Mei-/Maigruppe

 

Azalea o. Rhododendron viscosa = Maibusch/= swamp. azalea Ericales.

Bel-p. = Meizoentje

Betula. = Blatt = Maiblatt

Crat. = Meidoorn

Ephemera vulgata.: = Braune Maifliege

Fagus. sylvestris = Maibuche

Maibaum

Melolontha melolontha = Meikever/= Kauzkäfer Arthropoda.

Sonchus oleraceus = Gewone melkdistel/= Maidistel/= Kohl-Gänsedistel/= Gewöhnliche Gänsedistel/= (common/annual/smooth) sowthistle/= Hare.'s Colwort/=

Hare's Thistle/= Milky Tassel Asterales.

 

[Astrid Süßmuth]

Phänologisch beginnt in unseren Breiten der Vorfrühling Ende Februar mit dem Einsetzen der Haselblüte und steigert sich über die Obstbaumblüte

zum Vollfrühling Ende April.

Mit dem Einsetzen von Holunderblüte im Mai ist der Frühling vorüber, der Frühsommer hat eingesetzt.

Der Frühling markiert den Beginn eines neuen Wachstumszyklus, mit aller Energie entfaltet sich die Natur unter den wärmenden Strahlen der Frühlingssonne – so wie es auch

ein kleines Kind machen sollte. Körperlich natürlich, aber ebenso geistig wie seelisch. Wie der kleine Mensch erwacht auch die Sonne im Frühjahr

zu neuem Leben. Sie reckt und streckt sich, wobei ihr Wachstum auch nicht ohne Rückschläge vonstatten geht. Späte Wintereinbrüche auf der

einen, fiebrige Erkrankungen auf der anderen Seite.

Die Zuordnung der vier Menschheitsalter in Analogie zu den vier Jahreszeiten reicht bis zu den Anfängen der klassischen Abendländischen Medizin zurück. Basierend auf der Humoralpathologie nach Hippokrates und Galen, die jeder Jahreszeit ein Menschheitsalter und einen körperlichen Zustand zuordnet, entspricht der Frühling im Jahreszyklus der Kindheit im Lebenszyklus des Menschen.

Eine jahreszeitlich ausgerichtete Therapie unterstützt den natürlichen Lebensrhythmus, der gerade bei Kindern noch weitgehend unbeschadet von Eingriffen zivilisatorischer Errungenschaften wirken kann.

So wie die Heilpflanzen des Frühlings meist genau die pflanzlichen Lieblinge der Zielgruppe sind („Was ist denn deine Lieblingsblume?“ –

„Das Gänseblümchen!“), entsprechen auch die Pflanzen selbst dem typischen Kindchenschema.

Von eher kleiner, gedrungener Gestalt scheinen uns Frühlingsblumen aus großen Augen anzublicken. Die Blüten sind zumeist kreisrund, im Vergleich
fast zu groß für die kleine Pflanze und entsprechen damit dem bekannten Schema. Auf den Betrachter wirken sie so niedlich und sympathisch. Entsprechend wirkt scheint die Farbpalette der Frühlingsblüher wie aus einem Kinderzimmerprospekt entlehnt.

Die Auswahl reicht von klarem Weiß über pastelliges Rosa-Lila-Hellblau bis hin zu zarten Gelbtönen. Pflanzen mit unscheinbaren oder gar keinen

Blüten werden von Kindern zumeist nicht sonderlich gemocht, tatsächlich spielen sie auch in der Therapie von Erkrankungen im Kindesalter eine untergeordnetere Rolle. Wie immer gibt es allerdings eine Ausnahme: Die vielmehr pieksigen denn blütenschönen Brennnesseln werden von Kindern erstaunlicherweise häufig ausgesprochen gerne gemocht, sie sind auch ein wertvolles Heilkraut in der Kinderheilkunde. Sobald die Pflanzen mit Frühjahrsbeginn aus ihrem Winterschlaf erwachen, läuft ihre Chlorophyllbildung auf Hochtouren – der Wachstumsbooster steht auf Turbo.

Signaturen von Pflanzen in der Kinderheilkunde

- Blütezeit zwischen Ende Februar und Mitte Mai

- Pflanzen wirken „freundlich“

- Eher kleine Pflanzen mit kurzem Stengel, aber großer Blüte

- Helle Farben von weiß über hellgelb, rosa und hellblau

- Runde, einfach aufgebaute Blüten

- Tagblüher

Das Blattgrün Chlorophyll ist eine der wirksamsten lebensspendenden Substanzen überhaupt, es entspricht funktionell wie strukturell unserem körpereigenen roten Blutfarbstoff Hämoglobin.

Chemisch ist das rote Hämoglobin jedoch ein Eisen-, das grüne Chlorophyll ein Magnesium-Komplex

- Meist duftend, feiner Duft

- Werden viel von Schmetterlingen und Bienen besucht, nicht aber von Fliegen

- Wurzel eher schwach ausgeprägt, Betonung v.a. auf Blüte

- Kräftiges Blattwachstum nach der Blüte, oft auch Blüte vor Blattknospung „filius ante patrem“

- Wachsen oft im Schutz großer Bäume

- Keine Solitärpflanzen, wachsen gerne als Gruppen

- Meist ungiftig

- „Lieblingspflanzen“ von Kindern

- Oft mit Märchen, Sagen oder Legenden rund um Kinder und Kindheit verbunden

Im Frühjahr sind die Kräuter besonders reich an Mineralien, Vitaminen und Spurenelementen.

Die Heilpflanzen des Frühlings sind größtenteils ungiftig – mit einigen wenigen Ausnahmen, die aber wiederum wie beispielsweise der Seidelbast

(Daphne mezereum) wichtiges Heilmittel in der homöopathischen Therapie von Erkrankungen im Kindesalter sind.

Frühjahrstypische Erkrankungen im Kindesalter

Die weitaus häufigsten Erkrankungen im Kindesalter stellen mit großem Abstand akute Infektionen der oberen Atemwege dar (GROBE ET AL., 2012), die gleichzeitig gerade im Frühjahr einen saisonalen Aufschwung erfahren – dann sogar mehr, als im tiefen Winter. Häufig ist im Frühjahr auch eine saisonal bedingte Verschlechterung atopischer Ekzeme bei Kindern zu beobachten, die auf Auswirkungen der winterlichen Kältebelastung in Kombination mit dem winterlichen Mangel an immunologischen bedeutsamer ultravioletter Strahlung zurückzuführen sind. Gerade Frühjahrsblüher vermögen hier mit der Kraft der Sonne, die sie schließlich gerade aus ihrem Winterschlaf geholt hat, die Folgen des Winters zu lindern. Ebenso auffällig ist das gehäufte Auftreten von Schulkopfschmerzen der Grundschülerin in der Naturheilpraxis.

Heilkundlich eine echte Domäne der Frühjahrspflanzen.

Der Einsatz der Frühlingskräuter ist in der Kinderheilkunde selbstverständlich nicht auf das Frühjahr beschränkt, sondern jederzeit bei entsprechenden Krankheitsbildern indiziert. Die typischen Frühjahrserkrankungen geben uns lediglich einen deutlichen Hinweis, in welcher Richtung die Heilpflanzen des Frühlings besonders wirksam sind.

Ausgewählte Frühjahrspflanzen im phänologischen Jahreszeitenlauf und ihre therapeutischen Einsatzmöglichkeiten in der Kinderheilkunde.

[Astrid Süßmuth]

• Haselnuss (Corylus avellana)

Goldene Haselkätzchen, die mit der Schneedecke darunter um die Wette funkeln, sind ein Anblick, der wie kaum ein anderer Wärme und Sonnenkraft schenkt. Die Haselnuss gehört zu den allerersten Pflanzen, die nach dem Winter zur Blüte kommen, meist wie beschrieben sogar noch wenn die Landschaft rundum von Schnee bedeckt ist. Heilkundlich ist der kleine Baum vor allem, durch die adstringierende Heilwirkung seiner Blätter als heimische Hamamelis bekannt, zudem wird der entzündungshemmende Rindentee volksheilkundlich als Kompresse bei nässenden Wunden eingesetzt. In der Kinderheilkunde ist aber besonders die wenig bekannte Verwendung der Haselkätzchen von größtem Interesse. Bis zu 4 Millionen Blütenpollen pro einzelnem Haselkätzchen (JACOBY, 1949) sind nicht nur weithin gefürchtete Allergene, sondern vor allem wahre Vitamin-, Mineralstoff- und Goldene Haselkätzchen kündigen den Spurenelementbomben. Zudem enthalten sie, wie schon der Biss ins Kätzchen verrät, einen deutlichen Anteil an Salicylsäure. Ein Aufguß aus

Haselkätzchen ist schweißtreibend und fiebersenkend bei Grippe und Erkältung.

Bei Kindern, die ein starken orales Bedürfnis zeigen, an Schnuller oder Daumen nuckeln, wirkten Haselkätzchen besonders gut. Leider trinken Kinder kaum die heilkundlich als notwendig erachtete Menge Tee, weshalb sich die etwas bitteren schmeckenden Haselkätzchen in Verbindung mit Holunder- und Lindenblüten vor allem zur Herstellung eines Erkältungssirups eignen.

Haselkätzchen sind als Handelsprodukt nicht verfügbar, die Erfahrung hat aber gezeigt, dass jede (!) Mutter sehr dankbar auf den Ratschlag reagiert, selbst ein Erkältungsmittel zuzubereiten und dafür die Ingredienzien auch selbst zu sammeln.

Rp. Haselkätzchensirup:

2 Stück Bio-Zitronen

200 g frische Haselkätzchen

100 g Lindenblüten, getrocknet

100 h Holunderblüten, getrocknet

500 g Zucker

500 ml Wasser

Aufgeschnittene Zitronen mit Kräutern und Zucker in einen großen Topf (kein Aluminium!) füllen. Mit dem Wasser übergießen, aufkochen und 15 Minuten simmern lassen. Abseihen und noch heiß in Braunglasgläser zu 100 ml füllen.

Verschlossen im Kühlschrank hält sich der Sirup mehrere Monate, angebrochene Gläser alsbald verbrauchen.

• Huflattichblütentinktur 1:4 (25%), Kräuter

• RETROPLEX Tuss Nr. 414 (Althaea off., Ammonium brom., Glycyrrhiza glabra, Hedera, Kalium bichrom., Tussilago),

Hofmann & Sommer: trockener, erschöpfender Husten

• Tussilago Komplex, Nestmann: trockener Reizhusten mit Verkrampfungen in der Brust

• Huflattich (Tussilago farfara)

Kurz nach dem goldstaubenden Sonnenversprechen der Haselnussblüte erscheinen die ersten kleinen Huflattichsonnen am Wegesrand. Obwohl er in den letzten Jahren aufgrund seines Gehalts an Pyrrolizidalkaloiden in Verruf geraten ist, gehört der Huflattich zu den wirkungsvollsten Heilkräutern bei rauhem und trockenem Reizhusten, die uns in der Naturheilpraxis zur Verfügung stehen.

Insbesondere, wenn er bereits im Anfangsstadium einer bronchialen Erkrankung eingesetzt wird, kann er seine volle entzündungshemmende Heilkraft entfalten.

Huflattich ist krampflösend und unterstützt insbesondere das Abhusten. Bei Kindern, die in Gegenden mit hoher Luftverschmutzung leben, wirkt der Huflattich besonders gut.

• Neunblatt-Zahnwurz (Cardamine enneaphyllos)

Die Neunblatt-Zahnwurz (= Cardamine enneaphyllos) ist eine Heilpflanze mit jahrhundertelanger Tradition – aber kaum heutigem Bekanntheitsgrad. Dabei ist ihre Heilwirkung mehr als überzeugend. Die Neublatt-Zahnwurz wächst bevorzugt in Edellaubwäldern der montanen Vegetationsstufe in den nördlichen Kalkalpen bis in Höhen von 1.800 m und teilweise auch bis hinaus ins colline Flachland. Zwischen März und Mai erscheinen ihre blassgelbe Blüten. Nach der Blüte und Samenstadium zieht die ganze Pflanze ein und kann bis zum kommenden Frühjahr nicht mehr gesichtet werden.

Tabernaemontanus: adstringierendes Wundkraut auf, gleichwertig mit den anderen einheimischen Zahnwurzarten. Besonders hebt er ihre Heilkraft in Bezug auf Brüche und innere Wunden hervor (TABER NAEMONTANUS, 1588). Die meistverbreitete Anwendung der Zahnwurz ist heute als Heilmittel bei Knochenbrüchen, Zerrungen und Stauchungen, doch wird sie auch noch immer zu einer Salbe bei und Nabelbrüchen und Nabelgeschwüren verarbeitet (SÜßMUTH, 2013).

Die Neunblatt-Zahnwurz ist einer der ersten Frühlingsblüher, damit ein Heilmittel für das ganz frühe Lebensalter. Nach der Blüte aber zieht sie ein und ist nicht mehr zu sehen – so wie auch der Nabelstumpf nach einigen Tagen einfach abfällt.

Die Zahnwurz ist nicht im Handel erhältlich. Heilmittel für Säuglinge und Kleinkinder wirken aber erfahrungsgemäß am besten, wenn sie eigenhändig von ihrer Mutter zubereitet wurden.

Die Habitate der Zahnwurz in der montanen Laubwaldstufe sind auch für Schwangere zum Selbstsammeln gut erreichbar. Die Autorin hat beste Erfahrungen damit gemacht, schwangere Patientinnen zum Spazieren und Zahnwurzsammeln anzuregen. Die Neunblatt-Zahnwurz blüht weit verbreitet in den noch kalten Bergmischwäldern.

• Brennnessel (Urtica dioica / Urtica urens)

Keine Blüten und dann auch noch ausgesprochen unangenehm in der persönlichen Begegnung – Kinder dürften die Brennnessel eigentlich überhaupt gar nicht mögen. Tun sie aber seltsamerweise. In einer nicht repräsentativen Erhebung der Autorin unter Kindergartenkindern ist die Brennnessel neben dem klar als Kinderpflanze definierten Gänseblümchen ein absoluter Liebling. Die Brennnessel hat nicht nur einen bemerkenswert hohen Chlorophyllgehalt, sondern auch einen extrem hohen Eisengehalt. Diese Mischung aus Grünkraft und Power-Energie ist Lebenskraft pur!

Patienten, denen die Brennnessel körperlich wie seelisch eine große Unterstützung ist, blicken den Therapeuten aus großen Augen mit dunklen Schatten im blassem, schmale Gesicht an. Nach einem durchgehusteten Winter kommen sie nicht mehr richtig auf die Beine, die Rekonvaleszenz von schweren Erkrankungen wie Bronchitis oder Lungenentzündung ist erheblich verzögert.

Zuweilen tritt dieser Zustand auch als Folge einer unterdrückter Urticaria (KÖHLER, 2009) ein. Zum manifesten Eisenmangel gesellt sich eine „seelische Blutarmut“ (SELAWRY, 1985) und sorgt

dafür, daß die Kinder durch ständige Erschöpfung eine erhebliche körperliche wie psychischer Leistungsschwäche zeigen.

Ängstlichkeit und seelische Erschöpfung runden das Gesamtbild ab. Die Brennnessel wirkt als Therapeutikum nicht nur kräftigend auf die seelische Empfindung, sondern unterstützt auch den Körper in der Überwindung der ständigen Erkältungsbereitschaft.

Die Brennnessel ist eine typische Ruderalpflanze und gehört zu den häufigsten Pflanzen der gemäßigten Breiten.

• Ferrum silicium comp. (Ferrum oxydulatum nigrum , Nontronit, Pimpinella anisum, Urtica dioica), wa Eisenmangelanämien in Schwangerschaft oder bei Kindern

• Ferrum ustum comp. (Pimpinella anisum, Ferrum ustum, Nontronit, Urtica dioica), w: Eisenmangelanämien in Schwangerschaft oder bei Kindern

• Urtica dioica Ferro culta D2 / D3, w: Erschöpfung, Eisenmangelanämie, bei morgendlicher Müdigkeit, Empfindlichkeit und Ängstlichkeit; zur Einleitung einer Metalltherapie

• Urtica comp. Globuli (Calcium carb., Urtica comp, Stann-met., Urtica urens) w  Langanhaltender Juckreiz nach Insektenstichen; Begleitmittel bei Allergien und Neurodermitis, Ekzeme, Dermatitiden, Juckreiz.

 

 

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