Lac phoca vitulina = Seehundemilch
.
Vergleich: Comparison. Lacs
Siehe: Lacs
allgemein + Mammalia + Watt. + Ultraschall
Negativ: Gemüt: fühlt sich
drangsaliert und geschlagen, würde gerne zurückschlagen; Klassenunterschied;
Themen von Meer und Wasser; Ertrinken; Identifikation mit
dem
Unterdrückten Körper: blaue Flecke, rasche Hämatombildung; Schmerzen, „Wie mit
einem Holzstock /einer Keule geschlagen“;
Kontaktprüfung [Boris Peiske]
Von Ende Januar
bis Ende Februar 2000 haben sich Bekannte und Freunde einige Nächte das Mittel
Lac phoca vitulina in das o. unter das Kopfkissen gesteckt und
Träume sowie
andere Symptome oder Besonderheiten notiert.
Milchmittel
sind in den letzten Jahren viel geprüft/verschrieben worden. Milch ist das
leichteste, erhältliche Produkt eines Säugetieres.
Einige
Säugetiermittel werden nicht aus Milch hergestellt: Ambra (Potwal)/Castor
(Biber)/Lac owleum/Mosch. (Moschusochse)/Meph. (Stinktier)/Ratte (Sanguis-r.)
und einige
Pferdesubstanzen.
Das
Schwergewicht der Mittel liegt auf den Bodenbewohnern. Der Delfin ist der
einzige Vertreter (Ambra) der marinen Säugetiere.
Der Seehund
ist eine Robbe, die beide Küsten des nördlichen Atlantiks und Pazifiks und die
europäischen Küstengewässer von Portugal bis Island bewohnt.
Ihr
Hauptverbreitungsgebiet ist im Wattenmeer der Deutschen Bucht (Sandbänken). Es
gibt allerdings auch Fälle, wo sich Seehunde in Süßwasser aufhalten.
Sie können
sich an Land sehr schwer fortbewegen/können die hinteren Gliedmaßen nicht zur
Fortbewegung nutzen/die hinter Glieder („Beine“) sind vollkommen
zu
Schwimmorganen umgebildet und können nicht mehr unter den Körper geschlagen
werden. Dafür schwimmen sie hervorragend und können bis zu 45 Min. unter
Wasser
bleiben. Die normale Tauchdauer liegt bei 5 -10 Minuten.
Werden etwa 2
Meter lang/wiegen etwa 100 kg, wobei die Weibchen erheblich kleiner bleiben als
die Männchen.
Das Leben im Watt.enmeer erfordert die sofortige Schwimmfähigkeit der Neugeborenen. Während
viele Robben ein embryonales Wollkleid haben, das sie an Land
besser wärmt
und das erst abgestoßen werden muss und durch das „Schwimmkleid“ ersetzt wird,
verlieren Seehunde ihr Wollkleid bereits im Mutterleib.
Gesäugt
werden können die Neugeborenen nur an Land. Die Jungen müssen die Zitze der
Mutter mit kräftigem Druck der Schnauze aus der Hauttasche herausdrücken,
unter Wasser
ist das unmöglich.
Seehund-Milch
besteht zu über 50% aus Fett. Die Neugeborenen nehmen in den ersten Wochen rund
800g pro Tag zu. Das erste Lebensjahr ist das gefährlichste für
die Tiere:
rund 2/3 aller Seehunde sterben im 1en Lebensjahr.
Auch ein
Milchgebiss wird angelegt, aber bereits vor dem Durchbruch wieder abgebaut und
aufgelöst. Das bleibende Gebiss ist zwar raubtierähnlich, aber es fehlen die
Reißzähne.
Bereits
während der ersten Flut muss die Neugeborenen schwimmen. Die Mutter schwimmt
daher immer hinter ihrem Jungen her (bei 2 Junge, muss sie sich für ein Junges
entscheiden). Das verlassene Jungtier wird zum „Heuler“, es stößt ohne
Unterlass rufende Laute aus. Diese werden häufig in Aufzuchtstationen mit der
Milchflasche aufgezogen. Ohne diese Hilfe müssten die Tiere sterben.
Es gibt aber
auch „unechte Heuler“, bei denen das Jungtier vorübergehend -bei Störungen- an
Land zurückgelassen wurde. Der Ruf ist dann als Kontaktruf zu verstehen,
damit die
Mutter ihr Junges wiederfindet. Ist die Störung verschwunden, kehrt die Mutter
zu ihrem Jungen zurück.
Seehunde
können in der trüben Nordsee Beute fangen/wie Delfine stoßen sie unter Wasser
Ultraschall-Klicklaute (ca. 40 Kilohertz) aus/können Ultraschallfrequenzen bis
180 Kilohertz
wahrnehmen. Wahrscheinlich sind sie (Delfine/Fledermäuse) zur Echolot.-Jagd in der Lage.
Robben fehlt
Fähigkeit zur Blutgerinnung. Verletzung wird geschlossen, indem die
Speckschicht verschoben wird. Ist die Verletzung zu groß verblutet das Tier
komplett.
Fischfresser/daher
schon immer vom Menschen als Konkurrent gejagt worden/das Fell der Jungtiere
war Grund zur Jagd mit Knüppeln.
Die unter der
Haut befindlichen Fettreserven (der „Blubber“) betragen zuweilen ein Viertel
des Gesamtgewichtes der Robben.
Leben in
offenen Rudeln (jeder kann das Rudel zu jeder Zeit verlassen o. zum Rudel
dazukommen)/jeder hat die gleiche soziale Stellung im Rudel/das Rudel fungiert
als Schutzgemeinschaft. Jeder Seehund hat das angeborene Verhalten, sich
während der Ruhephasen alle paar Minuten nach Störungen o. Feinden umzuschauen
(Absicherung).
Sehr wichtig
ist der Individualabstand/körperliche Berührungen sind unüblich. Auf den
Sandbänken wird ein Abstand von Tier zu Tier von 1,3 Meter nicht
unterschritten.
Früher wurde
Seehundtran als bevorzugter Brennstoff für die Scheinwerfer und Blinklampen der
Leuchttürme benutzt.
Das Fleisch
galt als Delikatesse (Leber)/aus dem Fell ließen sich allerhand Dinge
anfertigen.
1988 fielen
rund 17000 Tiere in der Deutschen Bucht einem Morbilli-Virus zum Opfer. Rund
75% des gesamten Bestands. Mit diesem Morbilli-Virus infizierte Nerze
entwickelten eine normale Nerz-Staupe.
Allein in
Dänemark leben rund 10 Millionen Nerze in Massentierhaltung. Möglicherweise ist
die infizierte Nerzgülle über die Felder ins Meer ausgewaschen worden.
Sucht/Drogen.
Thema
Spielsucht. Nach 15 Jahren habe ich gemerkt, oh, ich hab ja auch eine Tochter.
Vorher total in Spielsucht gefangen, nichts um mich herum gemerkt.
Morgens das
Gefühl eines Rauschzustandes, wie unter Drogen.
...auch
erscheinen die Dinge alle so überdimensional -erinnert mich sehr an
Cannabis-Rausch.
Ich höre die
Fahrt über Kate Bush, Santana und habe das Gefühl von einer durchzechten Nacht
in die Ferne (Unendlichkeit) zu reisen.
..., denke,
jeder sieht mir an, dass ich mir was herein gezogen hab...
[Der Prüfer
sandte mir zusammen mit seinem Protokoll zwei Fälle von Psilocybe caerulescens, einer
Pilz-Droge aus Mexiko.]
Schlag, Stock.
Aufwachend
ein Rucken durch den Körper, „Als ob man einen Schlag abbekommen habe“
2x habe ich
in den Beinen und im Po Schmerz gehabt, „Wie zerschlagen“/“Als ob mir da einer
mit einem Holzstock hereingeschlagen hätte“. Vor allem abends.
Knie/Unterschenkel
„Wie zerschlagen“ im wörtlichen Sinn: Wie die Gebeine eines Verbrechers, die
man zur Strafe zerbrochen hat.
Um die
Mittagszeit verspüre ich gehend plötzlich einen schießenden, ziehenden Schmerz
in r. Kniekehle in den Sehnen, „Als ob jemand mit einer Keule hinein gehauen
hätte“.
Individualdistanz
Ich umarme
ihn zum Trost, er lässt das eine Zeitlang geschehen, stößt mich dann aber
wieder weg, alles ohne Worte.
Mein Partner
meinte, ich hätte mich ziemlich distanziert von ihm, er spiele gar keine Rolle
mehr, fühle sich vernachlässigt. Das hat richtig gekracht, wir hätten uns fast
getrennt.
„Mir wird was
verheimlicht und ich fühle mich seltsam ausgeschlossen und distanziert.
Dimensionen verschoben
Dann kommt
die nächste Attraktion, der Rhein, der daneben fließt. Der ist aber viel
kleiner als in Wirklichkeit. Im Traum ist das eher so ein Rinnsal wie die Oker
oder so.
...dazwischen
Zwerge, die sehen aus wie Gartenzwerge oder Zwergfiguren aus Märchen...
...auch
erscheinen die Dinge alle so überdimensional...
Die Zeit vergeht
zu langsam, alles dauert extrem lange.
Kein
Zeitempfinden: 1. Ich breche um 16 h. Fallaufnahme ab, da ich merke es kommt
mit der Zeit nicht hin. Draußen wartet schon der Nächste. Dann stellt sich
heraus, der nächste Termin war vor 16.30 h. vergeben.
2. Muss in
der Praxis Anwesenheit notieren. War von 14.45 h. -18.45 h. dort, schreibe 3
Stunden auf.
Erst später
als ich schon im Auto sitze fällt mir auf es sind ja 4 Std. gewesen. Mein
Denken war vorher nämlich wie kann man so viel Neues in 3 Std. erfahren.
Schlechtes
Räumliches Empfinden.
Rollstuhl - Beine. weg
Im Auto „Als
ob Beine wegschlafen“. Musste mich auf die Beine konzentrieren, „Als ob sie
nicht da waren“
Knie/Unterschenkel
„Wie zerschlagen“, im wörtlichen Sinn: Wie die Gebeine eines Verbrechers, die man
zur Strafe zerbrochen hat.
Nach der
Mittelbekanntgabe musste ich den ganzen Tag an den neuen CDU-Witz mit Schäuble
denken: Lügen haben kurze Beine.
..., da sieht
mein Partner auf der anderen Straßenseite eine Frau im Rollstuhl.
„Heuler“
Einschlafend
höre ich den Schrei eines Mannes ... wie ein Tarzanschrei. Das wiederholt sich
3x, es hört sich doch eher an wie ein Mann, der gefoltert wird! Etwas
beängstigend. Dann entpuppt es sich als das Krähen des Nachbarhahnes, der wohl
etwas verwirrt ist und nach Mitternacht Lärm macht. Die Tonfolge ist
‘G-Fis-E-D’
und ich denke
in meinem Kopf ‘F-E-D-C-D’ dazu und erinnere mich an Barry Ryans ‘Eloise’ Wir
Großen hören sie, befinden uns aber im ersten Stock des Hauses.
Orientierungslos
Da war plötzlich
alles fremd, anders, neu und ich war ganz verwirrt und unglücklich, weil ich
mich nicht mehr zurechtfand.
Träume ich
oder wache ich?
In der Zeit,
wo ich das Mittel unterm Kopfkissen hatte war ich sehr unruhig, habe geschlafen
und dachte, ich hätte nicht geschlafen. Gedacht, ich wäre die ganze Nacht wach
gewesen, habe aber doch geschlafen.
Gefahr zu ertrinken
Dann bilden
sich Strudel in diesem See, der Mann weiß auch nicht mehr wer er ist, er will
in diesen Strudel springen um auf den Grund zu kommen. Er vermutet dort einen
chinesischen Schatz. Ihm ist aber auch klar, dass er dabei sterben kann.
Allerlei:
„Rügen: Seehunden würden von ertrunkenen Menschen abstammen“
„Seehund =
gegen Blitzschlag immun und schützt davor“.
[Farokh Master]
Gemüt: fühlt sich drangsaliert und geschlagen, würde gerne
zurückschlagen; Klassenunterschied; Themen von Meer und Wasser; Ertrinken;
Identifikation mit den Unterdrückten
Körper: blaue Flecke, rasche Hämatombildung; Schmerzen, wie
mit einem Holzstock /einer Keule geschlagen
[Cordula
Mears-Frei]
Die
Robbenfrau
Die Verbindung
von Mann und Frau bedeutet fast immer einen Verlust für beide Seiten: Die
Aufgabe des Ur-Weiblichen auf der einen, das Versäumen des Reif-Männlichen auf
der anderen.
In einer
modernen Interpretation des Märchens von der Robbenfrau wird dieses Drama
ebenso wie seine Erlösung deutlich.
In der Psyche
der Frau und des Mannes leben archaische
Kräfte, an die wir durch Märchen und Mythen anknüpfen können. So lassen sich
mithilfe lebendiger Seelenbilder alte Initiationskräfte
auch in der
heutigen Zeit neu integrieren. Das Märchen von der Robbenfrau, das uns hier
dienen soll, ist bei keltischen Volksstämmen, bei den Eskimos und in
Nordsibirien verbreitet.
Aber auch
Laurens van der Post hat in seiner Geschichte Der Sternenkorb ein ähnliches
Motiv der Buschmänner in Afrika aufgegriffen. Die Geschichtenerzählerin
Clarisssa Pinkola Estes führt
uns
eindrücklich in diese Welt:
… zu einer
Zeit, die einst war, nun für immer vorbei ist und bald schon wiederkehrt, gibt
es Tag für Tag einen blendend weißen Himmel in dem sich die Lebewesen wie
winzige, flirrende Pünktchen
ausnehmen und
bald verlieren – Menschen, Hunde und Bären.
Damals, vor
langer Zeit, lebte hier ein Mann, der sehr einsam war. Das Gesicht des Mannes
war von tiefen Furchen durchzogen, die seine Tränen im Lauf der Jahre in seine
Haut gegraben hatten,
denn er
fühlte sich verlassen und weinte viel. Tag für Tag ging er auf die Robbenjagd,
legte seine Fallen aus und schlief nachts gut und tief, aber er sehnte sich
fortwährend nach einem Menschen,
mit dem er
sein Leben teilen konnte. Manchmal, wenn ein Seehund sich seinem Kajak näherte
und zwischen Eisschollen hervorlugte, dachte der Mann an die alten Geschichten,
in denen es heißt,
dass Seehunde
vor langer Zeit einmal Menschen waren, was man heute noch an ihren Augen
erkennt, an dem weisen und liebevollen Blick und ihren glänzenden Augen. Wenn
der Mann solche
Augen auf sich
gerichtet sah, weinte er, und die Furchen in seinem Gesicht wurden jedes Mal
noch ein wenig tiefer.
Viele Mythen schildern diese Ausgangssituation des Mannes,
der „zuerst“ und alleine auf der Erde war während die Frau aus der Anderswelt
(Feen, Hexen, Über- und Unterwelt) seine
Aufmerksamkeit zu ihr hinlenkt.
Die seelische Bildsprache stellt den Mann dabei vor die
Prüfung: Kann er seine abgrundtiefe Einsamkeit für sich fühlen? Lässt er diese
Träne zu, die in seinem Innersten brennt, die sich nach dem weiblichen Wesen an
seiner Seite verzehrt? Und: hat er eine Zeit des Alleinseins bestanden, oder
hat er sich abgelenkt, um jene Sehnsucht nicht zu spüren? Die Frau hingegen kommt
aus anderen Wurzeln, meist eingebettet in weiblicher Solidarität („die
Sternefrauen“, die ihren Reigen tanzen in der von Laurens van der Post
übermittelten Version), Unbekümmertheit, Urvertrauen und einer gewissen
Naivität. Sie fühlt sich weder bedroht noch beobachtet und scheint in sich
erfüllt und zufrieden, ganz in Einklang mit der Wesensheimat, von der sie
abstammt. (Nur Hans Christian Andersen macht hier in seinem Märchen Die kleine
Meerjungfrau eine Ausnahme, wo es die wesenhafte Frau ist, welche sich nach dem
irdischen Manne sehnt.) Für die weibliche Initiantin stellt sich in der
modernen Psyche die Frage: Tritt sie unbewusst, ja fast zufällig in die
Anderswelt der Menschen und des Männlichen hinein (wo sie sich meist verbindet
mit Heim, Alltag und Kindern), lässt sie sich dazu gar verführen durch falsche
Versprechen? Oder vollzieht sie diesen Schritt bewusst, in Erkenntnis des
dazugehörigen Verlustes und aller Konsequenz? Tut sie es wach, so muss die
heutige Frau
in ihrer Seele überprüfen, was es ist, das sie da ruft.
Ist es Mitleid mit der Einsamkeit des Mannes? Ist es Wissen um ihren
vorbestimmten Schicksals- und Reifeweg? Ist es eine Liebe, die ihr im
luftig-wässrigen Zugehörigsein zu ihren Seelenschwestern bislang unbekannt
geblieben ist?
Eines Abends
war er noch nach Einbruch der Dunkelheit auf der Jagd, weil er den ganzen Tag
nichts gefangen hatte. Er paddelte zwischen Eisschollen dahin, während der Mond
aufging und ihm einen großen, glitzernden Felsen im Meer zeigte, auf dem sich
etwas bewegte. Lautlos paddelte er näher heran und erkannte, dass ein Grüppchen
splitternackter Frauen auf dem Felsen beim Mondschein tanzte. Er verhielt sich
still und schaute zu, wie ihre Körper sich wiegten, wie die milchig und silbern
schimmernden Gliedmaßen der Mondfrauen sich im Kreise drehten.
Stockstill
und tief betroffen saß er in seinem Boot, während das Wasser ihn näher und
näher zu dem Felsen trieb. Der Mann wusste nicht wie ihm geschah, aber die
Bürde seiner Einsamkeit fiel von ihm ab wie eine schwere, nasse Haut, er fühlte
sich emporgehoben, sprang, ohne nachzudenken, auf den Felsen und stahl eines
der Seehundfelle,
die dort im
Mondlicht lagen. Hinter einem Vorsprung versteckte er sich und verbarg das Fell
unter seinem Parka.
Diese Sequenz beschreibt in wenigen Worten eine der
schönsten Begebenheiten der männlich-weiblichen Dramatik. Die noch ganz
wesenhaften Frauen zeigen sich dem Mann
in ihrer grundlegenden Nacktheit und Unschuld. Ein Urbild,
welches in Mann und Frau gleichermaßen verschüttet und zerstört wurde und
nachdem sich beide zutiefst sehnen: Die Frau, welche ihre ganze Schönheit dem
Manne zeigen möchte, ohne darin sexuell bewertet zu werden, und der Mann, der
sich aus tiefstem Herzen nach diesem Geschenk sehnt. Um es zu empfangen, bedarf
auch er einer „Unschuld im Geiste“: „Tief betroffen saß er in seinem Boot,
während das Wasser ihn näher und näher zu dem Felsen trieb.“ Etwas tief
Menschliches kommt hier zum Ausdruck, fern von Geilheit ?- eher Trieb? -und
Gier, ganz willenlos wird sein Schicksal durch die unergründlichen Kräfte des
Wassers geformt. Vielleicht weiß er auch noch gar nicht,
was er von diesem weiblichen Wesen zu erwarten hat.
Es dauerte
nicht lange und eine Frau nach der anderen schlüpfte in ihr Seehundfell und
glitt hinab ins Meer. Sie lachten und quietschten vor Vergnügen, bis auf eine.
Diese Frau suchte nach ihrem Robbenfell und konnte es nirgends finden. Da trat
der Mann aus seinem Versteck hervor, und obwohl er sehr schüchtern war, sagte
er mit einem Mut, der ihm selbst fremd war: „Bitte… werde meine Frau und komm
mit mir… Ich bin so einsam.“ „Oh nein, das kann ich nicht“, antwortete sie.
„Ich gehöre zum Anderen, zu dem dort unten“.
Nie in der Geschichte von Mann und Frau wurden diese Worte
ehrlicher und authentischer formuliert als in diesen wenigen Worten. Der Mann
bittet die Frau, ihn von seiner Einsamkeit zu erlösen und verspricht ihr dafür
(noch) nichts; keine Sicherheiten, keine Liebe, keine Zuwendung. Nur das, was
ist: Ich bin so einsam. Kann ich – ein männliches Wesen – es aushalten, diese
Aussage voll und ganz in mir zu fühlen? Und die Frau antwortet ohne zu zögern,
denn noch „weiß“ sie- weiß, was sie später vergisst: sie gehört
zum Anderen. Ihre Quelle, ihre Herkunft ist die Sternenspeise,
ist Mutter Erde, ist das tiefe Meer.
„Werde meine
Frau“ drängte der Mann. „In sieben Sommern erhältst du dein Seehundfell zurück,
das versprech’ ich dir. Und dann kannst du dich entscheiden, bei mir zu bleiben
oder zu gehen, ganz wie dir beliebt“. Lange forschte die junge Robbenfrau im
Gesicht des Mannes nach einem Zeichen. Schließlich sagte sie zögernd: „Also
gut,
ich gehe mit
dir. Und nach sieben Sommern wird es sich zeigen“.
Was bewegte die Robbenfrau in diesen langen Minuten, was
sah sie im Gesicht des alten Fischers, das sie veranlasste, ihre geistige
Heimat aufzugeben? Wir können die Antwort nur erahnen – indem wir selbst in die
Tiefe unseres Unbewussten blicken und uns fragen: Was hat uns bewogen, diesen
Schritt zu tun? Uns dem Männlichen hin zu nähern,
dem Andersartigen –
auch dort, wo uns nicht das Verliebt sein drängte? Was wusste unsere Seele besser
als wir selbst? Auf welche Reise wollte sie uns schicken?
So lebten sie
miteinander, und nach einer Weile gebar die Meeresgeborene dem Mann einen Sohn,
den sie Ooruk tauften.
Die Jahre
vergingen und die Menschenhaut der jungen Frau wurde erst schuppig, dann
spröde, bis sie schließlich in trockenen Fetzen von ihrem Körper fiel. Ihr
plumpes, weißes Fleisch wurde hohl und grau, selbst die Haare auf ihrem Kopf
fielen aus. Das Licht ihrer seelenvollen Augen erlosch, und bald musste sie die
Hand ausstrecken,
um sich ihren
Weg zu ertasten, denn sie war halb blind geworden.
Eines Nachts
wurde Ooruk unsanft aus dem Schlaf gerissen, denn der Vater schimpfte laut und
die Mutter weinte.„Gib mir mein Fell zurück“, flehte die Mutter weinend.
„Sieben lange Jahre sind vergangen und der achte Winter kommt. Du hast es mir
versprochen“. „Nein“, brüllte der Mann wütend. „Wenn ich dir das Fell gebe,
verlässt
du mich
doch!“ „Ich weiß nicht, was ich tun werde. Ich weiß nur, dass ich wiederhaben
muss, was mein eigen ist.“
„Dein Kind
und deinen Mann willst du im Stich lassen“, schrie der Vater, „du gewissenloses
Weib!“ Damit riss der Mann die Türenklappe auf und stapfte hinaus in die
Finsternis.
Wie viele Frauen finden sich nach der Zeitspanne der Ehe
und Mutterschaft an dieser Stelle wieder? Was für ein Schmerz, der sich in
lebensbedrohlichen Krankheiten, Müdigkeit, Depression, Alkoholismus, Aggression
und Resignation äußern kann – ein Grundzustand der Frau, der überall wie ein
Schatten lauert und selten erkannt wird.
Denn die Frau hat
längst vergessen, woher sie kam. Der Mann, der sein Versprechen nicht halten
kann, der sie verurteilt und kontrolliert; was ist mit ihm geschehen?
Welche Initiation hat er noch nicht vollzogen?
Das Kind
liebte seine Mutter sehr und weinte sich in dieser Nacht in den Schlaf, aber
schon bald wurde es zum zweiten Mal geweckt. „Ooruk, Oooooruuuk!“ rief der
Wind, und der Wind schien vom Meer zu kommen, vom Ufer, wo sich ein großer
alter Seehund mit langen, silbernen Schnurrhaaren hin- und herwälzte und Ooruks
Namen rief.
Manchmal wacht unsere Seele auf, wenn mächtige Weckrufe
dieser Art unser Leben erschüttern. Ein Traum, ein Verlust, ein Lied, das wir
zufällig hören, eine Geschichte
die wir lesen – etwas ruft uns beständig und gibt nicht
auf. Oft erinnern wir uns nur für Minuten und kehren sogleich in unsere
Vergessenheit zurück. Aber der Ruf lässt
nicht locker und jede Frau weiß das tief in ihrem Innern.
Das, was sie ihrem Mann einst schenken konnte, als sie
frei und ungezähmt im Mondschein tanzte, ist längst in ihr verwelkt. Als
Sklavin ihrer eigenen Unbewusstheit dient
sie einem System, dessen Sinnhaftigkeit sie sich oft
selbst rationell begründen muss.
Aber es ist ihr Sohn, der den Ruf vernimmt und der sich
wagt, bei Sturm und Wind dem dunklen Unbekannten zu begegnen.
Tiefenpsychologisch ist dies möglicherweise
die transformierte Vaterkraft.
Das Opfer, welches in seiner Einsamkeit verharrt und sich
zu Beginn willenlos vom Wasser, seiner eigenen Unbewusstheit, hat führen
lassen, wird nun der reifere Aspekt
des Männlichen, jener, welcher durch die Vereinigung des
Weiblich-Mütterlich-Archaischen mit dem Männlich-Irdischen-Väterlichen
entstanden ist. Erst durch die
Vermählung dieser beider Aspekte entstand das Dritte:
Ooruk, welcher handlungsfähig wurde. Wir begegnen an dieser Stelle also einer
neuen Kraft des Männlichen:
der Fähigkeit, „zu hören“ (den Ruf der Ahnen) und zu
„handeln“.
Der mächtige alte
Seehund hob seine Flosse und deutete auf ein Bündel, das zusammengerollt unter
einem Felsen lag. Ooruk hob das Bündel auf, und sogleich kam ihm
der
unverkennbare Duft seiner Mutter entgegen. Er entrollte das Seehundfell, und in
dem Moment spürte Ooruk, wie sich die Seele seiner Mutter mit all ihrer
endlosen
Liebe über
ihm entfaltete. Der alte Seehund nickte geheimnisvoll und versank langsam im
Meer.
Das Fell fest
an die Brust gedrückt rannte Ooruk nach Hause, direkt in die Arme seiner
Mutter, die schon voller Unruhe auf ihn und das Robbenfell gewartet hatte.
Voller
Dankbarkeit schlüpfte sie in den Pelz. „Oh, nein, Mama, nein“, schrie das Kind.
Aber sie hob es auf und trug es dem tosenden Meer entgegen. Sie nahm sein
Gesicht
zwischen beide Hände und hauchte ihren Atem in die Lungen des Kindes,1x, 2x und
3xl. Dann tauchte sie mit ihrem Sohn in die Fluten unter, sank tiefer und
tiefer hinab, bis zum tiefsten Meeresgrund, und beide konnten ohne ´Mühe unter
Wasser atmen.
Auch Ooruk trägt die Angst vor Einsamkeit und
Verlassenheit in sich. Anders als sein Vater ist er evolutionär einen Schritt
weiter und empfängt die Einweihung, nach der sich sein Vater zeitlebens sehnte
– die Verbindung zu seiner Urquelle, dem Urvater, in Gestalt des mächtigen
Seehund-Ahnen. Aber nicht nur von männlicher Seite erhält er das lebensspendene
Mana, sondern auch die Frau weiht ihn in ihr Geheimnis ein. Indem sie ihm ihren
Atem einhaucht, verbinden sich in seiner Psyche weiblich-männlich Urkräfte. Das
befähigt ihn, „unter dem Wasser“ zu atmen und sich in der Anderswelt der Mutter
zurechtzufinden. Reich beschenkt muss er dennoch in seine Welt zurückkehren.
Sieben Tage
und sieben Nächte vergingen, in denen der Glanz in die Augen der Mutter
zurückkehrte, ihr Fleisch wieder fest, ihre Haut wieder seidig wurde und alles
gesundete. Aber dann kam die Stunde des Abschieds. Gemeinsam mit dem Großvater
trug sie Ooruk hinauf in die Welt der Erdbewohner und setzte ihr Kind am
steinigen Ufer im Mondlicht ab. „Ooruk“, sprach die Mutter zu guter Letzt, „ich
bin immer bei dir. Du musst nur berühren, was ich berührt habe: meine
Feuerhölzer, mein Messer,
meine
Steinmetzarbeiten, dann wirst du einen Atem spüren, der mein Atem ist. Und er
wird dich singen lassen und dir Geschichten geben.“
Die Jahre
vergingen und Ooruk wuchs zum Mann heran. Er wurde ein großer Sänger, Trommler
und Geschichtenerzähler seines Volkes, und die Leute sagten, dass er seine
Kräfte einem Wunder in seiner Kindheit zu verdanken habe, bei dem er vom Geist
der Seehunde vor dem Ertrinken bewahrt wurde. Noch heute sieht man ihn im
Morgennebel auf einem Felsen knien und Zwiesprache mit einer Seerobbe halten,
die niemand fangen kann, so oft es auch versucht wurde, denn sie ist
unantastbar und wird Tanqigcaq genannt, die Glänzende, die, mit den weisen,
wilden, seelenvollen Augen.
Ooruk vollzieht die Seeleneinweihung, indem er sich seinem
Schicksal stellt und das Weibliche selbstverantwortlich in seine Psyche
integriert. Er entschlüsselt seine intuitiven, kreativen und geistigen Fähigkeiten
(Sänger, Trommler, Geschichtenerzähler) und bleibt in einer ewigen Verbindung
mit dem Aspekt der Frau, indem er die „Zwiesprache“
mit der Seerobbe pflegt. Er spricht zu ihrem echten
Seelenanteil und verübelt es ihr nicht, dass er deswegen die irdische Mutter
verlieren musste. Tanqigcaq hat zu ihrer wilden, ungezähmten Seehundnatur
zurückgefunden und hat eines gelernt auf ihrer Erdenreise: Ihre wahre Natur,
ihre Seelenaugen und ihre Freiheit nie wieder zu opfern. Aber in dem liebevollen
Kontakt zu dem männlichen Aspekt in „Ooruk“
ist sie, aus ihrer wahren Quelle heraus, alles zu geben bereit.
Der alte Fischer wird in diesem Märchen, wie auch in ähnlichen
anderen Geschichten, nicht mehr erwähnt. Man darf davon ausgehen, dass in der
archaischen Deutung Verwandlungsaspekte innerhalb der eigenen Psyche durch
verschiedene Urbilder dargestellt werden und dass sich der alte Aspekt des
Männlichen, der nicht eingeweihte Fischer, zum jugendlichen Bild des neuen
Mannes im Sohn transformiert.
ZEIT ONLINE
Wissen
[Ulrike
Gebhardt]
Das
unterschätzte Tier - Mit Borstenradar im Trüben fischen
Ihr
unauffälliger Bart macht Seehunde zu Spürnasen unter Wasser. Bioniker träumen
von Messgeräten nach dem Vorbild der besonders gebauten Seehundhaare.
Auf einem
Bartträgerwettbewerb wären Seehunde chancenlos. Wo unter Männern gekringelte
Oberlippenpracht, kreativer Flächenwuchs oder bauschige Gesichtsbehaarung
punkten, hat Phoca vitulina wenig zu bieten. Seine Barthaare können bei derlei
Eitelkeiten nicht mithalten. Im Tierreich zählen innere Werte. Und die haben es
bei den filigranen Borsten der Seehunde in sich.
Die Säuger
benutzen ihre bis zu 20 Zentimeter langen Barthaare, um sich zu orientieren und
Informationen der Umwelt aufzunehmen. Ähnlich wie Katzen und nachtaktive Nager
sich mit ihren Schnurrhaaren durchs Dunkel tasten, muss auch der Seehund im
Wasser dank seiner Sinneshaare nicht im Trüben fischen. Auf der Jagd nach
Hering, Dorsch und Plattfisch spürt er die typischen Wasserverwirbelungen, die
seine Beute auslöst. Bei schlechter Sicht in tiefen Gewässern ist das sehr
hilfreich.
Die Barthaare
nützen dem Seehund dabei nicht nur in ruhiger Wartestellung, sondern auch, wenn
er mit beachtlicher Geschwindigkeit durch das Wasser flitzt. Eigentlich müsste
es dann allein durch die Eigenbewegung zu Wasserverwirbelungen auf den
Barthaaren kommen, was die Messung stören würde. Doch die Barthaare sind
raffiniert geformt, sodass sie nur auf die Wirbelspuren ansprechen, die von
außen auftreffen: Diese können durch rasch fliehende Beutetiere, aber natürlich
auch durch Artgenossen ausgelöst werden.
Fünf
Unterarten des Seehundes (Phoca vitulina) bevölkern die Meere der nördlichen Hemisphäre.
Die grau-weiß gefleckten Tiere werden 150 bis 200 Zentimeter lang und leben in
lockeren Gruppen besonders an Flachküsten des Meeres, wo sie sich von
Küstenfischen ernähren. Seehunde der norddeutschen Küsten zieht es bevorzugt
auf die Sandbänke in der Nordsee und vereinzelt an einige Strände der Ostsee.
Wer selbst einmal die erstaunliche Umwandlung eines sich faul in der Sonne
aalenden Seehundes
in einen
geschickten Unterwasserjäger beobachten will, dem sei ein Besuch der
Robbenstation in Warnemünde empfohlen. Hier kann man auf Nachfrage mit den
eigenen Fingern auch die besondere Gestaltung des Seehundbarthaares ertasten.
Wie Forscher
des Robbenforschungszentrums der Universität Rostock herausgefunden haben, ist
das Seehundbarthaar zu diesem Zweck wellenförmig, zwischen einem und drei
Millimetern dick, und seitlich abgeflacht gestaltet. Es kann dadurch
abgewinkelt, nahezu senkrecht zur Schwimmrichtung aufgestellt werden, ohne dass
es sich beim Gleiten durch die Fluten wesentlich verbiegt.
Auch
vibrieren die Barthaare trotz des rasch vorbeiströmenden Wassers nicht. Ein
solches Flattern würde die Wahrnehmung des Seehundes stören. Schließlich sind
die Barthaare "struppige Sensibelchen", die schon dann ansprechen,
wenn die Borste nur rund einen Mikrometer aus ihrer ursprünglichen Position
heraus bewegt wird.
Jedes
Sinneshaar ist jeweils von mehr als 1.000 Nerven umgeben, die den gemessenen
Impuls rasch an das Gehirn weitermelden.
Aus diesen
Meldungen kann der Seehund genaue Informationen gewinnen. So erkennt das Tier
nicht nur, dass "da vorne irgendwelche Fische schwimmen".
Durch die
typischen Wasserbewegungen, die das verfolgte Objekt je nach Größe und Form
auslöst, kann der Seehund im Experiment Größenunterschiede von bis zu vier
Zentimetern ausmachen. Außerdem registrieren die Sinneshaare der Seehunde
leichte Strömungen selbst dann noch, wenn sie in 40 Metern Entfernung erzeugt
werden
oder es
bereits eine halbe Minute her ist, seit ein Fisch vorbeigeschwommen ist.
Der Bauplan des
Seehundbarthaares könnte zukünftig auch auf die Konstruktion von technischem
Gerät abfärben. Überall dort, wo Wind und Wasser an Messinstrumenten rütteln,
etwa an hohen Gebäuden, Windrädern o. Unterwasserfahrzeugen könnte eine
Gestaltung nach dem Vorbild der Natur nützen, um störende Vibrationen zu
vermeiden und genauer zu messen.
Menschliche
Bartträger können bei derlei komplexen Stoppeln nur vor Neid erblassen.
Seehundhaar kann sich auch ganz und gar ungestylt sehen -und vor allem fühlen-
lassen.
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