen große Mengen an Zugvögeln das Wattenmeer zur Rast. Von den zahlreichen Rastvögeln, die das Wattenmeer auf dem Zug zwischen subarktischen Gebieten und Afrika nutzen, sind insbesondere die sich mausernden Brandgänse und Trauerenten von großer Bedeutung. Die etwa 180.000 Vögel zählende nordwesteuropäische Brandgans-Population verbringt ihre Mauserzeit zwischen Juli und September im Wattenmeer, größtenteils auf und um die geschützte Insel Trischen. Damit finden sich dort über 80 % des gesamten nordwesteuropäischen Bestands. Dieses Phänomen der Massenmauser bei der Brandgans ist weltweit einmalig. Etwa 200.000 Eiderenten verbringen im Wattenmeer ihre Mauserzeit, eine genaue Anzahl der sich ebenfalls mausernden Trauerenten ist nicht bekannt. Sicher ist nur, dass sie vor allem die nördlichen Gebiete des Wattenmeers bevorzugen.

Teilweise haben Vogelbestände wieder zugenommen, seitdem die Jagd im Wattenmeer fast durchgehend verboten ist und das Wattenmeer selbst verschiedenen Naturschutzregelungen unterliegt. Arten, die im Wattenmeer ganz ausgestorben waren und aus anderen Regionen im 20. Jahrhundert wieder einwanderten sind beispielsweise der Seeadler und der Silberreiher. Die meisten Zugvogelarten zeigen allerdings seit den 1990er Jahren Bestandsrückgänge, teilweise im dramatischen Ausmaß. Während die Ursachen noch nicht vollkommen klar sind und externe Ursachen in den Überwinter- und Brutgebieten auch wichtig sein können, scheint die Muschelfischerei und der damit einhergehende Rückgang der Muscheln als Nahrungsquelle eine wichtige Rolle zu spielen.

 

Arenicola. = Wattwurm

Carcinus maenas. = Strandkrabbe

Charadrius vociferous.  = Keilschwanz-Regenpfeifer

Haematopus ostralegus. = Austernfischer

Larus argentatus. = Silbermöwe

Larus canus. = Sturmmöwe                                               

Larus ridibundus. = Lachmöwe           

Mytilus edulis. = Perle aus Muschel/= Miesmuschel

Numenius arquata. = Großer Brachvogel

Phoca vitullina. = Seehund

Pluvianus aegyptius. = Krokodilwächter                                   

Periophthalmus = Schlammspringer Pisces

Salicornia europaea (Salico-e.) = Europäischer Queller/= Meerfenchel/= Meeresbohne/= Meeresspargel/= Glasschmelz/schmalz

Somateria mollissima. = Eiderente

Tadorna tadorna. = Brandgans

 

Vergleich: Siehe: Meeresgruppe

 

 

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