Exkanieren Anhang 4
Wenn es ans Sterben geht (Interview mit Rosina Sonnenschmidt)
Vergleich: Siehe: Anhang + Anhang 2 (Interview mit Gian Domenico
Borasio/Johannes W. Schneider) + Anhang 3 (Interview mit Rosina Sonnenschmidt) + Tod Repertorium: (Mirilli) + Anhang 5 (Birgitt Bahlmann/ )
+ Anhang
6 (‡ Floris Reitsma ‡/Boudewijn/Chabo) + Anhang 7
(Christian Schüle - aus "Christ & Welt") + Anhang 8 (Elisabeth Kubler-Ross/Lia Bello/‡ M.Girke ‡) + Anhang 9 Sterbebegleitung (Jakob Simmank) +
Organspende (Rosina Sonnanschmidt/‡ Hinrich
Baumgart ‡)
+ Psychopomp/https://hpathy.com/homeopathy-papers/death-final-frontier/
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-09/bundestag-gesetzentwuerfe-sterbehilfe
Das Betäubungsmittel
Natrium-Pentobarbital wird in Belgien, den Niederlanden und der Schweiz im
Rahmend der dort erlaubten Sterbehilfe eingesetzt
Aktive Sterbehilfe: in Deutschland verboten. Wer jemanden auf
dessen Wunsch tötet, kann laut Paragraph 216 des Strafgesetzbuchs mit bis zu
fünf Jahren Haft
bestraft werden. Wenn der Wille des Verstorbenen nicht nachgewiesen
werden kann, droht sogar eine Verurteilung wegen Totschlags.
Passive Sterbehilfe: Unter passiver Sterbehilfe wird oft der Abbruch
von lebenserhaltenden medizinischen Maßnahmen verstanden. Ärzte dürfen bei
Todkranken
etwa die künstliche Beatmung oder -Ernährung einstellen, wenn das dem
ausdrücklichem Willen des Patienten entspricht.
Indirekte Sterbehilfe: ist die Verabreichung starker Schmerzmittel, die
durch ihre Wirkung auf geschwächte Organe auch das Leben verkürzen können, etwa
Morphine bei Krebspatienten im Endstadium. Auch das ist in Deutschland
erlaubt.
Beihilfe zum Suizid, zur Selbsttötung: grundsätzlich nicht strafbar.
Wer einem anderen etwa Gift besorgt, mit dem sich dieser dann umbringt, kann in
der Regel
nicht belangt werden - vorausgesetzt der Sterbende hat den Suizid
selber ausgeführt. Der Helfer kann aber wegen unterlassener Hilfeleistung
bestraft werden,
wenn er etwa bei Bewusstlosigkeit nicht eingreift.
Suizid Berichterstattung
ZEIT ONLINE geht behutsam mit dem Thema Suizid um, da es Hinweise darauf
gibt, dass bestimmte Formen der Berichterstattung zu Nachahmungsreaktionen
führen. Wissenschaftler nennen dieses Phänomen Werther-Effekt, in
Anlehnung an Goethes Roman Die Leiden des jungen Werther, nach dessen
Veröffentlichung
sich eine Reihe junger Männer das Leben nahm.
Nachdem der deutsche Nationaltorwart Robert Enke 2009 sein Leben
beendete, nahm die Zahl der Suizide auf Bahnstrecken in Deutschland zu. Markus
Schäfer
und Oliver Quiring von der Universität Mainz berichten, dass in den
ersten vier Wochen nach Enkes Tod in Deutschland 133 Suizide mehr verzeichnet
wurden, als laut der amtlichen Todesursachenstatistik für diesen Zeitraum zu
erwarten gewesen wäre (Schäfer & Quiring, 2013).
In der Psychologie gibt es verschiedene Erklärungsansätze für den
Werther-Effekt. Als anerkannt gilt vor allem die Theorie des Modelllernens des
Psychologen Albert Bandura, die besagt, dass sich Menschen Verhaltensweisen
aneignen, die sie zuvor bei anderen Menschen beobachtet haben – besonders, wenn
sie sich mit der Person identifizieren können.
Berichterstattung
Untersuchungen legen nahe, dass bestimmte Formen der Berichterstattung
ein besonders hohes Identifizierungspotenzial bieten und deshalb vermieden
werden sollten
(Ziegler & Hegerl, 2002). Eine umfassende Untersuchung von
Forschern der New Yorker Columbia University hat herausgefunden, dass häufige,
prominente und reißerische Berichterstattung über Suizide Jugendliche zur
Nachahmung motiviert (Gould et al., 2014). Es ist wahrscheinlich, dass soziale
Medien den Werther-Effekt noch verstärken, untersucht wurde das bislang nicht.
Die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention rät dazu, keine Fotos
oder Abschiedsbriefe der betreffenden Person zu veröffentlichen und
heroisierende oder
romantisierende Beschreibungen des Suizids zu vermeiden. Das Motiv für
die Selbsttötung dürfe höchstens allgemein, aber nicht als nachvollziehbar
dargestellt werden.
Der Deutsche Presserat empfiehlt ebenfalls Zurückhaltung. Dies gelte
insbesondere für die Nennung von Namen und die Schilderung näherer Umstände wie
Ort und
Methode der Selbsttötung.
Völlig ausklammern wird ZEIT ONLINE das Thema Suizid nicht, da es
gesellschaftlich relevant ist und viele Menschen betrifft, etwa schwer an
Depressionen Erkrankte
oder Angehörige.
Hilfe holen
Suizidgedanken ähneln einem Teufelskreis, der unausweichlich scheint,
sich aber durchbrechen lässt. Häufig sind sie eine Folge psychischer
Erkrankungen wie Psychosen, Sucht, Persönlichkeitsstörungen und Depressionen,
die mit professioneller Hilfe gelindert und sogar geheilt werden können.
Betroffene finden zum Beispiel Hilfe bei der Telefonseelsorge unter der
Telefonnummer 0800 – 111 0 111 und 0800 – 111 0 222. Die Berater sind rund um
die Uhr erreichbar, jeder Anruf ist anonym, kostenlos und wird weder von der
Telefonrechnung noch vom Einzelverbindungsnachweis erfasst. Direkte
Anlaufstellen sind zudem Hausärzte sowie auf Suizidalität spezialisierte
Ambulanzen in psychiatrischen Kliniken, die je nach Bundesland und Region
unterschiedlich organisiert sind. Eine Übersicht über eine Vielzahl von
Beratungsangeboten für Menschen mit Suizidgedanken gibt es etwa auf der Website
der Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention.
Suizidgefahr erkennen
Wer den Verdacht hegt, dass ein Freund oder Angehöriger an Suizid denkt,
sollte ihn zunächst darauf ansprechen und dabei unterstützen, professionelle
Hilfe zu suchen. Wichtig sei es, auf Warnsignale zu achten und diese ernst zu
nehmen – etwa 80 Prozent aller Selbsttötungen werden zuvor angekündigt.
Besorgniserregend seien nicht nur klare Suiziddrohungen und
-ankündigungen, sondern auch indirekte Äußerungen der Hoffnungslosigkeit wie
"Es hat alles keinen Sinn mehr" oder "Irgendwann muss auch mal
Schluss sein". Zudem könnten bestimmte Verhaltensweisen auf Suizidgedanken
hindeuten. So wollen suizidgefährdete Menschen häufig ihre Angelegenheiten
ordnen, also zum Beispiel Wertgegenstände verschenken oder ihr Testament
aufsetzen. Auch stimmt der Entschluss zur Selbsttötung manche Menschen mit
Depressionen ruhiger und weniger verzweifelt, was häufig als Besserung des
psychischen Zustands missinterpretiert wird.
Hilfe für Angehörige bietet neben der Deutschen Gesellschaft für
Suizidprävention auch der Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker unter
der Rufnummer
0180 – 59 50 951 und der Festnetznummer 0228 – 71 00 24 24 sowie der
E-Mail-Adresse seelefon@psychiatrie.de.
[Paolo Bavastro, M.D.]
(Original title: Ist Hirntod
gleich Tod? Merkurstab 1994; 47:456-65. English by A.R.
Meuss, FIL, MTA.)
Historical evolution
First of all, a definition: "brain
death" as total cessation of integrated brain function, followed by
necrosis, has to be clearly distinguished from "locked- in syndrome"
(motor paralysis in all parts of the body, with
the patient sentient and awake, a condition due to interruption of the
corticospinal tracts between midbrain and pons).
Analogous to other organs (renal or liver
failure) we should really be speaking of "cerebral failure" rather
than "brain death."
Irreversible loss of all brain function causes
spontaneous respiration to cease, leading to "cardiovascular death."
The syndrome has only been observed with the development of intensive care
units. Long-term artificial respiration has made it possible to keep patients
alive: the disease as an "artefact of intensive care treatment"
usually manifests hours, days or a few weeks after initiating intensive care;
and "dying and death have since gained a new dimension."
In ancient Egyptian medicine the rule was that
people were alive for as long as they breathed; death was near when the heart
no longer "spoke," when the vessels "fell silent." This has
continued to be the generally- accepted view up to the present century. It is a
reflection of human evolution that the definition of death no longer bases on
the heart and respiration but on brain function.
The syndrome was first described in 1959 as
coma depasse. Many definitions were suggested, with "brain death", a
most inappropriate term, finally winning the day.
In the field of intensive care medicine, it
soon became necessary to develop guidelines and recommendations as to how such
patients should be considered.
Another new development which affected the
issue was transplantation. The first heterologue attempts (animal to human
being) were made between 1906 and 1923.
All came to grief on the biologic barrier of
immunity. The first homologue attempts (human to human) were made by Varony in
Russia in 1936. Rapid development finally came in 1962/63, following immune-
suppression with azathioprine and corticoids. The first liver was transplanted
in March 1963, the first lungs in June 1963, the first pancreas in 1966, and
the first heart on 3 December 1967.
The cyclosporin era began in 1976/78, effectively controlling
rejection reactions. As early as 1968, the Pittsburgh technique of perfusion
cooling of organs for transplantation had matured to a point where it proved
useful." As time went on it became necessary to agree on the possible and
legitimate moment when organs could be removed.
Several sets of criteria for "brain
death" were developed, including the Harvard criteria in 1968, others in
England in 1976 and 1979, the USA in 1981, Switzerland in 1983, and in the
Federal German Republic in 1969,1982,1986 and in 1993. The German Medical
Association has consistently stated that the guidelines can only "aid
physicians
in making their decision" and are not
legally binding.
The discussions held over the last two years
have shown quite clearly, however, that cerebral failure is not generally
accepted as the moment of death (with all the consequences, e.g. removal of
organs).
An apt exposition of the problem was made in
Denmark in 1989:
I. A person is dead when the following have
completely and irreversibly ceased:
1 cardiovascular functions
2 respiratory function
3 cerebral function
II. Cessation of brain function signifies the
irreversible beginning of the death process. Unfortunately this is an isolated
instance in the literature.
The current criteria of cerebral failure are
essentially based on three parameters: (morphology (CT), cerebral circulation
(angiography, Doppler ultrasonography, perfusion scintigraphy) and brain
function (neurologic examination: EEG, apnea test).
Pathophysiology
The central nervous system (not so much the
spinal cord), "which has no vitality of its own and needs 'intensive care'
to prevent it perishing prematurely, is subject to decomposition and decline,
atrophy and degeneration, rigidity and death."
Damage may result from rapid acceleration or
deceleration, rotation trauma, gas bubbles rupturing the capillaries,
parenchymal necrosis and hemorrhage, tissue contusion, neural tract rupture,
ischemic lesions and edema. Intracerebral hematomas may increase in size within
hours or days. A vicious circle evolves with edema leading to hypoxia which, in
turn, increases the edema. Instability of the brain's autoregulatory functions
may result in systemic disorders such as circulatory problems, with poor oxygenation
causing additional damage. Cerebral edema myelophthisis, known as "edema
necrosis," shows in the CT as internal hydrocephalus.
Other factors indicating a poor prognosis
include the absence of periodic sleep patterns in the EEG.
Ischemic damage due to circulatory failure or
inadequate resuscitation, for instance, is biphasic. Initially, when the oxygen
supply is interrupted, serious but not absolutely irreversible damage is caused
to the brain. If the first phase has been too long, the second, post-ischemic
phase results in serious and often irreversible damage. It is the recirculadon
phase. Several factors are involved:
a) Post-ischemic hypotension: acid equivalents
are washed out from the brain, resulting in vasodilatation and a drop in blood
pressure. The hypotension tends to be of
extended duration if the cause is cardiac, as
heart and circulation do not resume function immediately. This is the reason
for the much shorter period available for brain revitalization after cardiac
arrest.
b) Disseminated intravascular coagulation
develops shortly after onset of ischemia and is enhanced in the early
recirculation phase. Additional factors are increasing thrombocyte
aggregability in the ischemic phase; serotonin release from aggregated
platelets leading to vasoconstriction; damage to peripheral organs (heart,
kidneys, pulmonary shock) may prevent reoxygenation and increase cerebral
edema; changes in blood viscosity with decreased flow rate and impaired
microcirculation.
c) Post-ischemic cerebral edema with increased
intracellular osmolality and loss of membrane potential results in massive
electrolyte shifts. Onset of recirculation causes massive fluid volumes to
enter brain tissues, increasing edema and thus causing a rise in intracranial
pressure.
d) Multiple metabolic imbalances develop in
addition.
This brief outline shows that circulation may
start again after ischemia but generally ceases again within a short time (a
few minutes) if the cerebral edema has reached
a critical level.
Complete cessation of cerebral circulation
causes death of the brain as an organ, with irreversible loss of function. This
results in dissociation of the lost brain function from persisting peripheral
organ functions if circulation and respiration are supported in intensive care
(the latter by use of a respirator). The brain represents only about 3% of the
total organism, but loss of cerebral function has serious consequences for the
whole. Cerebral failure involves the loss of higher brain functions:
consciousness, mentation, perception, and sensory perception. Cranial nerve and
brain stem reflexes are absent (dilation of pupils, fixed pupil, comeal reflex,
vestibular reflex, cough and retching reflexes, no reaction to aspiration).
Extensor spasticity progresses to general loss of muscle tone. The vital
functions of the brain stem are lost: diabetes insipidus, absence
of circadian variations in temperature, blood
pressure and, pulse, and of their physiological control. Metabolic imbalance
results from failure of the hypothalamic-pituitary,
and diuretic system.
Extended periods of artificial respiration and
other measures may provoke a wide range of strange, "meaningless"
phenomena: profuse sweats alternating with rubor in some parts of the body,
phases of hypo- and hyperthermia, inexplicable variations in blood pressure and
pulse rate that may come up suddenly and just as suddenly disappear again,
extensor spasms or twitching of muscle groups in the extremities. These
phenomena have no apparent purpose; they are merely reflex movements not
controlled by the ego and lacking in coordination.
Anthroposophic aspects
Past, present and future all coexist in the
human being. This can be seen in the biology of the newbom. The neurosensory
system is fully developed at about two months before birth, the rhythmic system
reaches maturity at birth, while the metabolic system and especially the limbs
are still in the fetal stage.
No other newborn beings show this triunity to
the same degree as humans who are born post term in the head, on term in the
heart and respiratory systems, and prematurely in their limbs.
A. Portmann distinguishes three functional
regions in the neurosensory system: the elementary apparatus which controls the
simple functions and is mainly located in the spinal marrow and parts of the
extended marrow. Reflex-type reactions are part of this system.
A second, superior system is the autonomic
apparatus. Elementary functions are combined for the higher functions of
metabolism, reproduction, alternation of sleeping and waking states, hunger and
satiety - all the changes known to us as "moods." This apparatus is
located in the my elencephalon, the hypothalamus, the basal ganglia of the
forebrain and in me splanchnic nervous system.
The somatic apparatus concerns the sphere of
the senses and the higher functions (orientation in space, relationship to the
environment). It is the "site of highest integration," located in the
metencephalon, mesencephalon, hemispheres of the telencephalon with the
cerebral cortex.
The elementary and autonomic apparatuses show a
high degree of structural complexity even in the lowest mammals. "This
part of the nervous system shows the fewest differences, relatively speaking,
and these apparatuses are always fully developed at an early ontogenetic stage."
The neurosensory system mainly serves mental
activities that take place in the waking state. "Sensory perception,
ideation, memory and thinking are made conscious by
them. Its processes are directed outward and
inward, the impulse being to perceive or rather to convey sensory
perceptions." "The senses have significance not only for the soul,
for the creation of an inner world, not only for maintenance of the body
(perceiving ongoing processes, the state of well-being, the condition of the
organs, the activity
of the limbs); they are the places where
entities from the earthly and cosmic periphery enter into the inner human being
(or evoke counter reactions from the inner life)."
The head is an offprint, a kind of elimination
of the ego, astral body and ether body. These three higher aspects of the human
organization create their organ, forming it out fully, and then eliminate it;
they are then free, able to enter and leave again, the organ having become
permeable. Here we have the greatest differentiation, form and plastic
principle - organization at the level of perfection. Cerebral failure merely
means that the brain is no longer open to those three higher aspects. The sense
organs are almost physical apparatuses, a gulf "extended into the human
being by the outside world."
We deal with the outside world, communicating
with it, making our mark on it and being influenced by it in three areas. In
the metabolism this happens through nutrition;
we impose our will on the environment and take action
in it. The things we attempt, desire and do, the unfulfilled seeds of the will,
provide us with the capacities for a future life.
In the rhythmic system we inhale and exhale,
and live in the world of feelings; we live life in the present as we practice
and learn.
In the neurosensory system, an imponderable
breathing process occurs between us and the environment, skills, talents and
capabilities point to an earlier life. This imponderable breathing process
occurs mainly through the 12 senses and plays a role in making human evolution
possible and maintaining it in time.
Failure in each one of these three areas of
communication or relation has its own specific quality and consequences.
Paralysis in the sphere of the limbs makes it more difficult to perform an
action: the limb itself becomes outside world. Paralysis in the metabolic
sphere prevents active involvement with matter so mat the energies normally
evolved in the process gradually fade away. Failure of the rhythmic system -
even lack of ability to move in rhythm, rigidity - is a serious pathological
sign and signifies that the present life will soon be ended.
Lack of external stimuli when organ function is
normal clearly indicates absence of the imponderable breathing process. Without
those external stimuli proper human development is seriously affected -
"wolf children" are a good example. If cerebral function itself
ceases, (irreversible failure) the imponderable breathing process cannot
take place consciously. It is then no longer
possible to maintain a fully human existence as the necessary external stimuli
cannot be taken in and digested.
The body-oriented integrative power of the ego
organization gradually weakens. The organization of the human head and the
central nervous system can no longer perform their function as offprint and
have become impermeable to the ego, astral body and ether body. A dying process
ensues. The brain as the "indispensable intermediary" between
environment and human being is no longer able to perform its function, which is
to maintain the specifically human aspect.(34) Physiologic respiration ceases
and is taken over by a respirator in the case of such a patient. We are thus
able to ensure only one aspect of respiration, which is to supply air and
maintain the gas exchange in the lung.
Form is embodied in the human physical body. It
arises from the twelvefold zodiac.
The breathing life in the etheric fulfills
another function, for the breathing process yields the images of all our
internal organs. Images of our organs, initially immaterial, are created
"via the breathing process." Physiologic res- piration enables the
human being to have a share in the form which is created out of the starry
heavens. Those images are inhaled, as it were. They become reality (including form)
as matter is deposited in the images.
The image nature of respiration and the
creation of form are seriously affected by artificial respiration. With the
form-creating life taken away, the individual is no longer able to maintain
true humanity by taking hold of it again and again and giving it shape. Thus
the process of dying begins.
In sleep, ego and astral body have separated
from the ether and physical bodies. The human being does not become a plant,
however, because the activities of astral body and ego nature still continue.
"Because the ether body remains connected with the physical body during
sleep, vital activities continue."
The moment the ether body leaves the physical
body, disintegration sets in. Processes of dissolution and autodigestion begin,
with the chemical forces acting the way they
do in the outside world. Death ensues, and
decom- position starts. The ether body is then connected with the astral body
in the absence of the physical body. The latter is
left to the forces of gravity and becomes a
decomposing corpse in the physical world.
The spirit takes a different path, one that
only becomes possible once ego, astral body and ether body have separated from
the physical body. Different laws then apply:
the inner world (thoughts and life of feeling)
becomes outer world, pouring out into the realm of the stars; the outer world
of our actions becomes inner world.
We work through the incarnation that has just
ended and prepare for the next.
After death (separation of ego, astral body and
ether body) new qualities emerge that cannot be seen as a linear continuation
of life. The characteristics of life (growth, flow, nutrition, warmth) leave
the body, which becomes a corpse and is left to physical forces such as the
force of gravity. Dissolution, autodigestion, decomposition and decay begin.
Loss of consciousness and self awareness,
serious as it may be, does not signify the death of the individual. Loss of a
physical function or of an organ (there is, of course,
a hierarchy of the organs and their functions)
cannot be equated with death of the individual. In a case of renal failure or
another condition resulting in loss of kidney function, we will, of course,
initiate dialysis to allow life to go on. Quite rightly, we do not speak of a "kidney
dead person."
Someone in cerebral failure receiving
artificial respiration cannot, anthroposophically speaking, be called dead. The
symptoms described above make this quite clear.
The physical body does not fall into decay.
Physio- logical processes arising from the interaction of physical body and
ether body stimulated by astral body and ego continue; respiration, circulation
and metabolism can also be observed to proceed, with blood pressure, spinal
reflexes and elimination, reflecting astral body activity, still present.
The coordinating function of the ego is usually
no longer observable, nor are higher nerve functions. Consciousness and self
awareness have gone. Hormonal regulation tends to be seriously affected;
purposeful processes are no longer possible, and "meaningless"
reaction patterns appear.
Part of the gesture and character of death is
the irreversible separation of functions into disintegrating individual parts
and absence of coordinated activity, with centrifugal forces dominant. The situation
is one of multiple organ failure. The life-maintaining centripetal, centered
principle is an ego- controlled gesture.
With cerebral failure, centrifugal forces
gradually make their appearance. Tendencies of dissolution, of weakening,
develop that point to a slow dying process. We do not diagnose cerebral failure
and then decide what treatment is necessary. Instead we must undertake the
treatment of a seriously ill individual, often unable to prevent cerebral
failure in the process.
Intensive care offers the opportunity - and we
are obliged to take it - to maintain incarnation. It is not in our power to
prevent death. Irreversible cerebral failure thus is a serious condition which
rapidly leads to death in the above sense unless help is given from outside.
Intensive care allows us to intervene from outside and maintain life
for a time. Cerebral failure (with treatment
given) marks the beginning of a dying process. Anthroposophically speaking,
this cannot, however, be equated with death nor
with a state of consciousness similar to deep
sleep.
The brain and spinal cord are given maximum
protection from the outside world by their bony integument. The spinal marrow
must be considered to be an organ that has remained at an earlier stage of
evolution, a bone marrow of me first order - the brain being bone marrow of the
second order - "...a metamorphosed earlier bone marrow...
that has been such in the past but has been
metamorphosed into the brain."The brain is the "instrument" for
higher soul activities. These are "guided" by the brain.
It is the place were we create our
"thought-out ideas." There human beings do not act by means of reflex
movements but reflect on things, and in this sense the brain is the instrument
of inner activity. Reflex movements are compulsive by nature (a stimulus evokes
a movement response without our thinking about it), and there we see the
activity of me spinal marrow.
In dream life, with daytime waking
consciousness gone, images appear on the horizon that have the same direct
necessity. They arise compulsively, without our conscious doing, like reflex
reactions in the waking state that result in movements, but retain their image
character.
"Occult investigation shows that a
mysterious spinal marrow exists in the brain which is the instrument of dream
life." This spinal marrow becomes active "when people are asleep and
dreaming. Its activity is then of a kind appropriate for a spinal marrow,
arising from necessity".
In cerebral failure, "reflex-type"
movements occur that are spinal in origin but generally arise without stimulus,
and seemingly without reason - a caricature of a dream?
Ego and astral body are archetypal images and
as such spiritual. Blood system and nervous system are images of them. The
ether body, on the other hand, takes its
orientation more from the physical body.
On the one hand, the blood presents itself to
me outside world rather like a writing tablet; on the other, it exists for the
inner world. The ego also has two aspects.
It lakes up impressions of the outside world,
and it can also be given up to an inner world. Impressions are inscribed in the
blood via the nerves.
"In ordinary life, as it generally goes,
the process is such that an effect transmitted via the nerve inserts itself in
the blood as though on a writing tablet and has, thus,
inscribed itself in the instrument of the ego.
Inner feelings and ideas, which should be higher, "moral or intellectual
ideas," extreme inner concentration, engage the nerve, which is withdrawn
from the blood, as it were.
"Contents of the conscious mind are
primarily taken hold of by the nerve, thus separating nerve activity from blood
activity." The nerve is released from connection with
the blood; the activities of the nervous system
become retrograde, as it were. "The ego is consciously lifted out of the
astral body's sphere of action." At the nerve ends,
we rebound and "life goes out in the world
beyond the senses."
This is the occult physiological process of
conscious spiritual training. Spiritual training involves a temporary, occult
physiological separation of nerve and blood which is deliberately induced in
inner exercise.
Cerebral failure thus marks the beginning of a
dying process, with the individual on the threshold. In spiritual terms, the
connection between sense organ and blood is
broken at the distant periphery.
This is the irreversible, physically pathologic
caricature of conscious spiritual training.
ZEIT ONLINE Jahrgang 2012 › Ausgabe: 33
[Steffen Küssner]
Der selbst gewählte Tod
Warum mein Vater den Weg der Sterbehilfe genommen hat
Die Uhr tickt. Noch 30 Minuten. Dann wird mein Vater ein Getränk zu
sich nehmen, dessen Inhalt drei Menschen töten könnte. Etwa drei Minuten später
wird er einschlafen, wenig später sterben. Viel zu früh, er ist erst 68 Jahre.
Mein Vater hat ALS, Amyotrophe Lateralsklerose, eine schwere Nervenerkrankung,
im weit fortgeschrittenen Stadium. Er hat sich entschieden, den Weg der
Sterbehilfe zu nehmen, weil er das, was kommt, nicht mehr erleben möchte:
künstliche Beatmung und Ernährung, Verlust der letzten noch vorhandenen
motorischen Fähigkeiten, einschließlich des Sprechens, mit großer
Wahrscheinlichkeit Tod durch Ersticken. Wie frei kann so eine Entscheidung
sein?
Es ist 12.05 h. am 24. Januar 2012. Wir sitzen zusammen, mein Vater,
meine Mutter, mein Bruder, meine Schwester mit ihrem drei Monate alten Sohn und
ich. In einem dezent gestalteten Zimmer mit hellen Wänden, einer weißen Couch,
zwei Sesseln und einem kleinen Tisch, auf dem zusammengeknüllte
Papiertaschentücher liegen. Der Blick aus
dem Fenster führt über die Dächer der Nachbarhäuser, hinter denen sich
saftig grüne Hügel erstrecken. Es hängen dicke Wolken darüber. Das Zimmer
gehört zu einer Wohnung, die in einem kleinen Ort liegt, direkt neben
Bahngleisen, rund 20 Kilometer vor den Toren Berns. Mieterin ist die Schweizer
Sterbehilfeorganisation Ex International, deren ehrenamtliche Mitarbeiterin in
der anliegenden Küche Dokumente vorbereitet, die später benötigt werden, wenn
Polizei und Staatsanwalt kommen, um den Tod meines Vaters zu untersuchen.
Gerlinde Mosta (Name geändert) ist eine ernsthafte, aber freundliche Frau Mitte
60, die diese Arbeit aus Überzeugung tut, wie sie uns am Abend zuvor erklärt
hat. Vorhin hat sie meinem Vater ein Glas Wasser mit Magentropfen gereicht, die
das tödliche Getränk verdaulicher machen, das er 30 Minuten später einnehmen
muss. Seither tickt die Uhr. 12.06 h.
Hier sitzen wir also. Meine Schwester stillt den Kleinen, damit er nicht
gleich nach Nahrung ruft, wenn wir im Zimmer nebenan meinen Vater in den Tod
begleiten.
Der berichtet von der abschließenden ärztlichen Untersuchung, die heute
Vormittag stattgefunden hat. Er wirkt gelöst. Ich denke, dass es schön wäre,
käme die Sonne heraus, damit mein Vater sie ein letztes Mal sähe. Aus Bern sind
wir im dichten Schneegestöber aufgebrochen. Nun nieselt es. Meine Mutter fragt,
ob mein Vater noch einmal aufs
Klo müsse. Er verneint. Schweigen. Lächeln. Worüber spricht man, wenn
der Tod nebenan wartet? Mein Vater erzählt, der Mediziner heute Vormittag sei
unendlich langsam zu Werke gegangen, ein typischer Berner eben. Das habe ihn an
den Witz vom langsamen Berner erinnert. Mit verschmitzter Miene fragt er in die
Runde, ob er uns den erzählen solle. Spontan wird mir unwohl bei dem Gedanken,
jetzt über einen Witz zu lachen. Doch mein Vater hat schon begonnen. Die Pointe
sitzt, wir lachen herzlich.
Die Krankheit hat ihm fast jede Bewegungsmöglichkeit geraubt, hat seine
einst kräftige Stimme brüchig und seine Sportleratmung kurz werden lassen. Doch
seinen Humor
hat er sich nicht nehmen lassen.
So ist mein Vater: kein Grübler, sondern ein zupackender Typ. Ein Kind
des Ruhrgebiets, glühender Anhänger des BVB. Politisch engagiert, Lehrer für Chemie
und Physik, Fußballer, Bergsteiger und Marathonläufer, aber auch begeisterter
Chorsänger, ein Vereinsmensch. Die Diagnose ALS erhielt er kurz nach seinem 60.
Geburtstag.
Diese heimtückische Krankheit des zentralen und peripheren
Nervensystems ist seit 140 Jahren bekannt, aber immer noch nicht heilbar. In
Deutschland sind schätzungsweise 6.000 Menschen daran erkrankt. Der deutsche
Maler Jörg Immendorff starb 2007 nach zehnjähriger Krankheit. Der britische
Astrophysiker Stephen Hawking lebt seit 1963
mit ALS. Verlauf und Lebenserwartung unterscheiden sich von Fall zu
Fall erheblich. Sicher ist den Betroffenen nur eins: dass ihr Zustand immer
schlechter wird.
Ein Pflegeheim kam nicht in Frage
Meinen Vater zwang die Diagnose, Lauf- und Wanderschuhe an den Nagel zu
hängen. Später war es auch mit dem Singen vorbei. Für mich blieb die Krankheit
zunächst abstrakt, auch weil ich weit von Köln entfernt in Berlin wohne. Erst
als er 2006 einen Stock benötigte, später einen Rollstuhl, sickerte die
Erkenntnis durch, dass unser altes Leben nicht mehr wiederkehren würde.
Umbauten im Elternhaus wurden nötig, immer leistungsfähigere Rollstühle
angeschafft, das Auto wurde mit einer Laderampe versehen, über die man in das
Wageninnere hineinfahren konnte. Doch gerade an diesen technischen Hilfsmitteln
offenbarte sich die ganze Hilflosigkeit, auf die die Krankheit ALS die an ihr
Leidenden immer wieder zurückwirft. Jedes Mal wenn mein Vater gelernt hatte,
den Verlust einer motorischen Fähigkeit zu akzeptieren und ein geeignetes
Hilfsmittel in seinen Alltag zu integrieren, folgte der nächste Schub, der die
neu gewonnene Souveränität wieder zunichtemachte.
Trotzdem gelang es über viele Jahre, ein Umfeld zu schaffen, in dem
mein Vater weiterhin am Leben teilhaben konnte, so gut es ging. Doch es ging
eben immer schlechter.
Das zeigte sich vor allem im letzten Jahr, als die Kraft endgültig aus
seinen Armen und Händen schwand. Den Rollstuhl konnte er trotz aller Technik am
Ende nur noch
wenige Minuten selbst steuern. Intensivere Unterhaltungen führten zu
Atemnot, in der Nacht raubte ihm ein chronischer Husten den Schlaf.
12.15 h. Der Witz vom langsamen Berner hat die Stimmung gelöst. Meine
Schwester hat ihren Sohn zu Ende gestillt. Er schaut nun sehr aufmerksam meinen
Vater an, der lächelnd zurückschaut. Die Geburt seines ersten Enkels drei
Monate zuvor hat ihm noch einmal neue Kraft gegeben. Wir meinen, der Kleine
habe seine Ohren. Meinem Vater rollen ein paar Tränen die Wange hinunter, er
muss sich schnäuzen. Bevor jemand anderes reagieren kann, ist meine Mutter
aufgesprungen, um ihm die Nase zu putzen.
Jahrelang hat meine Mutter versucht, die verloren gegangene
Selbstständigkeit meines Vaters zu kompensieren, mit dem Ergebnis, dass auch
sie ihr eigenständiges Leben einbüßte. Zuletzt stand sie selbst kurz vor dem
Burn-out. Meine Geschwister und ich bemühten uns, sie regelmäßig zu entlasten,
doch das Grundproblem konnten wir nicht lösen. Zwar gab es einen Pflegedienst,
der meinen Vater aus dem Bett holte, ihn wusch und in den Rollstuhl setzte.
Ehrenamtliche Helfer übernahmen stundenweise die Betreuung. Doch trotz der
Hilfe blieben 90% der Tageszeit –von den Nächten ganz zu schweigen–, in denen
meine Mutter auf sich gestellt war. Selbst Alltäglichkeiten,
wie eine juckende Nase oder das Umblättern der Zeitung, erforderten
ihre Hilfe. Eine Dauerpflegekraft war weder bezahlbar noch räumlich
unterzubringen.
Ein Pflegeheim kam für meinen Vater niemals infrage. Es grauste ihm bei
dem Gedanken, zwischen 80- und 90-jährigen Demenzkranken zu leben und für jede
Kleinigkeit eine fremde Pflegerin rufen zu müssen, die sich parallel um viele
andere Menschen kümmern muss. Mein Vater fühlte sich nicht alt. Sein Geist war
von der Krankheit kaum beeinträchtigt, höchstens in dem Sinne, dass ihm das
Lebenselixier fehlte, die Aktivität. Wir suchten nach Alternativen, etwa einer
Wohngemeinschaft mit privatem Pflegedienst, wie es sie für Demenzkranke
zunehmend gibt. Doch Fälle wie die meines Vaters scheinen zu selten zu sein, um
passende Angebote am Markt entstehen
zu lassen. Geistig fit, aber körperlich auf permanente Rundumbetreuung
angewiesen, mit dieser Kombination fällt man aus dem Raster.
Je mehr sich der Zustand meines Vaters verschlechterte, desto häufiger
sprachen wir über das Thema Sterbehilfe. Eine Patientenverfügung hatte er schon
lange vor seiner Erkrankung unterzeichnet. Dass die Beihilfe zum Suizid in
Deutschland de facto verboten ist, hielt mein Vater für inhuman. Ich war lange
Zeit anderer Ansicht. Liegt das Inhumane nicht vielmehr in einer Gesellschaft,
die trotz materiellen Reichtums unfähig ist, pflegebedürftigen Menschen
individuell gerecht zu werden? Ist es in einer Gesellschaft, die ihre
Mitglieder wesentlich nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit sortiert, nicht
naheliegend, einen Suizidwunsch zu entwickeln, wenn man ganz und
gar abhängig und unproduktiv ist? Öffnet die Sterbehilfe nicht eine
Tür, die besser verschlossen bleiben sollte?
Spätestens nachdem im Herbst 2010 ein Mitarbeiter von Ex International
im Wohnzimmer meiner Eltern gesessen und sich über fünf Stunden lang ein Bild
von meinem
Vater, seiner Erkrankung und seinen Beweggründen gemacht hatte, waren
solche Fragen allgegenwärtig. Wir versprachen meinem Vater, ihn auf diesem Weg
zu begleiten, wenn das sein freier Wille sei. Doch was ist ein freier Wille?
Sind es am Ende nicht doch die Umstände, die den Tod als das kleinere Übel
erscheinen lassen?
Und sollte man in diesem Fall nicht versuchen, die Umstände zu ändern,
statt jemandem zu helfen, sein Leben zu beenden?
Ich musste lernen, dass es auf diese Fragen keine einfachen Antworten
gibt, vor allem keine allgemeingültigen. Für meinen Vater war die Möglichkeit,
Sterbehilfe in Anspruch nehmen zu können, ein emotionaler Anker.
Zu wissen, dass er diese letzte Entscheidung selbst treffen konnte,
stärkte seinen Lebensmut. Er wäre andernfalls viel früher innerlich
zusammengefallen. Diese Möglichkeit war allerdings von der Fähigkeit abhängig,
die Reise in die Schweiz antreten zu können, was ein Minimum an körperlicher
Selbstständigkeit voraussetzte.
Der nächste Schub der Krankheit würde ihm diese vermutlich nehmen.
Wollte er die Gelegenheit ergreifen, musste er bald handeln. Das aber heißt:
Wäre Sterbehilfe in Deutschland möglich gewesen, hätte mein Vater den Sommer 2012
vermutlich noch erlebt.
Ein mutiger Schritt, der ihm viel Leid ersparte Wahr ist auch, dass die
vorhandenen Pflegeangebote für ihn keine Perspektive boten. Doch seine
grundsätzliche Entscheidung war von diesen Umständen unberührt. Er wusste: Die
Krankheit würde ihm den letzten Funken physischer Selbstständigkeit und
schließlich seinen Lebensmut rauben, egal, wie gut die Pflege organisiert wäre.
Er war über den Punkt hinaus, an dem dies noch einen Unterschied gemacht hätte.
Ich konnte lange Zeit nicht akzeptieren, dass jemand sterben will, weil sein
Körper nicht mehr mitspielt. Inzwischen habe ich erkannt, dass der Lebenswille
davon abhängt, was einen im Leben antreibt. Mein Vater wollte nie das Universum
ergründen wie Stephen Hawking, den Assistenten, Pfleger und viele technische
Hilfsmittel unterstützen, sondern mit seinem Enkel im Park Fußball spielen, auf
Berge klettern, den Rhein entlang joggen oder einen kaputten Stuhl kleben.
Mein Vater fühlte sich eingesperrt im eigenen Körper. Und in
Gefangenschaft konnte er auf Dauer nicht leben. Als meine Mutter mich am 6.
Januar 2012 anrief und fragte, ob ich um den 24. Januar ein paar Tage Urlaub
nehmen könne, wusste ich, dass mein Vater sich entschieden hatte, das Gefängnis
zu verlassen.
Es folgten zweieinhalb unwirkliche Wochen, in denen alles wie immer war
und doch alles anders. Wir wollten die Zeit bestmöglich nutzen – und sprachen
doch über Alltägliches wie die Causa Wulff, den Rückrundenauftakt der
Bundesliga, den Ausfall von Mario Götze und das unvermeidliche Wetter. Nicht
nur, aber eben auch.
Es war gesellig wie immer, sogar lustig, manchmal melancholisch. Hin
und wieder spürte ich einen Stich in der Magengrube, wenn das Gespräch auf ein
Datum jenseits des
24. Januar fiel.
Ein paar Tage vor dem Termin brachen wir aus Köln in Richtung Schweiz
auf. Als wir mit dem Auto über die Zoobrücke fuhren, warf mein Vater einen
letzten Blick auf den Dom. Zwei Tage später näherten wir uns Bern.
Auf der linken Fensterseite rissen die Wolken auf und gaben den Blick auf
die Gipfel von Eiger, Mönch und Jungfrau frei. Ob wir noch einmal näher
heranfahren sollten, fragte meine Mutter. Mein Vater schüttelte schweigend den
Kopf. Vor langer Zeit schon hatte er gesagt, dass seine Asche am Fuße der
Eigernordwand verstreut werden solle.
12.30 Uhr. Der Witz vom langsamen Berner ist verhallt. Mein Vater
weint. Meine Schwester auch. Ich reiche Taschentücher und kämpfe selbst mit den
Tränen.
Draußen hat es aufgehört zu nieseln. Die Sonne scheint jetzt durch das
Fenster, meinem Vater direkt ins Gesicht. Dann geht die Tür auf, und Frau Mosta
bittet uns in das Nebenzimmer.
Ich helfe meinem Vater aus seinem Rollstuhl auf die bereitstehende
Liege, so wie ich es immer getan habe, wenn ich ihn ins Bett brachte. Zum
letzten Mal, schießt es mir durch den Kopf. Ich halte ihn lange fest, bevor ich
ihn behutsam hinlege, flüstere ihm ein paar Worte ins Ohr und küsse ihn auf die
Stirn. Meine Geschwister und meine Mutter folgen. Wir weinen. Mein Vater
bittet, dass jemand seine Hand hält. Frau Mosta reicht ihm das tödliche
Getränk. Er holt tief Luft, sagt mit fester Stimme: »Okay, let’s go«, und leert
das Glas. Ich stehe regungslos da und sehe die Flüssigkeit weniger werden. Bis
zuletzt war ich mir nicht ganz sicher, ob er diesen Schritt wirklich
gehen würde.
Mein Kopf schwirrt, ich höre mich etwas sagen. Als mein Vater die Augen
schließt, brechen bei mir alle Dämme. Ich weine hemmungslos. Seine Atmung wird
flacher, immer flacher. Schließlich sehe ich, wie das Leben aus ihm entweicht.
Frau Mosta prüft seine Halsschlagader und bestätigt den Tod. Ich verlasse den
Raum.
Ich trauere um meinen Vater. Ich hadere mit dem Schicksal. Ich
wünschte, er hätte mehr Zeit gehabt, gesund durch das Leben zu gehen. Doch ich
habe keinen Zweifel daran, dass er sich mit seinem mutigen Schritt sehr viel
Leid erspart hat.
Die Tage in der Schweiz waren die härtesten meines Lebens, aber ich bin
dankbar, dass ich meinen Vater auf diesem letzten Weg begleiten durfte. Ich
kann einige Argumente gegen die Sterbehilfe nachvollziehen, schließlich waren
sie einmal meine eigenen. Doch heute denke ich, dass sie der Wirklichkeit nicht
gerecht werden.
Sie zeigen keinen Ausweg in Situationen, in denen Menschen wohlüberlegt
den Tod dem Leben vorziehen. Mein Vater war in seinem Körper gefangen.
Gestorben ist er als freier Mann.
Aktive Sterbehilfe
Das Wort Sterbehilfe ist ungenau und führt bei Laien und Ärzten
regelmäßig zu Missverständnissen. Sie assoziieren damit schnell die Euthanasie.
Der Begriff stand im Nationalsozialismus für den systematischen Mord an
psychisch kranken und behinderten Menschen, in Deutschland ist er entsprechend
konnotiert. Übersetzt bedeutet das griechische "euthanasia"
"schöner Tod".
Niederländische Ärzte benutzen auch heute dieses Wort, wenn ein
sterbenskranker Mensch bewusst um Hilfe zum Sterben bittet und der Arzt sie
gewährt. Etwa indem er ein muskelentspannendes Medikament und ein Schlafmittel
verabreicht. In Deutschland ist solche aktive Sterbehilfe als "Tötung auf
Verlangen" nach Paragraf 216 des Strafgesetzbuchs grundsätzlich verboten.
Ärztlich assistierter Suizid
Indirekter ist der ärztlich assistierte Suizid. In diesem Fall stellt
der Arzt dem Patienten lediglich die Medikamente bereit, einnehmen muss dieser
sie selbst. In den Niederlanden zum Beispiel wählt nur ein Zehntel der
Sterbewilligen ärztlich assistierten Suizid, die anderen ziehen direkte
Sterbehilfe vor. Das deutsche Strafgesetzbuch verbietet Beihilfe zur
Selbsttötung nicht, allerdings tut dies die dahingehend 2011 geänderte
Berufsordnung der Ärzte.
Dort heißt es unter Paragraf 16: "Ärztinnen und Ärzte haben
Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens
beizustehen. Es ist ihnen verboten, PatientInnen auf deren Verlangen zu töten.
Sie dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten." Allerdings streiten
Mediziner und Experten bis heute über dieses Verbot, dass rechtlich nicht
bindend ist. Zuletzt hatte etwa das Verwaltungsgericht Berlin im April 2012 die
Formulierung für verfassungswidrig erklärt.
Passive Sterbehilfe
Etwas ganz anderes versteht man unter passiver Sterbehilfe:
lebensverlängernde Maßnahmen (zum Beispiel künstliche Beatmung) zu unterlassen.
Dies ist nach dem Urteil des BGH vom Juni 2010 unter bestimmten
Umständen erlaubt – ja sogar geboten. Ein umstrittener Punkt ist in
diesem Zusammenhang, ob ein Arzt generell eingreifen muss, wenn er einen
Patienten sterben sieht. Schließlich gelobt jeder Arzt: "Die Erhaltung und
Wiederherstellung der Gesundheit meiner Patientinnen und Patienten soll
oberstes Gebot meines Handelns sein."
Patienten, die sichergehen wollen, dass der behandelnde Arzt nicht im
letzten Augenblick den Suizid noch vereitelt, entbinden ihn schriftlich in
einer Patientenverfügung von dieser Garantenpflicht.
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