Unklare Ausgangssubstanzen

 

Vergleich: Siehe: Mitteln + Kritik

 

[Jörg Wichmann]

Die Verschreibung homöopathischer Arzneimittel erfolgt nach dem Gesetz der Ähnlichkeit zwischen den beobachteten Symptomen beim Patienten und den in der Arzneimittelprüfung einer bestimmten Substanz aufgetretenen Symptomen. Dies ist die Grundlage unserer Arbeit und der Erfolg hängt entscheidend davon ab, dass

diese von uns verschriebene Arznei nicht nur zufällig namentlich, sondern tatsächlich identisch ist mit dem ursprünglich geprüften Arzneimittel.

Leider ist das bei weitem nicht immer der Fall, und dafür gibt es mehrere mögliche Ursachen:

1. der Ausgangsstoff ist nicht oder nicht sicher bekannt: Tarantula cubensis, Theridion, Petroleum, Curare und Murex.

2. der Ausgangsstoff wurde unklar benannt oder eine alte Benennung falsch übernommen: Bufo sahytiensis, Sphinggurus martini, Rattus rattus, Convolvulus duartinus

3. die Herstellungsweise ist schwer nachvollziehbar – bei den nach alchimistischen Regeln hergestellten Mitteln Hahnemanns, wie Causticum.

4. das HAB (Homöopathisches Arzneibuch) schreibt eine andere Art der Herstellung vor als diejenige, die für den ursprünglich geprüften Stoff angewendet wurde:  

Nosoden sowie die unter 3. genannten Mittel, aber auch so gängige Mittel wie Calcium phosphoricum oder Natrium muriaticum sind überraschend unklar.

Betrachten wir als Beispiel einmal Natrium muriaticum, die homöopathische Verarbeitung des gewöhnlichen Kochsalzes. Was aber ist gewöhnliches Kochsalz?

Handelt es sich um Meersalz oder um Steinsalz?

Woher stammt es und welche Zusatzstoffe sind darin noch enthalten? (Steinsalz enthält 5 - 10 % weiterer Salze, vor allem Calcium-, Kalium- und Magnesiumverbindungen) Welcher Verarbeitungs- oder Reinheitszustand wurde zur ersten Verreibung benutzt?

Wenn Hahnemann, der die erste Arzneimittelprüfung unternahm, von „gewöhnlichem Küchensalz“ sprach, werden wir annehmen, dass er ein solches nahm, das in seiner Gegend zu jener Zeit üblich war. Hahnemann hielt sich seinerzeit in Köthen auf, so daß wir als Ausgangssubstanz ein Steinsalz aus einem der zahlreichen Salzstollen in

der Gegend westlich und südlich von Magdeburg annehmen können, die alle auf fossile Salzablagerungen des Zechsteinmeeres zugreifen. Hundertprozentig wissen wir

das eben so wenig, wie wir den genauen Anteil von Natriumchlorid darin oder den Anteil anderer Stoffe kennen.

Mit dieser Ausgangssubstanz nahm Hahnemann eine zu seiner Zeit übliche Reinigung durch Lösung und Auskristallisierung vor, bevor er sie verrieb. Heute wissen wir,

dass sich sein Ziel -reines Natriumchlorid dazustellen- auf diese Weise nicht verwirklichen läßt. Wir müssen also davon ausgehen, daß Hahnemanns Natrium muriaticum kein reines NaCl gewesen sein konnte.

Natrum muriaticum, Natrium chloratum, Sal culinare. Kochsalz

Hahnemann, chronische Krankheiten, 4.Teil., S. 347, 348 (erschienen 1830)

„(Ein Quentchen gewöhnliches Küchensalz wird, um es von den Neben-Salzen zu befreien, in drei Quentchen siedendem, destilliertem Wasser aufgelöst, durch Druckpapier geseihet, und in einer Wärme von 40° R. dem Kristallisieren durch Abdünstung überlassen. Von den dann auf Druckpapier klingend trocken gewordenen Kristallen

(mit Pyramidal-Vertiefungen an den sechs Würfel-Seiten) wird ein Gran zur Million Verdünnung gerieben und hievon ein Gran aufgelöst und bis zur potenzierten Decillion-Verdünnung gebracht, Alles nach der Anleitung im ersten Teile dieses Buchs.)

Man hat fast gar keine reine Erfahrung von wirklicher Heilkräftigkeit des Kochsalzes in Krankheiten der Menschen, und, wo man es ja zuweilen, z.B. im Blutspeien und andern Blutstürzen, mit schnellem Erfolge eingab, wirkte die ungeheure Gabe davon (ein voller Esslöffel auf einmal verschluckt) offenbar nur als ein ableitender, heftiger Gegenreiz auf den Magen und die Gedärme, wie etwa der, stärkern Schmerz erregende Senf-Brei, auf die Waden oder die Arme gelegt, zuweilen Zahnschmerzen zum schnellen, temporären Nachlassen zwingt.

Wenn ferner, wie die Erfahrung zeigt, Alles, was Krankheiten zu heilen Kraft haben soll, auf der andern Seite auch das Befinden gesunder Menschen zu beeinträchtigen

fähig sein muss, so wäre schwer einzusehen, wie sich des Kochsalzes, seit vielen Jahrtausenden, alle, selbst nur halb kultivierte Nationen der Erde zum täglichen Gebrauche,

um ihre Speisen schmackhafter zu machen, in nicht ganz geringer Menge hätten

bedienen können, ohne in dieser langen Zeit nachteilige Wirkungen auf das Menschen-Befinden (als Winke auf dessen Heilkraft hin) wahrzunehmen, wenn es dergleichen offenbar und deutlich zu äußern vermöchte - denn nur unwahrscheinlich leitet Lind den Scharbock auf langen Seereisen von dem Genusse des Salzfleisches her, indem da noch viele andre, krankmachende Ursachen zusammenkommen, diese Kachexie auszubilden.

Wenn man also annimmt, dass das Kochsalz in seiner natürlichen Beschaffenheit, beim gewöhnlichen, mässigen,1 täglichen Gebrauche keine schädlichen Einwirkungen auf

die menschliche Gesundheit äußert, wird man auch keine Heilkräftigkeit in Krankheiten von ihm erwarten können. Und gleichwohl liegen die grössten Heilkräfte in demselben verborgen.

Gibt es demnach irgend einen, auch dem Schwachsichtigsten einleuchtenden Beweis, dass die der Homöopathik eigne Zubereitung der Arzneisubstanzen gleichsam eine

neue Welt von Kräften, die in den rohen Substanzen, von der Natur bisher verschlossen, lagen, an den Tag bringt, so ist es gewiss die Umschaffung des in rohem Zustande indifferenten Kochsalzes zu einer heroischen und gewaltigen Arznei, die man nach dieser Zubereitung Kranken nur mit großer Behutsamkeit reichen darf.

Welche unglaubliche und doch tatsächliche Umwandlung! – eine anscheinend neue Schöpfung!“

In der Zeit und Mentalität, in der das deutsche HAB entstanden ist, ging man davon aus, daß die homöopathische Arzneiwirkung wesentlich von einzelnen chemischen Inhaltsstoffen ausginge. Das läßt sich gut an den Lehrwerken etwa von Mezger oder Leeser erkennen. Daraus erscheint es nur konsequent, als Ausgangssubstanz die chemisch reine Chemikalie zu definieren, auf die Hahnemanns Zubereitung offenbar abzielte.

Daß damit ein anderer Stoff verschrieben wird, als geprüft worden ist, lag offenbar außerhalb des Problembewußtseins der HAB-Autoren und wurde nicht thematisiert.

Die Herstellungsvorschriften des HAB gehen also nicht wie Hahnemann und die klassische Homöopathie vom Ähnlichkeitsgesetz aus, sondern von einer chemisch basierten Wirkungstheorie aus HAB 2002:

„Die Substanz muß der Monographie Natrium-chlorid (Ph.Eur) entsprechen s. v.

Die Lösung (D1) bzw. die 1.Dezimalverreibung enthält mindestens 9,3 und höchstens 10,6% NaCl.“ (siehe S31 oben)

Heute sehen praktizierende HomöopathInnen die Zusammenhänge komplexer und würden andere Prioritäten setzen. Glücklicherweise wird das auch von einer Reihe homöopathischer Laboratorien so gesehen, die uns mit entsprechend lege artis hergestellten Arzneimitteln versorgen, die eine Übereinstimmung mit dem Prüfmittel garantieren, soweit dies überhaupt möglich ist. Dies zu gewährleisten war von Anfang an eine wesentliche Triebfeder des Labors Gudjons. (und Salvatorapotheke, Eisenstadt, Östenreich: remedia.at).

Beim Lesen von Hahnemanns Erklärung zu Nat-m. fällt nicht nur die besondere Herstellungsweise auf, sondern er macht auch sehr deutlich, daß er den homöopathischen Herstellungsprozess nicht als eine chemische Reinigung und Verdünnung verstanden wissen wollte, sondern als eine – wie er sagt – „neue Schöpfung“, eine „Umwandlung“ der Substanz als solcher. Hahnemann zeigt sich hier im praktischen Beispiel ganz als der traditionelle Alchemist, als der er auch seinen theoretischen Ansatz formuliert hat.

Die Vorstellung einer Um- oder Neu-Schöpfung der Materie durch Vorgänge im Labor ist die Grundlage der Alchemie und auch Hahnemanns Idee des Verreibens und Potenzierens.

In diesem Zusammenhang sei auch nochmals auf Hahnemanns Bemühungen hingewiesen, Stoffe auf alchemistischem Wege herzustellen und homöopathisch verwendbar zu machen, die es in der Natur nicht gibt.

So wollte er mit dem Mercurius solubilis das elementare Quecksilber löslich machen.

Am bekanntesten ist von diesen alchemistischen Produkten das Problem mit dem Causticum, das als die Reindarstellung des Laugenprinzips gedacht war, ohne das dazu gehörige Anion – wie man heute sagen würde. Daß dies chemisch auf keinem Wege möglich ist, konnte Hahnemann noch nicht wissen.

Sehr zu denken gibt allerdings, dass über Jahre „Causticums“ von gewissen weit verbreiteten Herstellern homöopathisch verwendet worden sind, die aufgrund von Vermutungen über die chemischen Bestandteile und nicht nach Hahnemanns komplizierten Vorschriften gewonnen wurden und somit auch nicht „Causticum Hahnemanni“ waren.

Wie sollen wir uns die mit solchen Mitteln erzielten Heilerfolge erklären? Auf dem Ähnlichkeitsprinzip können sie ja nicht beruhen, denn wer wollte ernsthaft behaupten, die Ähnlichkeit des fälschlich vergebenen Namens auf dem Fläschchen würde dazu schon ausreichen? Und eine Ähnlichkeit zu dem von Hahnemann geprüften Mittel besteht nicht. Hier stehen wir vor einem der großen Rätsel im Verständnis homöopathischer Heilvorgänge. Dem gegenüber sind die möglichen Ungenauigkeiten beim Natrium muriaticum vermutlich als gering oder vernachlässigbar einzustufen. – Bleibt zu hoffen, daß weitere Forschungen in dieser Richtung mehr Klarheit bringen. Allerdings ist

dazu erforderlich, daß in der homöopathischen Gemeinschaft ein entsprechendes Problembewußtsein entwickelt wird und entsprechende Beobachtungen gemacht und ausgewertet werden.

 

Causticum.x

Hekla lava.x

Natrium muriaticum.x

 

[Will Taylor]

The Plants.x

The first task I faced with the plants was identifying their contemporary Latin names. Although some of our plant remedies are easy to confidently place in botanical families, many required a search of the botanical literature for accurate placement; and for this, I needed identification of the plant in contemporary botanical nomenclature. Beyond the issue of classification within taxonomic families, I feel that an accurate description/identification of the plant species we use, in contemporary nomenclature, is in order.

Botanical nomenclature has changed and evolved since the 19th century, and the contemporary names and classifications of many of our plant remedies have changed over time. An early example of confusion around botanical names is seen with our Cimicifuga racemosa, which Hering names Actea racemosa in the print copy of his Guiding Symptoms.

Some of these name-confusions are rather obvious, and simple to reconcile by looking around within our literature.

 Belladonna = Atropa belladonna

 China = Cinchona officinalis           

 Camphora officinalis = Cinnamonum camphora

 Nux vomica = Strychnos nux vomica

Others are more difficult. A search for contemporary information on Anacardium orientale reveals that this tree has been renamed Semecarpus anacardium.

Even Ledum has been renamed: Rhododendron palustre!

 

Families of Remedies

Contemporary Plant Naming

A search for contemporary names and classifications of our plant remedies sent me to some interesting resources.

"Cyclamen europaeum" is not currently a described specie. Searching for taxonomic information on the genus Cyclamen on the Internet brought me to the beautiful website of the Cyclamen Society, an international gathering of folks as infatuated with these flowers as we seem to be with homeopathy!

Cyclamen purpurascens

Going through their species descriptions (illustrated with photos), I came upon Cyclamen purpurascens, as the only Cyclamen specie growing far enough north in Europe for Hahnemann to gather fresh in Saxon-Anhalt. As he specified as his source of the remedy he proved as: "The expressed juice of the fresh root, obtained in autumn" (Materia Medica Pura)

...this had to be his plant. The text accompanying a photo of this specie confirmed that it had been called in the past "Cyclamen europaeum".

 

Rhododendron chrysanthum, the Siberian Snow Rose, yellow-flowered rhododendron specie - was quite hard to find in any of my references. Searching the Plants for a Future Database, I found Rhododendron aureum, which caught my interest with its reference to the color "gold" (an unusual color in wild rhododendrons).

The description of this specie mentioned the common descriptor "yellow rhododendron, the synonym "Rhododendron chrysanthum," and the range of E. Asia; high mountain areas, both alpine

and sub-alpine - all consistent with the description of our species.

 

Poison Ivy, Oak and Sumac

The several Rhus species in our materia medica were an interesting exercise in research, and required pooling information from several resources. On the Rhus tox / Rhus radicans question,

"Rhus toxicodendron" and "Rhus radicans" are terms that have been used historically somewhat interchangeably to describe these 3 separate North American species:

 Eastern Poison Ivy (Toxicodendron radicans)

 Atlantic Poison Oak (Toxicodendron pubescens)

 Pacific Poison Oak (Toxicodendron diversilobum)

Some taxonomic schemes retain "Rhus" as the genus name for these species, but Toxicodendron is more widely accepted

To complicate matters further, Eastern Poison Ivy (Toxicodendron radicans) has two growth habits, as a sub shrub/groundcover and as a vine, dependent on environmental conditions; which has occasionally resulted in its description as two distinct species (see the discussion of this in Charles Millspaugh's, American Medicinal Plants).

It appears that our Rhus-t and Rhus-r both refer to the single specie Toxicodendron radicans (Eastern Poison Ivy), with Rhus-r referring specifically to the vining habit of this plant.

It is possible that some Atlantic Poison Oak crept into the later American toxicological reports here and there, but the European experience (Hahnemann's proving, etc.) was more certain to be purely Eastern Poison Ivy.

There are no native European Rhus species; Toxicodendron radicans (Eastern Poison Ivy) was introduced to Europe as an ornamental in the mid-1600s. Atlantic Poison Oak is not present in

Pennsylvania, Ohio, or the New England States (having a more southern distribution), so would not have been widely available to the early homeopaths of N. America.

Rhus - poison ivy and poison sumac

So, in summary for Rhus:

Rhus-t ("Rhus toxicodendron") = Rhus-r ("Rhus radicans") = Toxicodendron radicans = Eastern Poison Ivy.

Rhus-d ("Rhus diversiloba") = Toxicodendron diversilobum = Pacific Poison Oak.

Rhus-a ("Rhus aromatica") is a correct reference to the Lemon Sumac of Eastern North America.

Rhus-c ("Rhus cotinus") = Cotinus coggygria = Venetian Sumac, Smoketree of S. Europe and W. Asia.

Rhus-g ("Rhus glabra") is a correct reference to the Smooth Sumac of North America.

Rhus-l ("Rhus laurina") = Malosma laurina = the Laurel Sumac of Southern California.

Rhus-v ("Rhus venenata") = Rhus-ver ("Rhus vernix") = Toxicodendron vernix, the Poison Sumac of Eastern North America.

Some taxonomic schemes (those that do the same for radicans and pubescens) retain "Rhus" as the genus name for this specie. Toxicodendron, though, is more widely accepted for the clearly dermatotoxic members of this group.

 

 

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